BGH, Urteil vom 18.10.2016 - XI ZR 131/15
Fundstelle
openJur 2018, 1487
  • Rkr:
Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. März 2015 in der Fassung des Beschlusses vom 23. April 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Kläger macht gegenüber der beklagten Bank Bereicherungs- und Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem kreditfinanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung geltend.

Der Kläger und seine frühere Ehefrau (künftig: die Erwerber) wurden im Jahre 1995 von einem Anlagevermittler geworben, die Eigentumswohnung Nr. 91 in dem noch zu errichtenden Appartementhaus " " nebst einem Tiefgaragenplatz zu erwerben. Im Verkaufsprospekt werden die vertraglichen Grundlagen wie folgt erläutert:

"Der Erwerber beauftragt einen unabhängigen Abwicklungsbeauftragten mit dem Abschluss der vorgesehenen Verträge und der Wahrnehmung der im Geschäftsbesorgungsvertrag beschriebenen Aufgaben. ... Der Abwicklungsbeauftragte vertritt die Erwerber bei dem Abschluss des Grundstückskauf- und Werklieferungsvertrages, der Finanzierung und beim Abschluss der sonstigen vorgesehenen Verträge. Weitere Aufgaben, also insbesondere auch die Prüfung des Objektes in bautechnischer Hinsicht, die Prüfung der Werthaltigkeit ... kommen dem Abwicklungsbeauftragten nicht zu. ..." (S. 40 des Prospekts)

"Der Abwicklungsbeauftragte beauftragt im Namen des einzelnen Erwerbers den Finanzierungsvermittler auftragsgemäß mit der Beschaffung der gemäß Konzeption vorgesehenen langfristigen Darlehen sowie mit der Vermittlung von Finanzierungsangeboten für die Zwischenfinanzierungsdarlehen und eine Vorfinanzierung des konzeptionsgemäß vorgesehenen Eigenkapitals, soweit der Erwerber dies wünscht.

Der Finanzierungsvermittler ist zur umfassenden Betreuung, der Beratung bezüglich aller Fragen der Endfinanzierung und der Vorlage unterschriftsreifer Darlehensverträge zu verpflichten." (S. 41 des Prospekts)

"Für die Abwicklung des Erwerbsvorganges hat der Prospektherausgeber ein Angebot eines Abwicklungsbeauftragten vorliegen. Der Abwicklungsbeauftragte wird ausschließlich im Auftrag der zukünftigen Erwerber tätig werden. ... Der Abwicklungsbeauftragte übernimmt die abwickelnde Tätigkeit für den Erwerber nach Maßgabe der in diesem Prospekt vom Prospektherausgeber gemachten Vorgaben und des mit dem Erwerber zu schließenden Geschäftsbesorgungsvertrages. ..." (S. 44 des Prospekts)

Abwicklungsbeauftragte war die Steuerberatungsgesellschaft mbH (nachfolgend: Abwicklungsbeauftragte). Finanzierungsvermittlerin war die A GmbH (nachfolgend: Finanzierungsvermittlerin). Mit Schreiben vom 29. Mai 1995 bestätigte die Beklagte der Finanzierungsvermittlerin ihre Bereitschaft, die Finanzierung des Kaufpreises für die Erwerber von Einheiten in der Neubaumaßnahme zu übernehmen.

Zwecks Erwerbs der Wohnung boten die Erwerber der Abwicklungsbeauftragten mit notarieller Urkunde vom 19. Mai 1995 einen umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrag an und erteilten ihr eine ebensolche Vollmacht, die ausdrücklich auch den Abschluss eines Finanzierungsvermittlungsvertrages umfasste. Die Abwicklungsbeauftragte nahm das Angebot am 8. Juni 1995 an. Der Gesamtaufwand für den Erwerb der Wohnung sollte 157.592 DM betragen.

