OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.09.2016 - 3 W 275/15
Fundstelle
openJur 2018, 7386
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 6 O 255/15
Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsgegner, der bis dahin in der Schweiz gelebt hatte, wurde im Mai 2011 in Deutschland verhaftet; ab diesem Zeitpunkt bis Juni 2014 befand er sich in Deutschland in Haft, zunächst in der JVA Ulm, hernach in der JVA Rohrbach. Der Antragsteller berühmt sich einer Forderung von in der Hauptsache 50.000 € (abzgl. zweier gezahlter Teilbeträge) gegen den Antragsgegner. Im Februar 2013 verklagte er diesen vor dem Landgericht Ulm auf Zahlung. In jenem Rechtsstreit trug der hiesige Antragsgegner mit anwaltlichem Schriftsatz vom 7. Februar 2013 unter anderem vor:

"Des Weiteren muss berücksichtigt werden, dass sich der Lebensmittelpunkt/gewöhnlicher Aufenthalt des Beklagten sowohl vor der Haft als auch nach der Haft in der Schweiz befunden hat/befinden wird. Dafür streitet bereits die Tatsache, dass der gesamte Hausstand des Beklagten noch immer in der Schweiz eingelagert ist. Durch einen von vornherein nur als vorübergehend, selbst auch für längere Zeit angelegten Aufenthalt, wird ein gewöhnlicher Aufenthalt jedoch gerade nicht neu begründet, sodass dieser sich noch immer in der Schweiz befindet. ...

Zudem ist es offensichtlich, dass die Parteien konkludent den Gerichtsstand Schweiz vereinbart haben. Entscheidend kommt es nämlich gerade auf den Willen der Parteien im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Schuldanerkenntnisses an. Der Gerichtsstand Schweiz entsprach erkennbar dem ausdrücklichen Willen der Parteien. Dafür maßgeblich war, dass bei der Unterzeichnung des Schuldanerkenntnisses beide Parteien ihren Wohnsitz in der Schweiz unterhielten. ..."

Daraufhin erteilte das Landgericht den Hinweis, aufgrund des Vortrages des Beklagten ergäben sich erhebliche Zweifel an der örtlichen und internationalen Zuständigkeit des Landgerichts Ulm. In der Folgezeit nahm der hiesige Antragsteller die Klage zurück. Im Juli 2013 reichte der Antragsteller vor dem für die letzte Anschrift des Antragsgegners in der Schweiz zuständigen Schweizer Gericht ein "Begehren um Rechtsschutz in klaren Fällen" gemäß Art. 257 der Schweizerischen Zivilprozessordnung ein. Dieses Begehren wurde erstinstanzlich mit Urteil vom 19. September 2013 für unzulässig erklärt, weil es sich nicht um einen klaren Fall im Rechtssinne handele. Gegen das besagte Urteil legte der Antragsteller Berufung zum Appellationshof in Zivilsachen des Kantonsgerichts in Lausanne ein. Dieses änderte das erstinstanzliche Urteil ab und verurteilte den Antragsgegner mit Entscheid vom 20. Januar 2014 zur Zahlung. Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts wandte sich der Antragsgegner mit einer Beschwerde zum Bundesgericht der Schweiz; danach stellte er beim Berufungsgericht ein Revisionsgesuch und erhob gegen die auf dieses Gesuch ergehende Entscheidung nochmals Beschwerde zum Bundesgericht; alle Rechtsbehelfe blieben ohne Erfolg. Außerdem legte der Antragsgegner eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein.

