OLG Hamburg, Urteil vom 25.10.2018 - 6 U 243/16
Fundstelle
openJur 2018, 6443
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 17.11.2016, Az. 409 HKO 40/14, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin ist Assekuradeurin der Gütertransportversicherer der Fa. B. GmbH, vormals B. GmbH & Co. KG, (künftig: Versicherungsnehmerin). Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte zu 1), einen aus China kommenden, mit Handtaschen beladenen Container im Hamburger Hafen abzuholen und zur Versicherungsnehmerin in 30916 Isernhagen zu befördern. Die Beklagte zu 1) gab den Auftrag an die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 09.04.2013 weiter, wobei es dort heißt, die Beklagte zu 2) solle den Container am 10.04.2013 am Terminal abholen und am 11.04.2013 um 7.00 Uhr bei der Versicherungsnehmerin abliefern (Anl. B 2-2).

Der Fahrer der Beklagten zu 2) fuhr nach der Übernahme des Containers am 10.04.2013 gegen 19.55 Uhr den Autobahnrastplatz auf der A 7 in Höhe Bad Fallingbostel an und übernachtete dort in der Fahrerkabine. Am Morgen des 11.04.2013 stellte er fest, dass der Container aufgebrochen worden war. Es fehlten unstreitig mindestens 352 Handtaschen. Am 29.05.2013 stellte die Kriminalpolizei 352 Handtaschen sicher, die die Staatsanwaltschaft Lüneburg einlagerte. Gegen die Tatverdächtigen wurde Anklage erhoben (Anl. BK 1). Die Staatsanwaltschaft ist nach Beendigung des Strafprozesses bereit, die beschlagnahmten Taschen an den Berechtigten auszuhändigen (Anl. B 7 und Anl. Beklagte 2-1).

Die Klägerin hat ihre Aktivlegitimation in erster Instanz zuletzt primär darauf gestützt, dass sie als Assekuradeurin die Rechte der Versicherer im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend mache, im Übrigen seien die Rechte der Versicherungsnehmerin durch Abtretung auf sie übergegangen. Die Fehlmenge betrage 364 Handtaschen, der Gesamtschaden belaufe sich auf € 10.787,77. Die Beklagten träfe ein qualifiziertes Verschulden, weil der Transport vom Hafen Hamburg zur Versicherungsnehmerin in Isernhagen entgegen der Vereinbarung nicht „in einem Rutsch“ durchgeführt worden sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin € 10.787,77 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 08.03.2014 sowie nebenfordernd € 958,19 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.04.2014 zu zahlen.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der von den Beklagten gestellten Hilfsanträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagten haben in erster Instanz die Aktivlegitimation der Klägerin und den geltend gemachten Schaden bestritten. Sie haben die Einrede der Verjährung erhoben. Die Versicherungsnehmerin habe die Beklagte zu 1) nicht beauftragt, den Transport ohne Unterbrechung durchzuführen. Das Einzige, worauf die Versicherungsnehmerin bei den seit Jahren durchgeführten Sendungen Wert gelegt habe, sei gewesen, dass die Sendungen bei ihr um 7.00 Uhr morgens angeliefert würden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.11.2016 abgewiesen. Die Klage sei zwar zulässig, insbesondere sei die Klägerin prozessführungsbefugt, weil sie als Assekuradeurin die Rechte der Versicherer im Wege gewillkürter Prozessstandschaft geltend machen könne. Die Klage sei aber unbegründet, weil die Schadensersatzansprüche gem. § 439 Abs. 1 S. 1 HGB verjährt seien.

Wegen der Begründung des Landgerichts im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Urteil ist der Klägerin am 22.11.2016 zugestellt worden. Sie hat gegen das Urteil am 15.12.2016 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Frist am 22.07.2017 begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie habe die gewillkürte Prozessstandschaft bereits in der Klagbegründung ausreichend dargelegt, so dass die Klage die Verjährung von Anfang an gehemmt habe. Es komme nicht darauf an, für wen die Klägerin die Ansprüche in gewillkürter Prozessstandschaft geltend mache. Es genüge, dass kenntlich gemacht wurde, dass fremde Ansprüche verfolgt würden. Es sei eine materielle Frage, wessen Rechte geltend gemacht würden, die von der prozessualen Frage zu trennen sei. Ihre späteren diesbezüglichen Darlegungen, die gar nicht erforderlich gewesen seien, wirkten jedenfalls auf die Klagerhebung zurück.

