BGH, Beschluss vom 13.12.2016 - II ZR 310/15
Fundstelle
openJur 2018, 1705
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. September 2015 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Streitwert: bis 19.000 €

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen seiner Beteiligung an der E. GmbH & Co. KG III (im Folgenden: KG III) aus Prospekthaftung im weiteren Sinne in Anspruch und begehrt - soweit für die Festsetzung des Werts der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer von Bedeutung - die Zahlung von 10.600 € sowie die Freistellung von sämtlichen Verpflichtungen, die dem Kläger durch die Zeichnung seiner Kommanditbeteiligung entstanden sind und noch entstehen werden.

Der Kläger beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 12. August 2004 als Direktkommanditist mit der Mindesteinlage von 20.000 € zuzüglich Agio i.H.v. 3 % an der KG III. Konzeptionsgemäß zahlte er lediglich 50 % der Einlage zzgl. Agio, insgesamt also 10.600 €, ein. Die andere Hälfte der Einlage wurde zunächst auf Gesellschaftsebene bei einer Sicherung durch "bankverbürgte Erlöszahlungen" fremdfinanziert und sollte später durch erwirtschaftete Gewinne aufgebracht werden. Die Beklagte war bis zum 1. August 2011 Mittelverwendungskontrolleurin und Treuhandkommanditistin.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht im Beschlusswege zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer liegt nicht über dem gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO erforderlichen Mindestbetrag von 20.000 €. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist keinen höheren Wert glaubhaft gemacht.

1. Es obliegt grundsätzlich dem Beschwerdeführer, darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er mit der beabsichtigten Revision die Abänderung des Berufungsurteils in einem Umfang erstreben will, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt. Maßgebend für die Bewertung der Beschwer der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2014 - II ZR 156/13, NZI 2014, 357 Rn. 9). Der Senat ist an die Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts nicht gebunden (BGH, Beschluss vom 8. November 2016 - II ZR 8/16, juris Rn. 5; Beschluss vom 6. Dezember 2010 - II ZR 99/09, juris Rn. 3).

2. Durch die Abweisung des Zahlungsantrags ist der Kläger in Höhe von 10.600 € beschwert. Der Wert der Beschwer durch die Abweisung des auf Freistellung gerichteten Feststellungsantrags beträgt nicht mehr als 8.000 €.

a) Bei dem Freistellungsantrag handelt es sich um einen (positiven) Feststellungsantrag. Entscheidend für die Bemessung seines Werts ist, in welcher Höhe der Kläger mit gegen ihn gerichteten Forderungen rechnen muss; außerdem müssen solche Forderungen von einem - unterstellten - Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung im weiteren Sinne erfasst sein. Sodann ist nach ständiger Rechtsprechung ein Abschlag in Höhe von 20 % vorzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - III ZR 300/15, juris Rn. 10).

b) Gegen den Kläger aufgrund der Beteiligung gerichtete Forderungen bestehen aber auch nach dem Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde nur in Höhe der noch ausstehenden 50 % der zu erbringenden Einlage, mithin in Höhe von maximal 10.000 €. Der Kläger selbst ist in der Klageschrift von nichts anderem ausgegangen, indem er angegeben hat, dass der Freistellungsantrag die noch ausstehende Einlagezahlung betrifft. Nur bis zu dieser Höhe muss der Kläger mit einer Inanspruchnahme rechnen, sei es durch die KG III zur Aufbringung der hälftig ausstehenden Einlage oder sei es durch Gesellschaftsgläubiger gemäß § 171 Abs. 1 HGB. Eventuelle Zahlungen an Gesellschaftsgläubiger kämen im Ergebnis einer Einlageleistung gleich (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2015 - II ZR 403/13, BGHZ 207, 54 Rn. 24; s.a. Staub/Thiessen, HGB, 5. Aufl. § 171 Rn. 99 ff. mit zahlreichen weiteren Nachw.).

c) Die von dem Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung vorgelegten Steuernachzahlungsbescheide über insgesamt 18.883,08 € für die Jahre 2004 bis 2006 führen zu keinem anderen Ergebnis.

aa) Zwar kann der Anleger grundsätzlich verlangen, von etwaigen Nachteilen freigestellt zu werden, die er dadurch erleidet, dass er von den Finanzbehörden nicht von vornherein ohne Berücksichtigung der Beteiligung steuerlich veranlagt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 - II ZB 30/12, Feststellung zu 7., zitiert nach juris, insoweit in ZIP 2014, 2284 nicht abgedruckt). Solche Nachteile könnten etwa darin bestehen, dass die Steuerbelastung bei Berücksichtigung der gezeichneten Anlage ungünstiger ist, als sie es ohne Zeichnung gewesen wäre; auch in einem Nachzahlungsbescheid festgesetzte Zinsen könnten hierunter zu fassen sein. Im Rahmen des hier verfolgten Schadensersatzanspruchs, der dahin geht, so gestellt zu werden, als hätte sich der Kläger nicht beteiligt, besteht allerdings kein (Erfüllungs-) Anspruch auf den Eintritt von Folgen, die sich aus der Beteiligung selbst ergeben, weshalb bei einer eventuellen Aberkennung von Verlustzuweisungen und einer damit einhergehenden steuerlichen Nachforderung zwar wegen der hierauf zu entrichtenden Zinsen ein Schadensersatzanspruch in Betracht käme, auf diesen aber die Vorteile aus der über Jahre währenden Anerkennung von Verlustzuweisungen anzurechnen wären (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 322/08, juris Rn. 34).

bb) Voraussetzung für eine daraus resultierende Haftung für einen im Wege der Prospekthaftung im weiteren Sinne zu ersetzenden Vertrauensschaden wäre deshalb unter anderem die Darlegung, dass die (fiktive) steuerliche Belastung ohne die Beteiligung insgesamt für den Kläger geringer gewesen wäre als die nunmehr möglicherweise nachzuzahlenden - und zu verzinsenden - Beträge im Rahmen des hier verfolgten Schadensersatzanspruchs. Das ist aber innerhalb der Begründungsfrist weder dargelegt noch glaubhaft gemacht worden.

Strohn Caliebe Drescher Born Sunder Vorinstanzen:

LG München I, Entscheidung vom 15.05.2015 - 22 O 2851/15 -

OLG München, Entscheidung vom 17.09.2015 - 17 U 2279/15 -