Den Entscheid des Berufungsgerichts in Lausanne möchte der Antragsteller in Deutschland für vollstreckbar erklären lassen. Hierbei ging er zunächst davon aus, der Wohnsitz des Antragsgegners befinde sich unter der auch im hiesigen Beschlusseingang bezeichneten Anschrift in Hahnheim, und leitete das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung vor dem für diesen Wohnsitz zuständigen Landgericht Mainz ein. Mit Beschluss vom Mai 2015 entsprach dieses dem Begehren des Antragstellers. Seine hiergegen eingelegte Beschwerde begründete der Antragsgegner unter anderem damit, dass das erstinstanzliche Gericht unzuständig gewesen sei; bei der Adresse in Hahnheim handele es sich - was unstreitig ist - um das Haus seiner Eltern, in dem er nach seiner Haftentlassung lediglich vorübergehend gewohnt habe und wo er im April 2015 ausgezogen und nach Duisburg umgezogen sei unter ordnungsbehördlicher Meldung zum Monatsende. Das Oberlandesgericht Koblenz hielt es für nicht feststellbar, dass sich der Wohnsitz des Antragsgegners noch in Hahnheim befinde oder bei Einleitung des Verfahrens vor dem Landgericht Mainz befunden habe, und wies den Antrag des Antragstellers auf Vollstreckbarerklärung mangels Zuständigkeit und der Möglichkeit einer Verweisung an das örtlich zuständige Gericht zurück. Der Beschluss des OLG Koblenz vom 27. Juli 2015 wurde dem Antragsgegner am 31. Juli 2015 zugestellt.

Daraufhin hat der Antragsteller mit Anwaltsschrift vom 11. August 2015, am selben Tage bei Gericht eingegangen, das vorliegende Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schweizerischen Urteils eingeleitet. Nach Anforderung der Vorlage einer bestimmten Übersetzung durch das Gericht und deren Einreichung Anfang September 2015 hat die Vorsitzende der 6. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg durch die angefochtene Entscheidung angeordnet, dass das Urteil des Appellationshofes in Zivilsachen des Kantonsgerichts Kanton Waadt vom 20. Januar 2014 auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anerkannt werde und bezüglich des Urteilsausspruchs mit der Vollstreckungsklausel zu versehen sei, wobei die angefochtene Entscheidung - im Einzelnen näher ausgeführt - dahin gehe, dass der Antragsgegner verurteilt werde, an den Antragsteller 50.000 € nebst Zinsen abzüglich zweier Teilbeträge, daneben den Betrag von 718,45 CHF nebst Zinsen, außerdem Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten für zwei Instanzen zu zahlen.

Gegen diesen ihm am 28. September 2015 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 28. Oktober 2005 bei Gericht eingegangenen Beschwerde. Zu deren Begründung zeigt er zahlreiche einzelne Gesichtspunkte auf, die die Verfahrensführung und die Sachentscheidungen in dem zum Vollstreckungstitel führenden Rechtsstreit in der Schweiz betreffen, und greift die Vollstreckbarerklärung des Landgerichts in mehreren prozessualen Hinsichten an. In letzterem Zusammenhang behauptet er, er habe per Monatsende Juli 2015 und damit noch vor dem Eingang des hiesigen Antrags des Antragstellers seinen Wohnsitz von Duisburg zurück nach seinen Eltern in Hahnheim verlegt.

Der Antragsteller tritt dem Rechtsmittelvorbringen des Antragsgegners und insbesondere dessen Darlegungen zum Wohnsitzwechsel zum Monatsende Juli 2015 entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Gründen zu II. Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, aber unbegründet.

1.

Das vorliegende Verfahren richtet sich nach Titel III. des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (Lugano-Übereinkommen - LugÜ) sowie nach dem AVAG.

Nach Art. 63 Abs. 1 LugÜ sind die Vorschriften des genannten Übereinkommens auf solche Klagen anzuwenden, die erhoben oder aufgenommen worden sind, nachdem das Abkommen im Ursprungsstaat und, sofern die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung geltend gemacht wird, im ersuchten Staat in Kraft getreten ist. Das LugÜ 2007 ist für Deutschland am 1. Januar 2010 und für die Schweiz am 1. Januar 2011 in Kraft getreten, die zum Titel führende Klage wurde erst 2013 erhoben, mithin nach beiden Zeitpunkten des Inkrafttretens.

2.

Das Rechtsmittel des Antragsgegners ist als Beschwerde statthaft und auch im übrigen zulässig, Art. 43 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 LugÜ, § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 AVAG.

3.

