ArbG Hamburg, Beschluss vom 06.12.2017 - 28 BV 6/17
Fundstelle
openJur 2018, 6420
  • Rkr:
Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über das Bestehen von Mitbestimmungsrechten des Antragstellers bei der Nutzung von sogenannten sozialen Netzwerken durch die Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2) („Arbeitgeberin“) betreibt bundesweit durch verschiedene Tochtergesellschaften in insgesamt 30 Betriebsstätten Lichtspieltheater in Form so genannter Multiplex-Kinos. Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) („Gesamtbetriebsrat“) ist der Gesamtbetriebsrat der Kinobetriebe der Tochterunternehmen.

Die Arbeitgeberin betreibt als Unternehmen bei der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x. Die Seite ist keinem Lichtspieltheater zugeordnet. Sie wird betriebsübergreifend genutzt. Die Administration der Seite erfolgt in der Hamburger Zentralverwaltung durch ein sogenanntes „Social Media Team“.

Auf Twitter können angemeldete Nutzer telegrammartige Kurznachrichten bis zu 140 Zeichen Länge verbreiten. Die Nachrichten werden „Tweets“ genannt. Die Funktion „Antwort“, „Erwähnung“ und „Retweet“ werden von Twitter wie folgt beschrieben:

„Eine Antwort ist eine Reaktion auf den Tweet einer anderen Person. Du kannst einen Tweet beantworten, indem du in einem Tweet auf das Antwort-Symbol klickst oder tippst. Wenn du jemand anderem antwortest, erhält dieser Tweet den Hinweis Antwort an..., wenn er in der Timeline auf deiner Profilseite angezeigt wird. Wenn jemand auf einen deiner Tweets antwortet, siehst du Antwort an dich bzw. „antwortet dir“ über dem Tweet und du erhältst eine Mitteilung auf dem Tab „Mitteilungen“. Wenn zwei Nutzer einander antworten, sehen nur relevante Personen, zum Beispiel solche, die der antwortende Person oder Person in der Unterhaltung folgen, die Antwort in ihrer Timeline. Wenn du auf eine Antwort in deiner Timeline klickst oder tippst, wird sie erweitert, und es wird der ursprüngliche Tweet angezeigt, auf den sich die Antwort bezieht. Antworten von Personen mit geschützten Tweets sind nur für ihre Follower sichtbar. (...)

Eine Erwähnung ist ein Tweet, der im Tweet-Text den @Nutzernamen einer anderen Person enthält. Wir fassen diese Nachrichten sowie alle deine Antworten in deinem Tab „Mitteilungen“ zusammen. Wenn du mehrere @Nutzernamen in deinen Tweet aufnimmst, können alle diese Personen deinen Tweet in ihrem Tab „ Mitteilung“ sehen. Wenn du auf Twitter die Profilseite eines anderen Accounts besuchst, siehst du dort keine Tweets, die ihn erwähnen. Du kannst jedoch Twitter nach Tweets durchsuchen, in denen der @Nutzername erwähnt wird.

Ein Tweet, den du an deine Follower weiterleitest, wird als Retweet bezeichnet. So kannst du ganz einfach Neuigkeiten und interessante Entdeckungen auf Twitter weitergeben. Wenn du dem Tweet einen eigenen Kommentar hinzufügen möchtest, kannst du die Funktion zum Zitieren von Tweets nutzen. Bei Verwendung des Symbols Retweet von Twitter verweist dein Retweet oder zitierter Tweet auf den von dir geteilten Tweet. Hinweis: Wenn ein Nutzer auf deinen zitierten Tweet antwortet, wird der Autor des ursprünglichen Tweets der Unterhaltung nicht automatisch hinzugefügt. Wenn du den Autor des ursprünglich Tweets angeben möchtest, musst du seinen Nutzernamen erwähnen.“

Die Funktionen “Antworten“, „Erwähnung“ und „Retweet“ lassen sich nicht separat aktivieren oder deaktivieren.

