BGH, Urteil vom 14.12.2017 - IX ZR 118/17
Fundstelle
openJur 2018, 4724
  • Rkr:
Tenor

Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. April 2017 und das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 30. Mai 2016 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Das Amtsgericht bestellte den Beklagten mit Beschluss vom 1. August 2003 zum Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der R. GmbH (fortan: Schuldnerin). Der Beklagte erteilte der Rechtsvorgängerin des Klägers (fortan: Kläger) am 24. September 2003 ein anwaltliches Mandat, in die Masse fallende Versicherungsansprüche der Schuldnerin durchzusetzen. Der Kläger wurde entsprechend tätig.

Der Beklagte zeigte am 1. Juni 2004 dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit an. Das Insolvenzgericht veröffentlichte die Anzeige unter www.insolvenzbekanntmachungen.de am 7. Juni 2004. Ende 2004 bat der Beklagte den Kläger, seine Kostenrechnung zu übersenden, weil er das Mandat selbst weiterbearbeiten wolle. Am 8. Februar 2005 stellte der Kläger eine Gebührenrechnung über 35.802,88 €. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 21. Februar 2005 mit, dass er die Gebührenrechnung unmittelbar nach Zahlungseingang der Versicherungsleistung "zur Anweisung bringen" werde. Auf eine Mahnung des Klägers teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 mit, dass ein Ausgleich der Kostenrechnung über den angemahnten Betrag nicht möglich sei. Weiter heißt es unter anderem:

"Nicht nur, dass ich in dem Insolvenzverfahren die Masseunzulänglichkeit angezeigt habe und vor diesem Hintergrund bereits ein Ausgleich der bei Ihnen entstandenen Kosten nicht vorgenommen werden darf, so ist auch die Höhe der von Ihnen in Rechnung gestellten Kosten aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt. [...] Der Unterzeichner steht nach wie vor dazu, dass Sie für die von Ihnen entfalteten Tätigkeiten einen entsprechenden monetären Ausgleich erhalten. [...] Rein rechtlich wäre ich gehalten, den Ausgleich der bei Ihnen entstandenen Kosten bis zur Beseitigung der Masseunzulänglichkeit zu verweigern, was ich der Vollständigkeit halber hier nochmals erwähnen darf.

Sollten Sie tatsächlich gerichtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Forderung anstrengen, so sähe ich mich gezwungen, den Ausgleich unter Hinweis auf die bereits angezeigte Masseunzulänglichkeit zu verweigern. Von selbst versteht sich in diesem Zusammenhang, dass die von Ihnen gestellte Kostenrechnung in die so genannte Masseschuldtabelle aufgenommen wurde.

Sollten Sie ungeachtet dessen daran interessiert sein, die Angelegenheit [...] pauschal abzugelten, steht Ihnen Herr Rechtsanwalt [...] gerne telefonisch zur Rücksprache zur Verfügung."

Auf eine erneute Aufforderung des Klägers vom 18. Dezember 2007, einen konkreten, belastbaren Vorschlag für eine vergleichsweise Einigung abzugeben, verhandelten die Parteien über den Anspruch des Klägers und eine persönliche Haftung des Beklagten. Der Beklagte teilte schließlich am 20. Mai 2008 mit, er werde die geltend gemachte Forderung selbstverständlich als Masseverbindlichkeit berücksichtigen, falls es nicht zu einer Einigung kommen werde. Zugleich bot er an, bei einer vergleichsweisen Einigung 10.726,66 € zu zahlen. Der Kläger reagierte auf dieses Angebot nicht. Er erhob am 2. Oktober 2008 gegen den Beklagten persönlich Klage auf Schadensersatz. Das Oberlandesgericht Düsseldorf wies diese Klage in zweiter Instanz mit Urteil vom 8. September 2009 ab.

Mit Beschlüssen vom 23. Juli 2015 setzte das Insolvenzgericht die Vergütung des Beklagten fest und bestimmte für den 21. September 2015 einen Anhörungstermin zur Einstellung des Verfahrens wegen Masseunzulänglichkeit und zur Erörterung der Schlussrechnung des Beklagten. Am 19. August 2015 stimmte das Insolvenzgericht der Schlussverteilung zu. Daraufhin bat der Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 14. September 2015 um Ausgleich der Kostennote. Der Beklagte beruft sich auf Verjährung.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung der auf die Honorarforderung entfallenden Quote für Altmassegläubiger in Anspruch. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Gründe

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in WM 2017, 1993 ff veröffentlicht ist, hat ausgeführt, das Schreiben vom 20. Mai 2008 enthalte keinen Verzicht auf die Einrede der Verjährung. Ob dieses Schreiben ein Anerkenntnis enthalte, könne dahinstehen. In diesem Fall sei die neue Verjährungsfrist jedenfalls im Mai 2011 abgelaufen gewesen.

