Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 4.500,-- DM festgesetzt.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat den gemäß § 80 Abs. 5 VwGO
erhobenen Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der
aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 5. September 1996
gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom
3. September 1996 zu Recht zurückgewiesen. Die im Rahmen
dieser Vorschrift vorzunehmende Abwägung zwischen dem privaten
Interesse des Betroffenen, von dem Sofortvollzug bis zum
Abschluß des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und
dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Durchsetzung der
für notwendig gehaltenen Maßnahmen zum Schutze der
Allgemeinheit fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
Bei der im vorläufigen Verfahren gebotenen summarischen
Prüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich die angefochtene
Ordnungsverfügung vom 3. September 1996 als rechtmäßig.
1. Der Antragsgegner durfte die Untersagung der
Hundehaltung und die damit verbundene Aufforderung, den Hund
an ein Tierheim abzugeben, auf § 14 OBG NW stützen, um eine
Störung der öffentlichen Sicherheit abzuwehren. Der
Antragsteller hält einen gefährlichen Hund i.S.d. § 1
Buchst. b der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Zucht,
die Ausbildung, das Abrichten und das Halten gefährlicher
Hunde (GefHuVO NW) vom 21. September 1994 (GV NW S. 1086 und
1140) ohne die hierfür gemäß § 2 Abs. 1 GefHuVO NW
erforderliche ordnungsbehördliche Erlaubnis (unter b). Weder
wird § 14 OBG NW durch § 6 GefHuVO NW verdrängt (unter a) noch
wird die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung dadurch in Frage
gestellt, daß die in der GefHuVO NW geregelten Voraussetzungen
für die Erteilung der Erlaubnis teilweise nichtig sind
(unter c).
a) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß
§ 14 OBG NW nicht durch § 6 GefHuVO NW, wonach das Halten
eines gefährlichen Hundes bei Vorliegen einer Gefahr für Leben
oder Gesundheit von Menschen oder Tieren untersagt werden
kann, verdrängt wird. Abgesehen davon, daß der
Verordnungsgeber zu einer derartigen Einschränkung des § 14
OBG NW nicht ermächtigt wäre, bestehen auch keine
Anhaltspunkte, daß mit § 6 GefHuVO NW eine abschließende
Regelung dergestalt angestrebt ist, daß ein Rückgriff auf die
Generalermächtigung des § 14 OBG NW ausgeschlossen sein
soll.
Vgl. auch Verwaltungsvorschriften
zur Anwendung der GefHuVO NW (MBl. NW
1995, 1406), zu § 6.
b) Das Verwaltungsgericht hat ferner zutreffend dargelegt,
daß es sich bei dem vom Antragsteller gehaltenen Pitbull-
Staffordshire-Terrier-Mischlingsrüden "S. " um einen
bissigen und damit gefährlichen Hund i.S.d. § 1 Buchst. b
GefHuVO NW handelt. Eine Bissigkeit im Sinne dieser Vorschrift
liegt nicht bereits bei jeder Beißerei zwischen Hunden vor.
Das Beißen als artgemäße Verhaltensweise des Hundes kann nur
im Zusammenhang mit den gesamten Begleitumständen eine
"Bissigkeit" begründen. Bei einem Beißvorfall zwischen Hunden
erweist sich ein Hund insbesondere dann als bissig, wenn er
einen anderen Hund gebissen und verletzt hat, ohne selbst von
diesem angegriffen worden zu sein, oder wenn er einen anderen
Hund trotz dessen erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik
gebissen hat.
Vgl. zum Ganzen
Verwaltungsvorschriften zur Anwendung
der GefHuVO NW (MBl. NW 1995, S. 1406),
Nr. 4.1 zu § 2.