Mit E-Mail vom 18.05.2017 forderte der Gesamtbetriebsrat die Arbeitgeberin auf, die Funktionen „Besucherbeiträge“, „Kommentare“ und „Mitarbeiterfotos„ auf allen Socialmedia-Seiten (Facebook, Twitter, Instagram, SnapChat, Google+, YouTube etc.) zu deaktivieren bzw. zu löschen, bis der Gesamtbetriebsrat seine Zustimmung erteilt oder eine Einigungsstelle seine Zustimmung ersetzt hat (Anlage zur Antragsschrift vom 05.07.2017, Bl. 23 d.A.).

Die Arbeitgeberin kam dieser Aufforderung nicht nach, was sie dem Gesamtbetriebsrat mit E-Mail vom 18.05.2017 auch mitteilte (Anlage zur Antragsschrift vom 05.07.2017, Bl. 23 d.A.).

In seiner Sitzung am 06./07.01.2017 fasste der Gesamtbetriebsrat den Beschluss, das vorliegende Beschlussverfahren wegen der Deaktivierung des sozialen Netzwerkes „Twitter“ einzuleiten.

Der Gesamtbetriebsrat trägt vor, bei der von der Arbeitgeberin betriebenen Twitter-Seite mit den dort eröffneten Möglichkeiten “Antworten“, „Retweet“ und „Erwähnung“ handele es sich um eine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, die zur Überwachung der Leistung des Verhaltens der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer bestimmt sei. Dieses Mitbestimmungsrecht habe die Arbeitgeberin verletzt.

Die genannten Funktionen ermöglichten eine Überwachung des Verhaltens und der Leistung der im Konzern der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer. Sie erlaubten es derzeit den Nutzern von Twitter, Postings zum Verhalten und zur Leistung der bei den Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer auf der Seite der Arbeitgeberin einzustellen. Je nach dem Inhalt dieser Beiträge könnten diese namentlich oder situationsbedingt bestimmten Arbeitnehmern zugeordnet werden. Solche Beiträge könnten in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer eingreifen. Es entstehe ein ständiger Überwachungsdruck. Die Twitter-Seite sei damit auch zur Überwachung bestimmt.

Es könne auch keine Rolle spielen, ob Postings direkt auf der von der Arbeitgeberin betriebenen Seite eingestellt werden, oder über einen recht einfachen Umweg auffindbar seien. Die von der Arbeitgeberin eingerichtete Internetseite auf Twitter ermögliche den Nutzern, Postings zum Verhalten und zur Leistung der bei dem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer einzustellen.

Unter Rückgriff auf die Entscheidung des BAG vom 13.12.2016 (Az. 1 ABR 7/15, juris) unterliege auch die Nutzung der Seite auf „Twitter“ durch die Arbeitgeberin der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats. Die zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei analog auf die Nutzung von Twitter anzuwenden.

Der Gesamtbetriebsrat beantragt,

1. der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder der Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle untersagt, bei der Internetplattform Twitter die Veröffentlichung der Seite https://twitter.com/x aufrecht zu erhalten;

2. hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle untersagt, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Antworten“ auf Tweets der Antragsgegnerin zur Verfügung zu stellen;

3. weiter hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle untersagt, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Retweets“ zu Tweets der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) zur Verfügung zu stellen;

4. weiter hilfsweise, der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird es bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) oder Entscheidung einer, die Zustimmung des Antragstellers ersetzenden Einigungsstelle untersagt, den Nutzern der Internetplattform Twitter die Seite https://twitter.com/x zur Übermittlung von Informationen in Form von „Erwähnungen“ der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) zur Verfügung zu stellen;

5. der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000 € angedroht.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin trägt vor, dem Gesamtbetriebsrat stehe der begehrte Unterlassungsanspruch nicht zu. Die Veröffentlichung der Arbeitgeberin auf der Internetplattform „Twitter“ unterliege nicht einem Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats.

