BGH, Urteil vom 19.04.2005 - X ZR 191/02
Fundstelle
openJur 2012, 59124
  • Rkr:
Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Juni 2002 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin macht u.a. aus abgetretenem Recht Ansprüche aus der Lieferung und Montage von Fenstern geltend.

Die Beklagte, eine Kommanditgesellschaft, betrieb als Generalunternehmerin die Renovierung des unter Denkmalschutz stehenden Hauses G. in Z. , das im Eigentum des Geschäftsführers ihrer Komplementärin, eines Herrn K. , stand. Die Demontage der alten Fenster und die Montage der neuen gab die Beklagte unter Vereinbarung der Anwendung der Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB/B) und zusätzlich eines Abtretungsverbots bei einem unter der Bezeichnung "UPR" handelnden Herrn W. gegen eine Vergütung von 141.793,71 DM brutto in Auftrag, auf die W. eine Anzahlung von 42.538,11 DM erhielt.

W. gab die Lieferung der Fenster bei der inzwischen insolvent gewordenen G. GmbH & Co. KG (nachfolgend: Zedentin) in Auftrag. In der Folgezeit kam es zu Unstimmigkeiten zwischen der Beklagten und W. und zur Kündigung des zwischen diesen bestehenden Vertrags durch die Beklagte nach § 8 Nr. 3 VOB/B. W. wurde darauf zahlungsunfähig. Die Zedentin lieferte die Fenster gegen Rechnungsstellung über 99.900,50 DM brutto und Abtretung der Forderungen aus der Weiterverwendung unter verlängertem Eigentumsvorbehalt; W. baute diese zum Teil noch in das Gebäude ein. Am 6. September 1995 kam es zu einer Besprechung zwischen Vertretern der Zedentin und der Beklagten, deren Ergebnis die Parteien unterschiedlich werten. Die Beklagte ließ die Baumaßnahme unter Verwendung der von der Zedentin gelieferten Fenster, z.T. nach Nacharbeiten durch Dritte, fertigstellen. Die Zedentin und nach Offenlegung der Abtretung die Klägerin anstelle der Zedentin haben die Beklagte auf Zahlung von 100.050 DM in Anspruch genommen. Dabei haben sie sich auf eigene Ansprüche der Zedentin aus der behaupteten Vereinbarung vom 6. September 1995, auf von W. abgetretene Ansprüche aus Vertrag mit der Beklagten, auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des behaupteten Vertrags vom 6. September 1995 und auf Bereicherungsansprüche gestützt. Die Beklagte hat einen Vertragsschluß mit der Zedentin in Abrede gestellt, den Einbau der Fenster als durch § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B gedeckt angesehen, die Abtretung der Forderung durch W. als wegen Verstoßes gegen das vertragliche Abtretungsverbot unwirksam, jedenfalls aber eine restliche Werklohnforderung von W. gegen die Beklagte als nicht fällig angesehen.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage im wesentlichen stattgegeben, weil der Klägerin aus der Abtretung von W. dessen Vergütungsanspruch abzüglich der geleisteten Anzahlung zustehe und das Abtretungsverbot nach § 354a HGB unwirksam gewesen sei. Eine förmliche Abrechnung sei ausnahmsweise entbehrlich gewesen. Die Berufung der Beklagten führte nach ergänzender Beweisaufnahme zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung, während die Anschlußberufung der Klägerin gegen die Teilabweisung der Klage ohne Erfolg blieb. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung in vollem Umfang weiter. Die Beklagte war im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht anwaltlich vertreten.

Gründe

Über die Revision ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden, weil die Beklagte im Verhandlungstermin nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis (BGHZ 37, 79, 81 ff.).

In der Sache führt die Revision zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.

I. Das Berufungsgericht hat mit dem Landgericht das Zustandekommen eines Vertrags zwischen der Zedentin und der Beklagten verneint. Es hat weiter Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und aus Delikt verneint, weil die Beklagte nicht unberechtigterweise, sondern auf Grund ihres nach § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B bestehenden Nutzungsrechts die angelieferten Fenster verwendet habe.

II. 1. Das Berufungsgericht hat die Fälligkeit der abgetretenen Forderung verneint, weil die Klägerin den Werklohnanspruch für bereits erbrachte Leistungen aus dem gekündigten Pauschalpreisvertrag W. mit der Beklagten nicht prüffähig dargestellt und zudem auch nie eine Schlußrechnung erstellt habe, weshalb ein etwaiger restlicher Werklohnanspruch nicht fällig sei. Dies begegnet durchgreifenden Bedenken.

2.