Jedoch führe die Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Beklagten und die Aufnahme der Forderung des Klägers in die Masseschuldliste zu einer Hemmung der Verjährung. Dies folge aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 205, 206 BGB. Der Gläubiger einer Altmasseforderung verfüge über keine Vollstreckungsmöglichkeiten. Der Verwalter agiere als staatlich beliehener Amtswalter in einem justizförmigen Verfahren. Der Rechtsverkehr müsse darauf vertrauen können, dass der Verwalter nach Wegfall der Durchsetzungssperre seine Masseschuldliste aus freien Stücken korrekt abarbeite. Eine Hemmung der Verjährung entsprechend §§ 205, 206 BGB sei zudem aus praktischen Erwägungen erforderlich, weil andernfalls zu befürchten stehe, dass die Insolvenzmasse durch vermeidbare Rechtsstreitigkeiten weiter ausgezehrt werde. Nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit müsse sich der Insolvenzverwalter um eine unverzügliche Verwertung der vorhandenen Restmasse bemühen. Drohe ein Zeitablauf, in dem die Forderungen der Altmassegläubiger verjähren könnten, liefe es diesen Grundsätzen entgegen, die finanziellen Ressourcen der Masse zur Feststellung von Altmasseverbindlichkeiten einsetzen zu müssen.

II.

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Leistungsklage zulässig ist. Trotz Anzeige der Masseunzulänglichkeit kann ein Altmassegläubiger jedenfalls in Höhe der auf ihn entfallenden Quote auf Leistung klagen, sobald der Insolvenzverwalter Schlussrechnung gelegt hat (§§ 66, 211 Abs. 2 InsO) und die vorrangigen Masseverbindlichkeiten gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO berichtigt sind. Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Landgerichts erfüllt.

2. Anders als das Berufungsgericht meint, führt weder die Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter nach § 208 Abs. 1 InsO noch die Aufnahme der Altmasseforderung in eine vom Beklagten geführte Liste zur Hemmung der Verjährung. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit bewirkt keine Hemmung der Verjährung nach § 205 BGB. Ebenso scheidet eine entsprechende Anwendung der §§ 205, 206 BGB aus.

a) § 205 BGB ist - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - auf die Anzeige der Masseunzulänglichkeit unmittelbar nicht anwendbar (Wenner/Jauch, ZIP 2009, 1894, 1895 f; Hahn, ZInsO 2016, 616, 617). Die Vorschrift sieht eine Hemmung der Verjährung vor, solange der Schuldner auf Grund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist. Dies setzt voraus, dass ein unter den Parteien vereinbartes Leistungsverweigerungsrecht vorliegt (Staudinger/Peters/Jacoby, 2014, § 205 Rn. 5). Andere rechtliche Hindernisse, die der Geltendmachung des Anspruchs vorübergehend entgegenstehen, begründen grundsätzlich keine Hemmung nach § 205 BGB (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - XII ZB 461/11, FamRZ 2012, 627 Rn. 23; Urteil vom 7. November 2014 - V ZR 309/12, WM 2015, 938 Rn. 22). Insbesondere gilt § 205 BGB grundsätzlich nicht für Leistungsverweigerungsrechte, die auf dem Gesetz beruhen (Staudinger/Peters/Jacoby, aaO). Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit führt zu einem solchen gesetzlichen Leistungsverweigerungsrecht gegenüber Altmasseverbindlichkeiten, weil fortan eine Leistungsklage mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig ist (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 22/05, BGHZ 167, 178 Rn. 8 mwN), eine Befriedigung nur im Rahmen des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO erfolgt und zudem ein Vollstreckungsverbot gemäß § 210 InsO besteht (BGH, aaO; Jaeger/Windel, InsO, § 208 Rn. 50; MünchKomm-InsO/Hefermehl, 3. Aufl., § 208 Rn. 62).

b) Anders als das Berufungsgericht meint, kommt auch keine entsprechende Anwendung des § 205 BGB auf das durch die Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründete Leistungsverweigerungsrecht in Betracht. Dies ist mit dem gesetzgeberischen Regelungswillen nicht vereinbar.

aa) Der Gesetzgeber hat § 205 BGB abweichend von § 202 BGB aF einschränkend gefasst. Nach § 202 Abs. 1 BGB aF war die Verjährung gehemmt, solange die Leistung gestundet oder der Verpflichtete aus einem anderen Grunde vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist. Nunmehr verlangt § 205 BGB ausdrücklich eine Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger. Dieser Änderung lag die Erwägung zugrunde, die Verjährungshemmung auf vereinbarte vorübergehende Leistungsverweigerungsrechte zu beschränken (BT-Drucks. 14/6040, S. 118). Die Fassung werde dadurch entsprechend der geringen Bedeutung der Vorschrift erheblich vereinfacht und biete sich damit auch weniger für Umgehungsversuche an (BT-Drucks. 14/6040, S. 118).

