VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.03.1997 - 10 S 2815/96
Fundstelle
openJur 2013, 10410
  • Rkr:

1. Ein durch Bebauungsplan festgesetztes Gewerbegebiet bleibt vom Typus her ein Gewerbegebiet, auch wenn in ihm nur Gewerbebetriebe zulässig sind, die auch in einem Mischgebiet zulässig wären (im Anschluß an BVerwG, Beschl v 15.04.1987 - 4 B 71/87 -, NVwZ 1987, 970).

2. Zum Drittschutz innerhalb eines gegliederten Gewerbegebiets.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Sortieren von Baustellenmischstoffen.

Das Grundstück, auf dem die Beigeladene die Anlage zu errichten beabsichtigt, liegt ebenso wie das Grundstück der Kläger in einem durch Bebauungsplan ausgewiesenen Gewerbegebiet, das sich zwischen der B .. im Westen und der E.-Straße im Osten erstreckt und nach § 1 Abs. 4 BauNVO gegliedert ist, wobei es einer differenzierenden Regelung bezüglich des zulässigen Störungsgrades der einzelnen Betriebe und Anlagen unterworfen ist. Das Grundstück der Beigeladenen liegt im bislang noch nicht bebauten Bereich des Gewerbegebiets südlich der T.-Straße, für das der Bebauungsplan der Beklagten vom 09.04.1981 die Festsetzung GE1 getroffen hat. Im Süden grenzt das Grundstück an den Außenbereich, ebenso besteht im Osten, jenseits der E.-Straße Außenbereich. Eine ursprünglich dort von der Beklagten beabsichtigte Wohnbebauung H.-West ist nicht verwirklicht worden und soll auch nicht mehr verwirklicht werden. Im Westen grenzt das Grundstück bis zur B .. hin an unbebaute Grundstücke, für die der Bebauungsplan die Festsetzungen GE2 und GE3 getroffen hat. Das Grundstück der Kläger, die in der Rechtsform einer Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts eine Druckerei betreiben, liegt ca. 50 m nördlich von der Grundstücksgrenze der Beigeladenen jenseits der T.-Straße im bebauten Teil des Gewerbegebiets an der östlichen Seite der J.H.-Straße, die etwa in Höhe der westlichen Grenze des Grundstücks der Beigeladenen in die T.-Straße von Norden her einmündet. Auch für den Bereich zwischen J.H.-Straße im Westen und E.-Straße im Osten, in dem das Grundstück der Kläger liegt, hat der Bebauungsplan die Festsetzung GE1 getroffen; für den Bereich westlich der J.H.-Straße hat er die Festsetzung GE2 getroffen.

Die Gliederung des Gewerbegebiets durch den Bebauungsplan besteht darin, daß das Gewerbegebiet in drei unterschiedliche Bereiche aufgeteilt wird (GE1, GE2 und GE3), für die unterschiedliche textliche Festsetzungen, insbesondere in bezug auf die zulässigen Lärmeinwirkungen, getroffen werden. Das GE3, das unmittelbar an die B .. im Westen angrenzt, entspricht bezüglich der Lärmrichtwerte einem Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO, dagegen werden für das GE2 und das GE1 Abstufungen der zulässigen Lärmeinwirkungen vorgenommen. Für das Gebiet GE1 besteht folgende textliche Festsetzung:

"Zulässig sind Betriebe und Anlagen gemäß § 8 Abs. 2 Abs. 3 S. 1 BauNVO, die das Wohnen nur unwesentlich stören und deren äquivalenter Dauerschallpegel ankommend an der geplanten neuen Wohnbebauung H.-West, die bis zu einer Entfernung von 30 m - gemessen vom östlichen Straßenrand der E.-Straße in östlicher Richtung - heranreicht, 55 dB(A) tagsüber und 40 dB(A) nachts nicht überschreitet (§ 1 Abs. 4 BauNVO)."

An die Stelle des Bebauungsplans ist zwischenzeitlich der Bebauungsplan "B ..-/S. Straße" vom 06.04.1995 getreten, der seit dem 11.01.1996 rechtsverbindlich ist. Er hält an der Gliederung des Gewerbegebiets fest, unterscheidet allerdings nur noch zwei Untergliederungen (GE1 und GE2). Sowohl für das Grundstück der Kläger als auch für dasjenige der Beigeladenen setzt er nach wie vor ein GE1 fest, das allerdings in seiner textlichen Festsetzung von derjenigen des Bebauungsplans abweicht.

