OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2017 - 11 U 73/16
Fundstelle
openJur 2018, 6838
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 O 405/15
Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 22. April 2016 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern der Beklagte vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Kläger verlangen von dem beklagten früheren Notar Schadensersatz aufgrund der Beurkundung eines Kaufangebots hinsichtlich der im Klageantrag näher bezeichneten Eigentumswohnung in A durch seinen amtlich bestellten Vertreter L am 15.07.2005. Sie stützen ihren Anspruch darauf, dass die Beurkundung erfolgt sei, obwohl ihnen der Entwurf des Kaufangebotes nicht zwei Wochen vor der Beurkundung zur Verfügung gestanden habe.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird gemäß § 540 ZPO auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat nach uneidlicher Vernehmung des Zeugen L die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass bereits eine Amtspflichtverletzung durch den Notarvertreter nicht festgestellt werden könne, obwohl den Klägern unstreitig der Vertragsentwurf nicht zwei Wochen vor der Beurkundung zur Verfügung gestellt worden sei. Hierfür habe jedoch ein sachlicher Grund bestanden, weil sich die Beteiligten vor der Beurkundung hinreichend mit dem Vertragsgegenstand beschäftigt hätten. Der Übereilungsschutz sei anderweitig gewahrt gewesen, da die Kläger nach Belehrung durch den Notarvertreter L erklärt hätten, eine Beratung durch Angehörige steuerberatender Berufe in Anspruch genommen zu haben. Darüber hinaus sei die Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Frist aber auch nicht kausal für den geltend gemachten Schaden geworden. Die Kläger hätten bereits nicht plausibel dargelegt, dass sie bei Verlegung des Beurkundungstermins das Kaufangebot nicht in gleicher Form abgegeben hätten. Seit der Kontaktaufnahme durch die vermittelnde Firma W GmbH im März 2005 hätten sie sich über mehrere Monate nicht durch Fachleute beraten lassen und auch das Kaufobjekt nicht besichtigt, sondern allenfalls mit Bekannten über das Geschäft gesprochen, weil sie ersichtlich auf die Angaben der Vermittlerin vertraut hätten. Auch nach dem Abschluss des Kaufvertrages hätten sie sechs Wochen später ohne Inanspruchnahme einer Beratung den Darlehensvertrag abgeschlossen und das Geschäft vier Jahre durchgeführt, bis ihnen erstmals aufgefallen sei, dass sich das Geschäft nicht rechne. Darüber hinaus hätten die Kläger nicht ausgeräumt, dass für sie eine anderweitige Ersatzmöglichkeit in Form von Schadensersatzansprüchen gegen die persönlich haftende Gesellschafterin der Verkäuferin Q AG und gegen die Firma W GmbH zustünden. Schließlich habe der Notarvertreter auch nicht pflichtwidrig eine zu lange Annahmefrist für die Verkäuferin beurkundet, weil nicht hinreichend vorgetragen worden sei, dass es sich hierbei um eine allgemeine Geschäftsbedingung handele. Ohnehin sei die Frist von zwei Monaten wegen der ungesicherten Finanzierung des Erwerbs durch die Kläger nicht unangemessen lang gewesen und wäre der Vertrag auch bei Vereinbarung einer kürzeren Annahmefrist zustande gekommen.

