OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003 - 1 Verg 4/03
Fundstelle
openJur 2011, 120014
  • Rkr:
Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Rheinland-Pfalz vom 27. Mai 2003 wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Beschwerdegegnerin und der Beteiligten hat die Beschwerdeführerin zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 423.470,27 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin begehrt den Zuschlag im vorliegenden Vergabeverfahren. Gegenstand dieses Verfahrens ist das Einsammeln und der Transport von Abfällen zur Beseitigung im Landkreis B.-P. in der Zeit vom 1. Juni 2005 bis 31. Mai 2013. Nach offener Ausschreibung dieser Leistungen gab die Beschwerdeführerin am 19. Juli 2002 ein Angebot ab, das sich mit einer Summe von 1.058.675,68 € pro Jahr und einer Differenz von ca. 521.000 € gegenüber dem betragsmäßig nachfolgenden Angebot der Beteiligten als das preisgünstigste darstellt.

Mit Schreiben vom 8. April 2003 teilte die Vergabestelle unter Bezugnahme auf ein von ihr eingeholtes Sachverständigengutachten der R. Consult S. H., Umwelt- und Managementservice L. U. der Beschwerdeführerin am 9. April 2003 mit, dass sie deren Angebot als unauskömmlich bewerte, es deswegen nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A von der Wertung ausschließe und beabsichtige, den Zuschlag der Beteiligten zu erteilen. Diesem Vorhaben widersprach die Beschwerdeführerin gegenüber der Vergabestelle mit einer per Telefaxschreiben vom 23. April 2003 übersandten Rüge.

Eine vergaberechtswidrige Wertung ihres Angebots hatte sie gegenüber der Vergabestelle bereits mit Schreiben vom 11. November 2002 gerügt, nachdem diese die Beschwerdeführerin zuvor mit Schreiben vom 30. Oktober 2002 schon einmal auf Grundlage eines vorher eingeholten Sachverständigengutachtens über den Ausschluss ihres Angebots wegen Unauskömmlichkeit des kalkulierten Preises informiert hatte. In dem auf Antrag der Beschwerdeführerin anschließend eingeleiteten Nachprüfungsverfahren war es in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer am 17. Dezember 2002 zum Abschluss eines Vergleichs gekommen. In Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin war auch die Vergabestelle zu der Erkenntnis gelangt, dass das der Angebotsbewertung zugrunde gelegte Gutachten von unzutreffenden Annahmen ausgegangen war. Die Parteien hatten u.a. vereinbart, dass die Beschwerdeführerin ihren Nachprüfungsantrag zurücknimmt und bis zum 31. Januar 2003 der Vergabestelle ein Gutachten zur Auskömmlichkeit ihres Angebots vorlegt. Die Vergabestelle hatte sich ihrerseits verpflichtet, die Auskömmlichkeitsprüfung zu wiederholen, ordnungsgemäß zu dokumentieren und sowohl die Beschwerdeführerin als auch die Beteiligte über das Ergebnis der Bewertung unverzüglich zu informieren. Vereinbart gewesen war weiter, dass die Vergabestelle den Zuschlag frühestens 14 Tage nach Zugang dieser Mitteilung erteilt.

Auf das von der Beschwerdeführerin rechtzeitig vorgelegte Sachverständigengutachten hin, das die Auskömmlichkeit des angebotenen Preises bestätigte, hatte die Vergabestelle ihrerseits die unter R. Consult, Umwelt- und Managementservice firmierenden Sachverständigen S. H. und L. U. mit der Überprüfung des Angebots beauftragt. Dagegen hatte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 7. März 2003 folgendes eingewandt:

"Wir haben erfahren, dass Sie ein drittes Gutachten in Auftrag gegeben haben. Gutachter sollte Frau S. H. von R. Consult sein. Sollte dies die ehemalige Vorstandssprecherin der S./K. sein, würden wir diese wegen Befangenheit ablehnen. Während der Dienstzeit von Frau H. haben wir von der Firma S. den Auftrag Landkreis D. nach Ausschreibung erhalten. Wie uns damals mitgeteilt wurde, gab es ziemliche Probleme. Sie werden unseren Schritt daher sicherlich verstehen".

Die Vergabestelle hatte jedoch an den beiden Sachverständigen festgehalten, die in ihrem Gutachten vom 12. März 2003 den Angebotspreis als unauskömmlich bewerteten. Nachdem der Beschwerdeführerin dieses Gutachten zur Kenntnis übersandt worden war, hatte sie mit Schreiben vom 23. März 2003 gegenüber der Vergabestelle dazu inhaltlich Stellung bezogen und mit Schreiben vom 29. März 2003 ergänzend eine Stellungnahme ihres Wirtschaftsprüfers übersandt, der die Auskömmlichkeit der Angebotskalkulation bescheinigte.

II. Zeitgleich mit ihrem Rügeschreiben vom 23. April 2003 hat die Beschwerdeführerin erneut einen diesmal von ihr selbst verfassten - Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer gestellt, den die Kammervorsitzende der Vergabestelle am 29. April 2003 zustellte.

Die Kammer hat den Antrag ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen. Er sei, soweit er sich gegen den Angebotsausschluss wegen Unauskömmlichkeit richtet, bereits unzulässig, weil die Beschwerdeführerin den behaupteten Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht unverzüglich gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 GWB gerügt habe. Die Rüge vom 23. April 2003 sei erst zwei Wochen nach Erhalt des Informationsschreibens der Vergabestelle und damit nicht zeitgerecht erhoben worden. Die erste Rüge vom 11. November 2002 sei "verbraucht", da der jetzt streitgegenständliche Angebotsausschluss auf einem neuen Sachverhalt und einer anderen rechtlichen Würdigung beruhe. Soweit der Antrag die Befangenheit der von der Vergabestelle eingeschalteten Sachverständigen rügt, sei er offensichtlich unbegründet, da eine Verbindung der Gutachter zu anderen Bietern oder sonst eine Beteiligung am Vergabeverfahren nicht erkennbar sei.

III. Hiergegen hat die Antragstellerin rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt (§§ 116, 117 GWB).

Sie rügt den Ausschluss ihres Angebots wegen Unauskömmlichkeit und die beabsichtigte Erteilung des Zuschlags auf das Angebot der Beteiligten als vergaberechtswidrig.

Auf die Unverzüglichkeit ihrer Rüge vom 23. April 2003 komme es nicht an, da eine Rüge nicht mehr erforderlich gewesen sei. Den Vergaberechtsfehler habe sie schon am 11. November 2002 gerügt. Diese Rüge sei nicht verbraucht. Der jetzt nochmals erklärte Ausschluss des Angebots wegen Unauskömmlichkeit des Preises stelle lediglich die Wiederholung einer bereits angekündigten und aufrechterhaltenen Vergabeentscheidung mit ergänzender oder abweichender Begründung dar. Inhaltlich seien die Entscheidungen identisch. In den Prozessvergleich sei keine Verpflichtung zu einer nochmaligen Rüge der Beschwerdeführerin aufgenommen worden.

