BGH, Urteil vom 22.09.2016 - 2 StR 27/16
Fundstelle
openJur 2018, 260
  • Rkr:
Tenor

1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 19. Juni 2015 werden mit der Maßgabe verworfen, dass die von dem Angeklagten G. in dieser Sache in den Niederlanden erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 anzurechnen ist.

Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

2. Die Revision des Angeklagten C. gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten C. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 48 Fällen, davon in 36 Fällen in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Anstiftung zur räuberischen Erpressung unter Freispruch im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt sowie einen Geldbetrag in Höhe von 100.000 Euro für verfallen erklärt. Den Angeklagten T. hat es unter Freisprechung im Übrigen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen unter Einbeziehung von früheren Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten G. hat es wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge in 19 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt und ihn im Übrigen freigesprochen.

Die auf eine Formalrüge und die Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie die auf Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten C. bleiben ohne Erfolg.

I.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarben der Angeklagte C. in acht und der Angeklagte T. in sieben Fällen im Zeitraum Sommer 2007 bis Ende 2008 in den Niederlanden Marihuana in einer Menge von jeweils 500 Gramm bis 4 kg, das sie von ihrem Kurier, dem Zeugen S. , nach Deutschland einführen ließen, wo sie es gewinnbringend veräußerten (Fälle 1-8 der Anklageschrift).

Im Zeitraum Juli 2009 bis April 2010 veräußerte C. in fünf Fällen unter Mithilfe des Kuriers S. jeweils zwischen 4 und 10 kg Amphetamin an den Zeugen Ma. bzw. an von diesem vermittelte Abnehmer im Saarland (Fälle 16, 17, 19-21 der Anklageschrift).

Im Frühjahr 2010 ging der Angeklagte C. eine Geschäftsbeziehung mit dem Zeugen Gl. ein, der mit dem -Auslieferungsfahrer H. über einen Rauschgiftkurier verfügte, der Betäubungsmittel unauffällig unter "Legalpaketen" aus den Niederlanden einführen konnte. Ein direkter Kontakt zwischen C. und H. kam dabei nicht zustande. C. übermittelte seine Anweisungen betreffend die Einfuhr und Verteilung des von ihm erworbenen Rauschgifts an Gl. , der sie an H. weiterleitete. C. und Gl. verfügten jeweils über einen eigenen Abnehmerkreis und handelten auf eigene Rechnung. Sie kooperierten insoweit, dass Gl. H. als Kurier zur Verfügung stellte und C. im Gegenzug seine Bezugsquelle in den Niederlanden für Gl. zugänglich machte. Auf diese Weise lieferte C. bis Ende 2010 in sechs Fällen Marihuana und Amphetamin in einer Größenordnung bis jeweils 4-5 kg (Fälle 22-25, 32 und 33 der Anklageschrift) an seine inländischen Abnehmer.

Im Zeitraum Februar bis April 2011 lieferte C. in zwei Fällen durch den Zeugen S. jeweils 5 kg Marihuana an seine saarländischen Abnehmer (Fälle 34 und 35 der Anklageschrift).

Zwischen Juni 2011 und Januar 2012 übernahm der Zeuge H. auf Weisung des Angeklagten C. in den Niederlanden 27 kg Amphetamin, das er zunächst in seiner Wohnung zwischenlagerte und auf Weisung des C. in der Folgezeit in sechs Teilmengen zu je 5 kg und einer letzten Teilmenge von 2 kg am 7. März 2012 an den Zeugen W. auslieferte (Fall 43 der Anklageschrift, Einsatzstrafe von sechs Jahren).

Im Zeitraum April 2011 bis Februar 2012 übergab der Mitangeklagte G. in den Niederlanden im Auftrag unbekannt gebliebener Drogenhändler in zwei Fällen jeweils mindestens 5 kg Marihuana an den als Kurier für den Angeklagten C. tätigen Zeugen H. , der das Rauschgift dann in das Bundesgebiet einschleuste. Der Kurierlohn G. ' betrug 25 Euro je transportiertes Kilo (Fälle 48 und 49 der Anklageschrift).

In demselben Zeitraum und bis Sommer 2012 bezog der Angeklagte C. in 19 weiteren Fällen jeweils bis zu 5 kg Marihuana und 10 kg Amphetamin bei seinen holländischen Lieferanten (Fälle 50-53, 64-78 der Anklageschrift) unter Mitwirkung der Kuriere H. und S. sowie des Mitangeklagten G. (Fälle 64-77 der Anklageschrift) und verkaufte das Rauschgift im Bundesgebiet.