Mit der Berufung treten die Kläger der Auffassung des Landgerichts entgegen, dass Umstände vorgelegen hätten, die eine Abweichung von der zweiwöchigen Regelfrist für die Entwurfsvorlage zugelassen hätten. Sie hätten glaubhaft bei ihrer Anhörung durch das Landgericht geäußert, keine Beratung in steuerlichen oder wirtschaftlichen Fragen erhalten zu haben. Der Hinweis in dem Kaufvertragsangebot auf die Inanspruchnahme einer entsprechenden Beratung sei unklar, weil sie von einer Beratung durch die Vermittlerin ausgegangen seien. Eine Nachfrage, ob die Wohnung von ihnen, so wie bekundet, besichtigt worden sei, sei nicht erfolgt. Die entsprechende Passage hätten sie beim Verlesen der Urkunde vermutlich überhört. Hinsichtlich der Kausalität sei der Beklagte beweisbelastet und habe keine Umstände vorgetragen, die dafür sprächen, dass sie auch bei Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist den Vertrag abgeschlossen hätten. Eine zumutbare anderweitige Ersatzmöglichkeit bestehe für sie nicht. Hinsichtlich eines Vorgehens gegen die Verkäuferin entspreche es bereits der Lebenserfahrung, dass dies wirtschaftlich keine Erfolgsaussicht besitze. Die Bilanz der Q AG habe in den Jahren 2011 bis 2014 ungedeckte Fehlbeträge in Millionenhöhe ausgewiesen, weshalb auch ein Vorgehen gegen diese nicht aussichtsreich sei. Im Rechtsstreit gegen die Darlehensgeberin seien sie - die Kläger - unterlegen gewesen. Ohnehin hätten sie sich erst im Jahre 2011 aufgrund von Pressehinweisen vergegenwärtigt, dass ihnen Schadensersatzansprüche zustehen könnten. Auch ein Anspruch gegen die Vermittlerin sei letztlich nicht durchsetzbar. In mehreren ähnlich gelagerten Fällen hätten die Prozessbevollmächtigten der Kläger erfolglos versucht, gegenüber solchen Vermittlern den Beweis fehlerhafter Anlageberatungen und arglistiger Täuschung zu führen.

Die Kläger beantragen,

das am 22. April 2016 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn abzuändern und

1.

den Beklagten zu verurteilen, an sie 97.792,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von monatlich jeweils 182,00 Euro seit dem 1. Oktober 2005 bis zum Letzten des jeweiligen Folgemonats, einschließlich des 31.10.2015 sowie aus dem Gesamtbetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen und zwar Zug um Zug gegen Abgabe folgender notarieller Erklärung:

"Wir sind Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg, Grundbuch von B, eingetragenen Miteigentumsanteil von 47/10.000 an der im Grundbuch eingetragenen Wohnanlage Gebäude- und Freifläche I-Straße 69, 70, 71, K-Straße 2 bis 2 E, 4 bis 4 C, 6 bis 6 D, 8 bis 8 C, Flurstück 136/44 der Flur X, eingetragen in Blatt xxxxx, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 54 bezeichneten Wohnung und dem Kellerraum K54.

Wir verpflichten uns hiermit, das vorgenannte Wohnungseigentum auf Herrn F, H-Straße, Z, zu übertragen.

Wir erteilten hiermit Herrn F die unwiderrufliche Vollmacht, in unserem Namen und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB die Auffassung zu erklären.

Wir bewilligen die Eintragung des Herrn F als Eigentümer im Grundbuch.

Wir verpflichten uns hiermit, sämtliche weiteren Willenserklärungen abzugeben, die notwendig sind, um Herrn F das Eigentum an der vorgenannten Eigentumswohnung zu verschaffen.",

2.

festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übereignung des in Ziffer 1 genannten Wohnungseigentums in Verzug befindet,

3.

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihnen sämtliche künftig noch entstehenden Schäden zu ersetzen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Rückabwicklung der in Ziffer 1 genannten Immobilie stehen,

4.

den Beklagten weiter zu verurteilen, an sie zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten 2.723,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen.

Der Senat hat die Kläger angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 29.03.2017, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung bleibt erfolglos.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Den Klägern steht aufgrund der Beurkundung des Kaufvertragsangebotes am 15.07.2005 kein Schadensersatzanspruch gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO als einziger in Betracht kommender Anspruchsgrundlage zu.

1.

Zwar steht außer Frage, dass der Beklagte für eine Pflichtverletzung seines amtlich bestellten Vertreters L gemäß § 46 Satz 1, 39 Abs. 4 BNotO gesamtschuldnerisch mit diesem haften muss.

2.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat der Notarvertreter auch die von ihm einzuhaltenden notariellen Verpflichtungen verletzt.

