BGH, Beschluss vom 21.08.2017 - AnwZ (Brfg) 30/17
Fundstelle
openJur 2018, 3575
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 13. März 2017 wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

Grundsatzbedeutung ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung gehören Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie zu ihrer Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihrer Auswirkung auf die Allgemeinheit; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des Berufungsgerichts erforderlich ist (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 8. Dezember 2014 - AnwZ (Brfg) 45/14, juris Rn. 16; vom 13. Juli 2015 - AnwZ (Brfg) 17/15, juris Rn. 17 und vom 24. September 2015 - AnwZ (Brfg) 14/15, juris Rn. 3; jeweils mwN).

Der Kläger ist der Meinung, dem Rechtsstreit komme Grundsatzbedeutung im Hinblick auf die Frage zu, "ob einem durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen betroffenen Rechtsanwalt die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht auch dann belassen werden kann, wenn dem Rechtsanwalt die gesicherte Hinzuziehung eines anwaltlichen Treuhänders und die ausschließliche Verwendung eines nur unter Mitwirkung des Treuhänders zu nutzenden Treuhandkontos für alle Geldein- und Ausgänge im Zusammenhang mit dem Kanzleibetrieb auferlegt wird". Den Interessen der Rechtsuchenden könne - so der Kläger - durch Einschaltung eines entsprechenden Treuhänders in geeigneter Weise Rechnung getragen werden. Da der in Vermögensverfall befindliche Rechtsanwalt selbst und allein - im Wege der Selbstbeschränkung - über Kanzleigelder nicht zu verfügen berechtigt wäre, wären die vermögensrechtlichen Belange seiner Mandanten nicht gefährdet.

Der aufgeworfenen Frage kommt keine Grundsatzbedeutung zu. Die vom Kläger, der weiterhin als Einzelanwalt tätig ist, vertretene Auffassung widerspricht der ständigen Senatsrechtsprechung. Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt die Feststellungslast trifft. Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt jedoch zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern. Demgegenüber reichen selbst auferlegte Beschränkungen des in Vermögensverfall befindlichen und weiter als Einzelanwalt tätigen Rechtsanwalts nicht aus. Eine ausreichende Überwachung der notwendigen Sicherungsmaßnahmen ist in einer Einzelkanzlei nicht gewährleistet (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. nur Beschlüsse vom 8. Dezember 2014 aaO Rn. 23; vom 13. Juli 2015 aaO Rn. 6 und 9; vom 24. September 2015 aaO Rn. 4 und vom 19. Oktober 2016 - AnwZ (Brfg) 37/16, juris Rn. 3 und 7; jeweils mwN).

Sollte im Übrigen die Formulierung des Klägers in der aufgeworfenen Frage ("auferlegt wird") so zu verstehen sein, dass die Rechtsanwaltskammer statt des Widerrufs zunächst dem in Vermögensverfall befindlichen Rechtsanwalt Auflagen zur Gefahrenabwehr erteilen müsste, würde diese Auffassung auf einer grundsätzlichen Verkennung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO und der hierzu ergangenen Senatsrechtsprechung beruhen. Es ist Sache des in Vermögensverfall befindlichen Rechtsanwalts, durch geeignete Maßnahmen (s.o.) eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden auszuschließen. Tut er dies nicht, ist die Zulassung zu widerrufen. Für eine Aufrechterhaltung der Zulassung mit Auflagen besteht kein Raum (Senat, Beschlüsse vom 13. Juli 2015 aaO Rn. 10 und vom 24. September 2015 aaO Rn. 10; siehe auch Beschluss vom 8. Dezember 2014 aaO Rn. 20 ff.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Kayser Lohmann Seiters Braeuer Lauer Vorinstanz:

AGH Frankfurt, Entscheidung vom 13.03.2017 - 1 AGH 12/16 -