Die Verjährungsfrist betrage zudem drei Jahre, weil die Beklagte zu 1) ihre Weisung, den Transport ohne Unterbrechung durchzuführen, vorsätzlich missachtet habe, indem sie die Beklagte zu 2) beauftragt habe, die Sendung am Vortrag abzuholen und erst am nachfolgenden Tag zuzustellen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg (409 HKO 40/14) abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin € 10.787,77 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 08.03.2014 sowie nebenfordernd € 958,19 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.04.2014 zu zahlen.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der von den Beklagten gestellten Hilfsanträge wird auf den Schriftsatz der Beklagten zu 1) vom 07.06.2017 (Bl. 545 d.A.) und die Schriftsätze der Beklagten zu 2) vom 20.12.2016 und vom 10.10.2017 (Bl. 520 und Bl. 572 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil und treten dem Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz in allen Punkten entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht wegen Verjährung abgewiesen.

1.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin als gewillkürte Prozessstandschafterin zur Prozessführung befugt.

Die Prozessführungsbefugnis ist das Recht, über das behauptete Recht einen Prozess als die richtige Partei im eigenen Namen zu führen, ohne dass eine eigene materiell rechtliche Beziehung zum Streitgegenstand vorzuliegen braucht (vgl. Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl., vor § 50 Rn. 16). Im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft darf jemand ein fremdes Recht aufgrund einer ihm von dem Berechtigten erteilten Ermächtigung im eigenen Namen im Prozess verfolgen, sofern er hieran ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat (vgl. BGH NJW 2012, 3032 Rn. 15).

Die Prozessführungsermächtigung muss in den Tatsacheninstanzen offengelegt werden, wenn nicht für alle Beteiligten außer Zweifel steht, dass der Rechtsstreit im Wege gewillkürter Prozessstandschaft geführt wird (BGH, ZIP 2008, 2094 Rn. 14, juris; Zöller/Althammer, a.a.O., vor § 50 Rn. 43). Das hat die Klägerin getan. Die Klägerin hat in der Klagbegründung vom 11.04.2014 ausgeführt, dass sie als Assekuradeurin der Warentransportversicherer der Versicherungsnehmerin Ersatz eines Transportschadens aus abgetretenem Recht, hilfsweise in gewillkürter Prozessstandschaft verlange. Dass die Aktivlegitimation nur hilfsweise auf eine gewillkürte Prozessstandschaft gestützt wurde, ist unschädlich (vgl. BGH NJW 1999, 3707 Rn. 16, juris; OLG Stuttgart, TranspR 2011, 340).

Der Vortrag in der Klagbegründung genügte zwar zur vollständigen Offenlegung der gewillkürten Prozessstandschaft nicht, weil die Klägerin die Versicherer nicht namhaft gemacht hat (dazu näher sogleich unter Ziffer 2. a)). Die Klägerin hat das aber noch in der ersten Instanz vor Schluss der mündlichen Verhandlung mit ihrem Schriftsatz vom 23.04.2015 nachgeholt, in dem sie den führenden Versicherer G. AG benannt sowie die Transportversicherungspolice nebst Zeichnungsliste (Anl. K 19) und die Vollmacht des führenden Versicherers (Anl. K 20) vorgelegt hat (Bl. 223 f d.A.).

Ausweislich des Bildschirmausdrucks über die Überweisung vom 07.02.2014 (Anl. K 21) und des Kontoauszugs vom 10.02.2014 (Anl. K 22) haben die Versicherer eine Entschädigung von € 10.787,77 gezahlt, so dass Schadensersatzansprüche der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte zu 1) nach § 425 Abs. 1 HGB auf die Versicherer übergegangen sind (§ 86 VVG). Die Ermächtigung der Versicherer als Rechtsinhaber ist durch die Vollmacht des führenden Versicherers G. AG vom 21.12.2007 belegt, wonach die Klägerin als Assekuradeur berechtigt ist, sie umfassend in jeder Hinsicht zu vertreten sowie für sie im eigenen Namen zu klagen und Regresserlöse entgegenzunehmen (Anl. K 20). Nach der Führungsklausel in Ziffer 19.4.1 der Police (Anl. K 19) erstreckt sich die Ermächtigung des führenden Versicherers zudem auf die Rechte der übrigen Mitversicherer. Die Klägerin hat als Assekuradeur auch ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Prozessführung für die Versicherer (vgl. OLG Hamburg, TranspR 1996, 300, 302; OLG Düsseldorf TranspR 2002, 73, 74; OLG Köln TranspR 2006, 401, 402; Rabe/Bahnsen, Seehandelsrecht, 5. Aufl., § 498 Rn. 134).