Darüber hinaus enthielten ihre Schreiben an die Vergabestelle vom 7., 23. und 29. März 2002 nach dem Inhalt der dort abgegebenen Erklärungen ausreichende Rügen des Vergaberechtsfehlers.

Eine nochmalige Rüge wäre im Übrigen nur eine unnötige Förmelei und damit entbehrlich gewesen, da die Vergabestelle zu erkennen gegeben habe, dass sie unumstößlich an ihrer einmal getroffenen Entscheidung festhalten wolle.

Die vorliegende Fallkonstellation gebiete zudem eine teleologische Reduktion der Rügevorschrift des § 107 Abs. 3 GWB, da der Zweck der Rügepflicht, nämlich Spekulationen des Bieters entgegenzuwirken, hier ersichtlich keine Bedeutung mehr erlangen konnte. Schließlich habe auch der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 27. Februar 2003 Rs.C-327/00) darauf hingewiesen, dass Ausschlussfristen nach nationalem Recht nicht dazu führen dürften, eine effektive Überprüfung von Vergabeverstößen zu verhindern.

Von alledem abgesehen, sei die mit Schreiben vom 23. April 2003 erklärte nochmalige Rüge auch rechtzeitig erfolgt. Strenge Anforderungen könnten an die vom Gesetz verlangte Unverzüglichkeit der Rügeerhebung nicht gestellt werden. Ein Zeitraum von zwei Wochen sei den Bietern regelmäßig zuzugestehen.

Weiter ist die Beschwerdeführerin der Auffassung, dass ihr Nachprüfungsantrag auch begründet sei. Statt die von der Beschwerdeführerin eingeholten Gutachten der Wertung zugrunde zu legen habe die Vergabestelle in verfahrensfehlerhafter Weise die Sachverständigen S. H. und L. U. hinzugezogen. Schon den in § 6 Nr. 1 VOL/A vorgesehenen Weg der Gutachterbestellung habe sie nicht eingehalten, da die Sachverständigen nicht von einer Berufsvertretung vorgeschlagen worden, im Übrigen auch nicht zum Führen der Bezeichnung "Gutachter" oder "Sachverständige" berechtigt seien. Außerdem sei die an die Gutachter gerichtete Fragestellung gemäß § 6 Nr. 3 S. 2 VOL/A unzulässig gewesen.

Beide Gutachter seien zudem bis Ende des Jahres 2002 bei einer Gesellschaft als Sprecherin bzw. Mitglied der Geschäftsführung beschäftigt gewesen, die in einer früheren Ausschreibung von Müllentsorgungsleistungen in einem anderen Landkreis den Wettbewerb gegen die Beschwerdeführerin verloren habe. Von daher bestünde Anlass zu der Vermutung, dass sie bei Beantwortung der an sie gerichteten Fragen nicht vollständig objektiv gewesen seien.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben und den Beschwerdegegner anzuweisen, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen,

hilfsweise,

unter Aufhebung des Beschlusses der Vergabekammer die Sache zu anderweitiger Verhandlung an die Vergabekammer zurückzuverweisen und die Vergabekammer anzuweisen, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Sache erneut zu entscheiden.

Der Beschwerdegegner beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält mit der Vergabekammer den Nachprüfungsantrag, soweit er sich gegen den Angebotsausschluss richtet, für unzulässig. Der Vergabeverstoß sei nicht unverzüglich gerügt worden. Eine nochmalige Rüge sei nicht entbehrlich gewesen, da der erneute Angebotsausschluss auf einem eigenständigen Willensbildungsprozess beruhe. Die Schreiben der Beschwerdeführerin an die Vergabestelle vom 7., 23. und 29. März 2003 enthielten die erforderliche Rüge des behaupteten Verfahrensverstoßes nicht, das schließlich am 23. April 2003 gefertigte Rügeschreiben sei verspätet, im Übrigen auch inhaltlich unzureichend.

Die Wertung des Angebots als unauskömmlich sei rechtsfehlerfrei erfolgt. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachten seien inhaltlich unzureichend gewesen. Die Beauftragung der Sachverständigen H. und U. habe den Vorschriften entsprochen. Ein gesetzlicher Ausschlussgrund bestünde in ihrer Person nicht.

Die Beteiligte beantragt ebenfalls, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Auch sie ist der Auffassung, die Beschwerdeführerin sei mit ihrer Rüge des fehlerhaften Ausschlusses ihres Angebots wegen Unauskömmlichkeit des Preises präkludiert. Das Rügeschreiben gegenüber der Vergabestelle vom 23. April 2003 genüge den gesetzlichen Anforderungen nicht und sei im Übrigen verspätet. Eine erneute Rüge des behaupteten Verstoßes gegen Vergabevorschriften sei auch nicht entbehrlich gewesen. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergebe sich nichts anderes.

Die Beauftragung der Sachverständigen durch die Vergabestelle und die Verwertung ihres Gutachtens könne die Beschwerdeführerin nicht als vergaberechtswidrig geltend machen, da sie eine entsprechende Rüge gegenüber dem Beschwerdegegner nicht erhoben habe. Gerügt habe sie lediglich eine Befangenheit der Sachverständigen, die jedoch weder nach § 6 Nr. 3 VOL/A noch nach § 16 VgV begründet sei.

Auf Antrag der Beschwerdeführerin hat der Senat mit Beschluss vom 25. Juni 2003 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel verlängert.

IV. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag, soweit er sich gegen den Ausschluss des Angebots der Beschwerdeführerin und den beabsichtigten Zuschlag an die Beteiligte richtet, als unzulässig, im Übrigen zur geltend gemachten Voreingenommenheit der von der Vergabestelle beauftragten Sachverständigen als unbegründet behandelt.

1. Im genannten Umfang unzulässig ist der Nachprüfungsantrag schon deshalb, weil der geltend gemachte Verfahrensverstoß nicht, wie es § 107 Abs. 3 S. 1 GWB vorschreibt, vor Antragstellung unverzüglich gerügt worden ist.