Zur Finanzierung des Gesamtaufwandes schloss die Abwicklungsbeauftragte namens der Erwerber im Juni 1995 mit der Beklagten zunächst einen Zwischenfinanzierungsvertrag. Daraus zahlte die Beklagte auf Anweisung der Abwicklungsbeauftragten eine Finanzierungsvermittlungsprovision an die Finanzierungsvermittlerin aus. Mit notariellem Kauf- und Werklieferungsvertrag vom 3. Juli 1995 erwarb die Abwicklungsbeauftragte namens der Erwerber von der Bauträgerin als Verkäuferin die Wohnung nebst Tiefgaragenplatz zu einem Kaufpreis von 122.323 DM. Am 24. Dezember 1995/3. Januar 1996 nahm die Abwicklungsbeauftragte zur Ablösung der Zwischenfinanzierung namens der Erwerber bei der Beklagten ein auf zwei Unterkonten geführtes Endfinanzierungsdarlehen über 157.592 DM auf, das durch eine Grundschuld am Wohnungseigentum in Darlehenshöhe und durch Abtretung der Ansprüche aus einer Lebensversicherung besichert wurde.

Im Juni 2011 stellten die Erwerber ihre Zahlungen auf das Endfinanzierungsdarlehen ein, woraufhin die Beklagte am 30. Januar 2012 dieses kündigte und eine Forderung in Höhe von insgesamt 68.716,16 € fällig stellte. Ferner übte die Beklagte ein ihr eingeräumtes Pfandrecht an einem Konto sowie einem Depot des Klägers aus und vereinnahmte aus beidem insgesamt 8.923,09 €. Zudem verwertete sie die Lebensversicherung des Klägers. Die Beklagte berühmt sich einer Restforderung aus dem Darlehen in Höhe von 14.291,60 € (ohne Zinsen).

Mit seiner Klage hat der Kläger die Rückzahlung geleisteter Zins- und Tilgungsraten in Höhe von insgesamt 46.357,99 € sowie die Erstattung der Verwertungserlöse in Höhe von insgesamt 8.923,09 €, jeweils nebst Rechtshängigkeitszinsen begehrt. Außerdem verlangt er die Zustimmung der Beklagten zur Auszahlung eines hinterlegten Verwertungserlöses in Höhe von 40.830,08 € nebst Hinterlegungszinsen, die Freigabe seiner Rechte an Guthaben auf einem Konto und in einem Depot sowie die Feststellung, dass er der Beklagten aus den Finanzierungsverträgen nichts schuldet. Der Kläger hält die der Abwicklungsbeauftragten erteilte Vollmacht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz für unwirksam und macht geltend, dass die Darlehensverträge wegen eines offenkundigen Missbrauches der Vertretungsmacht unwirksam seien. Eine Finanzierungsvermittlungsprovision sei von den Erwerbern nicht geschuldet gewesen. Die Abwicklungsbeauftragte habe, indem sie die Darlehensverträge auch zur Finanzierung der Finanzierungsvermittlungsprovision geschlossen habe, pflichtwidrig einen zu hohen Darlehensbetrag vereinbart. Der Kläger bestreitet auch die Valutierung der Darlehen. Daneben stehe ihm der geltend gemachte Betrag auch als Schadensersatz zu, weil die Erwerber über die wahre Rolle der Abwicklungsbeauftragten, die Höhe der Vermittlungsprovisionen, die erzielbare Miethöhe und die sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises arglistig getäuscht worden seien, was die Beklagte gewusst habe oder ihr zumindest wegen ihres institutionalisierten Zusammenwirkens mit der Abwicklungsbeauftragten zuzurechnen sei.

Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten lediglich im Hinblick auf eine Zahlung in Höhe von 8.923,09 € und den Feststellungsantrag aufrechterhalten und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf die vollständige Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter.