Die Beigeladene beabsichtigt, auf ihrem Grundstück, das sie von der Beklagten gepachtet hat, eine Anlage zur Aufbereitung von Baustellenmischstoffen mit einer Durchsatzleistung von ca. 20.000 Jahrestonnen zu errichten. Die Anlage soll montags bis einschließlich freitags in der Zeit von 6.00 Uhr bis 18.00 Uhr und an Samstagen von 6.00 Uhr bis 14.00 Uhr betrieben werden. Die z.B. aus Rückbaumaßnahmen des Hochbaus anfallenden Rückstände von Handwerkerresten sollen mit Lastkraftwagen zur Anlage transportiert, dort verwogen, kontrolliert, registriert und aufbereitet, d.h. insbesondere unter Trennung von mineralischen und nicht-mineralischen Stoffen sortiert werden. Nach Durchfahren der Anlagentechnik, die im wesentlichen in einer Halle eingerichtet werden soll, sollen die in Containern sortierten Materialien wiederum durch Lastkraftwagen zu externen Verwerterbetrieben transportiert werden, um letztlich als Sekundärstoffe wieder in den Wirtschaftskreislauf integriert werden zu können.

Auf den von der Beigeladenen am 06.12.1993 gestellten Antrag erteilte die Beklagte im vereinfachten Verfahren (§ 19 BImSchG i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 2, Anhang Nr. 8.4 Spalte 2 Buchst. b 4. BImSchV) mit Bescheid vom 01.08.1994 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Anlage mit zahlreichen dem Entstehen von schädlichen Umwelteinwirkungen entgegenwirkenden Nebenbestimmungen.

Am 02.09.1994 erhoben die Kläger gegen die Erteilung der Genehmigung Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.

Auf den Antrag der Beigeladenen vom 19.09.1994 ordnete die Beklagte am 21.03.1995 die sofortige Vollziehung der Genehmigung für den Bau der Anlage an. Mit Beschluß vom 18.09.1995 - 16 K 3994/95 - stellte das Verwaltungsgericht Stuttgart die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Kläger wieder her. Auf die Beschwerde der Beigeladenen lehnte der erkennende Senat mit Beschluß vom 05.03.1996 - 10 S 2830/95 - den Antrag der Kläger auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs ab.

Mit Bescheid vom 21.06.1996 änderte die Beklagte im Hinblick auf den Beschluß des Senats vom 05.03.1996 den Genehmigungsbescheid vom 01.08.1994 dahin, daß sie eine ergänzende Lärmprognose des Instituts E. GmbH vom 20.06.1996 zum Gegenstand der Genehmigung machte und in Nr. 98 der Auflagen anstelle der Immissionsrichtwerte für ein Gewerbegebiet (GE) von 65 dB(A) tagsüber und 50 dB(A) nachts Immissionsrichtwerte für ein Gewerbegebiet (GE1) von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts festsetzte.

Am 25.06.1996 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben. Zur Begründung haben sie im wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) seien erfüllt, da über ihren mit Schreiben vom 01.09.1994 eingelegten Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden sei. Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Die typischerweise wegen Lärm- und Staubimmissionen immissionsschutzrechtlich zu genehmigende Sortieranlage für Baustellenmischabfälle gehöre nicht in ein eingeschränktes Gewerbegebiet, in dem lediglich Immissionswerte zulässig seien, die sonst in einem Mischgebiet gälten, sondern in ein Industriegebiet. Darüber hinaus werde die Anlage bei voller Auslastung unter Berücksichtigung des zurechenbaren An- und Abfahrtsverkehrs den Immissionsrichtwert von tags 60 dB(A) nicht einhalten können. Die Festsetzung GE1 sei auch zu ihren Gunsten drittschützend, da es sich um eine Festsetzung über die Art der baulichen Nutzung handele, die schon kraft Bundesrechts nachbarschützend sei. Da ihr Grundstück ebenso wie das Grundstück der Beigeladenen im GE1 liege, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht (mehr) danach zu fragen, ob sie durch die Anlage auch konkret beeinträchtigt würden. Sie haben beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 01.08.1994 und deren Änderungsbescheid vom 21.06.1996 aufzuheben.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat Klagabweisung beantragt.