a) Kenntnis von dem ihrer Auffassung nach fehlerhaften Ausschluss ihres Angebots wegen Unauskömmlichkeit des Preises und der beabsichtigten Zuschlagserteilung an die Beteiligte hatte die Beschwerdeführerin am 9. April 2003 mit Erhalt des entsprechenden Informationsschreibens der Vergabestelle vom 8. April 2003 erlangt. Erst zwei Wochen später, mit Telefaxschreiben vom 23. April 2003, hat sie diese Vergabeentscheidung gegenüber dem Beschwerdegegner gerügt. Das Erfordernis der Unverzüglichkeit ist damit nicht gewahrt.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Senatsbeschluss NZBau 2000, 445), dass angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, die Rüge grundsätzlich binnen ein- bis drei Tagen erfolgen muss (Bechtold, GWB, § 107 Rdn. 2). Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird (OLG Düsseldorf NZBau 2000, 45), kann einem Unternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert (Senat a.a.O.; vgl. dazu auch Noch BB 1999, 1081). Solche Besonderheiten liegen hier ersichtlich nicht vor. Die Frage einer Unauskömmlichkeit des Angebotspreises war bereits Gegenstand eines ersten Nachprüfungsverfahrens. Die nach Abschluss des Prozessvergleichs zur wiederholten Angebotsbewertung herangezogenen Grundlagen waren der Beschwerdeführerin bekannt. Sie selbst hatte ein Sachverständigengutachten und die Stellungnahme ihres Wirtschaftsprüfers zur Auskömmlichkeit ihres Angebots vorgelegt. Das von der Vergabestelle eingeholte Drittgutachten hatte sie zur Kenntnisnahme erhalten und zu dessen Inhalt mit Schreiben vom 23. März 2003 auch eingehend Stellung bezogen. Das Informationsschreiben der Vergabestelle vom 8. April 2003 war klar und eindeutig abgefasst. Damit ist kein Grund erkennbar, der die Beschwerdeführerin gehindert haben könnte, den ihrer Auffassung nach wiederholten Vergaberechtsfehler spätestens drei Tage nach Erhalt der Vorabinformation gegenüber der Vergabestelle zu rügen, zumal sich der Wortlaut des von ihr selbst verfassten Rügeschreibens vom 23. April 2003 auf folgende Sätze beschränkt:

"Wir rügen hiermit gemäß § 107 Abs. 3 GWB den in der Vorabinformation der Kreisverwaltung B.-P. als Vergabestelle vom 8. April 2003 beabsichtigten Zuschlag an die Firma RWE Umwelt Südwest GmbH für die Variante Wertmarkensystem bei Zulassung des 2-Schicht-Betriebes zu erteilen.

Eine ausführliche Begründung unserer Rüge wird nachgereicht".

Ein solches Schreiben bedarf schon von Umfang und Inhalt her weder eingehender Vorüberlegungen noch eines gesteigerten Formulierungsaufwands.

Die Auffassung der Beschwerdeführerin, einem Unternehmen sei zur Rügeerhebung in der Regel ein Zeitraum von zwei Wochen zuzugestehen, trifft nicht zu. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Beschluss vom 22. August 2000 - Verg 9/00 -) führt dazu in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung zutreffend aus:

Die "Zweiwochenfrist" für die Rüge von Vergabefehlern ist nur eine maximale zeitliche Obergrenze; sie ist nicht eine Frist, die der Antragsteller in jedem Fall ausschöpfen darf, um dem Gebot der Unverzüglichkeit zu genügen. Wie lange die Rügefrist im Einzelfall zu bemessen ist, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls".

Dass ein Zeitraum von zwei Wochen nur die äußerste Zeitgrenze für die Unverzüglichkeit einer Rüge bilden kann, ergibt sich im Übrigen auch aus § 13 VgV, der innerhalb einer Zweiwochenfrist ab Erhalt der Vorabinformation dem nicht berücksichtigten Bieter nicht nur die vorschriftsmäßige Rüge eines Vergabefehlers, sondern auch die Stellung eines Nachprüfungsantrags abverlangt und zwar so rechtzeitig, dass der Antrag vor Fristablauf noch zugestellt und damit der endgültige Rechtsverlust durch Zuschlagserteilung an einen Konkurrenten verhindert werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 5. Juni 2003 - 1 Verg 2/03 -).

b) Die Rüge des behaupteten Verfahrensverstoßes nach Erhalt der Vorabinformation der Vergabestelle am 9. April 2003 war auch nicht entbehrlich.

aa) Die vorangegangene Rüge der Beschwerdeführerin vom 11. November 2002, mit der sie schon einmal die Bewertung ihres Angebots als unauskömmlich beanstandet hatte, hat das Erfordernis einer zweiten Rüge nicht beseitigt. Zwar ist es nicht notwendig, ein- und denselben Fehler in einem Vergabeverfahren mehrfach zu rügen. Die Frage einer Fehleridentität bestimmt sich jedoch nicht nach dem Ergebnis des Verfahrens. Hält die Vergabestelle trotz eines gerügten Vergaberechtsverstoßes ihre getroffene Entscheidung aufrecht, ist das Fortwirken eines aufgetretenen Fehlers gleichwohl zu verneinen, wenn die Vergabestelle zuvor auf die Beanstandung des Bieters oder aufgrund eigener Fehlererkenntnis einen Abschnitt des Vergabeverfahrens unter Korrektur des fehlerhaften Teils wiederholt und - wenn auch mit gleichem Ergebnis wie zuvor - eine neue, vom ersten Vorgang unabhängige Entscheidung getroffen und diese den Bietern bekannt gegeben hat. Das ist vorliegend geschehen: Nach Abschluss des Prozessvergleichs im ersten Nachprüfungsverfahren ist die Vergabestelle aufs Neue in die Bewertung der Auskömmlichkeit des Angebots eingetreten. Sie hat dabei das ursprünglich zugrunde gelegte, von der Beschwerdeführerin und ihr übereinstimmend als fehlerhaft erkannte Sachverständigengutachten außer Betracht gelassen und die nochmalige Bewertung eigenständig auf völlig neuer Grundlage vorgenommen. Trotz des gleichen Wertungsergebnisses kann sich der zuerst beanstandete Vergaberechtsfehler nicht mehr ausgewirkt haben. Die dagegen gerichtet gewesene Rüge vom 11. November 2002 war damit überholt.

Die vollständige Wiederholung eines Verfahrensabschnitts verpflichtet nicht nur die Vergabestelle, sondern alle Verfahrensbeteiligten, die maßgeblichen Vergabevorschriften nochmals in vollem Umfang zu beachten. Das bedeutet für den Bieter, dass er für einen im zweiten Durchgang entdeckten Vergabeverstoß auch seine aus § 107 Abs. 3 S. 1 GWB folgende Obliegenheit zur unverzüglichen Rüge neu beachten muss. Das hat die Beschwerdeführerin selbst nicht anders gesehen, wie sich aus ihrem zweiten, allerdings verspäteten Rügeschreiben vom 23. April 2003 ergibt.

bb) Ihre vorangegangenen Schreiben an die Vergabestelle vom 7., 23. und 29. März 2003 scheiden als Rüge i.S.d. § 107 Abs. 3 S. 1 GWB schon deswegen aus, weil zum Zeitpunkt ihrer Abfassung der jetzt geltend gemachte Verfahrensverstoß - Ausschluss des Angebots wegen Unauskömmlichkeit und Entscheidung, den Zuschlag auf das Angebot der Beteiligten zu erteilen - noch gar nicht stattgefunden hatte. Eine "vorsorgliche Rüge" künftigen fehlerhaften Handelns des Auftraggebers sieht das Vergaberecht nicht vor. Der Gesetzeswortlaut knüpft die Rügepflicht vielmehr an einen vollzogenen und vom Rechtsschutz suchenden Bieter im Vergabeverfahren erkannten Vergabefehler an. Das entspricht Sinn und Zweck der Regelung, unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben der Einleitung unnötiger Nachprüfungsverfahren entgegenzuwirken: In einer Vorstufe zum Nachprüfungsverfahren soll zum einen dem Auftraggeber mit der Rüge Gelegenheit gegeben werden, einen Fehler zu korrigieren und damit ein zeitraubendes, kostspieliges Verfahren zu vermeiden. Zum anderen soll verhindert werden, dass der Bieter, der auf einen erkannten Fehler spekuliert, weil er sich möglicherweise zu seinen Gunsten auswirken könnte, insoweit die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einfordern darf, wenn seine Spekulation nicht aufgeht (BT-Drucksache 13/9340 S. 17; Boesen, Vergaberecht § 107 Rdn. 57).