Twitter unterscheide sich in seinen Funktionsweisen von Facebook und anderen Social-Media-Sites in einem wesentlichen Punkt. Die Nutzer setzten nur eigene Nachrichten („Tweets“) ab und richteten diese an andere Personen. Es handele sich damit bei Twitter stets um eigene Beiträge der Nutzer von den jeweiligen Accounts. Die Arbeitgeberin twittere über interessante Angebote, neue Kinofilme usw. Was Nutzer hingegen über X. twitterten, könne von der Arbeitgeberin selbst nicht beeinflusst werden, da dies nicht „auf“ der eigenen Twitter-Seite von X. geschehe, sondern bei den einzelnen Nutzern. Die Arbeitgeberin habe damit keine Möglichkeit, Nutzern das Twittern über oder an sie zu untersagen oder dies technisch zu unterbinden. Lediglich das Löschen des eigenen Twitter-Auftritts der Arbeitgeberin wäre eine Möglichkeit, keinerlei Nachricht mehr über diesen Social-Media-Dienst zu erhalten.

Das Betreiben der Unternehmenspräsenz auf dem sozialen Netzwerk Twitter stelle damit keine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dar, die dazu bestimmt sei, das Verhalten und die Leistung der Mitarbeiter der Arbeitgeberin zu überwachen. Hierfür geeignete Funktionen halte die Internetseite Twitter nicht bereit. Auch die Ermöglichung der Übermittlung von Informationen durch die Funktionen „Antworten“, „Retweets“ und „Erwähnungen“ seien nicht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig.

Die vom Betriebsrat in Bezug genommene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2016 (Az. 1 ABR 7/15) sei wegen der erheblichen Unterschiede zwischen der Funktionsweise von Facebook und Twitter nicht auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Beteiligten, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Anträge haben keinen Erfolg. Die zulässigen Anträge sind unbegründet.

1. Der Antrag zu 1. ist unbegründet.

Dem Betriebsrat steht kein Unterlassungsanspruch in Bezug auf die Veröffentlichung der Seite https://twitter.com/x durch die Arbeitgeberin zu. Der Gesamtbetriebsrat kann sich für sein Unterlassungsbegehren nicht auf ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG stützen. Die Funktionen der streitgegenständlichen Twitter-Seite der Arbeitgeberin ermöglichen aufgrund der zur Verfügung stehenden Auswertungsmöglichkeiten nicht die Überwachung des Verhaltens und der Leistung von Beschäftigten i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.

Die Kammer ist von den folgenden vom Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 13.12.2016 (1 ABR 7/15, juris, Rn. 21 f.) aufgestellten Rechtsgrundsätzen ausgegangen:

„Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat ua. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Das Mitbestimmungsrecht ist darauf gerichtet, Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts durch den Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu bewahren, die nicht durch schutzwerte Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt und unverhältnismäßig sind (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 21/03 - zu B I 2 d der Gründe mwN, BAGE 111, 173). Die auf technischem Wege erfolgende Ermittlung und Aufzeichnung von Informationen über Arbeitnehmer bei der Erbringung ihrer Arbeitsleistung bergen die Gefahr in sich, dass sie zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht werden, die anonym personen- oder leistungsbezogene Informationen erhebt, speichert, verknüpft und sichtbar macht. Den davon ausgehenden Gefährdungen des Persönlichkeitsrechts von Arbeitnehmern soll das Mitbestimmungsrecht entgegenwirken (BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 43/12 - Rn. 27).

b) „Überwachung“ im Sinne des Mitbestimmungsrechts ist ein Vorgang, durch den Informationen über das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern erhoben und - jedenfalls in der Regel - aufgezeichnet werden, um sie auch späterer Wahrnehmung zugänglich zu machen. Die Informationen müssen auf technische Weise ermittelt und dokumentiert werden, so dass sie zumindest für eine gewisse Dauer verfügbar bleiben und vom Arbeitgeber herangezogen werden können. Die Überwachung muss durch die technische Einrichtung selbst bewirkt werden. Dazu muss diese aufgrund ihrer technischen Natur unmittelbar die Überwachung vornehmen. Das setzt voraus, dass die technische Einrichtung selbst und automatisch die Daten über bestimmte Vorgänge erhebt, speichert und/oder verarbeitet. Ausreichend ist, wenn lediglich ein Teil des Überwachungsvorgangs mittels einer technischen Einrichtung erfolgt. Zur Überwachung „bestimmt“ sind technische Einrichtungen, wenn sie objektiv geeignet sind, Verhaltens- oder Leistungsinformationen über den Arbeitnehmer zu erheben und aufzuzeichnen; auf die subjektive Überwachungsabsicht des Arbeitgebers kommt es nicht an (BAG 10. Dezember 2013 - 1 ABR 43/12 - Rn. 20 mwN; 27. Januar 2004 - 1 ABR 7/03 - Rn. 27, BAGE 109, 235). Auch reicht es aus, wenn die leistungs- oder verhaltensbezogenen Daten nicht auf technischem Weg durch die Einrichtung selbst gewonnen werden, sondern manuell eingegeben und von der technischen Einrichtung weiter verwertet werden (BAG 23. April 1985 - 1 ABR 39/81 - zu B II 2 der Gründe mwN).“