In drei Fällen (März bis Juli 2012) hatte der Angeklagte G. jeweils mindestens 2,5 kg Marihuana zur Abholung an den Kurier H. übergeben, wobei nicht aufgeklärt werden konnte, ob Auftraggeber insoweit der Angeklagte C. oder der Zeuge Gl. war (Fälle 81-83 der Anklageschrift).

Am 13. September 2012 ließ der Angeklagte C. importierte 2,5 kg Marihuana und 4 kg Amphetamin im Verkaufswert von insgesamt 30.000 Euro an den für die Käufer handelnden Kurier S. übergeben mit dem Auftrag, das Rauschgift nach Sa. zu transportieren, wo es jedoch aus ungeklärten Gründen nicht ankam (Fall 86 der Anklageschrift). Die Abnehmer, die davon ausgingen, S. habe das Rauschgift unterschlagen, wandten sich an C. , damit dieser S. unter Druck setze, um so die unterschlagenen Betäubungsmittel oder jedenfalls einen deren Wert entsprechenden Geldbetrag einzutreiben. Der Angeklagte C. , Vizepräsident des Rockerclubs MC B. , beauftragte entsprechend das Clubmitglied A. , wobei er davon ausging, dass es gegenüber dem Zeugen S. zu Drohungen und Gewaltanwendungen kommen könne. Am 22. September 2012 suchte A.

gemeinsam mit einem unbekannten Dritten den Zeugen S. auf, bedrohte ihn mit einer Schusswaffe und forderte entweder die Rückgabe der Betäubungsmittel oder die Zahlung von 60.000 Euro, die Hälfte des Betrages als Wertersatz, die andere Hälfte für die Bemühungen des Angeklagten C. bei der Eintreibung. Unter dem Eindruck der Drohung gab S. jedenfalls 1 kg bei ihm gefundenes Amphetamin heraus (Fall 87 der Anklageschrift).

Zwischen Oktober 2012 und Februar 2013 kam es zu vier weiteren Betäubungsmittellieferungen des Angeklagten C. an seine saarländischen Abnehmer in einer Größenordnung von bis zu 2 kg Marihuana und 5 kg Amphetamin je Geschäft. Von der letzten Lieferung konnten am 6. Februar 2013 noch 4 kg Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 13,1% Amphetaminbase sichergestellt werden (Fälle 88-91 der Anklageschrift).

2. Von weiteren Anklagepunkten hat das Landgericht die Angeklagten freigesprochen.

Was die Anklagepunkte 9-15 anbelangt, konnte sich die Strafkammer allein aufgrund der Angaben des Kurierfahrers S. nicht von der Täterschaft der Angeklagten C. und T. - die ihre Tatbeteiligung im Übrigen in allen abgeurteilten Fällen eingeräumt haben - überzeugen.

Hinsichtlich der Anklagepunkte 18, 26-31, 36-42, 44-47, 54-62, 81-84 und 92 konnte das Landgericht nicht ausschließen, dass den von H. in Holland übernommenen Rauschgiftlieferungen ein Auftrag des Zeugen Gl. oder eines Dritten und nicht ein solcher des Angeklagten C. zugrunde lag.

Vom Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens im Fall 63 der Anklageschrift hat die Strafkammer den Angeklagten C. aus rechtlichen Gründen freigesprochen, weil es sich bei der Rückgabe von schon gelieferten (minderwertigen) Betäubungsmitteln um keine selbständige neue Tat im Verhältnis zu den vorangegangenen Lieferungen handele.

Den Angeklagten G. hat das Landgericht in den Anklagepunkten 22, 25-27, 32, 33, 36-47, 50-63 und 84 freigesprochen. In diesen Fällen habe es sich entweder ausschließlich oder zumeist auch um Amphetaminlieferungen gehandelt, in die der Angeklagte G. - anders als bei Marihuanageschäften - nicht eingebunden gewesen sei.

II.

1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.

Die Staatsanwaltschaft wendet sich ausweislich ihrer Revisionsbegründungsschrift dagegen, dass die Angeklagten C. in den Fällen 9-15, 18, 26-31, 36-42, 44-47, 54-63, 81-84 und 92 der Anklageschrift, T. in den Fällen 9-14 der Anklageschrift und G. in den Fällen 32, 33, 36-47, 50-63 und 84 der Anklageschrift freigesprochen worden sind. Soweit die Staatsanwaltschaft darüber hinaus die Freisprüche des Angeklagten C. in den Fällen 23, 24, 32 und 43 beanstandet, ist dies unverständlich, weil der Angeklagte insoweit verurteilt wurde. Ähnliches gilt für die Erwähnung der Fälle 79 und 80 der Anklageschrift, hinsichtlich derer das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist.