Die Beigeladene hat ebenfalls Klagabweisung beantragt. Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt: Der Genehmigungsbescheid sei rechtmäßig. Nach den Ergebnissen der Lärmprognosen des Instituts E. GmbH vom 13.09.1993 und vom 20.06.1996 sei zu erwarten, daß der Immissionsrichtwert von 60 dB(A), den die Anlage nach dem Änderungsbescheid vom 21.06.1996 einhalten müsse, am Grundstück der Kläger deutlich unterschritten werde. Im übrigen sei die Festsetzung eines GE1 mit einem Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tagsüber nicht zugunsten der Kläger drittschützend, da diese Festsetzung ausschließlich die früher noch geplante Wohnbebauung H.-W. außerhalb des Plangebiets, nicht aber andere Gewerbenutzungen im Gewerbegebiet habe schützen wollen. Schließlich sei die Anlage vom Geltungsanspruch des Bauplanungsrechts und damit auch von spezifischen bauplanungsrechtlichen Abwehransprüchen nach § 38 BauGB freigestellt, weil es sich um eine öffentlich zugängliche Abfallentsorgungsanlage handele.

Mit Urteil vom 09.10.1996 hat das Verwaltungsgericht den Genehmigungsbescheid antragsgemäß aufgehoben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei als Anfechtungsklage in der Form der Untätigkeitsklage zulässig und begründet. Die Genehmigung in der Fassung des Änderungsbescheides sei rechtswidrig. Der Fachplanungsvorbehalt des § 38 S. 1 BauGB gelte nicht, weil der Fall der "Errichtung und des Betriebes einer öffentlich zugänglichen Abfallentsorgungsanlage" nicht gegeben sei. Die Genehmigung der Anlage verstoße, wenn man auf den Bebauungsplan abstelle, gegen dessen Festsetzung über die besondere Art der baulichen Nutzung. Die Anlage sei unzulässig, weil sie zu den Betrieben und Anlagen gehöre, die typischerweise das Wohnen nicht nur unwesentlich störten, d.h. nicht mischgebietstypisch seien. Die Anlage sei aufgrund ihrer Beschaffenheit und ihres Betriebes in besonderem Maße geeignet, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen. Denn sie bedürfe einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren, was indiziell belege, daß - im Sinne der Mischgebietstypik - mit wesentlichen Störungen zu rechnen sei. Außerdem sei sie auch aufgrund der besonderen Eigenschaft des konkreten Betriebes den wesentlich störenden Anlagen zuzurechnen. Die besondere Eigenschaft bestehe darin, daß der Betrieb typischerweise mit einem nicht unerheblichen verkehrlichen Lärm und mit einem nicht unerheblichen betrieblichen Lärm verbunden sei, der nach dem E.-Gutachten vom 13.09.1993 einen maximalen Beurteilungspegel von 61 dB(A) erreichen könne. Die Zulassung von Anlagen der vorliegenden Art in einem auf mischgebietstypische Anlagen und Nutzungen beschränkten Gewerbegebiet erfordere eine maßgeschneiderte immissionsschutzrechtliche Zulassungsentscheidung, die nicht ohne Befreiung (§§ 31 Abs. 2, 36 Abs. 1 S. 1 BauGB) ergehen könne. Eine solche sei indessen ersichtlich nicht erteilt worden. Sei der Bebauungsplan "B ..