2.

Die Klage ist aber unbegründet. Etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 1) wegen des Verlustes der Handtaschen gem. § 425 Abs. 1 HGB i.V. mit der Verlustvermutung gem. § 424 Abs. 1 HGB wären jedenfalls verjährt.

a) Die regelmäßige Verjährungsfrist von einem Jahr begann am 11.04.2013, dem Tag der planmäßigen Ablieferung, und endete am 11.04.2014 (§ 439 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 HGB). Die Klage ging am 11.04.2014 bei Landgericht ein und wurde den Beklagten „demnächst“ zugestellt (§ 167 ZPO). Die Hemmung der Verjährung durch Klagerhebung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt aber die Klage des materiell Berechtigten voraus. Die Klage eines Nichtberechtigten hemmt den Lauf der Verjährung nicht. Berechtigter i.S. von § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist neben dem ursprünglichen Rechtsinhaber und seinem Rechtsnachfolger auch der gesetzliche oder gewillkürte Prozessstandschafter (BGH TranspR 2010, 200 Rn. 38; BGH NJW 2011, 2193 Rn. 10; Palandt/Ellenberger; BGB, 77. Aufl., § 204 Rn. 9; MüKoBGB/Grothe, 7. Aufl., § 204 Rn. 17).

Die Klägerin hat bereits in der Klagbegründung vom 11.04.2014 erklärt, dass sie als Assekuradeurin der Warentransportversicherer der Versicherungsnehmerin Ersatz eines Transportschadens aus abgetretenem Recht, hilfsweise in gewillkürter Prozessstandschaft verlange. Die für die Zulässigkeit der Klage gebotene Offenlegung der gewillkürten Prozessstandschaft ist auch für die Verjährung von Bedeutung. Die verjährungshemmende Wirkung der Klageerhebung tritt nämlich erst in dem Augenblick ein, in dem diese prozessual offengelegt wird oder offensichtlich ist (vgl. BGH NJW 1972, 1580 Rn. 17, juris; BGH TranspR 2001, 479, 481= NJW-RR 2002, 20; BGH ZLR 2014, 162, Rn. 36, juris; OLG Stuttgart TranspR 2011, 340, 346; MüKoBGB/Grothe, a.a.O., § 204 Rn. 17; Koller, Transportrecht, 9. Aufl., § 439 HGB Rn. 39). Die Prozessstandschaft muss also vor Ablauf der Verjährungsfrist offen gelegt werden. Die Offenlegung wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Klagerhebung zurück. Der Senat teilt nicht die von einem Teil der Literatur vertretene Ansicht, zwar wirke die Erteilung der Ermächtigung nach Klagerhebung nicht auf den Zeitpunkt der Klagerhebung zurück, wohl aber eine spätere Offenlegung der bei Klagerhebung schon erteilten Ermächtigung (Zöller/Althammer, a.a.O., vor § 50, Rn. 43, 52; MüKoZPO/Lindacher, 5. Aufl., vor § 50 Rn. 73). Diese Ansicht entspricht nicht der bereits zitierten Rechtsprechung des BGH, die der Senat teilt. Die abweichende Meinung in der Literatur bezieht sich zu Unrecht auf BGH NJW 1999, 2110. Dieses Urteil bezieht sich aber nur auf die stille Sicherungszession, für die die für die gewillkürte Prozessstandschaft entwickelten Grundsätze gerade nicht gelten (vgl. BGH NJW 1999, 2110, Rn. 11; BGH BauR 2010, 1792, Rn. 9 f.).