Daran gemessen geht eine vorsorgliche Rüge, die aufschiebend bedingt eine noch gar nicht vollzogene Vergabemaßnahme beanstandet, von vornherein ins Leere. Der öffentliche Auftraggeber ist schon aufgrund der bestehenden Vorschriften zur Einhaltung der Vergaberegeln verpflichtet. Er muss dazu nicht erst durch eine vorsorgliche Rüge angehalten werden. Es ist ihm aufgrund der Gesetzesbestimmungen ebenfalls bekannt, dass ein benachteiligter Bieter einen Vergabeverstoß im Wege eines Nachprüfungsverfahrens beanstanden kann. Auch insoweit bedarf es keiner vorsorglichen Rüge im laufenden Vergabeverfahren. Die kritische, mit dem Risiko eines unnötigen Nachprüfungsverfahrens belastete Verfahrenssituation, die durch die gesetzliche Rügepflicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben entlastet werden soll, entsteht erst dann, wenn eine (vermeintlich) fehlerhafte Maßnahme stattgefunden hat. Nur in diesem Fall besteht für die Vergabestelle Anlass zur gezielten Selbstkontrolle und ggf. Selbstkorrektur und für den Bieter die Versuchung, die Auswirkungen des Fehlers zunächst abzuwarten und einen Nachprüfungsantrag erst dann zu stellen, wenn seine Spekulation auf einen günstigen Verfahrensausgang nicht aufgeht, die Gelegenheit des Auftraggebers zur zeitsparenden Selbstkorrektur jedoch verstrichen ist. Eine vorsorgliche Rüge könnte diesen situationsbezogenen Interessenausgleich zwischen Auftraggeber und Bieter nicht schaffen und wäre daher mit Sinn und Zweck der Gesetzesregelung unvereinbar. Dass spezielle Verfahrenskonstellationen eintreten können, in denen die Möglichkeit des Bieters, mit einem aufgetretenen Vergabefehler zu spekulieren, faktisch ausgeschlossen ist (vgl. dazu nachfolgend dd), ändert an dieser grundsätzlichen Bedeutung der Rügepflicht nichts.

Abgesehen davon enthalten die Schreiben vom 7., 23. und 29. März 2003 schon ihrem Wortlaut nach keine Rüge des in Rede stehenden Vergabefehlers. Zwar sind an den Inhalt einer Rüge nur geringe Anforderungen zu stellen. Weder muss sie ausdrücklich als solche bezeichnet werden, noch ist es erforderlich, mit ihr die verletzte Vergabevorschrift zu benennen. Sie muss aber den vermeintlichen Vergabeverstoß bezeichnen und die Aufforderung an die Vergabestelle enthalten, Abhilfe zu schaffen (vgl. nur Kullack in Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, § 107 GWB Rdn. 28 m.w.N.).

Mit dem bereits zitierten Schreiben vom 7. März 2003 wird ausschließlich die Befangenheit der von der Vergabestelle beauftragten Sachverständigen S. H. gerügt. Ein Ausschluss des Angebots wegen Unauskömmlichkeit des Preises wird nicht erwähnt.

Im Schreiben vom 23. März 2003 hat die Beschwerdeführerin lediglich Stellung zum Gutachten der Sachverständigen bezogen. Es hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Vielen Dank für die Übermittlung des Gutachtens, das von Frau S. H. und Herrn L. U. erarbeitet wurde.

Wir möchten nachfolgend zu einigen Aussagen des Gutachtens noch einmal Stellung nehmen. Das betrifft die Aussagen, die unmittelbar zur Interpretation der Auskömmlichkeit unseres Gutachtens führen.

Im Einzelnen sprechen wir zu folgenden Punkten:

(es folgt eine Auflistung der Punkte und die jeweiligen Ausführungen dazu).

Wir stehen Ihnen gern für weitere Gespräche zur Verfügung und verbleiben ...".

Ein konkretes Rügevorbringen ist dem ebenso wenig zu entnehmen wie dem dritten Schreiben vom 29. März 2003, das wie folgt lautet:

"Beigefügt erhalten Sie die Stellungnahme unseres Wirtschaftsprüfers zum Angebot der CED GmbH.

Ferner möchte ich Ihnen mitteilen, dass wir zurzeit mit A.-B. in Verhandlung stehen, den Betrieb in O. zu übernehmen. Wir beabsichtigen, die Übernahme bis spätestens 30.6.2003 abzuwickeln.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt können Sie sich von unserer Leistungsfähigkeit überzeugen. Eine Synergie ergibt sich weiterhin durch die Papiersammlung im Landkreis B.-W. .

Wir haben weiterhin die Ausschreibungen DSD für die Landkreise D., B.-P. , B.-W. angefordert. Außerdem beteiligen wir uns an der Hausmüllausschreibung Bad M..

Wir hoffen, dass Sie sich für uns und für den Bürger im Landkreis entscheiden".

Die Schreiben können daher schon ihrem Inhalt nach in keinem Fall als Rüge des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes gewertet werden.

cc) Ein Festhalten an der Rügeobliegenheit kann auch nicht als eine mit den Grundsätzen von Treu und Glauben unvereinbare und damit überflüssige Förmelei bezeichnet werden. Unter diesem Gesichtspunkt kann die Rügepflicht des Bieters nur ausnahmsweise entfallen. Das wäre dann anzunehmen, wenn die Vergabestelle von vornherein eindeutig zu erkennen gegeben hätte, dass sie unumstößlich an ihrer Entscheidung festhalten wird, sie also unter keinen Umständen, auch nicht auf Rüge eines der Bieter hin, gewillt ist, einen vorliegenden Verfahrensverstoß abzustellen (SaarlOLG VergabeR 2002, 493, 496; OLG Stuttgart NZBau 2001, 462, 463 m.w.N.).