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Arbeitgeberin genutzte Twitter-Seite keine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist, die zur Überwachung der Arbeitnehmer bestimmt ist.

Zunächst gilt das für das Begehren des Gesamtbetriebsrats, der Arbeitgeberin zu untersagen, die streitgegenständliche Twitter-Seite insgesamt weiter zu betreiben. Das Bundesarbeitsgericht hat in der vom Gesamtbetriebsrat in Bezug genommenen Entscheidung vom 13.12.2016 bereits zu der von der dortigen Arbeitgeberin betriebenen Facebook-Seite deutlich gemacht, dass ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich einer gesamten Seite nur dann in Betracht kommt, wenn sämtliche Funktionen der Facebook-Seite der Arbeitgeberin es ermöglichen, aufgrund der derzeit zur Verfügung stehenden Auswertungsmöglichkeiten eine Überwachung des Verhaltens und der Leistung von Beschäftigten vorzunehmen. Vor dem Hintergrund dieses Gedankens hat das Bundesarbeitsgericht es auch abgelehnt, dem dortigen Arbeitgeber zu untersagen, die Facebook-Seite insgesamt weiter zu betreiben. Nichts anderes gilt zunächst hinsichtlich des Antrages zu 1. zu dem Begehren des Gesamtbetriebsrats, der Arbeitgeberin zu untersagen, die (gesamte) Twitter-Seite weiter zu betreiben, bis eine etwaige Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats beachtet worden ist.

Aber auch der Umstand, dass es vorliegend bei der Twitter-Seite - anders als bei der Facebook-Seite - nicht möglich ist, einzelne Funktionen zu aktivieren oder zu deaktivieren führt nicht zu einem Erfolg des Antrages zu 1.

Nach Auffassung der Kammer ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2016 (1 ABR 7/15) nicht auf die Nutzung der Twitter-Seite durch die Arbeitgeberin zu übertragen. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Arbeitgeberin dort mit den bei ihr vorhandenen EDV-Einrichtungen eine von Facebook bereitgestellte web-basierte Software nutze und mit der Funktion „Besucher-Beiträge“ den Nutzern von Facebook erlaube, Postings zum Verhalten und zur Leistung der bei den Konzern zugehörigen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern auf der Seite der Arbeitgeberin einzustellen. In diesem Punkt unterscheidet sich die Funktion der Facebook-Seite von derjenigen der hiesigen Twitter-Seite maßgeblich. Die Nutzung der vom Gesamtbetriebsrat beanstandeten Funktionen „Antwort“, „Retweet“ und „Erwähnung“ über Twitter führt nicht dazu, dass auf einer von der Arbeitgeberin betriebenen Twitter-Seite etwaige Kommentare gespeichert würden. Vielmehr verbleiben die Kommentare – unabhängig von der jeweils genutzten Funktion des Nutzers – auf den jeweiligen Seiten bzw. Accounts der Kommentierenden und damit der Nutzer. Die Arbeitgeberin stellt damit keine Plattform zur Verfügung, auf welcher etwaige Kommentare eingestellt werden können. Sie mag mit dem Betreiben ihres Twitter-Accounts dazu motivieren, Kommentare abzugeben. Dies geschieht aber eben nicht auf der von ihr selbst betriebenen Twitter-Seite.