Die Angaben in der Klagbegründung vom 11.04.2014 genügten indes zur Offenlegung der gewillkürten Prozessstandschaft nicht. Denn die Klägerin hat nicht mitgeteilt, wer die Gütertransportversicherer der Versicherungsnehmerin sind. Wer als gewillkürter Prozessstandschafter ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend macht, muss angeben, wer der Rechtsinhaber ist, dessen Ansprüche er geltend macht. Dementsprechend muss ein Assekuradeur auch den Versicherer benennen, dessen Ansprüche auf ihn nach Schadensregulierung gem. § 86 VVG übergegangen sein sollen (vgl. OLG Düsseldorf, TranspR 1997, 206; Rabe/Bahnsen, a.a.O., § 498 Rn. 134). Soweit der Senat in einem früheren Urteil vom 04.02.1982, Az. 6 U 188/80 (VersR 1982, 872), in einem obiter dictum ausgeführt hat, es sei nicht unerlässlich, den Transportversicherer namhaft zu machen, um ein wirksames Handeln als Prozessstandschafter/Assekuradeur anzuerkennen, vielmehr könne dem Gegner zugemutet werden, sich nach der Person des hinter dem Assekuradeur stehenden Versicherers selbst zu erkundigen, wird diese Auffassung ausdrücklich aufgegeben.

Nach Ansicht des Senats gehört die Namhaftmachung des Versicherers, der Inhaber der geltend gemachten Rechte ist, nicht erst zur Begründung der materiellen Aktivlegitimation, die erst nach einem Bestreiten näher darzulegen und zu beweisen wäre, sondern bereits zu der auch für die Zulässigkeit der Klage erforderlichen Offenlegung der gewillkürten Prozessstandschaft. Die Prozessführungsermächtigung muss in den Tatsacheninstanzen offengelegt werden, weil im Prozess klar sein muss, wessen Recht verfolgt wird (BGH NJW 1999, 2110 Rn. 11, juris). Der Prozessstandschafter muss sich auf die Ermächtigung berufen und zum Ausdruck bringen, wessen Recht er geltend macht (BGHZ 78, 1 Rn. 26, juris). Denn der Prozessgegner muss die Gelegenheit erhalten, sich auf die besondere Art des prozessualen Vorgehens einzustellen und seine Verteidigung entsprechend einzurichten. Er kann die behauptete Ermächtigung bestreiten oder auch das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers in Frage stellen. Die Offenlegung schützt den Prozessgegner auch, soweit es um die Frage der Rechtskrafterstreckung geht; das auf die Klage des Ermächtigten ergehende Urteil bewirkt Rechtskraft auch für und gegen den Ermächtigenden (BGH ZIP 2008, 2094 Rn. 14, juris).

Die Offenlegung der gewillkürten Prozessstandschaft ist daher unvollständig, wenn der Kläger - wie hier - zwar erklärt, als gewillkürter Prozessstandschafter zu klagen, er den Rechtsinhaber, der ihn zur Geltendmachung seiner Rechte ermächtigt haben muss, aber nicht namhaft macht. Es besteht auch kein Anlass, für den Assekuradeur eine Ausnahme zu machen. Dem Assekuradeur ist der Versicherer bekannt, der ihn zur Prozessführung ermächtigt hat, so dass er ihn im Zuge der Erklärung, im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft zu klagen, auch ohne weiteres sogleich benennen kann. Es ist auch kein Grund dafür ersichtlich, den Anspruchsgegner über die Identität des Versicherers und Rechtsinhabers im Dunklen zu lassen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin bestätigen die Urteile des BGH vom 03.03.1993, Az. IV ZR 267/91, und vom 06.06.2011, Az. V ZR 320/02, ihren Standpunkt nicht. Die Urteile enthalten zu der Problematik keine Ausführungen.