-/S. Straße" maßgebend, verstoße die Genehmigung gegen dessen Festsetzung über die Gebietsart. Dieser Bebauungsplan lasse Betriebe der im Anhang zur 4. BImSchV aufgeführten Ziffern, zu welchen der vorliegende Betrieb gehöre, im GE1 nicht allgemein zu. Denn die Beklagte habe als Plangeberin von der ihr in § 1 Abs. 9 BauNVO i.V.m. § 1 Abs. 5 BauNVO formal eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht und - über § 1 Abs. 4 BauNVO hinausgehend - bestimmt, daß die erwähnten an sich allgemein zulässigen Betriebe als bestimmte Arten von Anlagen nur ausnahmsweise zugelassen werden könnten. Eine solche Ausnahmegestattung sei (bislang) nicht erteilt. Die Genehmigung verletze auch subjektive öffentliche Abwehrrechte der Kläger, die Eigentümer eines innerhalb desselben Baugebietes liegenden Betriebsgrundstücks seien und dort eine mischgebietstypische Druckerei betrieben. Die Festsetzung GE1 (sowohl im alten als auch im neuen Bebauungsplan) sei nachbarschützend. Sie schütze auch und vor allem die Kläger. Der Ortsgesetzgeber habe hier über den Drittschutz nicht selbst entscheiden dürfen. Zu den Aufgaben des Bauplanungsrechts gehöre es, die einzelnen Grundstücke einer auch im Verhältnis untereinander verträglichen Nutzung zuzuführen. Indem es auf diese Weise auf einen Ausgleich möglicher Bodennutzungskonflikte ziele, bestimme es zugleich den Inhalt des Grundeigentums. Bauplanungsrechtlicher Nachbarschutz beruhe demgemäß auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Der Hauptanwendungsfall im Bauplanungsrecht für diesen Grundsatz seien die Festsetzungen eines Bebauungsplanes über die Art der baulichen Nutzung. Durch sie würden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks werde dadurch ausgeglichen, daß auch die anderen Grundeigentümer diesen Beschränkungen unterworfen seien. Soweit die Gemeinde durch die Baunutzungsverordnung zur Festsetzung von Baugebieten ermächtigt werde, schließe die Ermächtigung deshalb ein, daß die Gebietsfestsetzung grundsätzlich nachbarschützend sein müsse. Eine nicht nachbarschützende Gebietsfestsetzung würde gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB verstoßen. Für die Frage des Nachbarschutzes sei es nach den vorstehenden Erwägungen unerheblich, ob von der unter Verstoß gegen die Baugebietsfestsetzung ausgeübten Nutzung unzumutbare Belästigungen ausgingen, weshalb sich in Fällen dieser Art ein Rückgriff auf § 15 Abs. 1 BauNVO erübrige. An der rechtlichen Schicksalsgemeinschaft zwischen den Planbetroffenen ändere sich nichts dadurch, daß eine Gemeinde ein bestimmtes Baugebiet gemäß § 1 Abs. 4 BauNVO in sich horizontal gliedere und in dem gegliederten Baugebiet die Zulassung von Anlagen und Nutzungen auf solche mischgebietstypischer Art beschränke und überdies die Ermächtigung des § 1 Abs. 5, Abs. 9 BauNVO beanspruche. Bei einer derartigen Feinplanung einer Gemeinde entstehe zwischen den Planbetroffenen im gegliederten Baugebiet eine rechtliche Schicksalsgemeinschaft in sogar gesteigerter Form, weil sie nämlich mit erhöhtem Vertrauensschutz der Planbetroffenen verbunden sei. Auch der Baunachbar im gegliederten Plangebiet habe auf die Bewahrung des gegliederten Baugebietes einen Schutzanspruch, der über das in § 15 Abs. 1 BauNVO kodifizierte drittschützende Rücksichtnahmegebot hinausgehe. Die Auffassung der Beigeladenen würde dazu führen, daß mittelbar Planbetroffene - etwa solche im anschließenden Wohngebiet oder Mischgebiet - die Vorzüge einer horizontalen Gliederung durchsetzen könnten, während den von der Gliederung unmittelbar Planbetroffenen ein Plangewährleistungsanspruch vorenthalten bliebe.

