VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.1994 - 2 S 2521/93
Fundstelle
openJur 2013, 9126
  • Rkr:

1. Die Rundfunkgebührenpflicht darf durch einen Feststellungsbescheid der zuständigen Stelle verbindlich festgestellt werden.

2. Auch eine völlig untergeordnete gewerbliche Tätigkeit oder andere selbständige Erwerbstätigkeit schließt die Rundfunkgebührenbefreiung für Zweitgeräte aus.

3. Ob ein Kraftfahrzeug zu gewerblichen Zwecken oder zu einer anderen selbständigen Erwerbstätigkeit genutzt wird, darf die Rundfunkanstalt auch anhand der Lebenserfahrung beurteilen, wenn es um einen typischen Lebenssachverhalt geht. Der Betroffene darf eine dahingehende Annahme widerlegen.

Tatbestand

Der Kläger, ein selbständiger Friseurmeister, wendet sich gegen die Heranziehung zu Rundfunkgebühren für das in seinem Kraftfahrzeug befindlichen Radio (Zweitgerät).

Mit Schreiben vom 22.7.1992 teilte der Kläger dem Beklagten mit, daß er sein Kraftfahrzeug ausschließlich für private Zwecke verwende, wie auch aus der Bestätigung seines Steuerberaters hervorgehe. Am 12.12.1992 gab der Kläger einem Beauftragten des Beklagten gegenüber an, daß er Mitglied der Prüfungskommission im Friseurhandwerk sei und sein Fahrzeug für Fahrten anläßlich von Prüfungen, Tagungen und ähnlichem benutze. Steuerlich würden für solche Fahrten lediglich die Kilometerpauschale in Höhe von DM 0,52 pro Kilometer abgerechnet.

Mit Bescheid vom 13.4.1993 stellte der Beklagte gegenüber dem Kläger fest, daß dieser verpflichtet sei, ab 1.1.1988 Rundfunkgebühren für das in seinem Pkw befindliche Hörfunkgerät zu bezahlen. Unter Hinweis darauf, daß er selbständiger Friseurmeister und deshalb in keiner Weise gewerblich auf sein Fahrzeug angewiesen sei, geschweige denn dieses Fahrzeug gewerblich nutze, erhob der Kläger Widerspruch, den der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 26.4.1993 zurückwies.

Am 18.5.1993 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und beantragt, den Feststellungsbescheid des Beklagten vom 13.4.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 26.4.1993 aufzuheben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, daß nachweisbar feststehe, daß er das Fahrzeug in keiner Weise zu gewerblichen Zwecken oder zur selbständigen Erwerbstätigkeit nutze. Für die Fahrten als Teilnehmer der Prüfungskommission im Friseurhandwerk werde ihm von der Handwerkskammer eine Pauschale als Entschädigung gezahlt. Das Fahrzeug werde im übrigen in keiner Weise steuerlich veranlagt und es werde auch keine Kilometerpauschale geltend gemacht.

Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt und vorgetragen, daß der Feststellungsbescheid zu Recht ergangen sei. Der Kläger besitze ein Kraftfahrzeug mit eingebautem Radio, für das er für die Zeit ab Januar 1988 zu Rundfunkgebühren herangezogen werden könne. Da es auf den Umfang des gewerblichen Zwecks bzw. selbständigen Erwerbstätigkeit nicht ankomme, der Kläger aber das Fahrzeug für seine Fahrten zur Sitzung der Prüfungskommission benutze, unterliege er der Gebührenpflicht. Es entspreche im übrigen auch der Lebenserfahrung, daß ein Geschäftsmann seinen Pkw für seinen Geschäftsbetrieb nutze.