Hiervon ausgehend hat sich bei der gebotenen summarischen
Prüfung der Hund des Antragstellers als "bissig" erwiesen. Er
hat am 14. April 1996 einem Labrador-Rüden - trotz dessen
Unterwerfungshaltung - mehrere schwere Bißwunden am Hals
beigebracht und konnte von diesem nur durch tätliches
Einwirken der betroffenen Hundehalter getrennt werden. Auf die
umfangreichen und zutreffenden Ausführungen des
Verwaltungsgerichts, die durch das den Vorfall lediglich
bagatellisierende Beschwerdevorbringen nicht entkräftet worden
sind, kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden
(§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Ob der Hund des Antragstellers darüber hinaus, wie das
Verwaltungsgericht meint, auch gefährlich i.S.d. § 1 Buchst. a
GefHuVO NW ist, kann offenbleiben. Jedenfalls bedarf der
Antragsteller für die Haltung seines Hundes "S. " einer
Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 GefHuVO NW. Eine solche Erlaubnis
besitzt der Antragsteller nicht; er hat sie trotz Hinweises
und Aufforderung durch den Antragsgegner bislang auch nicht
beantragt.
c) Die Ordnungsverfügung ist auch nicht deshalb
rechtswidrig, weil die ihr zugrundeliegenden Vorschriften der
GefHuVO NW über das Halten gefährlicher Hunde der
Rechtsgültigkeit entbehrten. Allerdings verstößt § 3 Satz 1
GefHuVO NW gegen höherrangiges Recht und ist nichtig; diese
Teilnichtigkeit der GefHuVO NW führt jedoch nicht zur
Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung.
(1) Die auf § 26 OBG NW beruhende GefHuVO NW genügt den
Formerfordernissen des § 30 OBG NW für ordnungsbehördliche
Verordnungen. Insbesondere ist der örtliche Geltungsbereich in
der GefHuVO NW angegeben (§ 30 Nr. 5 OBG NW).
Vgl. dazu OVG Lüneburg, Urteil vom
13. Juni 1952 - III OVG A 407/51 -,
OVGE 5, 508 ff.; OLG Schleswig, Urteil
vom 31. Oktober 1951 - Ss 293/51 -, NJW
1952, 317.
Zwar enthält weder die Präambel (Einleitung) - wie es der
Verwaltungsübung in Nordrhein-Westfalen entspricht - noch der
nachfolgende Text der Verordnung einen ausdrücklichen Hinweis
auf den örtlichen Geltungsbereich; aus der amtlichen
Óberschrift und Abkürzung "GefHuVO NW" ist jedoch für jeden
Normadressaten erkennbar, daß sich die vom Ministerium für
Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-
Westfalen erlassene Verordnung auf das gesamte Land Nordrhein-
Westfalen erstrecken soll.
(2) Die Regelung des § 2 GefHuVO NW, die Halter
gefährlicher Hunde einer an Zuverlässigkeit und Sachkunde
geknüpften Erlaubnispflicht unterwirft, begegnet keinen
rechtlichen Bedenken. Die damit verbundenen Einschränkungen
der allgemeinen Handlungsfreiheit der Hundehalter sind
gerechtfertigt, weil sie dem Schutz von Menschen und Tieren
vor gefährlichen Hunden dienen. Das präventive Verbot mit
Erlaubnisvorbehalt erscheint geeignet, den von diesen Hunden
ausgehenden Gefahren zu begegnen. Das Verhalten des Halters
gegenüber seinem Hund wird allgemein als eine maßgebliche
Ursache für Aggressivität und Gefährlichkeit von Hunden
angesehen.
Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil
vom 18. August 1992 - 1 S 2550/91 -,
NVwZ 1992, 1105, 1109 f.; Bay VerfGH,
Entscheidung vom 12. Oktober 1994
- Vf. 16-VII-92 und Vf. 5-VII-93 -,
BayVBl. 1995, 76 und 109, 110 je
m.w.N.
Gemessen an der Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter
stellt der Erlaubnisvorbehalt auch keine unverhältnismäßige
Einschränkung der Handlungsfreiheit dar.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die
Erlaubniserteilung sind hinreichend bestimmt. Die
Anforderungen an die Sachkunde lassen sich mit Blick auf den
Regelungszweck der Verordnung hinreichend genau ermitteln.