Gegen das Urteil hat die Beigeladene am 10.10.1996 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie im wesentlichen aus: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die erteilte Genehmigung weder nach dem alten noch nach dem neuen Bebauungsplan objektiv rechtswidrig. Insbesondere könne sich die Rechtswidrigkeit nicht (mehr) daraus ergeben, daß die Anlage mit planwidrigen rechtlichen Vorgaben zugelassen worden sei. Nach dem Änderungsbescheid vom 21.06.1996 müsse die Anlage auch im GE1 den Immissionsrichtwert von 60 dB(A) einhalten. Nach den Ergebnissen der Lärmprognosen sei auch zu erwarten, daß die Anlage diesen Wert einhalten werde. Für den Immissionsort 1 (J.H.-Straße 47) sei in der Lärmprognose vom 13.09.1993 ein Beurteilungspegel von 58 dB(A) ermittelt worden. Das Grundstück der Kläger liege etwa doppelt so weit vom Standort der Anlage entfernt wie dieser Meßpunkt. Dort müsse sich deshalb ein Beurteilungspegel ergeben, der in etwa dem Immissionsrichtwert für allgemeine Wohngebiete entspreche. Daran ändere sich nach der ergänzenden Lärmprognose vom 20.06.1996 auch dann nichts, wenn man den Zu- und Abgangsverkehr auf der T- Straße in die Lärmprognose mit einbeziehe. Es könne auch nicht angenommen werden, daß die Anlage deshalb dem alten, zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung gültigen Bebauungsplan widersprochen habe, weil sie - unabhängig von der Einhaltung der Immissionsrichtwerte, die für Mischgebiete gelten - von ihrem Typ her nicht "mischgebietsverträglich" sei. Vieles spreche nämlich dafür, daß die Anlage wegen ihrer besonderen Bauart (Integration in eine Hallenbaukonstruktion) auch im Mischgebiet bauplanungsrechtlich zulässig wäre. Diese Frage könne jedoch letztlich offen bleiben, da der neue Bebauungsplan für sie günstiger sei. Nach den gesamten Umständen sei davon auszugehen, daß die Genehmigung nach Maßgabe der neuen Festsetzung bezüglich des GE1 von der Beklagten unter Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB erteilt worden wäre. Daß eine (förmliche) Ausnahme hätte erteilt werden müssen, berühre die Rechtsposition der Kläger von vornherein nicht. Jedenfalls würden die Kläger, wenn von der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens auszugehen wäre, nicht in ihren Rechten verletzt, da die Festsetzung GE1 nicht ihrem Schutz dienen solle. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum "wechselseitigen Austauschverhältnis" und zur "rechtlichen Schicksalsgemeinschaft" überzeugten nicht. Das Verwaltungsgericht erkenne nicht, daß dieses Austauschverhältnis hier schon durch die Gliederung massiv gestört und durchbrochen sei. Nach dem Bebauungsplan liege die Straßenrandbebauung auf der gegenüberliegenden Seite der J.H.-Straße im GE2. Unmittelbar gegenüber dem Grundstück der Kläger wären deshalb Anlagen mit einem höheren Störungsgrad als im GE1 zulässig. Dies unterminiere von vornherein den Gedanken des Austauschverhältnisses. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts von einer "rechtlichen Schicksalsgemeinschaft in ... gesteigerter Form" würde in allen gegliederten Gewerbe- und Industriegebieten zu einem konturen- und uferlosen Nachbarschutz von Gewerbegrundstücken untereinander führen, ohne daß sich dies auf schutzwürdige individuelle Rechtspositionen zurückführen ließe. Die Beklagte als Ortsgesetzgeber sei deshalb nicht gehindert gewesen, der Festsetzung GE1 nur gebietsüberschreitenden Drittschutz zugunsten der Bewohner des geplanten Wohngebiets H.-West beizumessen. Schließlich stünde eventuellen bauplanungsrechtlichen Abwehransprüchen der Kläger das Standortprivileg nach § 38 BauGB entgegen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts handele es sich um eine öffentlich zugängliche Abfallentsorgungsanlage, da die Abfälle, die in der Anlage sortiert werden sollen, bei einer Vielzahl von Abbruchmaßnahmen durch zahlreiche Abbruchunternehmen auf einer Vielzahl von privaten und gewerblich genutzten Grundstücken anfielen. Jedenfalls bei der derzeitigen Wirtschaftslage werde sie auch Abfälle von Konkurrenzunternehmen und aus privaten Abbrüchen annehmen.

Die Beigeladene beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Oktober 1996 - 16 K 2431/96 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.