Durch Urteil vom 31.8.1993 hat das Verwaltungsgericht den Feststellungsbescheid vom 13.4.1993 und den Widerspruchsbescheid vom 26.4.1993 aufgehoben und im wesentlichen dargelegt, daß entgegen der Ansicht des Beklagten der Kläger sein Kraftfahrzeug nicht zu gewerblichen Zwecken oder zu einer anderen selbständigen Erwerbstätigkeit nutze. Nach der von diesem vorgelegten Bestätigung seines Steuerberaters diene sein Fahrzeug ausschließlich privaten Zwecken. So würden keinerlei Kosten in der Gewinn- und Verlustrechnung der klägerischen Firma als Aufwand erfaßt. Auch stellten die Fahrten des Klägers zu den Prüfungsterminen keine betriebliche Nutzung des Pkws dar. Denn die Kosten dieser Fahrten würden steuerlich nicht als Betriebsausgaben abgesetzt und es sei auch davon auszugehen, daß die Tätigkeit als Prüfer der betrieblichen Tätigkeit des Klägers nicht zugerechnet werden könne. Vielmehr handele es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit, die der Kläger unabhängig von seiner selbständigen Erwerbstätigkeit wahrnehme. Für die Nutzung des Pkws ausschließlich zu privaten Zwecken spreche auch die Lebenserfahrung. Denn es sei nicht einsichtig, weshalb der Kläger die ihm für einen betrieblich genutzten Pkw zustehenden Steuervorteile nicht nutzen solle. Auch die Art der gewerblichen Tätigkeit spreche für eine rein private Nutzung des in Rede stehenden Kraftfahrzeugs.

Gegen das ihm am 22.9.1993 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 18.10.1993 Berufung eingelegt und dazu vorgetragen, daß das Verwaltungsgericht den Sachverhalt nur unvollständig ermittelt habe. Die Lebenserfahrung zeige, daß es durchaus üblich sei, daß Friseure auch außerhalb ihrer Betriebsräume tätig seien. Verkannt worden sei auch, daß der Kläger täglich mit seinem Pkw zu seinem Friseursalon fahre. Schließlich habe das Verwaltungsgericht den Regelungszweck des Rundfunkgebührenstaatsvertrags nicht hinreichend Rechnung getragen. Die Rundfunkgebühr sei keine Gegenleistung für die Inanspruchnahme von Leistungen, sondern ein Mittel zur Finanzierung der Gesamtveranstaltung Rundfunk und sie werde allein für die Möglichkeit erhoben, am Rundfunkempfang teilzunehmen. Die Gebührenpflicht bestehe deswegen auch ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten der einzelnen Empfänger und knüpfe allein an den Empfängerstatus an, der durch den Besitz eines Rundfunkgerätes begründet werde. Daraus folge der Grundsatz, daß für jedes einzelne Rundfunkgerät eine Gebühr zu entrichten sei und Ausnahmen nur für den häuslichen Bereich gelten. Bei der grundsätzlichen Gebührenpflicht bleibe es, wenn das Kraftfahrzeug zu gewerblichen Zwecken oder zu einer anderen selbständigen Erwerbstätigkeit des Rundfunkteilnehmers genutzt werde. Auf den Umfang dieser Nutzung komme es nicht an. Dementsprechend hätte das Verwaltungsgericht zum Ergebnis kommen müssen, daß auch ein Friseur für die Möglichkeit, sein Fahrzeug zu Fahrten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit zu nutzen - zum Beispiel Fahrten zur Bank, zur Innung, zur Materialbeschaffung oder zu Fortbildungsveranstaltungen - Rundfunkgebühren zu bezahlen habe. Dies gelte besonders für den Kläger, der sein Fahrzeug für die Fahrt zu seinem Friseursalon benutze. In diesem Zusammenhang könne auch auf die allgemeine Lebenserfahrung zurückgegriffen werden. Gerade im Bereich des Bereithaltens von Rundfunkempfangsgeräten sei es notwendig und ausreichend, auf diese Lebenserfahrung zurückzugreifen, da es sich hier um Verhaltensweisen mit einem breiten Sozialkonsens handele. Daß der Kläger sein Kraftfahrzeug steuerlich nicht geltend mache, sei kein Indiz gegen die Gebührenpflicht als solche. Nicht überzeugend sei die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Fahrten des Klägers zu Prüfungsterminen seiner Innung stellten keine betriebliche Nutzung dar. Die Tätigkeit als Mitglied in einer Prüfungskommission sei untrennbar mit der als Inhaber eines Friseursalons verbunden, so daß jedenfalls eine Nutzung zu gewerblichen Zwecken nicht in Abrede gestellt werden könne.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom31. August 1993 zu ändern und die Klage abzuweisen.Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.Er stellt noch einmal heraus, daß der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechend in seinem Fall eine berufliche Nutzung seines Fahrzeugs gerade nicht vorliege.

