OLG München, Beschluss vom 13.11.2009 - 34 Wx 89/09
Fundstelle
openJur 2012, 104590
  • Rkr:
Tenor

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 31. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Gesellschafter der Beteiligten zu 1 waren in Erbengemeinschaft Eigentümer eines Grundstücks, das sie mit notariellem Vertrag vom 3.7.2008 in die Beteiligte zu 1, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), einbrachten. Die Beteiligte zu 1 wurde am 18.9.2008 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Die Kostenrechnung vom 23.9.2008 beläuft sich auf 1.293,10 Euro. Sie geht, ebenso wie der Vertreter der Staatskasse (Beteiligter zu 2), für den Wert der Eigentumsumschreibung vom Wert des gesamten Grundstücks in Höhe von 618.000 Euro aus. Der Erinnerung mit dem Ziel, den Geschäftswert nur nach dem Bruchteilswert mit 309.000 Euro anzusetzen, hat der Kostenbeamte nicht abgeholfen. Mit Beschluss vom 4.11.2008 hat das Amtsgericht - Grundbuchamt - die Erinnerung zurückgewiesen. Die Beschwerde hat das Landgericht - Beschwerdekammer- mit Beschluss vom 31.7.2009 zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen. Gegen den Beschluss des Landgerichts richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.

II.

Gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG - RG ist das bis 1.9.2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist zulässig, da sie das Landgericht als Beschwerdegericht zugelassen hat (§ 31 Abs. 3 Satz 5, § 14 Abs. 5 KostO). Das im Übrigen formgerecht eingelegte Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Beschwerde gegen die Zurückweisung der Erinnerung sei als Beschwerde gegen den - in der Erinnerungsentscheidung ergangenen - Geschäftswertbeschluss auszulegen. In diesem Beschluss sei gleichzeitig der Geschäftswert im Sinne des § 31 Abs. 1 KostO festgesetzt worden. Die Festsetzung des Geschäftswerts habe den Vorrang vor der Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenansatz, dessen Grundlage sie bilde. Der Form eines Geschäftswertbeschlusses sei genügt, da das Gericht die Festsetzung in die Entscheidungsgründe aufgenommen habe. Bei der Vorschrift des § 61 KostO handle es sich um eine Sondervorschrift betreffend die Bestimmung des Geschäftswerts. Dieser sei mit dem vollen Wert über 618.000 Euro zutreffend festgesetzt. Ein Fall des § 61 Abs. 1 KostO liege nicht vor.

Die GbR könne nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung selbst Träger von Rechten und Pflichten sein, wenn und soweit sie "nach außen" am Rechtsverkehr teilnehme. Über die grundbuchrechtlichen Konsequenzen bestehe seit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 4.12.2008 (BGHZ 179, 102 = NJW 2009, 594) Klarheit dergestalt, dass die GbR selbst mit der im Gesellschaftsvertrag für sie vorgesehene Bezeichnung in das Grundbuch eingetragen werden könne, ohne dass es der Nennung der einzelnen Gesellschafter bedürfe, sie mithin grundbuchfähig sei. Die GbR könne als Folge ihrer (Teil-) Rechtsfähigkeit auch Eigentum sowie beschränkte dingliche Rechte an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten erwerben. Damit sei sie, was das Grundbuch betreffe, der OHG und der KG gleich gestellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien § 124 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB auf die GbR analog anzuwenden. Hieraus folge aber für die OHG und die KG, dass § 61 Abs. 1 KostO bei diesen Personengesellschaften schon aus sich heraus nicht anwendbar sei. Denn obwohl es sich um Gesamthandsgemeinschaften handele, komme eine Veränderung im Gesellschafterbestand im Grundbuch nicht zum Tragen, da das Grundstück der Gesellschaft, nicht aber den Gesellschaftern gehöre. OHG und KG seien daher nicht als Gesamthandsgemeinschaften im Sinn von § 61 Abs. 1 KostO anzusehen. Allein deshalb gelte § 61 KostO nicht für die OHG und die KG, so dass es der rein deklaratorischen Vorschrift des § 61 Abs. 3 KostO gar nicht bedurft hätte. Dies erkläre auch, warum die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung  (EWIV) und die Partnerschaft nicht von § 61 KostO erfasst würden, ohne dass gegen das von der Beteiligten zu 1 geltend gemachte Analogieverbot im Kostenrecht verstoßen werde.