Gründe

Die Revision ist begründet. Sie führt, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Darlehensverträge seien unwirksam, weil die Abwicklungsbeauftragte ihre Vollmacht offenkundig missbraucht habe und dies für die Beklagte objektiv evident gewesen sei. Die Abwicklungsbeauftragte sei im Innenverhältnis zu den Erwerbern nicht berechtigt gewesen, einen Finanzierungsvermittlungsvertrag abzuschließen, durch den eine Provisionspflicht durch den bloßen Nachweis einer Finanzierungsmöglichkeit begründet worden sei. Zwar sehe der Prospekt ausdrücklich die Beauftragung eines Finanzierungsvermittlers vor. Danach habe aber auch der Finanzierungsvermittlungsvertrag eine Vermittlungs- und nicht lediglich eine Nachweistätigkeit zum Gegenstand haben sollen.

Die Beklagte behaupte selbst nicht, dass die von der Abwicklungsbeauftragten beauftragte Finanzierungsvermittlerin den Abschluss der streitgegenständlichen Darlehensverträge mit ihr verhandelt habe. Vielmehr sehe die Beklagte die von der Finanzierungsvermittlerin erbrachte Leistung allein darin, dass diese die generelle Finanzierungsbereitschaft der Beklagten nachgewiesen habe. Die Abwicklungsbeauftragte habe jedoch im Namen der Erwerber keine Provisionspflicht für eine bloße Nachweistätigkeit der Finanzierungsvermittlerin begründen und folglich auch nicht in deren Namen die Darlehen zur Vorfinanzierung einer solchen Provision aufnehmen dürfen. Indem sie dies gleichwohl getan habe, habe sie ihre Vertretungsmacht missbraucht.

Dieser Missbrauch sei für die Beklagte objektiv evident gewesen. Die Beklagte habe sowohl den Inhalt des Prospekts als auch den Umstand gekannt, dass sich die von der Finanzierungsvermittlerin erbrachte Leistung auf eine bloße Nachweistätigkeit beschränkt habe. Nachdem der Prospekt offenkundig für eine solche Tätigkeit keine Provision vorgesehen habe, habe sich der Beklagten der Schluss geradezu aufdrängen müssen, dass die Abwicklungsbeauftragte zur Finanzierung der Provision keine Darlehen habe aufnehmen dürfen.

Dies führe zur Nichtigkeit sämtlicher Darlehensverträge. Eine Teilnichtigkeit unter Aufrechterhaltung des übrigen Teils sei nur anzunehmen, wenn dies dem hypothetischen Parteiwillen entspräche. Für diesen komme es nicht darauf an, ob die Parteien das Rechtsgeschäft ohne den nichtigen Teil tatsächlich gewollt hätten, sondern darauf, ob eine objektive Bewertung ergebe, dass das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vernünftigerweise vorgenommen worden wäre. Davon könne hier nicht ausgegangen werden.

Der Kläger habe gegen die Beklagte auch Anspruch auf Schadensersatz wegen der unberechtigten Verwertung seines Depots und Kontos in Höhe von insgesamt 8.923,09 €. Da die Darlehensverträge zwischen den Erwerbern und der Beklagten unwirksam seien, sei ein Pfandrecht der Beklagten an den Konto- und Depotguthaben des Klägers nicht entstanden. Die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung gehe ins Leere, denn die Erwerber seien durch die Auszahlung der Darlehensvaluta nicht bereichert, da ihnen wegen des Vollmachtsmissbrauchs Auszahlungsanweisungen der Abwicklungsbeauftragten nicht zugerechnet werden könnten.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Mit der gegebenen Begründung hätte das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung von insgesamt 8.923,09 € sowie den geltend gemachten Feststellungsanspruch nicht bejahen dürfen. Insoweit beanstandet die Revision mit Erfolg, dass das Berufungsgericht angenommen hat, die zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensverträge seien wegen eines von der Abwicklungsbeauftragten begangenen Missbrauchs der Vertretungsmacht unwirksam. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen eines offensichtlichen Vollmachtsmissbrauchs nicht vor.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat grundsätzlich der Vertretene das Risiko eines - hier unterstellten - Missbrauchs der Vertretungsmacht zu tragen (vgl. nur Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 483/14, WM 2016, 1437 Rn. 23 mwN). Den Vertragspartner trifft keine Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von seiner nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen (Senatsurteil, aaO mwN).

