AG Eschweiler, Beschluss vom 30.06.2015 - 13 F 188/14
Fundstelle
openJur 2018, 6867
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Verfahrenswert: 23.796,00 €

Gründe

I.

Der Antragssteller begehrt die Abänderung des Titels über den nachehelichen Unterhalt. Die Beteiligten sind rechtskräftig geschiedene Eheleute.

Die Ehe der Beteiligten wurde am 08.09.1989 geschlossen. Aus der Ehe ist die am 29.03.1991 geborene Tochter D. hervorgegangen. Die Beteiligten trennten sich am 30.01.2005. Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin im Juni 2006 zugestellt. Die Scheidung ist am 12.11.2011 rechtskräftig geschieden geworden.

Die Antragsgegnerin schloss die höhere Handelsschule ab und war zunächst bei der Firma K. tätig. Dort bezog sie zuletzt ein monatliches Einkommen von rund 4.000,00 DM brutto. Aufgrund einer Erkrankung und dem beabsichtigten Studium entschied sie sich mit dem Arbeitgeber die Tätigkeit aufzugeben und erhielt eine Abfindung von 24.000,00 DM. 1987 begann sie ihr Produktdesign-Studium an der FH B. Sie bezog zu Beginn des Studiums Bafög-Leistungen. Sie erwarb 1997 ihren Abschluss mit der Abschlussnote "gut". Seit dieser Zeit leidet die Antragsgegnerin an Colitis ulcerosa.

Der Antragssteller ist Psychotherapeut und betreibt seit 1986 eine eigene Praxis.

Der Antragsteller war zunächst im Verfahren 227 F 230/06 AG Aachen/ 10 UF 134/11 OLG Köln zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 1.052,00 € Elementarunterhalt und 275,00 € Altersvorsorgeunterhalt verpflichtet worden. Durch Beschluss vom 26.02.2014 wurde der Titel im Verfahren 10 UF 61/13 - 227 F 270/12 AG Aachen - abgeändert. Der Antragsteller wurde verpflichtet, ab März 2014 laufenden Unterhalt von monatlich 1.708,00 € Elementarunterhalt und 275,00 € Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen. Der Entscheidung lag folgende Berechnung zu Grunde:

Nettoerwerbseinkommen

8.230,80 €

Mieteinnahmen

224,72 €

Krankenversicherung

1.559,35 €

Ärzteversorgung

368,58 €

Lebensversicherung L

850,00 €

Lebensversicherung L

93,46 €

Lebensversicherung B

700,34 €

Summe

4.883,79 €

Abzüglich 1/7 (ohne Mieteinnahmen)

-665,58 €

Bereinigt

4.218,21 €

Antragsgegnerin

Rente

568,03 €

½ Differenz

1.825,09 €

Altersvorsorgeunterhalt

275,00 €

Elementarunterhalt

1.708,00 €

Gesamt

1.983,00 €

Eine Befristung des Unterhalts wurde nicht vorgenommen, da sich die Beteiligten darüber einig waren, dass zunächst das Ergebnis des Zugewinnausgleichsverfahrens abzuwarten ist.

Der Antragssteller betreibt seit Juni 2014 eine weitergehende Altersvorsorge bei der B. Versicherung in Höhe von monatlich 650,00 €.

Die Antragsgegnerin hat im Rahmen des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens über den Zugewinnausgleich einen Betrag in Höhe von 50.000,00 € nebst Zinsen erhalten. Die Parteien hatten durch Ehevertrag vom 25.08.1989 den Zugewinnausgleichsanspruch eingeschränkt. Danach sollte die Arztpraxis des Antragstellers für die Berechnung des Zugewinnausgleichs unberücksichtigt bleiben und die im Alleineigentum des Antragstellers stehende Immobilie nur zur Hälfte berücksichtigt werden.

Die Antragsgegnerin machte unter dem Aktenzeichen Amtsgericht Aachen 227 F 382/14 ein weiteres Verfahren auf Zahlung eines zusätzlichen Zugewinnausgleichs in Höhe von 75.077,86 € anhängig. Das Amtsgericht Aachen hat den Antragssteller verpflichtet, weiteren Zugewinnausgleich in Höhe von 7.218,23 € zu zahlen. Das Verfahren befindet sich in der Beschwerdeinstanz.

Die Antragsstellerin erkrankte im Herbst 2014 an Brustkrebs.

Der Antragsteller ist der Ansicht, dass die nacheheliche Solidarität weitere Unterhaltsleistungen über den bisherigen Zeitraum nicht rechtfertigen könne. Auch die Einschränkung der Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen der Antragsgegnerin stelle keinen Anlass für die Fortzahlung der Unterhaltsleistung dar.