Dem Senat liegen die Akten des Beklagten und die des Verwaltungsgerichts vor. Auf diese Unterlagen und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Gründe

Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten über die Berufung ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der zulässigen Anfechtungsklage des Klägers nicht stattgeben dürfen. Denn der Feststellungsbescheid des Beklagten vom 13.4.1993 (in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 26.4.1993) ist rechtmäßig und verletzt daher den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Beklagte durfte zum einen durch Feststellungsbescheid die Pflicht des Klägers zur Zahlung von Rundfunkgebühren verbindlich feststellen. Eine dahingehende Ermächtigung kann dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag in seiner jeweiligen Fassung entnommen werden. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrags über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens (Rundfunkgebührenstaatsvertrag - RdfGebStV 74 - (dazu Gesetz v. 8.4.1975, GBl. S. 234) und nach § 4 Abs. 1 Satz 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags (Art. 4 des Staatsvertrags über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31.8.1991, ratifiziert durch Gesetz v. 19.11.1991, GBl. S. 745) - RdfGebStV 91 - beginnt die Rundfunkgebührenpflicht, sobald ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird, d.h. unabhängig davon, ob ein Bescheid über die Festsetzung der Rundfunkgebühr ergeht. Ist aber die Pflicht zur Leistung von Rundfunkgebühren bereits im Gesetz angelegt, so bietet die entsprechende gesetzliche Bestimmung auch die rechtliche Grundlage zum Erlaß eines feststellenden Verwaltungsakts, mit dem Unsicherheiten über die Tragweite der gesetzlichen Verpflichtungen der am Rundfunkverhältnis Beteiligten beseitigt werden können (vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Beschluß v. 10.10.1990, NVwZ 1991, 267 m.N. aus der Rechtsprechung).

Nach Art. 6 Abs. 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrages 74, bzw. § 5 Rundfunkgebührenstaatsvertrag 91 ist eine Rundfunkgebühr nicht zu leisten für weitere Rundfunkempfangsgeräte (Zweitgeräte), die von einer natürlichen Person oder Ehegatten in ihrer Wohnung oder in ihrem Kraftfahrzeug zum Empfang bereitgehalten werden, wobei für Rundfunkempfangsgeräte in mehreren Wohnungen für jede Wohnung eine Rundfunkgebühr zu entrichten ist. Nach dem jeweiligen Abs. 2 der genannten Bestimmungen gilt die Gebührenfreiheit nach Abs. 1 Satz 1 nicht für Zweitgeräte in solchen Räumen oder Kraftfahrzeugen, die zu gewerblichen Zwecken oder zu einer anderen selbständigen Erwerbstätigkeit des Rundfunkteilnehmers oder eines Dritten genutzt werden. § 5 Abs. 2 Satz 2 RdfGebStV 91 bestimmte ferner, daß es auf den Umfang der Nutzung der Rundfunkempfangsgeräte, der Räume oder der Kraftfahrzeuge zu den in Satz 1 genannten Zwecken nicht ankommt.

Daß der Kläger in dem im Feststellungsbescheid zugrundegelegten Zeitraum ein Zweitgerät in seinem Kraftfahrzeug bereitgehalten hat, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Ob er dieses Kraftfahrzeug aber zu gewerblichen Zwecken oder zu einer anderen selbständigen Erwerbstätigkeit deshalb nutzt, weil er das Kraftfahrzeug zu Fahrten aus Anlaß seiner Prüfertätigkeit bei der zuständigen Innung benutzt, kann durchaus fraglich sein. Denn diese Tätigkeit in einem Ausschuß der Innung ist, was zwischen den Beteiligten gleichfalls nicht streitig ist, eine ehrenamtliche Mitwirkung, die der eigentlichen gewerblichen Tätigkeit des Klägers nicht ohne weiteres zuzuordnen sein dürfte. Indes bedarf dies keiner Entscheidung aus Anlaß des vorliegenden Falles. Denn dem Beklagten ist darin zu folgen, daß entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts der Kläger sein Kraftfahrzeug im Rahmen der von ihm betriebenen geschäftlichen Tätigkeit zu gewerblichen Zwecken oder zu einer anderen selbständigen Erwerbstätigkeit nutzt.