Insofern war Gegenstand des Berufungsverfahrens nur noch ein Verstoß des Notarvertreters gegen die Bestimmung des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG. Soweit die Kläger erstinstanzlich ihr Klagebegehren auch darauf gestützt hatten, dass die beurkundete Annahmefrist für die Verkäuferin der Eigentumswohnung mit zwei Monaten zu lang bemessen sei, sind von der Berufung keine Einwände gegen die Ausführungen des Landgerichts erhoben worden.

Im vorliegenden Fall hätte die Beurkundung des Kaufangebotes am 15.07.2005 nicht durchgeführt werden dürfen, weil den Klägern, wie im Kaufangebot ausdrücklich ausgeführt worden ist, der Entwurf der notariellen Urkunde entgegen der Bestimmung in § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG nicht zwei Wochen vor der Beurkundung zur Verfügung gestellt worden war. Die von dem Notarvertreter vorgenommene Abweichung von dieser Regelfrist war nicht gerechtfertigt. Sie wäre nur in Betracht gekommen, wenn im Einzelfall nachvollziehbare Gründe auch unter Berücksichtigung des Schutzinteresses des Verbrauchers es rechtfertigten, die dem Verbraucher zugedachte Schutzfrist zu verkürzen. Voraussetzung ist somit das Vorliegen eines sachlichen Grundes. Darüber hinaus muss der vom Gesetz bezweckte Übereilungs- und Überlegungsschutz auf andere Weise als durch die Einhaltung der Regelfrist gewährleistet sein (vgl. BGHZ 196, S. 166).

Derartige Gründe waren vorliegend nicht vorhanden. Der Notarvertreter hat vielmehr außer Acht gelassen, dass sich jemand, der sich überhastet zu einem Grundstückskaufvertrag überreden und unmittelbar die Beurkundung bei einem Notar durchführen lässt, ohne sich hinreichend mit dem Gegenstand des Vertrages vertraut gemacht zu haben, auch dazu drängen lassen wird, auf die Einhaltung der Fristen aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG zu verzichten. Vorliegend fehlt es an jeder näheren Auseinandersetzung der Kläger mit dem zu beurkundenden Kaufangebot. Die Kläger hatten die Wohnung nicht besichtigt und ihre Finanzierung war, zumal ein Darlehensvertrag noch nicht geschlossen worden war, nicht geklärt. Der Zeuge L vermochte bei seiner Vernehmung durch das Landgericht auch nicht anzugeben, welchen Grund die Kläger gehabt haben könnten, den Kaufvertrag sofort beurkunden zu lassen und hiermit nicht noch weitere zwei Wochen zu warten. Allein der Umstand, dass in dem Vertragsangebot unter den Ziffern 4 und 5 als Erklärungen der Kläger aufgenommen wurde, dass sie eine steuerliche und wirtschaftliche Beratung durch Angehörige der steuerberatenden Berufe wahrgenommen hätten und eine Beurkundung trotz Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Frist und Hinweises auf die damit verbundenen Gefahren wünschten, ändert daran nichts. Der Notarvertreter hätte sich vielmehr vergegenwärtigen müssen, dass auch eine derartige Erklärung gerade dadurch bedingt sein konnte, dass der im Notartermin anwesende Vertreter der Vermittlungsgesellschaft W GmbH auf die Kläger eingewirkt hatte und sie auch zu dieser Erklärung überrumpelt hatte. Irgendwelche objektiven Anhaltspunkte für eine erfolgte und inhaltlich ausreichende Beratung waren nicht vorhanden. Auch eine etwaige Beratung durch Angehörige steuerberatender Berufe konnte, wäre sie tatsächlich erfolgt, nicht zu einer umfassenden Kenntnis aller rechtlichen und wirtschaftlichen Gefahren durch den Vertrag auf Seiten der Kläger führen. Darüber hinaus sind die aufgenommenen Angaben ohne Nennung der Berater unkonkret und nicht überprüfbar und ausweislich der Angaben des Zeugen L bei seiner Zeugenvernehmung auch nicht überprüft worden. Insbesondere war ihm nicht bekannt, durch wen die Beratung und Belehrung erfolgt sein sollte.