Sie sei im Rahmen der Kindererziehung und Tätigkeiten im Haushalt unterstützt worden. Das Kind sei in einer Ganztagsbetreuung untergebracht worden und es habe eine Haushaltshilfe gegeben. Die Beteiligten seien sich einig gewesen, dass die Antragsgegnerin eine eigenständige berufliche Existenz aufbaue. Die Antragsgegnerin hätte ihr Studium bereits vor der Geburt des Kindes abschließen können. Die Antragsgegnerin habe entgegen seines Wunsches eine berufliche Tätigkeit nicht aufgenommen. Sie sei an der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit nicht interessiert gewesen. Sie sei selbst davon ausgegangen, dass das Studium für einen dauerhaften Grunderwerb nicht geeignet gewesen sei.

Die Antragsgegnerin leide unter einer Unterhaltsneurose. Aus diesem Grunde habe sie sich in dem Verfahren über den Trennungsunterhalt nicht psychiatrisch untersuchen lassen.

Die Antragsgegnerin habe keine Nachweise zur Behandlung ihrer zur Erwerbsunfähigkeit führenden Erkrankung vorgelegt. Vor diesem Hintergrund stelle die Erkrankung keinen Grund für das Fortbestehen der Unterhaltsverpflichtung dar. Auch die Krebserkrankung könne einen weiteren Unterhaltsanspruch nicht rechtfertigen, da die Erkrankung erst nach der Scheidung eingetreten ist.

Über den Zugewinnausgleich sei abschließend rechtskräftig entschieden worden. Es handle sich nicht um eine Teilentscheidung. Ein weitergehender Anspruch bestehe nicht.

Er habe im Jahre 2014 über Einkünfte von 103.028,37 € verfügt. Dem sei die Steuerlast in Höhe von 36.225,00 € in Abzug zu bringen. Abzüglich der Ärzteversorgung, der Altersvorsorge, der Unfall- sowie Kranken- und Pflegeversicherung verfüge er über ein Nettoeinkommen von 23.846,76 €. Er habe eine Angestellte eingestellt, weil er altersbedingt nicht in der Lage sei, den Arbeitsanfall alleine zu bewältigen. Die Zahlung des vom OLG festgesetzten Unterhaltsbetrages würde dazu führen, dass er unter dem Selbstbehalt liege.

Der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Köln vom 26.02.2014 - 10 UF 61/13, 227 F 270/12 Amtsgericht Aachen - zu entscheiden, dass mit Wirkung ab dem 01.01.2015 der Antragsteller nicht mehr verpflichtet ist, nachehelichen Unterhalt an den Kläger zu zahlen,

hilfsweise ab diesem Zeitpunkt den Unterhalt auf den angemessenen Bedarf herabzusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie habe ihr Studium nach der Geburt des Kindes zunächst nicht weiterführen können, da dies mit der Kinderbetreuung nicht vereinbar gewesen sei. Bereits während der Schwangerschaft habe sie aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihr Studium unterbrechen müssen. Die Beteiligten hätten eine Betreuung durch einen Babysitter nicht gewünscht. Der Antragsteller habe nicht gewollt, dass sie ihr Studium abschließe, da er genügend verdiene.

Es habe Probleme mit der gemeinsamen Tochter gegeben. Sie habe die Schule nicht besuchen und Hausaufgaben machen wollen. Der Antragsteller habe keine Beziehung zu dem Kind aufgebaut. Die Tochter habe unter psychischen Störungen gelitten, die sich u.a. in einem Waschzwang äußerten. Nach der Trennung sei die Tochter in falsche Kreise gelangt. Sie habe unter Alkoholeinfluss einen Selbstmordversuch unternommen und wurde zwangsweise eingewiesen. Aufgrund dessen habe die Tochter ständig betreut werden müssen. Dies habe die Antragsgegnerin unternommen. Aus diesem Grund sei eine Berufstätigkeit bereits nicht möglich gewesen.

Sie behauptet, dass sie ohne die Ehe mit dem Antragsteller ihr Studium zeitnah absolviert hätte. Sie hätte mit dem Studium eine Stelle bekommen, bei der sie rund 4.500,00 € brutto verdient hätte. Nach Abschluss des Studiums habe der Antragsteller nicht gewollt, dass sie einer Tätigkeit nachgehe, da er beruflich eingespannt war und nicht habe kürzer treten wollen.

Die Einkünfte seien durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts festgestellt worden. Die Vorlage einer vorläufigen Berechnung des Steuerberaters sei zur Darlegung der Einkommensverhältnisse nicht geeignet.

Sie behauptet, von den 50.000,00 € Zugewinnausgleich sei nur noch rund die Hälfte vorhanden. Sie habe den restlichen Betrag für den Umzug, die Verfahrenskosten und die Einrichtung einer neuen Wohnung benötigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist unbegründet.

Ein Unterhaltstitel kann nach § 238 Abs. 1 FamFG bei wesentlichen Veränderungen der der Entscheidung zu Grunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse abgeändert werden. Das Abänderungsbegehren kann nach § 238 Abs. 2 FamFG nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind.