In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg.

a)

Das Rechtsmittel hat nicht schon wegen eines Verfahrensfehlers des Landgerichts Erfolg.

aa)

Der Ausspruch des landgerichtlichen Beschlusses vom 17. September 2015 verstößt auch insofern nicht gegen die Antragsbindung, als mit ihm das ausländische Urteil anerkannt wird.

Nach Art. 33 Abs. 1 LugÜ werden die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Vertragsstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf; lediglich dann, wenn die Frage, ob eine Entscheidung anzuerkennen ist, als solche den Gegenstand eines Streites bildet, kann jede Partei, die die Anerkennung geltend macht, in dem Verfahren der Vollstreckbarerklärung die Feststellung beantragen, dass die Entscheidung anzuerkennen sei, Art. 33 Abs. 2 LugÜ. Hier haben sich die Parteien nicht um die Anerkennung des Schweizerischen Urteils als solcher gestritten und hat dementsprechend der Antragsteller auch keinen dahingehenden Antrag gestellt. Im Titel tenoriert sind ausschließlich der Vollstreckung ohne weiteres zugängliche Leistungsansprüche (keine Feststellungen oder Gestaltungen). Überdies spricht die Formel des angegriffenen Beschlusses entgegen Art. 33 Abs. 2 LugÜ bezüglich der Anerkennung keine Feststellung aus, sondern ist als Gestaltungstenor ("wird ... anerkannt") gehalten. Angesichts dessen liegt das Verständnis fern, das Landgericht habe eine förmliche Anerkennung gemäß Art. 33 Abs. 2 LugÜ treffen wollen, ohne dass ein hierauf gerichteter Antrag vorgelegen hätte. Vielmehr hat es lediglich die gedankliche Selbstverständlichkeit zum Ausdruck bringen wollen, dass in der von ihm ausgesprochenen Vollstreckbarerklärung zugleich die Anerkennung des Urteils liege. Die diesbezügliche Formulierung in der Beschlussformel ist zwar - wie auch Art. 33 Abs. 1 LugÜ zeigt - überflüssig, aber unschädlich.

Im übrigen wäre, selbst wenn man dies alles anders sehen wollte, der dann erforderliche Antrag vom Antragsteller zwischenzeitlich in schlüssiger Form gestellt worden, nämlich dadurch, dass er in der Rechtsmittelerwiderung die Fassung des Beschlussausspruches in allen Teilen ausdrücklich verteidigt hat.

bb)

Ob die vom Antragsgegner beim Landgericht eingereichte sogenannte Schutzschrift vom Gericht vor der angefochtenen Entscheidung hätte beachtet werden müssen, kann auf sich beruhen. Selbst wenn erstinstanzlich insofern dem Antragsgegner nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden sein sollte, ist dieser Verfahrensfehler jedenfalls inzwischen dadurch geheilt, dass sämtlicher Vortrag des Antragsgegners - darunter auch der Inhalt jener Schutzschrift - hat zum Inhalt des Beschwerdeverfahrens gemacht werden können und das Beschwerdegericht dieses Vorbringen zur Kenntnis genommen und in seinen Erwägungen berücksichtigt hat.

b)Hinsichtlich des Antrages des Antragstellers liegen die Sachentscheidungsvoraussetzungen vor.

aa)

Eine anderweitige Rechtshängigkeit steht nicht entgegen.

Nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO kann während der Dauer der Rechtshängigkeit eine Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Diese Vorschrift regelt ein Prozesshindernis, im vorliegenden Fall also ein Verfahrenshindernis (vgl. statt aller: Zöller-Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, vor § 253 Rdnr. 19b); mithin ist Sachentscheidungsvoraussetzung dessen Fehlen. Schon daraus folgt, dass eine infolge des Hindernisses ursprünglich unzulässige Klage zulässig wird, sobald das Hindernis wegfällt. Aber auch nach Sinn und Zweck des Prozesshindernisses bedarf es im Anschluss an dessen Wegfall keiner erneuten Klageerhebung, um zu einer zulässigen Sachentscheidung zu gelangen. Denn mit dem Wegfall des Hindernisses besteht keine Gefahr einander widersprechender Entscheidungen mehr: Entweder das erste Verfahren hat sich ohne Sachentscheidung erledigt, oder es wurde mit einer rechtskräftigen Entscheidung abgeschlossen; diese Rechtskraft hat das Gericht des zweiten Prozesses jedoch ohnehin und unabhängig von § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO zu beachten (so auch OLG Stuttgart NZG 2005, 432 ff.; BayObLGZ 1970, 320 ff.).