Aus diesem Grunde besteht auch kein Zweifel an einem fahrlässigen Verschulden des Notarvertreters. Zwar haben die Kläger ihm gegenüber falsche Angaben bezüglich des Erfolges einer steuerlichen und wirtschaftlichen Beratung gemacht. Gleichwohl musste er erkennen, dass die Angaben der Klägerin nicht verlässlich waren und selbst bei deren Zutreffen die angeblich eingeholte Beratung keinen ausreichenden Grund für die Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Frist darstellte.

3.

Gleichwohl bleibt die Klage erfolglos, weil, wie bereits das Landgericht insofern zutreffend ausgeführt hat, sich nicht feststellen lässt, dass die Pflichtverletzung des Notarvertreters für den mit der Klage geltend gemachten Schaden ursächlich geworden ist.

Der Eintritt eines Schadens im Sinne der §§ 249 ff. BGB ist im Wege der sog. Differenzhypothese aufgrund eines rechnerischen Gesamtvermögensvergleichs zwischen der Vermögenslage des Geschädigten, die ohne das pflichtwidrige Verhalten des Notars bestünde, und seiner tatsächlichen Vermögenslage, die sich aus dem haftungsbegründenden Ereignis ergeben hat, zu ermitteln. lm Sinne des natürlichen Ursachenbegriffs ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Notars genommen hätten und wie die Lage des Betroffenen wäre, wenn der Notar die Pflichtverletzung nicht begangen, sondern pflichtgemäß gehandelt hätte (vgl. Wöstmann in Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 3. Aufl., Rdnr. 2185). Da die Frage der Ursächlichkeit einer Pflichtverletzung für den dadurch entstandenen Schaden zur haftungsausfüllenden Kausalität gehört, ist für deren Nachweis der Maßstab des § 287 ZPO anzulegen, wonach eine überwiegende Wahrscheinlichkeit genügt.

Vorliegend steht außer Frage, dass bei pflichtgemäßem Verhalten des Notarvertreters das Kaufangebot am 15.07.2005 nicht abgegeben worden wäre, weshalb grundsätzlich ein kausaler Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem von den Klägern geltend gemachten Schaden besteht. Jedoch geht der Zweck des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG zwar dahin, zu verhindern, dass ein Verbraucher durch einen übereilten Entschluss ein ihm nachteiliges Geschäft abschließt, allerdings nicht so weit, den Notar zum Ausfallbürgen eines Verbrauchers für fehlgeschlagene wirtschaftliche Investitionen zu machen. Daher kann sich der Beklagte darauf berufen, dass die Kläger, hätte der Notarvertreter die Beurkundung abgelehnt, diese nach Ablauf der Regelfrist genauso wie geschehen vorgenommen hätten. Für diesen hypothetischen Verlauf trifft den Beklagten die Darlegungs- und Beweislast. Allerdings dürfen die Anforderungen an die Beweislast nicht überspannt werden, auch insoweit gilt das herabgesetzte Beweismaß des § 287 ZPO (vgl. BGHZ 206, S. 111). Da zudem der Notar nicht in der Lage ist, die Denk- und Handlungsweise der Kläger in dem hypothetischen Fall, dass der Notarvertreter pflichtgemäß gehandelt hätte, vorzutragen, durfte sich der Beklagte darauf beschränken, dass Erfolgen der Beurkundung des unveränderten Kaufangebotes nach Ablauf von zwei Wochen im Falle ordnungsgemäßen Verhaltens des Notarvertreters zu behaupten. Die Kläger traf daher eine sekundäre Darlegungslast, dass und warum sich durch die Verschiebung des Beurkundungstermins etwas an ihrer Entscheidungssituation geändert hätte.

Aus den genannten Gründen geht der Hinweis der Kläger auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei fehlerhafter Anlageberatung nach der Rechtsprechung des 5. Zivilsenats des BGH (Urteil vom 15.07.2016 zu V ZR 168/15) fehl. Der dort entschiedene Haftungsfall ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Vorliegend besteht an der Ursächlichkeit des notariellen Versäumnisses für die Beurkundung des Kaufangebotes kein Zweifel. Der Beklagte erhebt den Einwand eines rechtmäßigen Alternativverhaltens, hinsichtlich dessen die Grundsätze des 5. Zivilsenats des BGH nicht anwendbar sind.