Etwas anderes gilt allerdings zum einen nur in dem Fall, dass der Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft abschließt. Ein solches Geschäft verstößt gegen die guten Sitten und ist nichtig (§ 138 BGB; vgl. nur Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 483/14, WM 2016, 1437 Rn. 24 mwN). Zum anderen ist der Vertretene gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel bestehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs (vgl. nur Senatsurteil, aaO mwN). Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des Geschäftsgegners bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt (Senatsurteil, aaO mwN).

2. An einer solchen objektiven Evidenz fehlt es hier. Zwar ist ihre Feststellung tatrichterliche Würdigung, die im Revisionsverfahren nur beschränkt überprüfbar ist. Der Nachprüfung unterliegt aber jedenfalls, ob der Begriff der objektiven Evidenz verkannt wurde und ob bei der Beurteilung wesentliche Umstände außer Betracht gelassen wurden. Ist das - wie hier - der Fall, kann das Revisionsgericht die Beurteilung selbst vornehmen, wenn die Feststellungen des Berufungsgerichts ein - wie hier - abgeschlossenes Tatsachenbild ergeben (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 483/14, WM 2016, 1437 Rn. 25 mwN).

a) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten habe sich aufdrängen müssen, dass die Finanzierungsvermittlerin ihr gegenüber keine vergütungspflichtige Tätigkeit entfaltet habe, entbehrt einer ausreichenden Grundlage. Art und Umfang der Tätigkeiten der Finanzierungsvermittlerin richten sich nicht nach dem Prospekt (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 483/14, WM 2016, 1437 Rn. 26 mwN), sondern nach dem tatsächlich abgeschlossenen Finanzierungsvermittlungsvertrag, mit dem sich das Berufungsgericht nicht befasst hat. Insoweit fehlt es auch an einem substantiierten Vortrag des Klägers.

b) Selbst wenn man unterstellt, dass der Inhalt des Finanzierungsvermittlungsvertrags mit den Prospektangaben übereinstimmt, ergaben sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts für die Beklagte keine massiven Verdachtsmomente dafür, dass die Abwicklungsbeauftragte mit der Darlehensaufnahme zur Zahlung der Finanzierungsvermittlungsprovision ihre rechtlichen Befugnisse aus der Vollmacht missbraucht hat.

aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht solche Verdachtsmomente nicht allein daraus abgeleitet, dass die Abwicklungsbeauftragte für die Erwerber überhaupt einen Finanzierungsvermittlungsvertrag abgeschlossen hat, der die Finanzierung einer Vermittlungsprovision nach sich zog. Bei dem Abschluss der Kreditverträge handelte es sich um ein alltägliches und normales Geschehen im bankgeschäftlichen Kreditverkehr. Dies schloss auch die zu finanzierenden und der Höhe nach marktüblichen Nebenkosten, wie insbesondere die Kosten der Finanzierungsvermittlung, ein.

Ein Vollmachtsmissbrauch kann in diesem Zusammenhang nur dann vorliegen, wenn die Vereinbarung und Finanzierung einer solchen Provision von dem Geschäftsbesorgungsvertrag und dem mit diesem Vertrag umzusetzenden Investitionskonzept zum Nachteil der Kapitalanleger - hier der Erwerber - abweicht (vgl. dazu BGH, Urteil vom 27. Juni 2008 - V ZR 83/07, WM 2008, 1703 Rn. 13). Den Abschluss des Finanzierungsvermittlungsvertrags und die Finanzierung des Gesamtaufwands haben die Erwerber aber ausdrücklich gewünscht und damit die Abwicklungsbeauftragte bevollmächtigt.

