OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26.08.2008 - 3 W 14/08
Fundstelle
openJur 2011, 119781
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1) erwarb aufgrund notariellen Kaufvertrages vom 14. Oktober 2005 des Notars Dr. jur. J.... A.... in K..... - Urk.Nr. ..... - mehrere Grundstücke u.a. die Grundstücke verzeichnet in den Grundbüchern von I.... Bl. .... und E...., Bl. .......

Der notarielle Kaufvertrag lautet in Ziff. II 2.:

"Der Kaufpreis beträgt 54.141.501,00 - in Worten: vierundfünfzigmilioneneinhunderteinundvierzigtausendfünfhunderteins - Euro. Die Verkäuferin optiert hinsichtlich der mit diesem Vertrag vereinbarten Grundstücksübertragung zur Umsatzsteuerpflicht (§ 9 UStG). Der in diesem Vertrag aufgeführte Kaufpreis ist ein Nettokaufpreis; Steuerschuldner der auf den Kaufpreis errechneten Umsatzsteuer ist die Käuferin (§ 13 UStG).

Die Kaufpreisaufschlüsselung ergibt sich aus der dieser Urkunde beigefügten Anlage 2. ...."

Für die Eigentumsumschreibung im Grundbuch setzte das Amtsgericht mit Kostenansatz vom 1. Februar 2006 die durch die Beteiligte zu 1) zu tragenden Kosten in Höhe von 7.212,00 €, ausgehend von einem Geschäftswert in Höhe von 4.110.448,00 € für die hier in Rede stehenden Grundstücke und zzgl. der Umsatzsteuer von 16 % von einem Gegenstandswert von insgesamt 4.768.119,60 € fest. Gegen die entsprechende Kostenrechnung hat die Beteiligte zu 1) Erinnerung eingelegt mit der Begründung, das Amtgericht habe bei der Wertfestsetzung die Umsatzsteuer nicht einbeziehen dürfen. Das Amtsgericht hat die Erinnerung zurückgewiesen. Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die Gebühren ausgehend von einem Geschäftswert in Höhe von 4.110.448,00 € (Nettokaufpreis) auf 6.237,00 € festgesetzt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die - von der Zivilkammer zugelassene - weitere Beschwerde des Bezirksrevisors.

II.

Die weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung durch das Landgericht nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KostO statthaft und auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei.

Das Rechtsmittel ist unbegründet. Der Senat schließt sich der ausführlich und überzeugend begründeten Auffassung des Landgerichts an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses. Ergänzend gilt Folgendes:

Die Ansicht der Beteiligten zu 2), der Geschäftswert richte sich nach dem Nettokaufpreis zzgl. der Mehrwertsteuer, trifft nicht zu. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 KostO ist beim Kauf von Sachen für die Bestimmung des Geschäftswerts der Kaufpreis maßgebend. Dabei ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Umsatzsteuer grundsätzlich ein unselbständiger Bestandteil des vereinbarten vertraglichen Entgelts (BGH, NJW 1988, 2042). Dies gilt jedoch nur, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt oder vereinbart ist (BGH a.a.O.; NJW 1991, 2484). Vorliegend hat das Landgericht die Vereinbarung zutreffend dahin ausgelegt, dass die Umsatzsteuer nicht Bestandteil des Kaufpreises ist, weil die Steuer für Umsätze, die unter das Grunderwerbssteuergesetz fallen, nach der Änderung des Umsatzsteuerrechts zum 1. April 2004 dem Finanzamt nunmehr unmittelbar nur noch von dem Leistungsempfänger geschuldet wird (so OLG Hamm, JurBüro 2007, 538, Korinthenberg/Lappe/Bengel/Tiedtke, KostO, 17. Aufl., § 20 Rdnr. 29 c; Rohs/Wedewer, KostO, 3. Aufl. § 20 Rdnr. 3; Tiedtke, ZNotP 2006, 200) und die Kaufvertragsparteien den Kaufpreis ausdrücklich als Nettokaufpreis bezeichnet haben. Ab dem 1. April 2004 ist der Leistungsempfänger für alle steuerpflichtigen Umsätze, die - wie hier gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die Veräußerung eines inländischen Grundstücks - unter das Grunderwerbssteuergesetz fallen, Steuerschuldner. Nach § 4 Satz 1 Nr. 9 a UStG sind von der Steuerpflicht zwar Umsätze befreit, die unter das Grunderwerbssteuergesetz fallen. Nach § 9 Abs. 1 UStG kann der Unternehmer jedoch einen solchen Umsatz als steuerpflichtig behandeln. Den Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung kann der Verkäufer gem. § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG nur in dem notariell zu beurkundenden Kaufvertrag erklären. Von dieser Option nach § 9 Abs. 1 UStG hat die Verkäuferin im Kaufvertrag ausdrücklich Gebrauch gemacht. Aufgrund dessen ist die Umsatzsteuer gem. § 13 b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 UStG - entgegen der früheren Rechtslage - eine allein vom Grundstückserwerber zu begleichende eigene Steuerschuld. Daraus hat das Landgericht zu Recht den Schluss gezogen, dass diese eigene Steuerschuld der Erwerberin dazu führt, dass die zu zahlende Umsatzsteuer in Höhe von 16 % nicht Bestandteil des Kaufpreises sein kann. Die eigene Steuerschuld der Erwerberin stellt weder eine direkte Leistung an die Verkäuferin dar, noch eine solche, die für die Verkäuferin aufgrund einer Verpflichtung zur Freistellung zu erbringen war. Die unmittelbare gesetzliche Schuld des Käufers bewirkt, dass von ihm keine weitere Leistung oder Verpflichtung dem Verkäufer gegenüber übernommen wird. Für den leistenden Unternehmer entsteht keine Steuerschuld (vgl. hierzu OLG Hamm a.a.O. m.w.N.).