Der ihnen obliegenden Darlegungslast haben die Kläger nicht genügt. Auch nach dem Ergebnis der durchgeführten Befragung der Kläger durch den Senat ergibt sich kein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass die Kläger bei Verschiebung des Notartermins unter Aushändigung des Entwurfstextes das Vertragsangebot entweder überhaupt nicht oder jedenfalls nicht in der bereits am 15.07.2005 beurkundeten Form abgegeben hätten. Vielmehr steht auch für den Senat mit mindestens überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Kläger keine Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Geschäfts, der Angemessenheit von Preis und Leistung, den ihnen im Aussicht gestellten Vorteilen und der rechtlichen und wirtschaftlichen Unbedenklichkeit des Geschäfts gehabt hätten und deshalb weder eine rechtliche, steuerliche oder wirtschaftliche Beratung in Anspruch genommen noch sonstige Erkenntnisquellen ausgeschöpft hätten. Vielmehr ist anzunehmen, dass die Kläger uneingeschränkt den Angaben des Mitarbeiters Y der Firma W GmbH Glauben schenkten und zu einer kritischen Würdigung der von ihm getätigten Aussagen nicht in der Lage waren. Obwohl zwischen der ersten Kontaktanbahnung und der Beurkundung des Kaufangebotes mehrere Monate lagen, hatte sich lediglich der Kläger zu 2) bei einem von der Tätigkeit bei der Feuerwehr bekannten Kollegen, der bei der U gearbeitet hatte, allgemein über das Geschäft erkundigt und dessen allgemeine Warnung, dass man sich das gut überlegen solle, nicht zum Anlass weiterer Überprüfung genommen. Weder die Tatsache, dass ihnen erstmals im Beurkundungstermin der Kaufpreis der Eigentumswohnung genannt wurde, noch ihnen Berechnungen hinsichtlich der Steuerersparnis vorgelegt wurden, noch der Umstand, dass sie die Wohnung niemals besichtigt hatten, noch die Tatsache, dass sie in dem beurkundeten Kaufvertragsangebot falsche Angaben zum Stattfinden einer Beratung durch einen Steuerberater oder zur Besichtigung der Wohnung machen sollten, nahmen die Kläger zum Anlass kritischer Nachfragen, insbesondere auch nicht gegenüber dem Notarvertreter. Inhaltsleere Aussagen des Vermittlers, dass alles in Ordnung sei, sie auf der sicheren Seite seien und die Sache nicht hinausgezögert werden sollte, wurden unkritisch hingenommen, obwohl die Finanzierung des Geschäfts nicht abgeklärt, geschweige denn gesichert worden war. Die Kläger legten die gesamte Abwicklung des Geschäfts in die Hände des Vermittlers und folgten blindlings dessen Vorgaben. Irgendein Umstand, der unter diesen Umständen zum Aufkommen von Kritikfähigkeit hätte führen können, ist nicht erkennbar.

Soweit der Kläger zu 2. bei seiner Anhörung angegeben hat, er hätte sich bei Verschiebung des Vertragsentwurfs an ihre Hausbank gewendet, ist dies schon angesichts des vorangegangenen Kontakts zu seinem Kollegen und der anschließenden Untätigkeit trotz Warnung, dass er sich die Entscheidung gut überlegen solle, nicht glaubhaft. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, welche weiteren Erkenntnisse ihnen die U hätte verschaffen können, mit welcher allenfalls eine Finanzierung hätte besprochen werden können. Die U wäre hingegen nicht gehalten gewesen, die rechtlichen, steuerlichen oder wirtschaftlichen Risiken für die Kläger zu prüfen.

Daher kommt es für die Beurteilung der Kausalität nicht darauf an, ob sich auch aus dem weiteren Verhalten der Kläger nach Beurkundung des Kaufvertragsangebotes im Zusammenhang mit der Finanzierung des Grundstückes oder aus dem Umstand, dass sie in den folgenden vier Jahren ihren Verpflichtungen gegenüber der finanzierenden Bank nachkamen, weitere Schlüsse auf ihr Verhalten im Falle pflichtgemäßen Vorgehens des Notarvertrages zulassen.