Ein solches Verhalten der Vergabestelle ist hier nicht zu erkennen. Sie hat sich im ersten Nachprüfungsverfahren im Wege des Prozessvergleichs bereit erklärt, die Prüfung der Auskömmlichkeit des Angebotspreises vollständig zu wiederholen. Demgemäß hat sie das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Gutachten zur Kenntnis genommen, ihrerseits Drittgutachter beauftragt und deren Gutachten der Beschwerdeführerin zur Stellungnahme zugeleitet. Eine unabänderliche Festlegung folgt auch nicht aus dem Inhalt ihres an die Beschwerdeführerin gerichteten Vorabinformationsschreibens vom 8. April 2003 (vgl. dazu aber SaarlOLG a.a.O.). Mit der Mitteilung, dass sie eine Entscheidung zum Nachteil der Beschwerdeführerin getroffen habe und der erklärten Absicht, den Zuschlag der Beteiligten zu erteilen, stellt sie den Angebotsausschluss nicht als unumstößliche Tatsache fest. Sie hat ihre Vergabeentscheidung ausführlich begründet und sich eingehend mit den zuvor vorgebrachten Argumenten der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt. Vor diesem Hintergrund hat kein Grund zu der Annahme bestanden, sie habe sich endgültig festgelegt in dem Sinne, dass sie sich nunmehr jeglichem, auch substantiiertem, Rügevorbringen von vornherein verschließen werde. Allein die Tatsache, dass sie in dem Vorabinformationsschreiben, wie es der Natur einer solchen Mitteilung entspricht, eine abschließende Meinung geäußert hat, rechtfertigt diesen Schluss nicht. Jede Entscheidung, sei sie auch von fester Überzeugung getragen, ist mit sachlichen Argumenten angreifbar und lässt grundsätzlich über gezielte Hinweise auch einen Weg zu besserer Erkenntnis zu.

Auch wenn das Saarländische Oberlandesgericht (a.a.O.) anders entschieden und eine Rüge des Bieters nach Vorabinformation über den Ausschluss seines Angebots als entbehrlich angesehen hat, besteht keine Veranlassung, die Sache gemäß § 124 Abs. 2 S. 1 GWB dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Die Beantwortung der Frage, ob die Rügepflicht eine mit den Geboten von Treu und Glauben unvereinbare Förmelei darstellt, hängt nicht von der Anwendung eines allgemein gültigen Rechtssatzes, sondern von einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls ab. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass das Saarländische Oberlandesgericht eine Entscheidung für jeden Fall eines dem Bieter nach § 13 VgV vorab mitgeteilten Angebotsausschlusses ohne Ansehung der konkreten Sachlage treffen wollte. Eine Entscheidungsdivergenz ergibt sich deshalb nicht (vgl. BGH NStZ 2000, 222).

Mit einer Ex-post-Betrachtung aus Sicht des Nachprüfungsverfahrens lässt sich eine von Anfang an unumstößlich festgelegte Einstellung der Vergabestelle nicht begründen. Auch wenn sie mit ihrem Vorbringen als Antrags- und Beschwerdegegner ihre Vergabeentscheidung verteidigt, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, eine rechtzeitige Rüge hätte ohnehin keinen Erfolg gehabt (KG, Beschluss vom 11. Juli 2000 - Vergabe 7/00 -).

dd) Anders als ein von Anfang an nicht vorhandener Abhilfewillen der Vergabestelle ist der hier spätestens nach Erhalt des Vorabinformationsschreibens vom 8. April 2003 eingetretene Wegfall jeglicher Erfolg versprechenden Spekulationsmöglichkeit des Bieters kein Grund, unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben oder durch eine Auslegung der Rügevorschrift nach ihrem Sinn und Zweck den Bieter von seiner Pflicht zur unverzüglichen Rüge zu entbinden (anders SaarlOLG VergabeR 2002, 493,495 und Beschluss vom 8. Juli 2003 -5 Verg 5/02-).

Je geringer seine Aussichten auf einen trotz aufgetretener Vergabefehler günstigen Ausgang des Vergabeverfahrens sind, desto weniger liegt es in seinem Interesse, den Verstoß nicht zu rügen und zunächst den weiteren Verfahrensverlauf abzuwarten. Vielmehr besteht gerade dann, wenn eine Vergabemaßnahme oder -entscheidung sich vorhersehbar nur zu seinem Nachteil auswirken kann, für ihn Anlass, schon von sich aus bei der Vergabestelle schnellstmöglich auf Abhilfe hinzuwirken, um das Verfahren zum Positiven zu wenden und so seine Zuschlagschancen zu wahren. Rügeobliegenheit und objektives Bieterinteresse laufen daher in einem solchen Fall konform, so dass von einer sinnlosen oder unzumutbaren und damit nach Treu und Glauben korrekturbedürftigen Handlungspflicht nicht gesprochen werden kann.

Auch Sinn und Zweck der Rügevorschrift gebieten bei dieser Fallkonstellation keine von ihrem Wortlaut abweichende Auslegung. Die ratio legis besteht nicht allein darin, das Vergabeverfahren von Spekulationen der Bieter mit aufgetretenen Vergabeverstößen freizuhalten. Ziel der Bestimmung ist vielmehr, wie bereits dargestellt, auch, der Vergabestelle eine möglichst frühzeitige Selbstkontrolle und -korrektur und auf diese Weise die Vermeidung zeitraubender Nachprüfungsverfahren zu ermöglichen. Dabei bedingt der eine Gesetzeszweck nicht den anderen. Das Bestehen von Spekulationsmöglichkeiten ist nicht der alleinige Grund für das mit der Rügepflicht verfolgte Beschleunigungsziel. Das ergibt sich schon aus § 107 Abs.3 S.2 GWB, in dem unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht zur rechtzeitigen Rüge auch in Bezug auf lediglich erkennbare Verstöße gegen Vergabevorschriften normiert wird. Solche fahrlässig unerkannt gebliebenen Fehler scheiden als Spekulationsgrundlage von vornherein aus. Erstreckt der Gesetzgeber gleichwohl die Rügeobliegenheit des Bieters auch darauf, verdeutlicht er damit, dass die Verhinderung von Spekulationen nicht der entscheidende, auch nicht vordringliche (SaarlOLG a.a.O.) Gesetzeszweck sein kann. Der sachliche Zusammenhang zwischen den Gesetzeszielen kann vielmehr darin gesehen werden, dass Beschleunigung durch möglichst frühzeitige Abhilfemöglichkeit auch dann gewährleistet sein soll, wenn der Bieter nicht aus unlauteren Motiven mit einem erkannten Vergabeverstoß spekuliert, sondern es im Einzelfall berechtigterweise für sinnvoll erachten darf, trotz Erkennens eines Vergabeverstoßes zunächst stillschweigend die weitere Entwicklung des Vergabeverfahrens abzuwarten, bevor er seine Entscheidung über die Stellung eines Nachprüfungsantrags trifft. Für diesen Fall stellt die unterschiedslos geltende Pflicht zur unverzüglichen Rüge klar, dass auch ein berechtigtes, dem Beschleunigungsziel jedoch gegenläufiges Eigeninteresse des Bieters an einem Abwarten der Fehlerauswirkungen zurückstehen muss. Auch wenn im Einzelfall Spekulationsmöglichkeiten für den vom Verfahrensverstoß betroffenen Bieter ausgeschlossen sind, bleibt daher der Gesetzeszweck, zur Vermeidung unnötiger Nachprüfungsverfahren durch eine unverzügliche Rüge der Vergabestelle eine frühzeitige Abhilfegelegenheit zu verschaffen, unverändert bestehen, so dass für eine reduzierende Auslegung der Rügevorschrift kein Raum ist.