Der Vortrag des Antragstellers zu seinen geminderten Einkünften rechtfertigt keine Abänderung des Unterhaltstitels. Die vorläufige Berechnung des Einkommens des Antragstellers durch den Steuerberater ist nicht geeignet, eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse darzulegen. Insofern ist der Antragsteller für die wesentlichen Veränderungen darlegungs- und beweisbelastet. Bei einem Selbstständigen sind für die Unterhaltsberechnungen die Einkünfte zumindest der letzten drei Jahre maßgeblich. Soweit der Antragsteller nunmehr vorträgt, seine Einkünfte hätten sich auf 23.846,76 € reduziert, ist bereits nicht substantiiert dargelegt, dass sich die behaupte Einkommensverringerung auch langfristig fortsetzt und wodurch die Mindereinnahmen gerechtfertigt seien. Soweit dies mit gestiegenen Personalkosten begründet wird, fehlt es an substantiierten Vortrag dazu, dass es sich dabei auch um eine langfristige Änderung der Verhältnisse ändert. Eine kurzfristige Veränderung der Einkommenssituation stellt keine wesentliche Veränderung im Sinne des § 238 FamFG dar, die Anlass für eine Abänderung des Unterhaltstitels geben kann.

Der insofern darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegner hat auch nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die Voraussetzungen für eine Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578b Abs. 1 BGB oder eine Befristung nach § 1578b Abs. 2 BGB vorliegen. Dem Antragssteller obliegt es darzulegen, dass eine zeitliche unbefristete der Höhe nach unbegrenzte Unterhaltsverpflichtung unter Berücksichtigung insbesondere der ehebedingte Nachteile sowie der nachehelichen Solidarität unbillig ist. Da nach den Vorgaben des Gesetzgebers die Befristung/Herabsetzung des Unterhalts den Ausnahmefall darstellen soll, ist die Unbilligkeit einer fortlaufenden Verpflichtung festzustellen. Eine solche Unbilligkeit hat der Antragsteller jedoch nicht dargelegt. Ein Antrag auf Befristung der Unterhaltsverpflichtung wurde verfrüht gestellt. Abschließende Feststellungen zu den ehebedingten Nachteilen können erst getroffen werden, wenn der Zugewinnausgleich rechtskräftig entschieden ist. Das Verfahren über den Zugewinnausgleich (Amtsgericht Aachen - 227 F 382/14) ist jedoch noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Eine Feststellung zu den ehebedingten Nachteilen kann daher derzeit nicht getroffen werden. Diese Ansicht entspricht auch den Ausführungen des Oberlandesgerichts Köln in dem Beschluss vom 26.02.2014 (10 UF 61/13). Darüber hinaus hat der Antragsteller auch keine Gründe vorgetragen, die eine weitere Unterhaltsverpflichtung bereits zu diesem Zeitpunkt unbillig machen könnte. Die Beteiligten verfügen über sehr unterschiedliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Die Antragsgegnerin hat im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch aufgeführt, dass sie aufgrund der ehelichen Lebensgestaltung ehebedingte Nachteile erlitten habe, da sie ihr Studium nicht wie erwartet nach der Regelstudienzeit habe beenden können, sondern aufgrund der Schwangerschaft und Kinderbetreuung gehindert war, dem Studium nachzugehen. Auch hat sie vorgetragen, dass die Beteiligten sich für eine Ein-Verdiener-Ehe entschieden hätten und der Antragssteller erwartet habe, dass sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehe, damit er seine Berufstätigkeit uneingeschränkt ausüben könne. Auch hat die Antragstellerin vorgetragen, dass ihre gemeinsame Tochter aufgrund der psychischen Auffälligkeiten einen erhöhten Betreuungsbedarf hatte. Sie hat weiter vorgetragen, dass sie aufgrund dieser Ausgestaltung der Ehe, keiner Erwerbstätigkeit nachgehen konnte und aufgrund dessen keine Beiträge zur Altervorsorge leisten konnte. Diesen Vortrag hat der darlegungs- und beweisbelastete Antragsteller nicht widerlegt. Der pauschale Vortrag, dass die Antragsgegnerin sich bewusst gegen die Erwerbstätigkeit entschieden habe, genügt zur Darlegung nicht aus. Insbesondere ist dafür auch gerade kein Beweis angeboten worden. Auch die Einkommensverhältnisse der Beteiligten lassen eine Unbilligkeit der fortlaufenden Unterhaltsverpflichtung nicht erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 249 FamFG.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Eschweiler, Peter-Paul-Straße 1, 52249 Eschweiler schriftlich in deutscher Sprache durch einen Rechtsanwalt einzulegen.

Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Eschweiler eingegangen sein. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen.

Darüber hinaus muss der Beschwerdeführer einen bestimmten Sachantrag stellen und diesen begründen. Die Frist hierfür beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Innerhalb dieser Frist müssen der Sachantrag sowie die Begründung unmittelbar bei dem Beschwerdegericht - Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln - eingegangen sein.

Dem Anwaltszwang unterliegen nicht Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand vertreten sind.

Gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes ist die Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 Euro übersteigt oder sie das Familiengericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat.

Sie ist schriftlich bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Eschweiler, Peter-Paul-Straße 1, 52249 Eschweiler oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts innerhalb von sechs Monaten einzulegen, nachdem die Entscheidung wegen des Hauptgegenstands Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Ist der Verfahrenswert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.