Ob der Abschluss des Finanzierungsvermittlungsvertrags erforderlich oder wirtschaftlich sinnvoll war, hatte die Beklagte als finanzierende Bank nicht zu prüfen, zumal sie im Zeitpunkt der Darlehensvergabe davon ausgehen durfte, dass der Finanzierungsvermittlungsvertrag bereits abgeschlossen worden war. Davon abgesehen war ihr - auch im Fall einer vom Berufungsgericht angenommenen Kenntnis der Einzelheiten des Prospektinhalts - eine Prüfung der Sinnhaftigkeit des Abschlusses dieses Vertrages gar nicht möglich, weil hierfür ihr möglicherweise verschlossen gebliebene Umstände - wie etwa steuerliche Gründe - maßgeblich gewesen sein könnten.

bb) Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich die Evidenz eines Vollmachtsmissbrauchs nicht damit begründen, der Beklagten habe sich bei Abschluss der Darlehensvertrage aufdrängen müssen, dass die Finanzierungsvermittlerin ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht habe. Unabhängig von der Frage, ob die Abwicklungsbeauftragte durch die Finanzierung einer - unterstellt - nicht geschuldeten Finanzierungsvermittlungsprovision die ihr erteilte Vollmacht überhaupt missbraucht hätte, ergaben sich für die Beklagte jedenfalls keine Verdachtsmomente, dass die Finanzierungsvermittlerin ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht haben könnte.

(1) Die Vermittlungstätigkeit erfordert, dass der Makler auf den potenziellen Vertragspartner mit dem Ziel einwirkt, die Abschlussbereitschaft für den beabsichtigten Hauptvertrag herbeizuführen (Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 483/14, WM 2016, 1437 Rn. 32 mwN). Dabei kann der die Vergütungspflicht auslösende Maklervertrag auch noch zeitlich nach bereits erfolgter Maklerleistung abgeschlossen werden (vgl. Senatsurteil, aaO mwN). Um die Provision zu verdienen, reicht es aus, wenn die Maklerleistung neben anderen Bedingungen für den Abschluss des Hauptvertrags zumindest mitursächlich geworden ist. Sie braucht nicht die einzige und nicht die hauptsächliche Ursache zu sein. Beim Vermittlungsmakler genügt es, dass seine Tätigkeit die Abschlussbereitschaft des Dritten irgendwie gefördert hat, der Makler also beim Vertragsgegner ein Motiv gesetzt hat, das nicht völlig unbedeutend war (Senatsurteil, aaO mwN).

(2) Vor diesem Hintergrund musste sich der Beklagten das Fehlen einer zumindest mitursächlichen Vermittlungsleistung der Finanzierungsvermittlerin - anders als das Berufungsgericht meint - nicht deshalb aufdrängen, weil die Finanzierungsvermittlerin die streitgegenständlichen Darlehensverträge nicht mit ihr verhandelt hat.