Obwohl der Senat hier eine andere Rechtsauffassung als das Saarländische Oberlandesgericht vertritt, bedarf es auch in diesem Punkt keiner Vorlage an den Bundesgerichtshof. Da beide Rechtsansichten zum gleichen Ergebnis führen, liegt ein Abweichungsfall i.S.d. § 124 Abs. 2 S. 1 GWB nicht vor (BGH NJW 1977, 1014). Denn auch nach Auffassung des Saarländischen Oberlandesgerichts (a.a.O.) führt dessen teleologische Reduktion der Rügevorschrift bei fehlender Spekulationsmöglichkeit des Bieters nicht zum völligen Wegfall der Rügepflicht. Gerechtfertigt sei lediglich das Absehen von einer ausdrücklichen Rüge gegenüber der Vergabestelle, sofern der Bieter in der Frist des § 107 Abs. 3 GWB unmittelbar das Nachprüfungsverfahren einleitet (SaarlOLG a.a.O.). Als unverzüglich i.S.d. § 107 Abs. 3 S. 1 GWB gelte der Nachprüfungsantrag dann, wenn er nicht später als zwei Wochen nach Erhalt der Vorabinformation bei der Vergabekammer eingehe und - wie sich aus der jüngsten der zitierten Entscheidungen des Saarländischen Oberlandesgerichts (Beschluss vom 8. Juli 2003 - 5 Verg 5/02 - S. 10, 2. Abs. a.E.) ergibt - darüber hinaus die Antragsschrift der Gegenseite noch innerhalb dieser Zweiwochenfrist zugestellt worden sei. Beides ist hier nicht der Fall. Zwar hat die Beschwerdeführerin nach Erhalt der Vorabinformation (9. April 2003) am 23. April 2003, mithin gerade noch innerhalb von zwei Wochen, Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer gestellt. Dieser kann jedoch schon deswegen kein Ersatz für eine ausdrückliche Rüge sein, weil er entgegen § 108 Abs. 2 GWB eine Beanstandung von Vergabefehlern nicht enthält. Er beschränkt sich auf folgenden Inhalt:

"Wir beantragen die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß § 107 ff GWB und stellen folgenden Antrag: Dem Antragsgegner wird untersagt, den Auftrag "Einsammlung und Transport der Abfälle zur Beseitigung im Landkreis B.-P. ab dem 1.6.2005" an die RWE Umwelt Südwest GmbH zu vergeben. Ein gesonderter Schriftsatz wird nachgereicht".

Mit konkreten Rügen näher begründet wurde der Antrag erst mit Schriftsatz der inzwischen eingeschalteten Verfahrensbevollmächtigten vom 28. April 2003 und damit erst nach Ablauf der Zweiwochenfrist. Die Zustellung des vollständigen Antrags erfolgte einen Tag später am 29. April 2003. Bei dieser Sachlage würde auch die Rechtsansicht des Saarländischen Oberlandesgerichts nicht zur Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags führen.

ee) Der Prozessvergleich vom 17. Dezember 2002 kann eine Ausnahme von der Rügeobliegenheit ebenfalls nicht begründen. Ein vertraglicher Verzicht auf diese Verpflichtung ist den Vereinbarungen nicht zu entnehmen. Dabei kann die Frage dahinstehen, ob die Regelung des § 107 Abs. 3 S. 1 GWB überhaupt zur Disposition der Verfahrensbeteiligten steht.

Aus dem Inhalt des Vergleichs geht eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung nicht hervor. Mit der Klausel, dass die Vergabestelle die Beschwerdeführerin und die Beteiligte über das Ergebnis ihrer erneuten Bewertung des Angebots informieren und den Zuschlag frühestens 14 Tage nach Zugang der Mitteilung erteilen wird, haben die Parteien - deklaratorisch - die entsprechende Informationspflicht aus § 13 VgV in ihre Vereinbarungen aufgenommen. Die fehlende Erwähnung der Rügeobliegenheit lässt nicht darauf schließen, dass sie im Verhältnis zur Vergabestelle nicht gelten soll. Die Rügepflicht ergibt sich aus dem Gesetz. Sie muss, um Geltung zu erlangen, nicht erst vertraglich vereinbart werden. Auch § 13 VgV, der wie die Vergleichsvereinbarung nur die Informationspflicht des Auftraggebers regelt, lässt die Rügepflicht des Bieters unberührt.

c) Nach alledem ist die Beschwerdeführerin mit der Beanstandung ihres Angebotsausschlusses wegen Unauskömmlichkeit des Preises im Nachprüfungsverfahren gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 GWB präkludiert.

Die gesetzliche Verpflichtung zur unverzüglichen Rüge eines im Vergabeverfahren erkannten Fehlers und die sich aus der Nichtbeachtung dieser Obliegenheit ergebende Präklusionsfolge im Nachprüfungsverfahren ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin mit dem übergeordneten europäischen Gemeinschaftsrecht, speziell der Richtlinie 89/665 EWG des Rats vom 21.12.89 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge, vereinbar. Zwar werden die Mitgliedstaaten in Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie verpflichtet sicherzustellen, dass Entscheidungen der Vergabebehörden wirksam und möglichst rasch auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können. Der für die Entscheidung über Fragen der Vereinbarkeit nationaler Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht zuständige Europäische Gerichtshof hat jedoch bereits in zwei Entscheidungen klargestellt, dass die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen als Anwendungsfall des Prinzips der Rechtssicherheit grundsätzlich dem sich aus der Richtlinie ergebenden Effektivitätsgebot genügt und auch für den Fall der Fristversäumung vorgesehene Sanktionen wie die Präklusion mit den Zielen der Richtlinie und dem Grundsatz der Rechtssicherheit in Einklang stehen (EuGH Rs.C-470/99 NZBau 2003, 162, 166 Rdn. 75 - 78; Rs.C-327/00 NZBau 2003, 284, 286 Rdn. 50 - 52).

Damit steht auch die grundsätzliche Vereinbarkeit der hier zur Anwendung kommenden Vergabevorschrift des § 107 Abs. 3 S. 1 GWB mit dem Gemeinschaftsvergaberecht fest, zumal sie abweichend von den entschiedenen Fällen den Rechtsschutz suchenden Bieter nicht zur Beachtung bindend vorgegebener Ausschlussfristen zwingt, sondern die Zulässigkeit der Nachprüfung eines Vergaberechtsverstoßes lediglich von einer zuvor ohne schuldhaftes Zögern erhobenen Rüge der erkannten Rechtsverletzung und damit einer an den Umständen des Einzelfalls ausgerichteten Handlungspflicht des Bieters abhängig macht.