(3) Soweit die GefHuVO NW in § 3 Satz 1 vorsieht, daß die
erforderliche Sachkunde durch eine Sachkundebescheinigung des
Verbandes für das Deutsche Hundewesen e.V. (VDH) oder eine
Sachkundeprüfung des VDH oder des Landestierschutzverbandes
NRW e.V. erbracht wird, verstößt sie gegen Art. 20 Abs. 2 und
3 GG und ist nichtig. Der VDH und der Landestierschutzverband
sind mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht wirksam mit
der Wahrnehmung öffentlichrechtlicher Funktionen betraut
worden.
(a) Bei der den beiden Verbänden durch § 3 Satz 1
GefHuVO NW in Verbindung mit der sogenannten
Kooperationsvereinbarung (MBl. NW 1995, 1575) übertragenen
Tätigkeit handelt es sich um die Wahrnehmung staatlicher
Aufgaben. Die beiden Verbände werden als "Beliehene"
hoheitlich tätig; denn sie haben in eigener Verantwortung und
Zuständigkeit einen Teil der der Ordnungsbehörde obliegenden
Prüfung der Voraussetzungen für die Erlaubniserteilung nach
§ 2 GefHuVO NW wahrzunehmen. Nach der Regelungskonzeption des
Verordnungsgebers,
siehe hierzu auch die
Verwaltungsvorschriften zur Anwendung
der GefHuVO NW (MBl. NW 1995,
1406),
hat die Prüfungstätigkeit der beiden Verbände nicht
lediglich vorbereitenden oder unterstützenden Charakter; sie
erfolgt nicht in der Art einer bloßen
Sachverständigenbefragung oder -begutachtung. Vielmehr
befinden die beiden Verbände abschließend und verbindlich
darüber, ob die Sachkunde eines betroffenen Hundehalters
gegeben ist. Wird der Sachkundeprüfungsnachweis von einem der
beiden Verbände erteilt, hat die Ordnungsbehörde - bei
Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - die Erlaubnis nach
§ 2 GefHuVO NW zu erteilen; wird der Nachweis wegen
Nichtbestehens der Prüfung nicht erteilt, versagt die
Ordnungsbehörde die Erlaubnis. Dabei kann dahinstehen,
inwieweit die beiden Verbände hoheitliche Maßnahmen mit
Außenwirkung oder lediglich - wofür viel spricht -
unselbständige Feststellungen behördeninterner Art
treffen,
zum vergleichbaren Problem amtlich
anerkannter Prüfer und Sachverständiger
bei der Erteilung der Fahrerlaubnis
vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Urteil
vom 24. März 1965 - 2 A 88/64 -, NJW
1965, 1622 f.;
denn die Ausübung hoheitlicher Tätigkeit setzt eine
Zuständigkeit zum Erlaß von (außenwirksamen) Verwaltungsakten
nicht zwingend voraus,
vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November
1971 - 1 C 7.70 -, DÖV 1972, 500, 501
m.w.N.
(b) Die Óbertragung der beschriebenen Aufgabe auf die
beiden privatrechtlichen Verbände bedurfte einer gesetzlichen
Legitimation. Eine "Beleihung" von Privatpersonen ist nur
wirksam, wenn sie durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes
erfolgt.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. März 1969
- 7 C 37.67 -, DVBl. 1970, 735, 736;
BVerwG, Urteil vom 19. März 1976
- 7 C 67/72 -, VerwRspr. 28, Nr. 50
S. 214, 221; OVG NW, Urteil vom
13./27. September 1979 - 16 A 2693/78 -,
NJW 1980, 1406, 1407; Steiner, JUS 1969,
69, 73 m.w.N.; Ossenbühl, VVDStRL 29,
137, 169 ff. m.w.N.
Daran fehlt es hier. Zwar ermächtigt § 26 OBG NW zum Erlaß
von ordnungsbehördlichen Verordnungen zur Abwehr von Gefahren
für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, nicht jedoch zur
Beleihung der beiden Verbände oder anderer (privater) Dritter.