Aus den oben dargelegten Gründen folgt der Senat nicht der gegenteiligen Auffassung des OLG Celle (NJW-RR 2006, 71), das eine inhaltsgleiche Vereinbarung in einem notariellen Grundstückskaufvertrag dahin ausgelegt hat, unabhängig von der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung sei auch hier die Mehrwertsteuer als Bestandteil des Kaufpreises zu bewerten. Dagegen spricht, dass die Steuerschuld, wie dargelegt, nicht als Gegenleistung des Käufers angesehen werden kann. Insoweit ist unbeachtlich, dass der Verkäufer nach § 14 c Abs. 2 UStG. die Umsatzsteuer neben dem Käufer schuldet, wenn er die Umsatzsteuer in der von ihm nach § 14 a Abs. 5 UStG zu erstellenden Rechnung offen ausweist. Denn der Verkäufer kann dies durch eine gesetzes- und vertragsgemäße Rechnungsstellung ohne weiteres vermeiden (vgl. OLG Hamm a.a.O.). Daraus folgt, dass die in § 13 b UStG realisierte Änderung der Rechtslage nicht als bloße Änderung einer Zahlungsmodalität interpretiert werden kann (so im Ergebnis OLG Celle a.a.O.). Entscheidend ist, dass Schuldner des Finanzamtes nunmehr der Leistungsempfänger ist.

Der Senat setzt sich damit nicht in Widerspruch zu seiner Entscheidung vom 20. Juni 1996 - 3 W 70/96 (NJW-RR 1997, 319 f.). Dort hatte der Senat festgestellt, die Umsatzsteuer sei als Bestandteil des Kaufpreises bei der Festsetzung des Gegenstandswertes jedenfalls nicht in vollem Umfang zu berücksichtigen, wenn die Vertragsparteien ihre Zahlung nur unter der Bedingung vereinbart hätten, dass der Kauf überhaupt der Umsatzsteuerpflicht unterliege. In seiner damaligen Entscheidung hatte der Senat weiter festgestellt, dass die Mehrwertsteuer grundsätzlich als Bestandteil des Kaufpreises anzusehen sei und dies auch dann gelte, wenn sie vom Verkäufer gesondert ausgewiesen ist und zum Vorsteuerabzug verwendet werden kann. Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung war die Rechtslage aber so, dass die Umsatzsteuer vom Verkäufer geschuldet war. Damit stellte sich die Zahlung der Umsatzsteuer durch den Käufer entweder an den Verkäufer oder aufgrund einer Vereinbarung direkt an das Finanzamt in jedem Fall als eine Gegenleistung des Käufers dar.

Die Sache war nicht gemäß §§ 156 Abs. 4 Satz 4 KostO, 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Zwar weicht die Rechtsauffassung des Senats von derjenigen des OLG Celle (a.a.O) ab. Die unterschiedlichen Auffassungen des OLG Celle und des Senats betreffen aber nicht die Auslegung einer bundesgesetzlichen Vorschrift im Sinne des § 28 Abs. 2 FGG, sondern beziehen sich auf die Auslegung von inhaltsgleichen Bestimmungen in notariellen Grundstückskaufverträgen bezüglich der Frage, welcher Kaufpreis vereinbart ist. Es bestehen auch keine Meinungsverschiedenheiten über die Anwendung der Auslegung der §§ 133, 157 BGB (vgl. BGH NJW 1984, 308; OLG Hamm, a.a.O.).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 14 Abs. 9 KostO).