AG Köln, Urteil vom 28.08.2014 - 209 C 209/14
Fundstelle
openJur 2018, 7989
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beklagten sind seit dem 01.01.2009 Mieter der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung des Hauses X.str in Köln. Sie schlossen den Mietvertrag mit dem ehemaligen Vermieter Herrn B. X. Die Klägerin erwarb das Objekt und ist im Grundbuch eingetragen.

In § 4 des Mietvertrages ist die Zahlung der Miete geregelt. Die Parteien vereinbarten danach, dass die Miete spätestens bis zum dritten Werktag des Monats auf das Konto der Klägerin zu zahlen ist. Laut der Klausel kommt es dabei nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes an. Das Geld ging im Jahr 2013 in den Monaten Januar, Februar, März, Mai, und Juli erst nach dem dritten Werktag des jeweiligen Monats auf dem Konto der Klägerin ein. Mit Schreiben vom 23. 08. 2013 mahnte sie deshalb die Beklagten ab.

Die Mieten der Monate März, April, Mai 2014 gingen ebenfalls nach dem dritten Werktag des Monats ein. Bereits mit Schreiben vom 06.05.2014 kündigte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise fristgerecht zum 30.11.2014. Am 26.05.2014 kündigte er erneut fristlos bzw. hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Für seine Tätigkeit stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dieser 571,44 € in Rechnung.

Die Beklagten widersprachen der Kündigung.

Die Klägerin ist der Ansicht, gem. § 4 des Mietvertrages komme es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung auf den Eingang des Geldes auf dem Vermieterkonto an, weshalb die Beklagte stets in Zahlungsverzug gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten zu verurteilen,

die Wohnung im 1. Obergeschoss des Hauses X.str. in Köln, bestehend aus 4 Zimmern, Küche, Diele, Bad, WC im geräumten Zustand an sie herauszugeben.

an sie 571,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klage zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen unwidersprochen vor, sie hätten die Zahlungen der Miete jeweils am dritten Werktag eines Monats vorgenommen. Sie halten die Regelung in § 4 des Mietvertrages für unwirksam.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Klage ist am 14.06.2014 zugestellt worden.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Beklagten sind nicht gem. § 546 Abs. 1 BGB zur Herausgabe der Wohnung verpflichtet. Das Mietverhältnis ist nicht durch die Kündigungen der Klägerin vom 06.05.2014 bzw. 26.05.2014 beendet worden. Die Kündigungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 1 BGB liegen nicht vor. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 534 BGB ist nicht gegeben. Gleiches gilt für die Voraussetzungen des § 573 Abs. 1,Abs. 2 Nr. 1 BGB. Es fehlt hier an einer nicht unerheblichen Pflichtverletzung der Beklagten.

Zwar ist es zutreffend, dass die Mietzahlungen mehrfach entgegen § 4 des Mietvertrages erst nach dem dritten Werktag des Monats auf dem Konto der Klägerin eingingen. Einen Schuldnerverzug nach §§ 286 Abs.1, Abs. 2 Nr.1 BGB begründet dies aber nicht.

Das Amtsgericht Köln hat mit Beschluss vom 11.07.2013 (Az.: 205 C 30/13), bestätigt durch Beschluss des Landgerichts Köln vom 23.10.2013 (Az.: 39 T 176/13) in einem gleichgelagert Fall - in welchem auch formularmietvertraglich für die Rechtzeitigkeit der Zahlung der Tag der Absendung des Geldes durch den Mieter vereinbart war - ausgeführt:

"Verzug tritt nach § 286 I 1 BGB ein, wenn der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht leistet, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt. Dabei war hier eine Mahnung gem. §§ 286 II, 556 b BGB entbehrlich, so dass es alleine auf die Fälligkeit des Anspruchs ankommt.

Die Miete ist gem. § 556 I BGB bei Beginn, spätestens zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten, wobei der Samstag kein Werktag ist (BGH vom 13.07.2012, VIII ZR 129/09). Für den Monat November 2012 ist das der Dienstag, der 6. November 2012.

a)

Dabei genügt der Mieter seinen Verpflichtungen, wenn er die Miete bis zum Ablauf dieses Datums angewiesen hat. § 556 b BGB enthält keine Bestimmungen über Leistungs- und Zahlungsort, so dass es bei den Auslegungsregeln der §§ 269, 270 BGB verbleibt. Danach hat der Mieter die Miete an dem Ort zu leisten, an dem er bei der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hat und sie auf seine Gefahr und Kosten dem Vermieter an dessen Wohnsitz zu übermitteln. Ausreichend ist, da es sich bei Geldschulden um sog. "qualifizierte Schickschulden" handelt, die rechtzeitige Leistungshandlung des Mieters (so auch im Grundsatz MüKo/Artz, BGB, 6. A, § 556, Rn. 6; Schmidt/Futterer, Mietrecht, § 556 b, Rn. 6), die hier nach dem unstreitigen und damit gem. § 138 III ZPO zugestandenen Sachvortrag am 06.11.2012, mithin rechtzeitig, erfolgte.