Nur für einen speziellen Ausnahmefall, in dem der öffentliche Auftraggeber durch sein Verhalten dem Bieter die Wahrnehmung der vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeit unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert hat, hat der Europäische Gerichtshof eine Verpflichtung der nationalen Gerichte erkannt, die auf der Verletzung von Gemeinschaftsrecht beruhenden, zur Stützung eines Rechtsbehelfs geltend gemachten Rügen zuzulassen, indem sie ggf. von einer nach nationalem Recht bestehenden Möglichkeit Gebrauch machen, die nationalen, zum Ausschluss der Rügen führenden Präklusionsvorschriften außer Anwendung zu lassen (EuGH Rs.C-327/00 a.a.O.). Ein vergleichbarer Fall ist hier nicht gegeben. Dass die Vergabestelle der Beschwerdeführerin das Anbringen einer Rüge gegen die vorgenommene Angebotsbewertung in irgendeiner Weise erschwert hätte, ist unter keinem Gesichtspunkt ersichtlich. Nach Erhalt der Vorabinformation der Vergabestelle war die Beschwerdeführerin durch nichts gehindert, ihre Rüge vorschriftsgemäß vorzubringen und bei Nichtabhilfe Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer zu stellen. Das eingetretene Versäumnis liegt ausschließlich in der Verantwortung der Beschwerdeführerin selbst.

2. a) Damit ist als Gegenstand der Begründetheitsprüfung im Nachprüfungsverfahren lediglich die Berechtigung des von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwands verblieben, die durch die Vergabestelle beauftragten Sachverständigen seien bei Erstattung ihres Gutachtens voreingenommen gewesen. Diesen Vergabeverstoß, der ggf. eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Diskriminierungsverbots (§ 97 Abs. 2 GWB) beinhalten würde, hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 7. März 2003 gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 GWB rechtzeitig gegenüber der Vergabestelle gerügt.

Die Rüge des Ausschlusses ihres Angebots wegen Unauskömmlichkeit des Preises bleibt dagegen unberücksichtigt. Sie ist gemäß den Ausführungen zu 1. präkludiert und darf damit auch von Amts wegen weder unmittelbar noch mittelbar wieder aufgegriffen werden (Senat, Beschluss vom 15. Mai 2003 - 1 Verg 3/03 - m.w.N.). Daher ist nicht nur der gerügte Ausschluss des Angebots als solcher, sondern auch der zur Annahme der Unauskömmlichkeit als Ausschlussgrund führende Wertungsvorgang von der Überprüfung ausgeschlossen. Mit ihrem - im Vorfeld auch nicht zum Gegenstand einer Rüge gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 GWB erhobenen - Vorbringen, mit der sie die Hinzuziehung von Drittgutachtern durch die Vergabestelle im Wertungsverfahren als unzulässig, die Auswahl und Bestellung der Sachverständigen als vorschriftswidrig sowie die Nichtberücksichtigung der von ihr vorgelegten Gutachten zur Auskömmlichkeit des Angebots als fehlerhaft beanstandet, kann die Beschwerdeführerin mithin nicht mehr gehört werden.

b) Die Rüge der Voreingenommenheit der hinzugezogenen Sachverständigen H. und U. greift nicht durch.

aa) Die Sachverständigen sind keine kraft ausdrücklicher Bestimmung ausgeschlossenen Personen. Die auf eine Voreingenommenheit von Sachverständigen abstellenden Ausschlussgründe gemäß § 6 Nr. 3 S. 1 VOL/A Abschnitt 2 sind nicht erfüllt. Die genannten Sachverständigen sind weder Inhaber noch Leiter eines Unternehmens, das sich um den zu vergebenden Auftrag beworben hat und damit nicht unmittelbar am Vergabeverfahren beteiligt.

Ebenso wenig ist eine mittelbare Beteiligung zu erkennen. Eine derartige Verbindung zum laufenden Vergabeverfahren liegt dann vor, wenn der Sachverständige so positioniert ist, dass er die mit der Vergabe zusammenhängenden Fragen nicht frei von subjektiven Einflüssen betrachten wird, etwa weil er zugleich Mitarbeiter oder Berater eines sich um den Auftrag bewerbenden Unternehmens ist, zwischen einem solchen Unternehmen und ihm gesellschaftsrechtliche Verknüpfungen bestehen oder der Sachverständige ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Gestaltung des Verfahrens hat (Müller-Wrede, VOL/A, § 6 Rdn. 15). Solche oder andere vergleichbare Verbindungen der Sachverständigen zu Bewerbern im vorliegenden Verfahren oder Anhaltspunkte für das Bestehen eines wirtschaftlichen Eigeninteresses am Ablauf oder Ausgang des Verfahrens sind weder den Vergabeunterlagen zu entnehmen noch wird derartiges von der Beschwerdeführerin selbst behauptet.

Mangels eines objektiv fassbaren Näheverhältnisses der Sachverständigen (oder ihrer Angehörigen) zu Bewerbern oder Bietern im laufenden Vergabeverfahren scheiden ebenso die Gründe des § 16 Abs. 1 Nr. 1. - 3. und Abs. 2 VgV aus, so dass die Sachverständigen auch als "Beauftragte oder Mitarbeiter eines Beauftragten des Auftraggebers" von der Mitwirkung am Wertungsvorgang nicht ausgeschlossen waren.

bb) Die Prüfung der Voreingenommenheit ist mit Verneinung der normierten Ausschlussgründe jedoch noch nicht beendet. Das allen rechtsstaatlichen Verfahren eigene Objektivitäts- und Unbefangenheitsprinzip, nach dem auf Seiten der öffentlichen Verwaltung und Gerichte nur solche Personen tätig werden dürfen, bei denen keine Umstände vorliegen, die objektiv geeignet sind, Misstrauen gegen ein neutrales, unparteiisches Verhalten zu begründen (Bonk/Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 20 Rdn. 1), erfordert es, darüber hinaus auch eine einzelfallbezogene Besorgnis der Befangenheit im Blick zu behalten. Zwar fehlt im Vergaberecht dazu im Gegensatz zu anderen Verfahrensordnungen (vgl. z.B. §§ 20, 21 VwVfG, § 35 GO Rheinland-Pfalz, §§ 22-24, 74 StPO, §§ 41, 42, 406 ZPO) eine ausdrückliche Regelung. Die Pflicht zur umfassenden Beachtung des Objektivitäts- und Unbefangenheitsprinzips ergibt sich jedoch bereits aus dem in § 97 Abs. 2 GWB statuierten Gleichbehandlungsgrundsatz und Diskriminierungsverbot. Auch der öffentliche Auftraggeber muss daher darauf achten, dass für ihn oder in seinem Auftrag keine Personen an der Entscheidungsfindung beteiligt werden, bei denen Anlass zur Besorgnis besteht, der Auftragsvergabe nicht unparteiisch gegenüber zu stehen.