Darüber hinaus beanstandet die Staatsanwaltschaft, die Strafkammer habe den Verurteilungen in den Fällen 1-8, 16, 17, 19-21, 23-25, 32, 43, 48-53, 64-70, 75-77, 86, 89 und 90 der Anklageschrift eine zu geringe Menge Rauschgift zugrunde gelegt, in den Fällen 22, 33-35, 71-74, 78, 81-83 zu niedrige Einzelstrafen verhängt und die Anordnung von Wertersatzverfall nicht ausreichend begründet.

a) Die erhobene Formalrüge, die Strafkammer habe ihre Aufklärungspflicht verletzt, weil sie den Zeugen M. und Ma. ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO zugebilligt habe, ist jedenfalls unbegründet.

Beide Zeugen waren als Abnehmer bzw. als Vermittler in den Betäubungsmittelhandel der Angeklagten eingebunden. Der Zeuge Ma. war zur Zeit der Hauptverhandlung bereits rechtskräftig verurteilt, ohne dass die Revision - im Hinblick auf die Zulässigkeit der Verfahrensrüge bedenklich (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2016 - 2 StR 539/15) - den Umfang seiner Verurteilung mitteilt. Die Strafkammer hat erwogen, dass noch nicht alle Drogengeschäfte zwischen Ma. und den Angeklagten bekannt seien und ihm deshalb ebenso ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zugebilligt wie dem Zeugen M. . Dieser war wegen seiner Beteiligung an einigen Taten der Angeklagten - noch nicht rechtskräftig - verurteilt, zudem war noch ein Ermittlungsverfahren wegen einer ihm zur Last gelegten Mitwirkung im Fall 18 der Anklageschrift anhängig.

Dagegen ist von Rechts wegen nichts zu erinnern. Die tatsächliche Beurteilung der Verfolgungsgefahr obliegt dem Tatrichter und kann nicht zur Nachprüfung durch das Revisionsgericht gestellt werden (BGH, Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 321, 326). Dass der Strafkammer Rechtsfehler dahingehend unterlaufen sind, dass es den Umfang des Auskunftsverweigerungsrechts verkannt haben könnte (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1957 - 5 StR 390/56, BGHSt 10, 104, 105), lässt sich auch nach dem Revisionsvorbringen nicht erkennen.

b) Der Freispruch der Angeklagten C. und G. hinsichtlich des Falles 63 der Anklageschrift ist tragfähig begründet. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Rückabwicklung eines Betäubungsmittelgeschäfts wegen mangelhafter Qualität gegenüber dem in aller Regel vorangegangenen Erwerbsvorgang nicht als eigenständige Tat des Handeltreibens verfolgt werden kann, weil insoweit ein einheitliches Geschäft vorliegt (vgl. Senatsbeschluss vom 23. September 2009 - 2 StR 325/09, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 9, NStZ-RR 2010, 24). Tragfähige Anhaltspunkte dafür, welche der vorangegangenen Lieferung(en) dem behaupteten Rückgabegeschäft zugrunde gelegen haben, bestanden nicht, weshalb das Landgericht keine Veranlassung zu Erörterungen eventueller Bewertungseinheiten hatte. Dass die Rückabwicklung des Rauschgiftgeschäfts zu einem "Umtausch" der minderwertigen Betäubungsmittel in mangelfreie Ware geführt hätte, ist weder festgestellt noch Gegenstand der Anklage.

c) Gegen die Beweiswürdigung der Strafkammer bestehen keine rechtlichen Bedenken.

Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind; dies gilt auch, soweit der Tatrichter einen Angeklagten freispricht, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. In sachlichrechtlicher Hinsicht liegt ein Rechtsfehler vor, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Insbesondere sind die Beweise erschöpfend zu würdigen. Das Urteil muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Aus den Urteilsgründen muss sich ferner ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden. Rechtsfehlerhaft ist eine Beweiswürdigung schließlich dann, wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind. Dabei ist es weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. etwa BGH, Urteil vom 26. April 2012 - 4 StR 599/11 mwN).