Es handelt sich daher bei den sogenannten Postings der Nutzer als etwaige Reaktionen auf Twitter Nachrichten der Arbeitgeberin nicht um solche, die auf der Seite der Arbeitgeberin „eingestellt“ werden, wie der Gesamtbetriebsrat offenbar meint. Die Postings geben die Nutzer auf ihren jeweiligen eigenen Accounts ab, ohne dass diese Nachrichten auf dem Account der Arbeitgeberin gespeichert werden. Insoweit macht es nach Auffassung der Kammer einen entscheidenden Unterschied, ob die Kommentare auf einer von der Arbeitgeberin betriebenen Seite gespeichert werden oder ob diese Nachrichten über eine durchzuführende Suche auf anderen Accounts als demjenigen der Arbeitgeberin aufgefunden werden können. Die Nachrichten befinden sich im letzteren Fall nicht „in der Sphäre“ der Arbeitgeberin.

Dazu kommt, dass etwaige Nachrichten von Nutzern nur in denjenigen Nachrichtenverläufen der Personen erscheinen, die diesen Dritten tatsächlich abonniert haben. Auf der öffentlichen Seite der Arbeitgeberin wird ein solcher Beitrag hingegen nicht veröffentlicht. Dort wird er nicht eingestellt. Anders als in der Facebook-Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.12.2016 ist daher im Falle von Twitter nicht zu befürchten, dass die geposteten Beiträge einer unbestimmten Anzahl von Personen, die eine Seite aufrufen, offenbart werden. Auch insoweit unterscheiden sich die Funktionen, die Twitter seinen Nutzern und damit auch der Arbeitgeberin bereitstellt von denjenigen, die Facebook seinen Nutzern bietet, in einem nach Auffassung der Kammer entscheidungserheblichen Punkt.

2. Auch die hilfsweise gestellten Anträge zu 2. bis 4. sind jeweils unbegründet.

Dem Gesamtbetriebsrat stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zu. Insoweit scheitern die geltend gemachten Ansprüche bereits daran, dass sie jeweils schon nach dem Vortrag des Gesamtbetriebsrats auf eine unmögliche Handlung gerichtet sind.

Unstreitig lassen sich die einzelnen vom Gesamtbetriebsrat benannte Funktionen bei Twitter nicht isoliert aktivieren oder deaktivieren. Genau das begehrt der Gesamtbetriebsrat aber mit seinen hilfsweise gestellten Anträgen zu 2. bis 4. Der Gesamtbetriebsrat begehrt darin jeweils abgestuft separat, der Arbeitgeberin zu untersagen, die einzelnen Funktionen „Antworten“, „Retweet“ und „Erwähnungen“ den Nutzern zur Verfügung zu stellen. Diese Anträge setzen jedoch voraus, dass es der Arbeitgeberin möglich ist, die einzelnen Funktionen auch separat zu aktivieren bzw. – wie im konkreten Fall jeweils begehrt – zu deaktivieren oder deaktivieren zu lassen. Das ist aber schon nach dem Vortrag des Gesamtbetriebsrates technisch derzeit nicht möglich. Allein die Möglichkeit, dass Twitter eine solche separate Deaktivierung zukünftig technisch ermöglicht, lässt die Hilfsanträge des Gesamtbetriebsrates nicht als begründet erscheinen. Dem Gesamtbetriebsrat ist nicht ein Unterlassungsanspruch im Vorgriff auf eine möglicherweise zukünftige technische Entwicklung zuzusprechen. Unabhängig von den Erwägungen zum Hauptantrag (s.o. II.1.) scheitern die Hilfsanträge daher bereits an diesem Gesichtspunkt.

3. Mangels Bestehen eines Unterlassungsanspruches ist auch die Androhung eines Ordnungsgeldes – wie mit dem Antrag zu Ziffer 5. begehrt – nicht in Betracht gekommen.

III.

Für eine Kostenentscheidung besteht kein Anlass. Die Entscheidung ist gerichtskostenfrei (§ 2 Abs. 2 GKG iVm. § 2a Abs. 1 ArbGG).