Die Beklagte ist ebenfalls der Auffassung, daß die Genehmigung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Rechte der Kläger nicht verletzt.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führen sie im wesentlichen aus: Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei nicht zu beanstanden. Durch die Änderungsgenehmigung vom 21.06.1996 sei die Genehmigung vom 01.08.1994 weder objektiv noch subjektiv im Verhältnis zu den Klägern rechtmäßig geworden. Vielmehr bestätige die Änderungsgenehmigung mit der Festschreibung des Immissionsrichtwerts für ein Mischgebiet von 60 dB(A) tagsüber, daß die geplante Anlage gebietsfremd und nicht gebietstypisch sei. Eine typischerweise wegen Lärm- und Staubimmissionen immissionsschutzrechtlich zu genehmigende Anlage gehöre nicht in ein eingeschränktes Gewerbegebiet, in dem lediglich Immissionswerte zulässig seien, die sonst in einem Mischgebiet gelten würden. Eine Ausnahmegestattung nach § 31 Abs. 1 BauGB sei seitens der Beklagten nicht erteilt worden. Zu Recht weise das Verwaltungsgericht darauf hin, daß auch im Falle der Maßgeblichkeit des Bebauungsplans vom 06.04.1995 ein Rechtsanspruch auf rechts- und ermessensfehlerfreie Entscheidung über die erforderliche Ausnahmegestattung zugunsten der Kläger gegeben sei. Eine typischerweise unzulässige Anlagenart könne selbst dann nicht zugelassen werden, wenn man unterstelle, daß der Grenzwert von 60 dB(A) tatsächlich gerade noch eingehalten werden könne. Im übrigen werde die Anlage bei voller Auslastung unter Berücksichtigung des zurechenbaren An- und Abfahrtsverkehrs den Immissionsgrenzwert von 60 dB(A) tagsüber nicht einhalten können. Die Lärmprognose vom 13.09.1993 sei in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Aus der von ihnen vorgelegten Stellungnahme des Instituts D. GmbH vom 06.07.1994 ergebe sich, daß diese Prognose erhebliche Ungenauigkeiten enthalte und Fragen offen lasse. Insbesondere sei nicht gewährleistet, daß - dies bilde die Grundlage der Lärmprognose - eine Durchsatzleistung von 20.000 Jahrestonnen von der Beigeladenen nicht überschritten werde, da die Genehmigung eine solche Beschränkung des Leistungsdurchsatzes ausdrücklich nicht vorsehe. Des weiteren sei nicht berücksichtigt worden, daß bei einem unterstellten Jahresdurchsatz von 20.000 Tonnen diese - wegen der für die Baubranche "schwachen" Wintermonate - nicht gleichmäßig über das Jahr hätten verteilt werden dürfen. Man könne deshalb nicht davon ausgehen, daß täglich nur Fahrzeugbewegungen von ca. 70 Lkws (einfach) für Anlieferung und Abholung der Materialien stattfinden werden. Die ergänzende Lärmprognose berücksichtige diese Mängel nicht. Auch bleibe der Zu- und Abfahrtsverkehr in rechtlicher Hinsicht unzutreffend berücksichtigt. Selbst wenn man unterstelle, daß dieser unter dem Wahrnehmungspegel von 3 dB(A) verbleibe, könne dies nicht dazu führen, daß in einem solchen Fall der Zu- und Abfahrtsverkehrslärm unberücksichtigt bleibe. Andernfalls würde bei weiteren Zulassungen von Anlagen ohne Berücksichtigung des Zu- und Abfahrtslärms von unter 3 dB(A) die Gefahr einer "schleichenden" Zunahme der Verkehrslärmbelastung bis gar zur Sanierungswürdigkeit bestehen. Der Beigeladenen sei auch nicht darin zu folgen, daß die Festsetzung GE1 nicht zu ihren - der Kläger - Gunsten drittschützend sei. Dieser Festsetzung komme nicht nur ein "isolierter" gebietsübergreifender Nachbarschutz zugunsten eines außerhalb des konkreten Baugebiets liegenden Baugebietes zu. Auch wenn ein Ortsgesetzgeber einen gebietsüberschreitenden Nachbarschutz mit einer Festsetzung über die Art der baulichen Nutzung im Auge habe, so schließe dieser - kraft Bundesrechts - einen gebietsinternen Nachbarschutz nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwingend mit ein. Baugebiete würden nach der typisierenden Betrachtungsweise der Baunutzungsverordnung regelmäßig in der Weise gegliedert, daß zum Schutze eines allgemeinen Wohngebiets zwischen einem Gewerbegebiet ein Mischgebiet festgesetzt werde. Auch hier könne sich nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der betroffene Gewerbetreibende innerhalb eines Mischgebiets dagegen wehren, wenn eine Gewerbeart nicht mehr gebietstypisch in das Mischgebiet passe. Nichts anderes gelte in einem feingegliederten Baugebiet nach § 1 Abs. 4 BauNVO. Auch hier würde eine Zulassung von gebietsuntypischen Anlagen dazu führen, daß das Gebiet künftig "kippen" könne, so daß nach dem vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsatz vom "wechselseitigen Austauschverhältnis" dieses bereits bei Zulassung der ersten gebietsfremden Anlage gestört werde, selbst wenn keine konkrete Beeinträchtigung des Nachbarn vorliege. Schließlich komme dem Vorhaben das Standortprivileg nach § 38 BauGB nicht zu, da es sich nicht um eine öffentlich zugängliche Abfallentsorgungsanlage handele. Die beigeladene Gesellschaft bestehe aus zwei bekannten Baufirmen. Die geplante Anlage sei eine firmeneigene Anlage. Der Betreiber habe es in der Hand, fremde Beseitigungspflichtige in der geplanten Anlage zu bedienen oder zurückzuweisen.