Eine entsprechende Anwendung setzt zunächst voraus, dass die Interessenlage des gesetzlich geregelten Falles mit der des zu entscheidenden Falles übereinstimmt. Zusätzlich müssen auch die Wertungsgrundlage und die gesetzgeberische Interessenbewertung der Gesetzesnorm auf den zu entscheidenden Fall zutreffen. Schließlich darf die Übertragung der gesetzlichen Regelung auf den ungeregelten Fall nicht durch gesetzgeberische Entscheidung ausgeschlossen sein. Eine entsprechende Anwendung des § 205 BGB kommt daher nicht schon dann in Betracht, wenn das Hindernis in seiner Wirkung einem vereinbarten Leistungsverweigerungsrecht gleichkommt (aA Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., § 205 Rn. 3; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, 2014, § 205 Rn. 19 ff). Richtigerweise muss das Hindernis nicht nur in seinen Wirkungen, sondern auch in Entstehung und Entstehungsvoraussetzungen zumindest einem Stillhalteabkommen (pactum de non petendo) gleichstehen. Entscheidend ist, ob der Parteiwille die Grundlage des Leistungsverweigerungsrechts bildet (MünchKomm-BGB/Grothe, 7. Aufl., § 205 Rn. 8). Eine entsprechende Anwendung des § 205 BGB auf Fallgestaltungen, in denen diese Wertungsgrundlage nicht gegeben ist, scheidet aus. Dies gilt insbesondere für gesetzliche Leistungsverweigerungsrechte (Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 15. Aufl., § 205 BGB, Rn. 8; MünchKomm-BGB/Grothe, 7. Aufl., § 205 Rn. 2, 7).

bb) Das Leistungsverweigerungsrecht, das auf der Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter beruht, erfüllt diese Voraussetzungen nicht (Wenner/Jauch, ZIP 2009, 1894, 1896 f; Hahn, ZInsO 2016, 616, 617 f; HK-InsO/Landfermann, 8. Aufl., § 210 Rn. 6; MünchKomm-BGB/Grothe, 7. Aufl., § 205 Rn. 7; ebenso LAG Düsseldorf, ZIP 1984, 858, 860 f zur KO; aA Jaeger/Windel, InsO, § 208 Rn. 51; vgl. auch Uhlenbruck/Ries, InsO, 14. Aufl., § 210 Rn. 20). Es handelt sich um die gesetzliche Folge der Anzeige der Masseunzulänglichkeit. Dabei steht das Recht, die Masseunzulänglichkeit festzustellen, einseitig dem Insolvenzverwalter zu (BGH, Urteil vom 3. April 2003

- IX ZR 101/02, BGHZ 154, 358, 360 f; MünchKomm-InsO/Hefermehl, 3. Aufl., § 208 Rn. 38; Pape in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2004, § 208 Rn. 7a). Die Gläubiger haben keine Mitspracherechte (Pape, aaO Rn. 7). Da bereits die Anzeige der Masseunzulänglichkeit die verfahrens- und vollstreckungsmäßige Durchsetzung der Forderung einschränkt, stehen weder die Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter noch das bloße Stillhalten der Altmassegläubiger nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit einer rechtsgeschäftlichen Erklärung gleich (Wenner/Jauch, aaO S. 1895 f; Hahn, aaO). Daran ändert sich nichts, wenn der Insolvenzverwalter die Masseverbindlichkeit in eine von ihm geführte Liste einträgt.

cc) Eine entsprechende Anwendung des § 205 BGB auf die Anzeige der Masseunzulänglichkeit ist auch nicht aus Rechtsschutzgesichtspunkten geboten. Der Gläubiger ist in der Lage, seine Ansprüche durch eine Feststellungsklage zu verfolgen (BGH, Urteil vom 3. April 2003 - IX ZR 101/02, BGHZ 154, 358, 363; BAGE 129, 257 Rn. 11; Schmidt/Jungmann, InsO, 19. Aufl., § 210 Rn. 6; Uhlenbruck/Ries, InsO, 14. Aufl., § 210 Rn. 13). Auf diese Weise kann er den Eintritt der Verjährung verhindern, weil gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch die Erhebung einer Klage auf Feststellung des Anspruchs die Verjährung hemmt. Auf der anderen Seite ist der Insolvenzverwalter unschwer in der Lage, eine allein wegen drohender Verjährung bevorstehende Feststellungsklage ohne Mehrkosten für die Insolvenzmasse zu vermeiden. Ihm steht frei, den Anspruch (wiederholt) anzuerkennen, einen Verjährungsverzicht zu erklären oder ein Stillhalteabkommen zu treffen.