Wie § 5 Abs. 2 Satz 2 RdfGebStV 91 verdeutlicht, kommt es auf den Umfang der Nutzung des Kraftfahrzeugs zu den angeführten Zwecken nicht an. Nichts anderes gilt mit Blick auf Art. 6 RdfGebStV 74. Aus der Formulierung der Absätze 1 und 2 dieser Bestimmung ist zu schließen, daß unter Abs. 1 nur die ausschließlich private Nutzung fällt, die teilweise geschäftliche Nutzung aber von der Gebührenpflicht nach Abs. 2 erfaßt wird, da der Gesetzeswortlaut auch diesen Fall abdeckt. Weder der Sinn und Zweck der Vorschrift noch im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht ist nämlich zwingend geboten, eine einschränkende Auslegung dahingehend vorzunehmen, daß nur Zweitgeräte bei ausschließlicher oder überwiegender geschäftlicher Nutzung von der Gebührenfreiheit des Art. 6 Abs. 1 RdfGebStV 74 auszunehmen sind. Den Rundfunkanstalten sollten vielmehr nach Absicht des Gesetzgebers für die Beurteilung der Gebührenpflicht klare Abgrenzungskriterien an die Hand gegeben werden, um das Gebühreneinzugsverfahren so einfach wie möglich zu gestalten. Außerdem soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Freistellung von der Mehrfachzahlung ausschließlich den privaten Bereich erfassen, worauf der Beklagte zu Recht abhebt (vgl. Grupp, BB 1980, 236 ff.; derselbe, Grundfragen des Rundfunkgebührenrechts, 1983, S. 160 m.w.N.).

Ob - wie der Vortrag des Beklagten verstanden werden kann - dabei die Möglichkeit ausreicht, das Fahrzeug gewerblich oder im Rahmen selbständiger Erwerbstätigkeit zu nutzen, liegt nicht von vornherein auf der Hand. Der Staatsvertrag spricht jeweils in der angeführten Bestimmung von einer Nutzung des Fahrzeugs, was auf eine tatsächliche Nutzung schließen läßt, sei sie auch möglicherweise völlig untergeordnet. Daß sich der Umfang der Nutzung eines Rundfunkempfangsgeräts auf die "Möglichkeit" der Nutzung reduziert, könnte wegen der Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 2 bzw. Art. 2 Abs. 2 des jeweiligen Vertrags durchaus naheliegen. Nach Auffassung des Senats verbietet sich eine solche, auf die bloße Möglichkeit der Nutzung des Fahrzeugs beschränkte Sicht jedoch bei der Bestimmung des Nutzungsumfangs des Kraftfahrzeugs des Rundfunkteilnehmers.

Indes reicht - wie ausgeführt - eine wenn auch völlig untergeordnete Nutzung des Fahrzeugs zu gewerblichen Zwecken oder zu einer anderen selbständigen Erwerbstätigkeit aus, da die Gebührenfreiheit für Zweitgeräte nach der angeführten Bestimmung der jeweiligen Vertragsfassung ersichtlich nur für den häuslichen privaten Bereich gilt. In diesem Bereich bewegt sich der Kläger bei der Nutzung seines Kraftfahrzeugs entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht ausschließlich. Der Senat folgt insoweit der Ansicht des Beklagten, daß nach allgemeiner Lebenserfahrung davon ausgegangen werden darf, ein Geschäftsmann nutze sein Fahrzeug auch für Fahrten aus Anlaß seiner Geschäftstätigkeit. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß allgemeine Erfahrungssätze und damit auch die Lebenserfahrung Grundlagen für die freie Beweiswürdigung sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.1989, Buchholz 310, § 108 Nr. 213 m.N.; ferner das Urt. des erk. Gerichtshofs v. 7.8.1992, VBlBW. 1993, 11 mit Anmerkung Herb) und daß ungeachtet der Tatsache, daß der Ermittlungsumfang vom jeweiligen Fachrecht bestimmt wird, die Behörde grundsätzlich von typischen Lebenssachverhalten ausgehen darf (vgl. dazu Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 24 RdNr. 50; Clausen in: Knack, VwVfG, 4. Aufl., § 24 RdNr. 3 jeweils m.N.). Nach der Lebenserfahrung rechtfertigt sich aber die Annahme, daß zwar wesentliche geschäftliche Tätigkeiten im Beruf des Klägers in der Betriebsstätte abgewickelt werden, es aber mehr als naheliegend und daher auch überwiegend wahrscheinlich ist, daß zahlreiche, dem Gewerbebetrieb als solchen zuzurechnenden Tätigkeiten auch mit Hilfe des Kraftfahrzeugs des Betriebsinhabers erledigt werden (müssen). So werden typischerweise unmittelbare Friseurleistungen auch außerhalb der Geschäftsräume erbracht, etwa bei Hochzeiten oder bei Kunden in Altenheimen oder solchen, die behindert sind. Die vom Beklagten angeführten, für jeden Gewerbebetrieb typischen "Erledigungen" mit Hilfe des Fahrzeugs des Betriebsinhabers kommen erfahrungsgemäß hinzu, wie etwa Fahrten zur Bank, zum Steuerberater, zur Materialbeschaffung und dergleichen mehr. Sie alle lassen die Annahme, das Fahrzeug des Betriebsinhabers werde bei der hier in Rede stehenden Fallgestaltung ausschließlich privat genutzt, als fernliegend erscheinen.