Das Berufungsgericht verkennt, dass bereits die vorab erzielte, im Schreiben vom 29. Mai 1995 wiedergegebene allgemeine Finanzierungsabsprache auf eine Vermittlungsleistung zugunsten aller künftigen Käufer - und damit auch zugunsten der Erwerber - zurückzuführen ist. In diesem Schreiben bestätigt die Beklagte gegenüber der Finanzierungsvermittlerin unter Bezugnahme auf eine zwischen ihnen erzielte Übereinstimmung ihre Bereitschaft, den Erwerbern von Wohnungen in dem Appartementhaus, die beste Bonität und eine näher beschriebene finanzielle Leistungsfähigkeit aufweisen, bei weiterer Vorlage im einzelnen aufgeführter Unterlagen für Zwischenfinanzierungsdarlehen "zur Zeit" und "freibleibend" Konditionen von 9,25% Zins p.a. bei 100% Auszahlung und für Endfinanzierungsdarlehen "freibleibend" Konditionen von 5,4% Zins p.a. bei 90% Auszahlung und einer Zinsfestschreibung von fünf Jahren bzw. 7,0% Zins p.a. bei 90% Auszahlung und einer Zinsfestschreibung von zehn Jahren anzubieten. Einer Vermittlungsleistung zugunsten der Erwerber steht nicht entgegen, dass die Abwicklungsbeauftragte das Angebot der Erwerber zum Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages erst nach dem Zeitpunkt der Bestätigung der allgemeinen Finanzierungsbereitschaft durch die Beklagte angenommen hat und die Erwerber damit erst zu diesem Zeitpunkt als Käufer feststanden. Auch spielt es keine Rolle, dass sich die in der allgemeinen Finanzierungsabsprache konkret benannten Konditionen lediglich auf den damaligen Zeitpunkt bezogen. Letzteres entsprach der Vorgabe an die Finanzierungsvermittlerin, Darlehen zu jeweils marktüblichen Bedingungen zu beschaffen. Dass die im Juni 1995 und Januar 1996 geschlossenen Darlehensverträge dieser Vorgabe nicht entsprochen hätten, macht der Kläger nicht geltend.

Selbst wenn diese Absprache, wie der Kläger behauptet und das Berufungsgericht offen gelassen hat, nicht von der Finanzierungsvermittlerin, sondern ebenfalls von der Abwicklungsbeauftragten getroffen worden sein sollte, hätten sich der Beklagten keine Zweifel an der Vergütungspflicht aufdrängen müssen. Vermittlungsleistungen müssen nicht höchstpersönlich erbracht werden. Nach der Konzeption des Anlagemodells sollten die Anleger - wie auch vorliegend geschehen - allein die Abwicklungsbeauftragte mit dem Abschluss von Darlehensverträgen bevollmächtigen. Dann ist es aber nicht bedenklich, wenn die finanzierende Bank auch nur unmittelbar mit dieser die allgemeinen Konditionen für die Zwischen- und Endfinanzierung verhandelt und ihr von dieser die konkrete Finanzierungsanfrage und die Bonitätsunterlagen zugeleitet werden. Aus Sicht der Bank liegt es nahe, dass die Abwicklungsbeauftragte dabei mit Wissen und im Einverständnis der Finanzierungsvermittlerin als deren Erfüllungsgehilfin agiert. Dies wird hier durch das Finanzierungsbestätigungsschreiben vom 29. Mai 1995 verdeutlicht, welches die Beklagte, obwohl die zugrunde liegenden Verhandlungen nach der Behauptung des Klägers mit der Abwicklungsbeauftragten geführt worden sein sollen, an die Finanzierungsvermittlerin richtete.

c) Mangels weiterer vom Berufungsgericht festgestellter oder vom Kläger behaupteter Umstände kann damit ein für die Beklagte offensichtlicher Vollmachtsmissbrauch durch die Abwicklungsbeauftragte nicht angenommen werden. Ungeachtet des Umstandes, dass das Berufungsgericht die Ausführungen des Landgerichts zu einer positiven Kenntnis der Beklagten von einem Vollmachtsmissbrauch der Abwicklungsbeauftragten nicht übernommen hat, handelt es sich bei dieser Annahme des Landgerichts nicht um eine tatsächliche Feststellung, sondern um eine - nicht haltbare - Schlussfolgerung.

III.

Das angefochtene Urteil ist deshalb in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache hinsichtlich des Vorliegens einer Rechtsscheinvollmacht und mangels Feststellungen zu den Schadensersatzansprüchen nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie insoweit zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Ellenberger Maihold Matthias Derstadt Dauber Vorinstanzen:

LG Hechingen, Entscheidung vom 04.07.2014 - 1 O 239/12 -

OLG Stuttgart, Entscheidung vom 04.03.2015 - 9 U 125/14 -