Dabei hätte auf der Grundlage der vom Berufungsgericht verneinten Fälligkeit die Klage nur als derzeit unbegründet abgewiesen werden dürfen (BGHZ 140, 365, 368; BGH, Urt. v. 11.2.1999 -VII ZR 399/97, BauR 1999, 635, 636 = ZfBR 1999, 196; Urt. v. 28.9.2000 -VII ZR 42/98, BGHR VOB/B § 8 Nr. 6 Rechnung 2).

3.

a) Zwar ist die Ansicht des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, daß das Verhalten der Beklagten die Erteilung einer prüfbaren Rechnung an sich nicht entbehrlich machte (vgl. BGHZ 105, 290; BGHZ 145, 245, 248; BGH, Urt. v. 4.7.1996 -VII ZR 227/93, NJW 1996, 3270 = BGHR BGB § 649 Satz 2 Pauschalpreisvertrag 1). Jedoch hat das Berufungsgericht nicht ausreichend beachtet, daß die Abrechnung schon dann prüffähig ist, wenn der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, die Berechtigung der Forderung, gemessen an den vertraglichen Vereinbarungen, zu überprüfen. Der Auftraggeber muß die Möglichkeit bekommen, eventuelle Unrichtigkeiten einer Abrechnung zu erkennen. Fehler der Abrechnung berühren hingegen die Prüfbarkeit nicht. Die Abrechnung muß den Auftraggeber in die Lage versetzen zu überprüfen, ob der Auftragnehmer ersparte Kosten auf der Grundlage der konkreten, dem Vertrag zugrunde liegenden Kalkulation zutreffend berücksichtigt hat (BGHZ 140, 365, 369). Die Prüffähigkeit ist dabei kein Selbstzweck (BGHZ 140, 365, 370). Welche Anforderungen an eine prüffähige Schlußrechnung zu stellen sind, hängt dabei vom Einzelfall ab (BGHZ 140, 365, 369).

b) Demnach war jedenfalls die Abrechnung, die die Klägerin im Berufungsverfahren erstellt hat, prüffähig. Die abweichende Ansicht des Berufungsgerichts wird von dessen Feststellungen nicht getragen; denn das Berufungsgericht hat festgestellt, die Klägerin habe vorgetragen, daß 42 der 66 Fenster bereits von W. selbst eingebaut und montiert worden seien, während die restlichen 24 Fenster lediglich auf der Baustelle bereitgestanden und nachträglich durch ein Drittunternehmen montiert worden seien. Demnach sind alle Fenster, deren Lieferung und Einbau W. schuldete, auch geliefert und eingebaut worden. Weshalb in einem solchen Fall, wie das Berufungsgericht meint, eine Differenzierung nach Art und Größe der einzelnen Fenster erforderlich gewesen sein soll, erschließt sich aus dessen Ausführungen nicht. Allenfalls könnte dies auf den Umfang der Montageleistung Einfluß haben, wenn hierbei je nach Fenstergröße unterschiedliche Kosten anzusetzen wären. Insoweit hat sich die Klägerin die von dritter Seite nach Angaben der Beklagten verlangten Montagekosten zu eigen gemacht und von dem mit W. vereinbarten Pauschalpreis abgezogen. Soweit sich das Berufungsgericht darauf stützt, in diesen Kosten seien "teilweise auch Änderungen" enthalten, konnte dies nur zu Lasten der Klägerin gehen, weil damit zu deren Lasten Kosten abgesetzt worden wären, die den abgetretenen Anspruch W. jedenfalls nicht ohne weiteres betrafen. Darauf, daß die Abrechnung insoweit nicht dem Vertrag der Beklagten mit W. entsprochen haben mag, kann es für die Beurteilung der Prüffähigkeit nicht ankommen. Im übrigen erschließt sich nicht ohne weiteres, wie bei Vereinbarung von Lieferung und Montage von 66 Fenstern zu einem Pauschalpreis eine Aufteilung ausstehender Montageleistungen anders erfolgen konnte als durch Anrechnung eines bezifferten Betrags für die nicht ausgeführten Montageleistungen; daß sich die Klägerin dabei auf die Kosten der Ausführung durch einen Drittunternehmer stützte, war schon mehr, als ihr oblag. Die Beklagte konnte danach auch beurteilen, ob die Abrechnung dem Vertrag mit W. entsprach. Die Fälligkeit der Forderung kann mit mangelnder Prüffähigkeit daher nicht verneint werden.

c) Im übrigen hing jedenfalls die Fälligkeit eines Anspruchs nach § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B nicht notwendig auch von der Erstellung einer Schlußrechung ab (vgl. BGHZ 140, 365, 378; BGHZ 145, 245, 248 f.).

III. Die Klageabweisung wegen mangelnder Fälligkeit kann deshalb keinen Bestand haben. Im wiedereröffneten Berufungsrechtszug wird das Oberlandesgericht zu prüfen haben, in welchem Umfang der Anspruch der Klägerin begründet ist.

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