Diesen Anforderungen wird das Urteil gerecht.

Soweit die Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Fälle 1-15 der Anklageschrift eine Auseinandersetzung mit Angaben des Zeugen Wa. vermisst, verkennt sie, dass sachlichrechtliche Beanstandungen gegen die Beweiswürdigung nicht auf urteilsfremdes Vorbringen gestützt werden können. Im Übrigen hat sich die Strafkammer mit den Einlassungen der Angeklagten C. und T. einerseits und den Angaben des Belastungszeugen S. andererseits auseinandergesetzt. Die von ihr gezogenen Schlussfolgerungen sind jedenfalls möglich und damit im Rahmen der revisionsgerichtlichen Prüfung hinzunehmen.

Was die übrigen Freisprüche des Angeklagten C. anbelangt, genügen die Urteilsausführungen ebenfalls den an ein freisprechendes Urteil zu stellenden Anforderungen. Dass der Kurier H. neben den von dem Angeklagten C. eingeräumten Drogentransporten gleichzeitig auch für den Zeugen Gl. tätig war, ist hinreichend belegt (vgl. UA 34, 35, 64, 117 ff., 138).

Auf urteilsfremdes Vorbringen zu Einlassungen des Angeklagten G. können sachlichrechtliche Beanstandungen gegen die den Teilfreisprüchen dieses Angeklagten zugrundeliegende Beweiswürdigung nicht gestützt werden. Soweit das Landgericht dem Angeklagten G. glaubt, nur Marihuana, niemals aber Amphetamin übergeben zu haben, findet diese Annahme eine hinreichende Stütze darin, dass die Zeugen Ba. und Ma. in ihren polizeilichen Vernehmungen übereinstimmend angegeben haben, das Amphetamin stamme aus einer anderen Bezugsquelle als das Marihuana. Bei letzterem habe G. eine Rolle gespielt (UA 105, 127).

Was die den Verurteilungen in den jeweiligen Fällen zugrunde gelegten Handelsmengen anbelangt, zeigt die Revision ebenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Zwar rügt die Staatsanwaltschaft zutreffend, dass die in den einzelnen Fällen festgestellten Handelspreise für Amphetamin und Marihuana extreme Schwankungen aufweisen und in dieser Form praktisch nicht nachvollziehbar sind. Von diesen Unzulänglichkeiten unberührt bleiben jedoch die - von späteren Verkaufspreisen unabhängigen - Feststellungen zu den eingeführten Drogenmengen, die im Wesentlichen auf den insoweit geständigen Einlassungen der Angeklagten beruhen. Dass die Strafkammer in Anwendung des Zweifelssatzes in einzelnen Fällen nicht die von Zeugen lediglich geschätzte höhere Handelsmenge zugrunde gelegt hat, stellt keinen Rechtsfehler dar.

d) Da die Feststellungen der Strafkammer zum Schuldumfang nach alledem auf einer tragfähigen Beweiswürdigung beruhen und die Strafzumessungserwägungen im Übrigen für sich nicht zu beanstanden sind, bleibt die Revision auch insoweit ohne Erfolg.

e) Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 100.000 € gegen den Angeklagten C. lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen. Die Strafkammer hat bedacht, dass der Wert des Erlangten nach dem Bruttoprinzip zu bestimmen und gegebenenfalls durch Schätzung zu ermitteln ist. Außerdem hat es gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB berücksichtigt, dass der Angeklagte den größten Teil seiner erzielten Erlöse "verjubelt" hat. Vor diesem Hintergrund ist die Wertersatzverfallsanordnung - auch wenn das Landgericht seine Berechnungen im Einzelnen nicht mitteilt - noch hinnehmbar.

f) Die hinsichtlich des Angeklagten G. unterbliebene Entscheidung zum Anrechnungsmaßstab für die in den Niederlanden erlittene Auslieferungshaft (§ 51 Abs. 4 Satz 2 StGB) hat der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst bestimmt, da eine andere Anrechnung als im Verhältnis 1 : 1 nicht in Betracht kommt.