Hier ist das Verfahrenshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit, selbst wenn es ursprünglich überhaupt bestanden haben sollte, jedenfalls mit Eintritt der formellen Rechtskraft des Beschlusses des OLG Koblenz vom 27. Juli 2015 am 1. September 2015 und damit - deutlich - vor Erlass der angegriffenen Entscheidung weggefallen.

bb)

Das Landgericht Duisburg war örtlich zuständig (mit der Folge, dass das erkennende Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zuständig ist).

(1)

Aus den bereits im Beschluss des OLG Koblenz aufgezeigten Gründen bedarf es im Beschwerdeverfahren der Prüfung dieser Sachentscheidungsvoraussetzung.

(2)

Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich hier nach dem anhand des deutschen Rechts festzulegenden Wohnsitz des Antragsgegners, Artt. 39 Abs. 2, 1. Alt., 59 Abs. 1 LugÜ. Auf die Wohnsitzzuständigkeit hat sich der Antragsteller erstinstanzlich ausschließlich und im Beschwerdeverfahren, wie die Rechtsmittelerwiderung erweist, in erster Linie - auf den Vollstreckungsort nur hilfsweise - berufen.

Näherhin orientiert sich die örtliche Zuständigkeit des über die Zulassung der Vollstreckung entscheidenden deutschen Gerichts in dem einseitig ausgestalteten Verfahren auf Vollstreckbarerklärung ausschließlich am Wohnsitz des Schuldners zum Zeitpunkt der Antragstellung; nachträgliche Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse dürfen allenfalls bewirken, dass eine zunächst fehlende Zuständigkeit bis zum Zeitpunkt der Entscheidung herbeigeführt wird (BGH WM 1997, 1521 ff.; OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 144; Rauscher-Mankowski, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, 2010/2011, Art. 39 EuGVVO Rdnr. 6; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, Art. 39 EuGVVO Rdnr. 9; MK-Gottwald, 4. Aufl. 2013, Art. 39 EuGVVO Rdnr. 8). Einerseits muss sich der Gläubiger auf die Verhältnisse im Zeitpunkt seiner Antragstellung verlassen können, andererseits würde bei abweichender Meinung einem unwilligen Schuldner ein zu großes Manipulationspotential an die Hand gegeben.

Auf die weitere Entwicklung des Verfahrensganges, insbesondere auf die Einhaltung etwaiger Verfahrensförderungspflichten durch den Antragsteller, kommt es nicht an. Art. 30 Nr. 1 LugÜ trifft dahingehende Regelungen allein für den Bereich von Titel II, Abschnitt 9 des Übereinkommens, nicht für Vollstreckbarkeitserklärungen nach Titel III.

(3)

Jedenfalls bei Antragstellung Mitte August 2015 hatte der Antragsgegner seinen Wohnsitz (noch) in Duisburg.

Bei dem Begriff des Wohnsitzes im Sinne von § 7 Abs. 1 BGB handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der neben der objektiven Niederlassung subjektiv einen Domizilwillen des Betroffenen voraussetzt, das heißt den Willen, den Ort der Niederlassung ständig zum Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse zu machen. Dieser Domizilwille stellt eine innere Tatsache dar, die in einem Rechtsstreit oder Verfahren in der Weise dargelegt und gegebenenfalls bewiesen werden kann, dass Indizien festgestellt werden, die den Schluss darauf zulassen (BGH NJW 2006, 1808 ff. m.w.Nachw.). Im vorliegenden Fall gibt es keine tragfähigen Indizien dafür, dass ein Aufenthalt des Antragsgegners bei seinen Eltern während des August 2015 von einem derartigen Domizilwillen getragen war.