dd) Aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. September 2010 (IX ZB 195/09, ZIP 2010, 2160) folgt nichts zugunsten einer Hemmung der Verjährung durch die Anzeige der Masseunzulänglichkeit. Die Entscheidung beruht auf dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass Vergütungsansprüche aus einem laufenden Verfahren nicht vor Beendigung jenes Verfahrens verjähren sollen (aaO Rn. 30 ff). Darum geht es im Streitfall nicht.

c) § 206 BGB ist auf die Anzeige der Masseunzulänglichkeit weder direkt noch entsprechend anwendbar. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter ist kein Akt höherer Gewalt (Wenner/Jauch, ZIP 2009, 1894, 1897; Hahn, ZInsO 2016, 616, 618; aA Uhlenbruck/Ries, InsO, 14. Aufl., § 210 Rn. 20). Sie hindert den Gläubiger auch nicht allgemein an der Rechtsverfolgung und damit der Hemmung der Verjährung. Auch wenn eine Leistungsklage unzulässig ist (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 22/05, BGHZ 167, 178 Rn. 8 mwN), steht dem Altmassegläubiger eine Feststellungsklage offen. Auch diese hemmt gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung.

III.

Die Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig. Die Klage ist unbegründet. Dem Beklagten steht ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 214 Abs. 1 BGB zu, weil der Anspruch des Klägers verjährt ist.

1. Eine entsprechende Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB auf die Geltendmachung von Masseforderungen gegenüber dem Insolvenzverwalter kommt nicht in Betracht. Die Vorschrift erfasst die Verfolgung von Insolvenzforderungen. Auch wenn nach einer Anzeige der Masseunzulänglichkeit Altmassegläubiger nicht mehr mit einer vollen Befriedigung rechnen können (vgl. § 209 Abs. 1 InsO), fehlt es für diese Forderungen an einem den §§ 174 ff InsO entsprechenden Verfahren. Es ist daher insbesondere unerheblich, ob der Insolvenzverwalter eine Liste der Masseschulden führt oder nicht.

2. Die Parteien haben weder eine rechtsgeschäftliche Stundungsvereinbarung noch ein Stillhalteabkommen gemäß § 205 BGB getroffen.

a) Allerdings können die Parteien auch dann ein Stillhalteabkommen vereinbaren, wenn einer Partei ein gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Daher steht es dem Abschluss eines Stillhalteabkommens nicht entgegen, dass der Beklagte sich wegen der Anzeige der Masseunzulänglichkeit auf ein gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht berufen kann (aA MünchKomm-BGB/Grothe, 7. Aufl., § 205 Rn. 2). Im Rahmen der Vertragsfreiheit können die Parteien neben einem gesetzlichen Leistungsverweigerungsrecht zusätzlich ein Stillhalteabkommen vereinbaren, das die Klagbarkeit eines Anspruchs auch auf vertraglicher Grundlage ausschließt.

b) Jedoch fehlt es an einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien.

aa) Ein verjährungshemmendes Stillhalteabkommen ist nur anzunehmen, wenn der Schuldner auf Grund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung berechtigt sein soll, vorübergehend die Leistung zu verweigern, und der Gläubiger sich umgekehrt der Möglichkeit begeben hat, seine Ansprüche jederzeit weiterzuverfolgen (BGH, Urteil vom 6. Juli 2000 - IX ZR 134/99, NJW 2000, 2661, 2662 unter II. 2.; vom 15. Juli 2010 - IX ZR 180/09, WM 2010, 1620 Rn. 15 je mwN). Dieses Stillhalteabkommen kann nach einhelliger Auffassung auch konkludent vereinbart werden (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1998 - VIII ZR 197/97, ZIP 1999, 491, 494; vom 15. Juli 2010, aaO; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, 2014, § 205 Rn. 17). Besteht bereits ein gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht, wird dies im Allgemeinen eher fernliegen. Entscheidend ist, ob ein rechtlicher Bindungswille der Parteien erkennbar ist. Es kommt darauf an, ob anhand der tatsächlichen Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Parteien dem Schuldner konkludent ein Recht zur vorübergehenden Leistungsverweigerung haben einräumen wollen (MünchKomm-BGB/Grothe, 7. Aufl., § 205 Rn. 8). Auf Seiten des Gläubigers genügt es vor allem nicht, dass er Leistungsverweigerungen des Schuldners oder entsprechende Ankündigungen nur resignierend hinnimmt. Es muss vielmehr der Wille feststellbar sein, sich hinsichtlich der Durchsetzbarkeit seiner Forderung rechtlich zu beschränken (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2010, aaO mwN; Staudinger/Peters/Jacoby, aaO Rn. 9).