Auch in den beim Senat anhängigen Berufungsverfahren zu den Az. 6 U 182/17 und 6 U 46/18 findet sich keine Unterstützung für die Auffassung der Klägerin. In der Sache 6 U 182/17 hat die klagende Assekuradeurin bereits in der Klagschrift die Versicherer benannt. In der Sache 6 U 46/18 hat das Landgericht auf S. 19 des Urteils eine Hemmung der Verjährung durch die Klage ebenfalls mit dem Argument verneint, dass die dortige Klägerin die Versicherer erst in einem späteren, nach Ablauf der Verjährungsfrist eingegangenen Schriftsatz namhaft gemacht habe.

b) Die Erhebung der Klage am 11.04.2014 hätte auch dann nicht zu einer rechtzeitigen Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ausgereicht, wenn der Lauf der Verjährungsfrist von einem Jahr - wie vom Landgericht angenommen - schon zuvor gem. § 439 Abs. 3 S. 1 HGB für einen Zeitraum von 3 Monaten und 7 Tagen durch die Reklamation im Anwaltsschreiben vom 17.03.2014 (Anl. K 5) bis zur Zurückweisung in der Klagerwiderung der Beklagten zu 1) vom 11.06.2014 gehemmt worden wäre. Denn die vollständige Offenlegung der gewillkürten Prozessstandschaft erfolgte erst mit dem Schriftsatz vom 23.04.2015 (Bl. 223 d.A.).

Abgesehen davon hat die Reklamation vom 17.03.2014 (Anl. K 5) keine Hemmung der Verjährung gem. § 439 Abs. 3 S. 1 HGB bewirkt. Der BGH hat zu der entsprechenden Regelung in der CMR entschieden, dass die Wirkung der Verjährungshemmung nach Art. 32 Abs. 2 Satz 1 CMR nur durch die Reklamation eines Berechtigten herbeigeführt werden kann (BGHZ 116, 15, 20 = NJW 1992, 1766, 1767; BGH TranspR 2004, 357, 359 = NJW-RR 2004, 1480). Er hat zwar weiter in Anlehnung an die Grundsätze der gewillkürten Prozessstandschaft im gerichtlichen Verfahren ausgeführt, dass auch ein „Rechtsstandschafter“ die Reklamationserklärung abgeben könne, wenn er im Zeitpunkt der Reklamation vom Berechtigten des Schadensersatzanspruches dazu ermächtigt wurde. Dabei erfordere die wirksame Ermächtigung eines Dritten zur Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen regelmäßig eine nach außen erkennbar gewordene Zustimmung des wahren Rechtsinhabers zur fremden Rechtswahrnehmung (BGHZ 116, 15, 20 f = NJW 1992, 1766, 1767 f ; BGH TranspR 2004, 357, 359 = NJW-RR 2004, 1480, 1481).

Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für die Reklamation nach § 439 Abs. 3 S. 1 HGB (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Schaffert, HGB, 3. Aufl., § 439 Rn. 23; Koller, a.a.O., § 439 HGB Rn. 39). An der erforderlichen Offenlegung der Zustimmung des wahren Rechtsinhabers fehlt es hier aber auch in diesem Zusammenhang. Denn auch im klägerischen Anwaltsschreiben vom 17.03.2014 wird die Mandantin nur vorgestellt als „Assekuradeurin der Transportversicherer der B. GmbH & Co. KG“, ohne dass die Versicherer benannt werden (Anl. K 5).

c) Müsste sich die Beklagte zu 1) ein qualifiziertes Verschulden gem. § 435 HGB entgegenhalten lassen, betrüge die Verjährungsfrist drei Jahre und sie wäre erst am 11.04.2016 abgelaufen (§ 439 Abs. 1 S. 2 HGB). Dann hätte die Offenlegung der Prozessstandschaft durch den Schriftsatz vom 23.04.2015 (Bl. 223 d.A.) die Verjährungsfrist noch rechtzeitig vor deren Ablauf gehemmt. Die Beklagte zu 1) muss sich aber ein qualifiziertes Verschulden nicht entgegenhalten lassen.

Nach § 435 HGB kann sich der Frachtführer nicht auf gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkungen berufen, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 HGB genannte Person vorsätzlich oder bewusst leichtfertig begangen hat. Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine Leute in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen (BGH, TranspR 2012, 107 Rn. 27). Welche Sicherheitsvorkehrungen der Frachtführer ergreifen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (BGH, TranspR 2015, 33 Rn. 35).

Das Landgericht hat die Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens zu Recht verneint. Die Klägerin hat ihre Behauptung, sie habe der Beklagten zu 1) eine ausdrückliche Weisung erteilt, den Transport „in einem Rutsch“ durchzuführen, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen. Der Zeuge S. hat das bei seiner Vernehmung am 11.04.2016 nicht bestätigt (Bl. 398 ff d.A.). Dagegen wendet sich die Klägerin auch nicht mit der Berufung.