Begründet ist die Besorgnis einer solchen Befangenheit aber nur, wenn dafür eine konkrete Tatschengrundlage vorliegt, die nach objektiven und vernünftigen Erwägungen geeignet ist, Zweifel an einer unparteiischen Tätigkeit zu wecken (vgl. Bonk/Schmitz a.a.O. § 21 Rdn. 10).

Ein solcher Grund ist vorliegend nicht erkennbar. Die bloße Tatsache, dass die Sachverständigen Mitarbeiter der Geschäftsleitung eines Unternehmens gewesen sind, das während der Zeit ihres Beschäftigungsverhältnisses als Konkurrent der Beschwerdeführerin an der Ausschreibung eines anderen öffentlichen Auftrags beteiligt und ihr unterlegen war, weckt keine objektiv fassbaren Zweifel an einer unparteiischen Gutachtenerstattung. Wettbewerb der Unternehmen im öffentlichen Auftragswesen ist ein gewöhnlicher Vorgang. Es liegt bei vernünftiger Betrachtung schon fern, dass Mitarbeiter beteiligter Unternehmen durch einen Fall erfolgloser Teilnahme an einer anderen Ausschreibung so stark berührt werden, dass sie persönliche Rachegedanken und Schädigungsneigungen gegenüber dem damals erfolgreichen Mitbewerber entwickeln. Um so weniger ist eine solche Annahme objektiv gerechtfertigt, wenn zum Zeitpunkt des Tätigwerdens das Beschäftigungsverhältnis und damit eine Beteiligung an den geschäftlichen Interessen des früheren Konkurrenten nicht mehr bestanden hat.

Davon abgesehen ist das Argument eines früheren Beschäftigungsverhältnisses mehrdeutig. Mit gleicher Berechtigung ließe sich aus der Trennung der tätig gewordenen Sachverständigen vom früheren Arbeitgeber ein Hinweis darauf gewinnen, dass im Beschäftigungsverhältnis Zerwürfnisse entstanden sind, die eine negative Einstellung gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber und in diesem Fall gerade nicht gegenüber einem seiner früheren Konkurrenten begründen könnten.

Die gegen die Unvoreingenommenheit der Sachverständigen vorgebrachten Einwände der Beschwerdeführerin sind damit lediglich unsubstantiierte Vermutungen, die zur Begründung einer Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich nicht geeignet sind (vgl. Bonk/Schmitz a.a.O.).

Die sofortige Beschwerde bleibt daher insgesamt ohne Erfolg. Sie ist mit der sich aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 91 ff ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

V. Der nach der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2003 zu den Akten gereichte Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 15. September 2003 gibt zu einer Wiedereröffnung der Verhandlung keinen Anlass. Darin wird Bezug genommen auf ein gegen Entsorgungsunternehmen wegen des Verdachts wettbewerbsbeschränkender Absprachen bzw. abgestimmter Verhaltensweisen bei der Ausschreibung der Leistungsverträge "der grüne Punkt" - Duales System Deutschland AG (DSD) geführtes Bußgeldverfahren. Beigefügt ist ein Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 18. August 2003, mit dem Durchsuchungsmaßnahmen bei 120 Unternehmen, u.a. der Beteiligten, aber auch der Beschwerdeführerin selbst, angeordnet werden.

1. Konkrete Rügen von Verfahrensfehlern im vorliegenden Verfahren lassen sich daraus nicht ableiten. Die Beschwerdeführerin sieht im Zentrum des Ermittlungsverfahrens die Beteiligte, die gemeinsam mit der Firma Sita, bei der die Gutachterin H. früher Vorstandssprecherin war, gemeinsam Druck auf mittelständische Unternehmen ausgeübt haben soll, um diese von der Abgabe eigener Angebote abzuhalten. Dies, so die Beschwerdeführerin, "mag verdeutlichen, warum die Antragstellerin nach wie vor ganz erhebliche Zweifel an der Objektivität der von der Antragsgegnerin beauftragten Gutachter hat". Die Wortwahl verdeutlicht, dass damit nur ergänzende Hintergrundsinformationen zur Bestätigung des bisherigen Beschwerdevorbringens an den Senat und die übrigen Verfahrensbeteiligten herangetragen, jedoch kein neuer Ablehnungsgrund gegen die Bestellung der Sachverständigen geltend gemacht werden soll.

Des Weiteren verweist die Beschwerdeführerin darauf, dass ausweislich der Begründung des amtsgerichtlichen Durchsuchungsbeschlusses (S. 20) die Beteiligte auch auf einen Mitgesellschafter der Beschwerdeführerin Einfluss genommen haben soll, im vorliegenden Vergabeverfahren kein Angebot abzugeben. Diesem Ansinnen habe die Beschwerdeführerin jedoch nicht entsprochen. Ein konkretes Rügevorbringen folgt daraus ebenfalls nicht. Dagegen spricht auch hier zunächst die Formulierung des Vorbringens, das einleitend mit den Worten beginnt: "Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass ...".

Im Übrigen fehlt dem nachgereichten Vortrag der Beschwerdeführerin außer der Bezugnahme auf die sich aus dem Durchsuchungsbeschluss ergebenden Verdachtsmomente jeglicher Sachvortrag. Wollte sie weitere Rügen vorbringen, hätte es ihrer Verfahrensförderungspflicht oblegen, dazu konkrete Tatsachen und Beweismittel anzugeben (§ 117 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 GWB).

2. Darüber hinaus gibt die Beschwerdeführerin keinen Grund an, weshalb sie die angeblichen wettbewerbsverzerrenden Machenschaften der Beteiligten nicht schon zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat. Es ist nicht anzunehmen, dass ihr diese erst danach zur Kenntnis gelangt sein könnten. Die versuchte Einflussnahme der Beteiligten auf den Mitgesellschafter der Beschwerdeführerin müsste ggf. schon vor Angebotsabgabe stattgefunden haben, so dass sie nicht gehindert gewesen sein kann, diese Störung des Wettbewerbs frühzeitig sogar schon im ersten Nachprüfungsverfahren, spätestens aber im Beschwerdeverfahren vor Schluss der mündlichen Verhandlung geltend zu machen. Beschwerdevorbringen, das entgegen der Verfahrensförderungspflicht der Beteiligten (vgl. § 113 Abs. 2 S. 1 GWB) erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht wird, kann eine Wiedereröffnung der Verhandlung nicht rechtfertigen.

VI. Der Wert des Beschwerdegegenstands ist gem. § 12a Abs. 1 GKG auf 5% der Gesamtsumme des Angebots der Beschwerdeführerin festzusetzen (1.058.675,68 € x 8 x 5%).