BGH, Beschluss vom 28.04.2017 - BLw 1/16
Fundstelle
openJur 2018, 2754
  • Rkr:
Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 14. März 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1 trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 3.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 15.000 €.

Gründe

I.

Mit notariellem Vertrag vom 24. Mai 2014 verkaufte die Beteiligte zu 1 (BVVG) zwanzig Flurstücke in einer Größe von insgesamt ca. 6,4 ha zum Preis von 15.000 € an den Beteiligten zu 2. Es handelt sich überwiegend um forstwirtschaftliche Grundstücke. Drei der Flurstücke sind größer als 0,5 ha. Der Beteiligte zu 2 ist kein Landwirt. Er beabsichtigt die Verpachtung der Flächen.

Der Notar übersandte den Kaufvertrag an die Beteiligte zu 3 (Genehmigungsbehörde), wo dieser am 5. September 2014 einging. Mit Zwischenbescheid vom 8. September 2014 verlängerte die Genehmigungsbehörde die Frist, innerhalb derer die Entscheidung über die Genehmigung zu treffen ist, auf drei Monate mit der Begründung, dass der Vertrag der vorkaufsberechtigten Stelle zur Herbeiführung einer Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts vorzulegen sei. Diese Vorlage erfolgte in der Folgezeit nicht. Ein Landwirtschaftsbetrieb, der Ackerbau im Nebenerwerb betreibt, meldete sein Interesse an einem Erwerb der Grundstücke zu den Bedingungen des Kaufvertrags an. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2014 versagte die Genehmigungsbehörde die Genehmigung mit der Begründung, dass der Erwerb durch den Beteiligten zu 2 eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden darstelle.

Auf den Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 auf gerichtliche Entscheidung hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - die Genehmigung des Kaufvertrags nach dem Grundstückverkehrsgesetz versagt. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 hat der Senat für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beteiligte zu 3 beantragt, will die Beteiligte zu 1 feststellen lassen, dass die Genehmigung des Kaufvertrags als erteilt gilt; hilfsweise will sie erreichen, dass der Bescheid vom 29. Oktober 2014 aufgehoben und die Genehmigung erteilt wird.

II.

Nach Ansicht des Beschwerdegerichts hat der Hauptantrag keinen Erfolg, weil der Kaufvertrag nicht gemäß § 6 Abs. 2 GrdstVG als genehmigt gilt. Die Genehmigungsbehörde habe die Frist des § 6 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG wirksam zumindest auf zwei Monate verlängert und innerhalb dieses Zeitraums über den Antrag auf Genehmigung entschieden. Zwar hätte die Genehmigungsbehörde die Frist nicht auf drei Monate verlängern dürfen, weil der zuständigen Mitarbeiterin bei näherer Überprüfung sogleich hätte auffallen müssen, dass Gegenstand des Vertrags ganz überwiegend Waldflächen sind, für die ein Vorkaufsrecht nicht besteht. Eine unwirksame Verlängerung auf drei Monate habe aber eine Verlängerung auf zwei Monate zur Folge. Der Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet. Der insgesamt nach dem Grundstückverkehrsgesetz genehmigungspflichtige Verkauf führe zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG, da der erwerbswillige Landwirtschaftsbetrieb dringend aufstockungsbedürftig sei.

III.

1. Die unbeschränkt erhobene Rechtsbeschwerde ist nur zulässig, soweit sie den Hauptantrag zum Gegenstand hat, weil das Beschwerdegericht die Zulassung der Rechtsbeschwerde wirksam hierauf beschränkt hat.

a) Dem Tenor des angegriffenen Beschlusses ist eine solche Beschränkung zwar nicht zu entnehmen. Sie folgt aber - was zulässig ist (vgl. Senat, Beschluss vom 25. November 2011 - BLw 2/11, juris Rn. 5 mwN) - aus den Gründen der Entscheidung. Dort wird die Zulassung der Rechtsbeschwerde darauf gestützt, dass grundsätzlich klärungsbedürftig sei, ob nach der mit Beschluss vom 28. November 2014 geänderten Rechtsprechung des Senats (BLw 3/13, BGHZ 203, 297 ff.) eine unwirksame Verlängerung der Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts auf drei Monate zumindest eine Verlängerung der Entscheidungsfrist auf zwei Monate zur Folge habe. Diese Rechtsfrage ist nur für den Hauptantrag von Bedeutung, mit dem festgestellt werden soll, dass die Genehmigung des Kaufvertrags gemäß § 6 Abs. 2 GrdstVG als erteilt gilt. Für den auf die Erteilung der Genehmigung abzielenden Hilfsantrag ist sie unerheblich.

b) Eine solche Beschränkung ist zulässig. Auch in dem gerichtlichen Verfahren in Landwirtschaftssachen kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (vgl. Senat, Beschluss vom 25. April 1997 - BLw 1/97, BGHZ 135, 292, 294). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Ein Widerspruch zwischen dem noch zur Entscheidung stehenden und dem unanfechtbaren Teil des Streitstoffs kann nicht auftreten. Sofern das Rechtsmittel Erfolg hat, wird die bereits ergangene Entscheidung über den Hilfsantrag gegenstandslos, da die Bedingung, unter welcher dieser steht, und damit seine Rechtshängigkeit entfällt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2016 - VII ZR 17/14, NJW 2017, 1180 Rn. 15 für die Berufung). Andernfalls bleibt die Zurückweisung des Hilfsantrags bestehen.