Darüber hinaus erfordert das Demokratiegebot (Art. 20
Abs. 2 GG) eine demokratische Legitimation und Kontrolle von
mit Verwaltungsaufgaben betrauten Privaten.
Vgl. Ossenbühl, a.a.O., S. 159 ff.;
Wolff/Bachhof/Stober,
Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987,
§ 104 Rdnr. 7.
Bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen
Prüfung ist nicht erkennbar, daß die beiden Verbände der
staatlichen Aufsicht und Kontrolle unterliegen, soweit sie
öffentlichrechtliche Aufgaben wahrnehmen. Der Vorbehalt in
Nr. 5 der sogenannten Kooperationsvereinbarung, daß die
Sachkundeprüfung "nach den vom MURL anerkannten Vorschriften"
durchzuführen ist, stellt keine staatliche Kontrolle der in
Anwendung der genannten Vorschriften durchgeführten
Prüfungstätigkeit dar.
(c) Die Nichtigkeit des § 3 Satz 1 GefHuVO NW führt indes
nicht zur Nichtigkeit der sonstigen Bestimmungen über den
Erlaubnisvorbehalt oder gar der GefHuVO NW insgesamt. Aus der
Nichtigkeit einzelner Vorschriften folgt die Nichtigkeit der
ganzen Rechtsverordnung nur dann, wenn die übrigen mit der
Rechtsordnung zu vereinbarenden Bestimmungen keine
selbständige Bedeutung haben oder wenn sie mit der nichtigen
Vorschrift eine untrennbare Einheit bilden.
Vgl. zur (Teil-)Nichtigkeit von
Gesetzen BVerfG, Beschluß vom
12. November 1958 - 2 BvL 4, 26, 40/56,
1, 7/57 -, BVerfGE 8, 274, 301; BVerfG,
Beschluß vom 31. Mai 1990 - 2 BvL 12,
13/88, 2 BvR 1436/87 -, BVerfGE 82,
159, 189 m.w.N.
Die sonstigen Vorschriften der GefHuVO NW, einschließlich
der Regelungen über den Erlaubnisvorbehalt, können sinnvoll
für sich bestehen und vollzogen werden. Óber das Vorliegen der
nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 GefHuVO NW erforderliche Sachkunde ist,
solange der Sachkundenachweis nicht verfassungsgemäß neu
geregelt worden ist, von der für die Erlaubniserteilung
zuständigen Ordnungsbehörde in eigener Verantwortung
- gegebenenfalls unter Einbeziehung sachkundiger Dritter - zu
entscheiden.
Die Rechtmäßigkeit der hier angegriffenen Ordnungsverfügung
wird mithin von der Nichtigkeit des § 3 Satz 1 GefHuVO NW
nicht berührt.
d) Die angegriffene Ordnungsverfügung ist auch im übrigen
rechtlich nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat
zutreffend ausgeführt, daß die in der Ordnungsverfügung
getroffene Anordnung geeignet, notwendig und verhältnismäßig
ist.
2. Die Androhung unmittelbaren Zwangs findet ihre
Rechtsgrundlage in §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 3, 58, 62 und
63 VwVG NW.
3. Bei der weiteren, über die Erfolgsaussichten im
Hauptsacheverfahren hinausgehenden Interessenabwägung
überwiegt ebenfalls das öffentliche Interesse. Es besteht ein
erhebliches öffentliches Interesse daran, während des
Rechtsmittelverfahrens Gefahren für Leben und Gesundheit von
Menschen sowie das Eigentum Dritter abzuwenden; dem steht
lediglich das nachrangige Interesse des Antragstellers an
einer privaten Hundehaltung gegenüber. Im Rahmen der Abwägung
ist ferner zu berücksichtigen, daß es in der Macht des
Antragstellers liegt, die Voraussetzungen für die
Erlaubniserteilung herbeizuführen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1
GKG.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25
Abs. 3 Satz 2 GKG).