b)

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Anwendung der Richtlinie 2000/35/EG vom 29.06.2000 (Zahlungsverzugsrichtlinie). Diese ist nämlich sowohl nach der Ursprungs- (Erwägungsgrund 13) als auch der Neufassung (Erwägungsgrund 8) der Richtlinie auf als Entgelt für Handelsgeschäfte geleistete Zahlungen beschränkt (vgl. hierzu Schmidt/Futterer/Langenberg, Mietrecht, § 556 b Rn. 9). Sie umfasst ausdrücklich keine Geschäfte mit Verbrauchern.

Die Ausdehnung der Richtlinie auf Verbraucher kommt bei dieser Ausgangslage daher nur in Betracht, wenn die Veränderung zulasten der Verbraucher durch herausragende Gründe gerechtfertigt wäre. Diese sind nicht zu erkennen. Nach einer Meinung resultiert die richtlinienkonforme Auslegung und damit die Anwendung auch auf Verbraucher schon aus dem Gesichtspunkt, dass Geldschulden nicht als qualifizierte Schickschulden, sondern als modifizierte Bringschulden einzuordnen sind, weil mit Fälligkeit von den Vertragsparteien im Zweifel der Leistungserfolg gemeint sei. Dieser von der jahrzehntelangen Rechtsprechung des BGH abweichenden Auffassung ist nicht zu folgen, zumal es die Parteien selbst in der Hand haben, durch vertragliche Absprachen zu einer Korrektur hinsichtlich des Verzögerungsrisikos zu kommen. Nach anderer Meinung soll ein gespaltenes Verständnis der Vorschrift des § 270 BGB, je nachdem, ob nur Unternehmen oder auch Verbraucher beteiligt sind, die Sicherheit des Rechtsverkehrs in erheblichem Maß beeinträchtigen; es widerspräche auch einer einheitlichen Systematik des BGB. Dieses Argument überzeugt nicht, weil im Interesse des Verbraucherschutzes auch in anderem Zusammenhang zwischen beteiligten Verbrauchern und Unternehmern unterschieden wird (vgl. § 310 BGB). Insbesondere würde dem Mieter der Vorteil aus § 556b Abs. 1 BGB, eine "Schonfrist" zur Vermeidung einer ordentlichen oder fristlosen Kündigung zu haben, teilweise genommen. Nicht zu übersehen ist z. B., dass der Mieter den Überweisungsauftrag bei den vorbeschriebenen Banklaufzeiten häufig zu einem Zeitpunkt erteilen müsste, zu dem sein Gehalt oder Lohn noch nicht bei ihm eingegangen ist; aus der Praxis ist hinreichend bekannt, dass Arbeitnehmer immer wieder noch nicht zum Monatsende über ihr Entgelt verfügen können (Schmidt/Futterer/Langenberg, Mietrecht, § 556 b, Rn. 9 m.w.N.).

c)

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 4 Ziffer 3 MV, wonach es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung nicht auf die Absendung sondern den Eingang des Geldes ankommt. Die formularvertragliche Regelung ist nach § 307 I BGB unwirksam, da sie den Mieter unangemessen benachteiligt. Unangemessen ist die Benachteiligung dabei im Grundsatz, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartner durchzusetzen versucht, ohne von vorn herein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Palandt/Grüneberg, BGB, § 307, Rn. 12, BGH NJW 2005, 1774). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung, in die die Art des konkreten Vertrages, die typischen Interessen beider Parteien, die Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise und die sich aus der Gesamtheit der Rechtsordnung ergebenden Bewertungskriterien einzubeziehen sind. Danach ist die Klausel hier unwirksam. Sie nimmt nämlich keine Verzögerungen aus, für die der Vermieter nicht verantwortlich ist, die also nicht auf seinem Verhalten beruhen. Das betrifft sowohl Verspätungen durch das Geldinstitut des Vermieters als auch außergewöhnliche Verzögerungen im Bereich seines eigenen Geldinstituts (Schmidt/Futterer/Langenberg, Mietrecht, § 556 b, Rn. 11; Sternel, Mietrecht aktuell, II, Rn. 214). Jedenfalls erwecken sie den Eindruck, der Mieter müsse für den rechtzeitigen Eingang der Miete beim Vermieter "auf alle Fälle" einstehen."

Diesen Ausführungen, den sich das Gericht im vorliegenden Fall in vollem Umfang anschließt, ist nichts weiter hinzuzufügen.

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass auch der Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Klägerseite nebst Zinsen nicht besteht.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: 5.880,00 €

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.