2. Soweit die Rechtsbeschwerde zulässig ist, ist sie unbegründet. Rechtsfehlerfrei geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die Genehmigung nicht gemäß § 6 Abs. 2 GrdstVG als erteilt gilt, weil sie innerhalb der in § 6 Abs. 1 GrdstVG genannten Frist versagt worden ist. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG ist die Entscheidung über die Genehmigung binnen einem Monat nach Eingang des Antrags zu treffen. Kann die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden oder hat die Genehmigungsbehörde eine Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 12 GrdstVG herbeizuführen, so ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 GrdstVG vor Ablauf der Frist dem Veräußerer ein Zwischenbescheid zu erteilen; durch den Zwischenbescheid verlängert sich die Frist des Satzes 1 auf zwei Monate und, falls die bezeichnete Erklärung herbeizuführen ist, auf drei Monate. Einen auf die Dreimonatsfrist gerichteten Zwischenbescheid hat die Beteiligte zu 3 vor Ablauf des ersten Monats erteilt und vor Ablauf des zweiten Monats über den Antrag entschieden.

a) Im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Beschwerdegerichts, wonach die Frist nicht auf drei Monate verlängert worden ist.

aa) Allerdings hat der Senat mit Beschluss vom 28. November 2014 (BLw 3/13, BGHZ 203, 297 ff.) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass es für eine Fristverlängerung auf drei Monate ausreicht, wenn die Genehmigungsbehörde annimmt, wegen eines siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts gemäß § 12 GrdStVG zur Vorlage an die Siedlungsbehörde verpflichtet zu sein, und rechtzeitig einen hierauf gestützten Zwischenbescheid erlässt; es kommt nicht darauf an, ob das Vorkaufsrecht tatsächlich bestand. Zugleich hat der Senat aber darauf hingewiesen, dass die Behörde den auf die Dreimonatsfrist gerichteten Zwischenbescheid erst dann erlassen darf, wenn sie nach rechtlicher Prüfung von dessen Bestehen überzeugt ist (Senat, Beschluss vom 28. November 2014 - BLw 3/13, BGHZ 203, 297 Rn. 18); sie darf ihn nicht "zur Vorsicht" verfügen (Senat, Beschluss vom 28. Oktober 1965 - V BLw 19/65, BGHZ 44, 202, 203). Einer Präzisierung bedarf dies insoweit, als grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die Genehmigungsbehörde die erforderliche rechtliche Prüfung durchgeführt und sich auf dieser Grundlage von dem Bestehen des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts überzeugt hat, es sei denn, das Vorgehen der Behörde erweist sich als willkürlich oder als missbräuchlich (in diesem Sinne bereits Senat, Beschluss vom 28. November 2014 - BLw 3/13, BGHZ 203, 297 Rn. 19).

bb) Letzteres nimmt das Beschwerdegericht - jedenfalls der Sache nach - in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung an.

(1) Dass - wie hier - im Anschluss an den Zwischenbescheid keine Vorlage an das Siedlungsunternehmen erfolgt, lässt zwar für sich genommen nicht auf ein willkürliches oder missbräuchliches Vorgehen der Genehmigungsbehörde schließen. Diese kann nämlich im weiteren Verlauf des Verfahrens von ihrer in dem Zwischenbescheid niedergelegten rechtlichen Einschätzung abgehen und muss dies sogar, wenn sie sich nachträglich - unter Umständen nach weiteren Erhebungen - von der Fehlerhaftigkeit ihrer bisherigen Auffassung überzeugt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Februar 1964 - V BLw 31/63, BGHZ 41, 114, 121 f.; Beschluss vom 28. Oktober 1965 - V BLw 19/65, BGHZ 44, 202, 203).