Die Ummeldung erfolgte erst zum 31. August 2015; selbst wenn die hierfür vom Antragsgegners gegebene Erklärung, eine Ummeldung sei bei der Stadtverwaltung nur an einem Tage im Monat möglich gewesen und diesen Termin habe er im August verpasst gehabt, deshalb auch das Einzugsdatum zur Meidung einer Ordnungsstrafe "anpassen" müssen, zutreffen sollte, lässt sich daraus kein Anzeichen für einen tatsächlich per Ende Juli durchgeführten Domizilwechsel gewinnen. Der vom Antragsgegner selbst angeführte Grund für seine Rückkehr zu seinen Eltern, nämlich Zahlungsschwierigkeiten infolge der Blockade von Konten durch - sichernde - Vollstreckungsmaßnahmen des Antragstellers spricht eher gegen als für, jedenfalls nicht entscheidend für eine Niederlassung auf Dauer; dies umso weniger, als seine Verlobte in Duisburg zurückblieb. Desgleichen ist der Umstand, dass der Wohnsitzwechsel am Tage des Erhalts des Beschlusses des OLG Koblenz (bzw. am darauf folgenden Tage) geschehen sein soll, nicht geeignet, die Annahme zu stützen, er werde aufgrund eines Willens zum tatsächlichen dauerhaften Wechsel des Lebensschwerpunktes und nicht vornehmlich zur vorübergehenden Erschwerung der Rechtsverfolgung des Antragstellers vollzogen. Nichts anderes gilt für das dezidierte Vorbringen des Antragsgegners in einem von ihm selbst verfassten Schreiben an das OLG Koblenz noch am 24. Juli 2015, also wenige Tage vor dem angeblich zum 31. Juli 2015 durchgeführten Wechsel, sein Wohnsitz sei in Duisburg. In allen vom Antragsteller (in der Beschwerdeerwiderung) vorgetragenen und belegten schriftlichen Äußerungen im Rechtsverkehr gab der Antragsgegner während des August als seine Anschrift noch diejenige in Duisburg an. Dies mit einem Irrtum des Antragsgegners dahin zu erläutern, er habe vor der "förmlichen" Ummeldung noch unter seiner alten Meldeadresse aufzutreten, erscheint im Hinblick auf die unter anderem im vorliegenden Verfahren zum Ausdruck kommenden Rechtskenntnisse auch des Antragsgegners selbst nicht plausibel. Vor allem aber erklärte der Antragsgegner in einem Erinnerungsverfahren vor dem AG Mainz mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18. September 2015: "Seinen zuvor in Duisburg unterhaltenen Wohnsitz hat der Erinnerungsführer Ende August 2015 in das Haus seiner Eltern verlegen müssen, weil er die Wohnsitzhaltung in Duisburg aufgrund der arrestierten Konten nicht länger finanzieren konnte." Bei dieser Lage kann - dies sei im Hinblick auf den Inhalt der vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen hinzugefügt - den bloßen Umständen, dass der Antragsgegner möglicherweise bereits Anfang August seinen Hausrat in Räumlichkeiten seiner Eltern unterbrachte und seine Verlobte in diesem Monat nicht in Duisburg besuchte, noch diese Stadt ansonsten aufsuchte, nicht das Gewicht tragfähiger Indizien für einen gleichwohl vorhandenen neuen Domizilwillen zum Monatswechsel Juli / August zukommen.

c)

Die Formalien der Vollstreckbarerklärung sind eingehalten.

Indem das Landgericht beschlossen hat, das Urteil des Kantongerichts sei mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, hat es diesen Titel zur Zwangsvollstreckung zugelassen, §§ 4 Abs. 1, 8 Abs. 1 Satz 1, 9 AVAG.

Dem hierauf gerichteten Antrag des Antragstellers waren die nach Artt. 40 Abs. 3, 53 Abs. 1 und Abs. 2, 54 LugÜ in Verbindung mit dem Formblatt gemäß Anhang V LugÜ erforderlichen Urkunden beigefügt. Dies hat das Landgericht in seinem Beschluss vom 17. September 2015 ausdrücklich verlautbart, und es ist vom Antragsgegner auch nicht bezweifelt worden.

d)

In der Sache ist kein Grund gegeben, die Vollstreckbarerklärung zu versagen.

Gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 1 LugÜ darf die Vollstreckbarerklärung von dem Beschwerdegericht nur aus einem der in den Artikeln 34 und 35 aufgeführten Gründen versagt werden; keinesfalls darf die ausländische Entscheidung in der Sache selbst nachgeprüft werden, Art. 45 Abs. 2 LugÜ. Art. 35 Abs. 3 LugÜ ergänzt dies dahin, dass auch die Zuständigkeit der Gerichte des Ursprungsstaates - außer bei Versicherungssachen, Verbrauchersachen und in bestimmten Fällen ausschließlicher Zuständigkeiten - nicht nachgeprüft werden darf und die Vorschriften über die Zuständigkeit auch nicht zur öffentlichen Ordnung (ordre public) im Sinne der Versagungsgründe gehören.

aa)

Ein Fall der Artt. 68, 64 Abs. 3 oder 67 Abs. 4 LugÜ i.V.m. Art. 35 Abs. 1 LugÜ liegt nicht vor.

bb)

Ebenso wenig kann sich der Antragsgegner auf Art. 35 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Artt. 15 Abs. 1, 16 Abs. 2 LugÜ berufen. Zum einen ging es bei dem in der Schweiz geführten Rechtsstreit nicht um einen Teilzahlungskauf und vertritt der Antragsgegner selbst die Auffassung, es habe sich auch nicht um ein Darlehen gehandelt, geschweige denn zur Finanzierung eines bestimmten Kaufs; ferner ist nach keinem der beiden dortigen Parteistandpunkte auch nur ansatzweise ersichtlich, dass sich bei der Geldhingabe der dortige Kläger (hiesige Antragsteller) als Unternehmer und der dortige Beklagte (hiesige Antragsgegner) als Verbraucher gegenübergestanden hätten. Zum anderen ist die Klage des hiesigen Antragstellers doch nach der - insoweit ausschlaggebenden, Art. 59 Abs. 1 LugÜ - Auffassung der Schweizerischen Gerichte gerade, wie von Art. 16 Abs. 2 LugÜ gefordert würde, vor den Gerichten des Wohnsitzes des hiesigen Antragsgegners geführt worden.

cc)

Sodann führt der Antragsgegner umfangreich zu dem Prozess in Schweiz aus. Als Versagungsgründe erheblich können diese Darlegungen nur unter den Gesichtspunkten des Art. 34 Nr. 1 und 2 LugÜ - Verstoß gegen den ordre public und Verletzung des rechtlichen Gehörs in bestimmten Fällen - sein.

Hierzu ist vorab der Sachverhalt zusammenzufassen: Der Antragsgegner wurde vom Antragsteller zunächst in Deutschland verklagt; erst auf seine Entgegnung, die dortigen Gerichte seien für ihn nicht zuständig, verklagte der Antragsteller ihn in der Schweiz, wo der Antragsgegner bis zu seiner Festnahme lebte. Das Verfahren dort wurde auch bis zum Berufungsurteil in einer der Landessprachen geführt. Der Antragsgegner macht selbst nicht geltend, dass und aus welchem Grunde er außerstande gewesen wäre, trotz seiner Inhaftierung einen Anwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen. Auf seine von ihm selbst gefertigten Eingaben hin blieb die Klage in erster Instanz ohne Erfolg, erst in der Berufungsinstanz unterlag er. Das Berufungsurteil lässt erkennen, dass sich das zweitinstanzliche Gericht - eingehend - sowohl mit dem materiellrechtlichen als auch mit dem prozessbezogenen Vorbringen des Antragsgegners auseinandergesetzt hatte. Gegen dieses Urteil ergriff der Antragsgegner - soweit erkennbar - alle gegen Berufungsurteile Schweizer Gerichte eröffneten Rechtsmittel und Rechtsbehelfe - unter anderem zum Bundesgericht -, die auch beschieden wurden.