Für die GbR könne nichts anderes gelten. Auch bei ihr mache sich eine Veränderung im Gesellschafterbestand in Bezug auf die grundbuchrechtliche Eigentumslage nicht bemerkbar, da gerade die GbR eingetragene Eigentümerin sei. Daran ändere - vorbehaltlich dessen (zeitlicher) Anwendbarkeit - auch das Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften nichts. Zum einen erkenne der Gesetzgeber damit die Grundbuchfähigkeit der GbR an. Zum anderen lasse sich aus der unveränderten Fortgeltung des § 61 KostO nicht entnehmen, dass die GbR kostenrechtlich anders zu behandeln wäre als die OHG und die KG. Es gehe dem Gesetzgeber bei den Änderungen im Grundbuchrecht nur darum, die Rechtssicherheit und den öffentlichen Glauben des Grundbuchs zu wahren. Da für die GbR kein Register existiere, sei der öffentliche Glaube im Falle der Eintragung einer GbR ohne Nennung der Gesellschafter gefährdet, da der wahre Gesellschafterbestand im Laufe der Zeit nicht mehr nachvollziehbar sein könne. Mit der Gesetzesanpassung werde aber nicht in Frage gestellt, dass die GbR selbst Eigentümerin des Grundstücks sei. Hierin unterscheide sich die GbR nicht mehr von den anderen Personengesellschaften. Aus der insoweit mit der für OHG, KG, EWIV und Partnerschaft identischen Behandlung ergebe sich folglich auch eine Gleichbehandlung der GbR im Rahmen des § 61 KostO. Daher sei § 61 Abs. 1 KostO schon nicht auf die GbR anzuwenden und komme es auf eine Nennung der GbR in § 61 Abs. 3 KostO nicht an. Für die Bemessung der Gebühren sei zwar auf die Rechtslage am Tag der Grundbucheintragung als dem Gebühren auslösenden Tatbestand abzustellen. Die fragliche Grundbucheintragung habe bereits am 17.9.2008 stattgefunden. Dass der Bundesgerichtshof erst danach, namentlich in seiner Entscheidung vom 4.12.2008, zur Grundbuchfähigkeit der GbR Stellung genommen habe, hindere nicht die Bezugnahme hierauf. Einer Änderung der Rechtsprechung komme grundsätzlich unechte Rückwirkung zu.

2. Dies hält der auf Rechtsfehler beschränkten Nachprüfung stand (§ 31 Abs. 3 Satz 5, § 14 Abs. 5 Satz 2 KostO, § 546 ZPO).

a) Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die zutreffende Begründung der Beschwerdeentscheidung, die er im Wesentlichen teilt.

b) Die Ausführungen in der Rechtsmittelbegründung veranlassen folgende Ergänzungen:

10(1) Die GbR fällt bereits nicht unter die in § 61 Abs. 1 KostO privilegierten Gesamthandsgemeinschaften. Soweit in der Kommentarliteratur dies noch anders dargestellt wird (vgl. Rohs/Wedewer KostO Stand April 2007 § 61 Rn. 1 und Rn. 2; Korintenberg/Lappe KostO 17. Aufl. § 61 Rn. 1, jedoch zweifelnd unter Hinweis auf Dümig Rpfleger 2002, 53; Hartmann Kostengesetze 39. Aufl. § 61 KostO Rn. 9; Assenmacher/Matthias Kostenordnung 16. Aufl. Stichwort "Gesellschaft bürgerlichen Rechts"), wurde noch nicht die Konsequenz aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur (Teil-) Rechtsfähigkeit der GbR (BGHZ 146, 341; 179, 102/107) gezogen. Die Vergünstigung des § 61 KostO hat ihre Ursache darin, dass z. B. der Grundstückseigentümer, der einer Gesamthandsgemeinschaft angehört und in diese ein Grundstück einbringt, als im Grundbuch bereits eingetragener Berechtigter lediglich den Umfang seiner Berechtigung ändert, jedoch als Eigentümer eingetragen bleibt. Er wird deshalb kostenrechtlich so behandelt, als bringe er das Grundstück nur zu dem Bruchteil ein, zu dem er an der Gemeinschaft nicht beteiligt ist (vgl. BayObLG BB 1995, 2184). Dies kommt im Übrigen auch zum Ausdruck in der Fassung des § 61 Abs. 1 Satz 1 KostO, wo davon die Rede ist, dass ein Grundstück für mehrere zur gesamten Hand eingetragen ist, mag dies auch im Folgenden nicht mehr ausdrücklich ausgesprochen sein. Bei der GbR sind nicht die einzelnen Gesellschafter als Berechtigte eingetragen. Ein Grundstück, auch wenn als dessen Eigentümer mehrere natürliche Personen mit dem Zusatz "als Gesellschafter bürgerlichen Rechts" eingetragen sind, ist ebenso wie ein Grundstück, das für eine GbR mit eigenem Namen eingetragen ist, nicht (gesamthänderisch gebundenes) Eigentum dieser natürlichen Personen, sondern Eigentum der GbR (vgl. BGHZ 179, 102; BGH NJW 2006, 3716). Somit hat § 61 Abs. 3 KostO lediglich klarstellende Bedeutung. Denn die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die GbR geltende Rechtslage ergibt sich für OHG und KG bereits aus §§ 124, 161 HGB. Eine unzulässige Analogie (§ 1 Abs. 1 KostO; vgl. BVerfG NJW 1996, 3146) liegt deshalb nicht vor.

11(2) Auch die neu eingeführte Bestimmung des § 47 Abs. 2 GBO (vgl. Art. 1 Nr. 10 Buchst. b ERVGBG vom 11.8.2009 BGBl I S. 2713) bedingt keine andere Beurteilung. Die ausdrückliche Anordnung, dass auch die Gesellschafter einzutragen sind, ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Gesellschaft selbst als Rechtsinhaberin einzutragen ist (BT-Drucks. 16/13437 S. 27; vgl. Lautner DNotZ 2009, 650/653 f.). Die Eintragung der Gesellschafter ist einerseits Grundbuchinhalt, andererseits aber auch Mittel zur Identifizierung der berechtigten GbR (BT-Drucks. 16/13437 S. 27/28). Die Gesellschaftereintragung im Grundbuch ist deshalb notwendig, weil für die GbR kein Register besteht und das Grundbuch insoweit als Ersatzregister fungieren muss (Lautner DNotZ 2009, 650/668). Die kostenrechtliche Bewertung für die Eintragung der GbR selbst beeinflusst dies nicht.