(2) Hier lagen die Voraussetzungen für das Bestehen des Vorkaufsrechts aber nach der Art der Flächen offensichtlich nicht vor, und der Zwischenbescheid wurde schon drei Tage nach Eingang des Antrags erlassen. Infolgedessen ergaben sich aus den Gesamtumständen konkrete Zweifel an der Durchführung der erforderlichen rechtlichen Prüfung, denen das Landwirtschaftsgericht mit einer Anhörung der zuständigen Mitarbeiterin der Genehmigungsbehörde nachgegangen ist. Gestützt darauf sind die Vorinstanzen zu der Überzeugung gelangt, dass eine rechtliche Prüfung nicht stattgefunden hat; vielmehr ist die Mitarbeiterin allein aufgrund der Größe der Flächen von dem Bestehen des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts ausgegangen, ohne eine nähere Prüfung vorzunehmen und insbesondere die Art der Flächen in ihre Überlegungen einzubeziehen. Eine solche Vorgehensweise bei dem Erlass des Zwischenbescheids ist auch dann als objektiv willkürlich anzusehen, wenn - wovon das Beschwerdegericht nachvollziehbar ausgeht - die gesetzlichen Vorgaben nicht bewusst und damit missbräuchlich umgangen werden (ebenso im Ergebnis OLG Oldenburg, RdL 2015, 316, 317; AG Hameln, RdL 2017, 108, 109 f.).

b) Zutreffend geht das Beschwerdegericht weiter davon aus, dass die Genehmigung gleichwohl fristgerecht versagt worden ist, weil die Frist um einen Monat auf insgesamt zwei Monate verlängert und innerhalb dieses Zeitraums über den Antrag entschieden worden ist. Die hiergegen erhobenen Einwände der Rechtsbeschwerde sind unbegründet.

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats führte ein auf die Dreimonatsfrist gerichteter Zwischenbescheid, der diese wegen eines Irrtums über das Bestehen des Vorkaufsrechts nicht in Gang setzte, jedenfalls zu einer Fristverlängerung um einen Monat auf zwei Monate (Senat, Beschluss vom 28. Oktober 1965 - V BLw 19/65, BGHZ 44, 202, 203; Beschluss vom 14. Februar 1974 - BLw 1/73, WM 1974, 539 f.; Beschluss vom 9. Mai 1985 - BLw 9/84, BGHZ 94, 299, 302).

bb) Eine Änderung dieser Rechtsprechung ist - wie das Beschwerdegericht mit Recht annimmt - nicht deshalb angezeigt, weil es nach der neueren Rechtsprechung des Senats für die Fristverlängerung auf drei Monate grundsätzlich ausreicht, dass die Genehmigungsbehörde annimmt, wegen eines siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts gemäß § 12 GrdstVG zur Vorlage an die Siedlungsbehörde verpflichtet zu sein (Senat, Beschluss vom 28. November 2014 - BLw 3/13, BGHZ 203, 297 ff.). Dass durch einen solchen Zwischenbescheid in jedem Fall eine Verlängerung um einen Monat auf zwei Monate eintritt, hat der Senat bereits seinen Überlegungen in dem genannten Beschluss zugrunde gelegt; er hat sich deshalb nur mit der (weiteren) Verlängerung um einen Monat auf insgesamt drei Monate befasst (Senat, Beschluss vom 28. November 2014 - BLw 3/13, BGHZ 203, 297 Rn. 16 ff., insbesondere Rn. 18) und nicht - wie es nach dem Verständnis der Rechtsbeschwerde angezeigt gewesen wäre - mit einer Verlängerung um zwei auf drei Monate.

cc) Der Senat hält daran fest, dass eine willkürliche oder rechtsmissbräuchliche Verlängerung der Frist auf drei Monate eine Verlängerung der Frist um einen Monat auf zwei Monate zur Folge hat. Letzteres setzt gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 GrdstVG lediglich voraus, dass die Prüfung des Antrags innerhalb der Monatsfrist nicht abgeschlossen werden kann, also aus Sicht der Behörde mehr Zeit für die Prüfung erforderlich ist; maßgeblich ist allein die subjektive Einschätzung der Genehmigungsbehörde, nicht die objektive Erfüllung bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen (Senat, Beschluss vom 28. November 2014 - BLw 3/13, BGHZ 203, 297 Rn. 12). Ein dahingehender Zwischenbescheid bedarf keiner Begründung (Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 7. Aufl., Rn. 677). Diesen Anforderungen wird genügt, wenn die Behörde - wie hier - ohne rechtliche Prüfung von dem Bestehen des Vorkaufsrechts ausgeht und gestützt auf diese Einschätzung einen auf die Dreimonatsfrist gerichteten Zwischenbescheid erlässt; auch dann geht sie nämlich davon aus, dass es ihr nicht gelingen wird, die Entscheidung innerhalb eines Monats herbeizuführen (vgl. auch OLG Oldenburg, RdL 2015, 316, 317; AG Hameln, RdL 2017, 108, 109 f.).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44, 45 LwVG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts richtet sich gemäß § 47, § 60 Abs. 1, § 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG nach dem vereinbarten Kaufpreis.

Stresemann Brückner Göbel Vorinstanzen:

AG Torgau, Entscheidung vom 19.05.2015 - XV 22/14 -

OLG Dresden, Entscheidung vom 14.03.2016 - W XV 863/15 -