2. Auch die Revision des Angeklagten C. , mit der er im Wesentlichen seine Verurteilung im Fall 87 der Anklageschrift sowie im Übrigen die Strafzumessung beanstandet, bleibt ohne Erfolg.

a) Der Angeklagte C. , dem die Strafkammer im Fall 87 der Anklageschrift den Einsatz der Schusswaffe durch den von ihm beauftragten "Geld- bzw. Betäubungsmitteleintreiber" A. nicht zugerechnet hat, ist rechtsfehlerfrei wegen Anstiftung zur räuberischen Erpressung verurteilt worden. Wer - wie hier der deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilte A. - einen Rauschgifthändler oder -kurier mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Herausgabe von Drogen nötigt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, macht sich der räuberischen Erpressung schuldig. Die Rechtsordnung kennt im Bereich der Vermögensdelikte kein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder Verwendung schlechthin schutzunwürdiges Vermögen. Auch an Sachen wie Rauschgift, die jemand aufgrund einer strafbaren Handlung besitzt und als Tatmittel zur Begehung geplanter Straftaten bereitstellt, kann unbeschadet ihrer Zweckbestimmung oder Bemakelung, Erpressung und Betrug begangen werden. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 4. September 2001 - 1 StR 167/01, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 3 mwN; Beschluss vom 20. September 2005 - 3 StR 295/05, NJW 2006, 72).

Eine vom Generalbundesanwalt beantragte Aussetzung des Verfahrens war nicht veranlasst.

Zwar hat der erkennende Senat - in anderer Besetzung - in der Sache 2 StR 335/15 mit Beschluss vom 1. Juni 2016 die Revisionshauptverhandlung unterbrochen und, verbunden mit einer Anfrage an die übrigen Strafsenate des Bundesgerichtshofs, ob an bisheriger Rechtsprechung festgehalten werde, ausgeführt, er beabsichtige zu entscheiden:

"Die Nötigung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln richtet sich nicht gegen das Vermögen des Geschädigten und erfüllt daher nicht den Tatbestand der Erpressung."

Jedoch hindert ein solches Anfrageverfahren nach § 132 GVG nicht eine Sachentscheidung auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dass ein Anfragebeschluss die angefragten Senate, die an der bisherigen Rechtsprechung festhalten wollen, nicht hindert, auf dieser Grundlage weiter zu entscheiden, hat der Bundesgerichtshof unter Hinweis auf eine fehlende Sperrwirkung bereits entschieden (BGH, Beschluss vom 24. August 2000 - 1 StR 349/00, BGHR GVG § 132 Anfrageverfahren 1; Beschluss vom 19. Oktober 2004 - 1 StR 427/04 mwN; sowie wenn die Rechtsfrage dem Großen Senat zur Entscheidung vorgelegt ist: BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2009 - 2 StR 433/09, NStZ 2010, 227). Ebenso wenig ist ein anfragender Senat gehindert, bei Vorliegen einer Binnendivergenz zwischen verschiedenen Sitzgruppen abweichend von seiner eigenen Anfrage zu entscheiden. Der Anfragebeschluss entfaltet keine Sperrwirkung. Er dient lediglich der Vorbereitung der Herbeiführung einer Rechtsprechungsänderung, ist aber selbst keine bindende Entscheidung, von der nicht abgewichen werden könnte. Eine Bindungswirkung entsteht erst durch den Antwortbeschluss des angefragten Senats, der seine Zustimmung zu einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung erteilt (BGH, Beschluss vom 24. August 2000 - 1 StR 349/00, aaO). Dann kann der anfragende Senat nicht mehr zu seiner ursprünglichen Rechtsprechung zurückkehren, ohne den Großen Senat für Strafsachen anzurufen; dies deshalb, weil die Entschließung über die Antwort des angefragten Senats, er halte an der früheren Rechtsauffassung nicht mehr fest, die gleiche Bedeutung hat wie eine Revisionsentscheidung, in der er seine frühere Auffassung aufgibt (vgl. Heußner, DRiZ 1972, 119 ff.). Eine Binnendivergenz führt auch nicht zu der Verpflichtung, eine Entscheidung des - in der Sache unzuständigen - Senatsplenums herbeizuführen. Eine solche "Entscheidung" hätte für die zuständige Sitzgruppe keine rechtliche Bindungswirkung.

b) Die Strafzumessungsentscheidung bezüglich des Angeklagten C. ist rechtsfehlerfrei erfolgt. Die Annahme minder schwerer Fälle nur in den Fällen 1-8 und 22 der Anklageschrift ist auch in Anbetracht der unterschiedlichen Mengen des gehandelten Rauschgifts ausreichend begründet und nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die jeweils verhängten Einzelstrafen und die daraus gebildete Gesamtfreiheitsstrafe. Die Verfallsanordnung hat ebenfalls Bestand (vgl. oben II. 1e)).

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