Die Klägerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, auch ohne eine ausdrückliche Weisung der Versicherungsnehmerin hätte die Beklagte zu 1) von sich aus den Transport so planen müssen, dass er ohne einen Zwischenstopp mit Übernachtung hätte durchgeführt werden können. Auch unter diesem Aspekt hat das Landgericht ein qualifiziertes Verschulden zu Recht verneint. Es hat u.a. darauf abgestellt, dass die Beklagte zu 1) nicht gewusst habe, dass es sich um diebstahlgefährdetes Gut handelte. Mit diesem tragenden Argument befasst sich die Klägerin in der Berufung nicht. Außerdem hat der Fahrer in der Fahrerkabine geschlafen, was jedenfalls einen gewissen Mindestschutz darstellt (vgl. OLG Hamburg, TranspR 2014, 429, 431).

Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte zu 1) habe gewusst - hilfsweise hätte ihr bekannt sein müssen -, dass es Anfang des Jahres 2013 in der Umgebung des streitgegenständlichen Autobahnrastplatzes zu einer Häufung von Diebstählen gekommen sei, erfolgt ins Blaue hinein. Aus Seite 9 der Anklageschrift ergibt sich das nicht (Anl. BK 1). Dort heißt es nur, Anfang des Jahres 2013 sei es an Autobahnraststätten und Parkplätzen im norddeutschen Raum zu einer Häufung von Diebstählen gekommen.

Es gibt auch keinen Grundsatz, dass Transporte über eine Distanz von 150 km immer ohne Unterbrechung durchgeführt werden müssen. So sind bei der Disposition der Aufträge und Fahrzeuge die Vorschriften für die Lenkzeiten der Fahrer zu beachten. Ebenso sind ungewisse Wartezeiten bei der Übernahme im Hafen-Terminal einzukalkulieren.

Auch wenn die Beklagte zu 1) den Transport im Interesse der Versicherungsnehmerin ohne Zwischenaufenthalt mit Übernachtung hätte organisieren können, könnte im Übrigen aus der Tatsache allein, dass überhaupt eine Sorgfaltspflichtverletzung vorliegt, nicht geschlossen werden, dass es sich dann zwingend um einen krassen Pflichtenverstoß handeln muss, der zu einem Überschreiten der Stufe mit dem weiten Feld der "normalen" Fahrlässigkeit zur Stufe der Leichtfertigkeit führt (vgl. OLG Hamburg, TranspR 2017, 113 Rn. 40).

d) Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg damit gehört werden, die Versicherungsnehmerin habe ihre Ansprüche bereits in einer Vereinbarung vom 05.02.2014 an sie abgetreten (Anl. K 13) sowie konkludent durch Übersenden der Schadensunterlagen. Das Landgericht hat im Einzelnen und ohne Rechtsfehler dargelegt, dass die Klägerin ihre Aktivlegitimation nicht auf eine Abtretung stützen kann.

Die Klägerin sei dem substantiierten Beklagtenvortrag nicht entgegengetreten, wonach die Abtretungserklärung gem. Anl. K 13 nicht am 05.02.2014 unterzeichnet worden sei, sondern erst in der zweiten Septemberhälfte 2014. Für eine Rückdatierung spreche auch der Stempel vom 06.02.2014 auf der Anl. K 17, wonach eine Abtretungserklärung erbeten werde.

Ein etwaiges stillschweigendes Angebot der Versicherungsnehmerin auf Abschluss einer Abtretungsvereinbarung durch Übersendung der Schadensunterlagen hätte sich nicht an die Klägerin gerichtet, sondern allenfalls an die Transportversicherer.

Mit diesen Ausführungen des Landgerichts hat sich die Klägerin entgegen § 520 Abs. 3 ZPO weder in der Berufungsbegründung noch an anderer Stelle im Berufungsverfahren auseinandergesetzt. Es bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte, die i.S.v. § 529 Abs.1 Nr. 1 ZPO Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichts bieten.

e) Etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 2) als ausführenden Frachtführer gem. § 437 HGB wären ebenfalls verjährt. Auf die Ausführungen zur Haftung der Beklagten zu 1) wird Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.