4.

Unabhängig von vorstehenden Erwägungen und das Senatsurteil selbständig tragend würde selbst im unterstellten Fall eines kausalen Schadenseintritts die Klage gleichwohl keinen Erfolg haben. Denn schon das Landgericht hat zu Recht beanstandet, dass die Kläger das Fehlen anderweitiger Ersatzmöglichkeiten im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO nicht ausreichend dargelegt haben.

Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht, wenn aufgrund desselben Tatsachenkreises, aus dem sich die Schadenshaftung des Notars ergibt, die begründete Aussicht auf Erfolg ergibt, gegen einen Dritten vorgehen zu können. Da das Gesetz das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit als negative Anspruchsvoraussetzung ausgestaltet hat, obliegt die Darlegungs- und Beweislast dem Anspruchsteller, hier also den Klägern.

Die Kläger vermochten bereits nicht auszuräumen, dass ein Vorgehen gegen die Verkäuferin der Eigentumswohnung, die Firma E1 GmbH & Co. KG, möglich und erfolgreich gewesen wäre, obwohl sie durch falsche Angaben zum Vertragsschluss verleitet wurden, wobei sich die Verkäuferin die Erklärungen der von ihr eingeschalteten Vermittlerin zurechnen lassen muss. Zwar haben die Kläger dargelegt, dass die Firma am 10.03.2014 im Handelsregister gelöscht wurde. Da die Kläger jedoch auch nach eigenen Angaben spätestens 2009 gemerkt hatten, dass sich das Geschäft nicht rechnete und die ihnen gemachten Versprechungen nicht eintrafen, hatten sie bereits zu diesem Zeitpunkt ausreichenden Anlass, sich die Unrichtigkeit der ihnen gegenüber gemachten Angaben und das Bestehen eines Schadensersatzanspruches zu vergegenwärtigen und gegen die Verkäuferin der Wohnung vorzugehen. Insofern fehlen Anhaltspunkte dafür, dass in der bis zur Löschung verbleibenden Zeit keine ausreichende Möglichkeit bestand, einen Titel über ihre Schadensersatzforderung zu erreichen und die Zwangsvollstreckung durchzuführen gewesen wäre. Muss daher vom schuldhaften Versäumen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit ausgegangen werden, führt dies zur endgültigen Abweisung des gegen den Notar geltend gemachten Schadensersatzanspruchs (vgl. Wöstmann in Ganter/ Hertel/Wöstmann, a.a.O., Rdnr. 2249).

Soweit die Kläger demgegenüber pauschal geltend gemacht haben, dass es anwaltlichem Erfahrungswissen entspreche, wonach es nie gelinge, gegen einen Verkäufer in derartigen Fällen einen Regressanspruch durchzusetzen, ist dies unsubstanziiert und nicht ausreichend.

Darüber hinaus ist auch nicht ausgeräumt, dass die Kläger hinsichtlich ihrer Ansprüche gegen die Verkäuferin nicht auch gegen deren persönlich haftende Gesellschafterin, die Firma E GmbH, später E2 GmbH, schließlich Q AG, hätten vorgehen können. Allein der Umstand, dass diese Gesellschaft in den Jahren 2011 bis 2014 Millionenverluste gemacht hat, schließt nicht aus, dass sie über genügend Mittel verfügte, um Schadensersatzansprüche der Kläger ausgleichen zu können.

Schließlich fehlen ausreichende Darlegungen dazu, dass ein Vorgehen gegen die Vermittlerin, die Firma W GmbH, oder deren Mitarbeiter Y nicht möglich gewesen sein soll, obwohl ihnen durch diese falsche Angaben im Hinblick auf die Werthaltigkeit und Rentabilität der vermittelten Wohnung gemacht wurden.

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht geboten, weil die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht vorliegen. Der Senat hatte über einen Einzelfall zu entscheiden, ohne dass er von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder anderer Oberlandesgerichte abgewichen wäre.