Indes können auch Umstände, die sich aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung aufdrängen, widerlegt werden, wie auch das Verwaltungsgericht zu Recht erkannt hat. Der Betroffene kann nämlich aufzeigen, daß die die allgemeine Lebenserfahrung prägenden Umstände in seinem besonders gelagerten Fall gerade nicht vorliegen. Die Behörde trifft dementsprechend auch die Pflicht, solchen Gesichtspunkten nachzugehen (dazu der Rechtsgedanke in § 24 VwVfG). Solche besonderen Umstände trägt der Kläger hier mit dem Hinweis vor, er mache sein Kraftfahrzeug steuerlich nicht geltend, d.h. namentlich, er setze die mit dem Halten des Kraftfahrzeugs verbundenen Kosten nicht als Betriebsausgaben an. Zwar kann die steuerliche Geltendmachung der Kraftfahrzeugkosten als Betriebsausgaben für sich wesentliches Indiz zur Beurteilung der Rundfunkgebührenpflicht sein. Sie ist indes nicht Voraussetzung der Gebührenpflicht. Maßgebend ist grundsätzlich die "Möglichkeit" der steuerlichen Geltendmachung. Es steht dem Steuerpflichtigen frei, welche Betriebsausgaben er steuerlich in Ansatz bringen will. Sieht er aus irgendwelchen persönlichen Gründen davon ab, die Kraftfahrzeug- bzw. Autoradiokosten anzusetzen oder übersieht er diese Betriebsausgaben, so wäre es ein sachfremdes, vom Rundfunkteilnehmer beeinflußbares Unterscheidungsmerkmal, wenn an diesen Umstand zwingend die Gebührenpflicht geknüpft wäre. Daß dem Kläger die Möglichkeit der steuerlichen Geltendmachung hier nicht eröffnet ist, ist aber nicht erkennbar (zum Ganzen: Grupp, Grundfragen des Rundfunkgebührenrechts, S. 155 ff. m.N. aus der Rechtsprechung).

Der geltend gemachte Gebührenanspruch unterliegt hier - auch nicht teilweise - der Verjährung. Nach Art. 5 Abs. 4 RdfGebStV 74 bzw. § 4 Abs. 4 RdfGebStV 91 verjährt der Anspruch auf Rundfunkgebühren in vier Jahren. Diese normative Festlegung schließt einen Rückgriff auf die ansonsten maßgeblichen Verjährungsvorschriften der Abgabenordnung aus (vgl. § 12 KAG in Verb. mit § 3 Abs. 1 Nr. 5 a KAG, §§ 228 ff. AO). Dabei kann der Senat offen lassen, ob die vom Kläger im übrigen nicht geltend gemachte Verjährung erst mit der Kenntnis der Beklagten über die Gebührenpflicht entsteht und von daher bereits die Verjährungsfrist nicht verstrichen ist oder ob die Verjährung als Einrede zu beachten ist. Denn in diesem Fall würde ihr der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden können (zum Streitstand vgl. Hess.VGH, Urteil vom 27.5.1993, DVBl. 1993, S. 1317 m.N.).