Bei dieser Lage ist auch nicht im Ansatz zu ersehen, wieso der Titel in einem Verfahren geschaffen worden sein könnte, auf das sich der Antragsgegner nicht eingelassen hätte, (Art. 34 Nr. 2 LugÜ) oder worin ein untragbar erscheinender Verstoß gegen das deutsche Recht (Art. 34 Nr. 1 LugÜ) liegen könnte. Allein im Hinblick auf die Ausführungen des Antragsgegners sei ergänzt:

Von einer Zuständigkeitserschleichung durch den Antragsteller kann keine Rede sein. Dass der titelschaffende Prozess überhaupt vor Schweizer Gerichten und nicht vor deutschen geführt wurde, war unmittelbar Folge des prozessualen Verhaltens des Antragsgegners. In Deutschland wäre es für die gerichtlichen Zuständigkeiten gleichgültig gewesen, wo der Antragsteller seinen Wohnsitz hatte (es wäre allein auf den Antragsgegner angekommen); ähnlich scheint es im übrigen in der Schweiz zu liegen, wenn das Bundesgericht ausführte, der (hiesige) Antragsgegner habe nicht dargetan, dass dem behaupteten Wohnsitz des (hiesigen) Antragstellers in Dubai eine "entscheiderhebliche Bedeutung" habe zukommen sollen. Überdies wäre die Klage nach deutschem Prozessrecht auch nicht etwa unzulässig gewesen. Es ist schon nichts dafür ersichtlich, dass die Anschrift des Antragstellers in der Schweiz keine zustellungsfähige gewesen wäre, wenn man die Möglichkeit von Zustellungen an Bevollmächtigte bedenkt; jedenfalls fehlt es an jedem konkreten Anhalt dafür, dass durch deren Angabe in der Klageschrift der geordnete Verfahrensablauf oder mögliche Kostenerstattungsansprüche gefährdet gewesen wären (zu diesen Voraussetzungen: BGH NJW-RR 2009, 1009 f). Dass schließlich ohne die "Täuschung" des Antragstellers weder die Schweizer, noch die deutschen, sondern Gerichte eines dritten Staates - etwa der Vereinigten Arabischen Emirate - zuständig gewesen wären, liegt fern.

Die besondere Verfahrensart vor den Gerichten in der Schweiz brachte es mit sich, dass von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte, was auch dem deutschen Recht nicht fremd ist; dass ferner ein endgültiges und kein Vorbehaltsurteil erging. Dies ist jedoch so lange unbedenklich, wie ein Erfolg in einem "Rechtsschutzverfahren in klaren Fällen" von hinreichend genau bestimmten und sachlich strengen Voraussetzungen abhängig ist. Daran, dass dies in der Tat so ist, hat der Senat nach der vom Schweizer Berufungsgericht in seinem Urteil im einzelnen entfalteten Dogmatik keine Bedenken.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Einer Wertfestsetzung von Amts wegen bedarf es nicht, da - in Übereinstimmung mit Art. 52 LugÜ - im vorliegenden Beschwerdeverfahren keine wertabhängigen Gebühren entstehen, Nr. 1520 GKG-KV.

R e c h t s b e h e l f s b e l e h r u n g :

Gegen diese Entscheidung kann Rechtsbeschwerde eingelegt werden. Diese ist nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat, die mit der Zustellung der vorliegenden Entscheidung beginnt, durch Einreichen einer Rechtsbeschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof Karlsruhe, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen.

Die Beteiligten müssen sich durch eine bei dem Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen dort zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

Die Rechtsbeschwerde ist zu begründen, und zwar innerhalb eines Monats ab Zustellung der vorliegenden Entscheidung. Die Begründung muss enthalten die Rechtsbeschwerdeanträge (die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Oberlandesgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde), eine Darlegung zu den hier im ersten Absatz genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen sowie die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe (die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt, und, soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben); soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Beschwerdegericht von einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften abgewichen sei, muss die Entscheidung, von der der angefochtene Beschluss abweicht, bezeichnet werden.