bb) Diese Voraussetzungen für ein konkludent abgeschlossenes Stillhalteabkommen sind nicht erfüllt. Ebenso wenig liegt eine nachträglich vereinbarte Stundung der Honorarforderung bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens vor. Die vom Berufungsgericht unterlassene Auslegung kann der Senat selbst vornehmen, weil weitere tatsächliche Feststellungen insoweit nicht in Betracht kommen.

Es fehlt an einem rechtsgeschäftlichen Einvernehmen zwischen Kläger und Beklagtem, die gerichtliche Auseinandersetzung über den Anspruch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückzustellen. Aus dem Gesamtverhalten der Parteien kann auch nicht entnommen werden, dass die Forderung gestundet werden sollte. Trotz Streit um die Höhe der Ansprüche hat der Kläger den - sachlich zutreffenden - Hinweis des Beklagten auf das nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit bestehende Leistungsverweigerungsrecht unwidersprochen hingenommen. Auch im Übrigen kann dem Verhalten der Parteien und den gewechselten Schreiben nicht entnommen werden, dass der Kläger auf die verbleibenden Möglichkeiten, seine Ansprüche gerichtlich zu verfolgen, vorübergehend und kraft einer bindenden Vereinbarung verzichten wollte. Der Kläger hat weder konkrete Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung angekündigt noch haben die Parteien die Möglichkeit einer Feststellungsklage erörtert. Der Kläger hat vielmehr in unverjährter Zeit nur Ansprüche gegen den Beklagten persönlich gerichtlich verfolgt. Damit hat er zugleich deutlich gemacht, dass er eine Auseinandersetzung nicht zurückstellen wollte.

Die wiederholten Hinweise des Beklagten, er werde selbstverständlich die geltend gemachte Forderung in die Masseschuldtabelle aufnehmen und als Masseverbindlichkeit berücksichtigen, enthalten allein einen Hinweis auf die gesetzliche Lage. Sie erfolgten nur im Rahmen von Verhandlungen, die Ansprüche des Klägers teilweise zu erfüllen. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Schreiben ein stillschweigendes Angebot des Beklagten darstellen, der Kläger möge die Forderung stunden oder sich mit einem Stillhalteabkommen einverstanden erklären. Der Beklagte hatte angesichts der bestehenden gesetzlichen Leistungsverweigerungsrechten keinen Anlass, ohne weiteres ein vertragliches Stillhalteabkommen einzugehen. Schließlich fehlt es an einem hinreichend klaren Verhalten des Klägers, aus dem sein Einverständnis mit einer Stundung seiner Forderung oder einem Stillhalteabkommen geschlossen werden könnte. Insbesondere fehlt es sowohl nach dem Schreiben des Beklagten vom 6. Dezember 2006 als auch vom 20. Mai 2008 an einer ausreichenden Reaktion des Klägers, dass er vor diesem Hintergrund eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung als getroffen ansehe. Vielmehr hat der Kläger die - sachlich zutreffenden - Hinweise des Beklagten hingenommen, die laufenden Verhandlungen über eine teilweise Befriedigung schließlich einschlafen lassen und sich entschlossen, den Beklagten persönlich in Anspruch zu nehmen. Dies genügt nicht für eine Vereinbarung im Sinne des § 205 BGB.

3. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) gehindert wäre, die Einrede der Verjährung zu erheben.

4. Damit war die Verjährungsfrist abgelaufen, als der Kläger am 18. September 2015 Klage hinsichtlich seiner Masseforderungen erhob. Die Honorarforderung des Klägers verjährte nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ursprünglich mit Ablauf des 31. Dezember 2007. Auch wenn es sich bei den Schreiben des Beklagten vom 21. Februar 2005, 6. Dezember 2006 und 20. Mai 2008 um Anerkenntnisse im Sinne des § 212 Abs. 1 BGB gehandelt haben sollte, trat Verjährung spätestens Ende des Jahres 2011 ein.

Kayser Gehrlein Grupp Schoppmeyer Meyberg Vorinstanzen:

LG Duisburg, Entscheidung vom 30.05.2016 - 2 O 298/15 -

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.04.2017 - I-24 U 104/16 -