Mit Beschluß vom 09.12.1996 (10 S 3036/96) hat der Senat den Antrag der Kläger abgelehnt, seinen Beschluß vom 05.03.1996 nach § 80 Abs. 7 VwGO zu ändern.

Dem Senat liegen die Akten der Stadt und des Verwaltungsgerichts Stuttgart (16 K 2431/96 - Klageverfahren - und 16 K 3994/95 - Eilverfahren) vor. Auf diese Akten sowie auf die Akten des Senats im Berufungsverfahren und in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (10 S 2830/95 und 10 S 3036/96) wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat die der Beigeladenen von der Beklagten erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 01.08.1994 i.d.F. der Änderungsgenehmigung vom 21.06.1996 zu Unrecht aufgehoben, denn diese Genehmigung verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

Nach § 6 BImSchG ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die im vereinfachten Verfahren (§§ 4, 19 BImSchG i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 2, Anhang Nr. 8.4 Spalte 2 Buchst. b 4. BImSchV) genehmigungsbedürftige Anlage der Beigeladenen zu erteilen, wenn sichergestellt ist, daß die sich aus § 5 und einer aufgrund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (1.) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (2).

1. Die Kläger werden nicht durch einen Verstoß der Genehmigung gegen die allgemein als drittschützend anerkannte Genehmigungsvoraussetzung des § 6 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG in ihren Rechten verletzt. Danach ist die Anlage so zu errichten und betreiben, daß schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Solche Beeinträchtigungen sind angesichts der Lärm- und Staubprognosen, die Grundlage der angefochtenen Genehmigung sind, für die Kläger nicht zu erwarten. Der Senat verweist hierzu auf die nachfolgenden Ausführungen zu der Vereinbarkeit mit den bauplanungsrechtlichen Anforderungen, auf die § 6 Nr. 2 BImSchG abstellt. Denn die Maßstäbe des Immissionsschutzrechts und des Bauplanungsrechts bezüglich dessen, was von benachbarten Dritten an Immissionen aus einer Anlage hinzunehmen ist, sind im wesentlichen identisch. Insbesondere ist die Erheblichkeitsschwelle für die Annahme von schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 3 Abs. 1 BImSchG auch im Rahmen des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots maßgeblich (BVerwG, Urt. v. 30.09.1983 - 4 C 74.78 -, BVerwGE 68, 58); andererseits bestimmt sich diese Erheblichkeitsschwelle auch für das Immissionsschutzrecht danach, was den Nachbarn einer Anlage nach Maßgabe der bauplanungsrechtlich zu bestimmenden Schutzwürdigkeit des Gebiets und des Rücksichtnahmegebots zugemutet werden kann (vgl. die Beschlüsse des Senats vom 25.06.1996 - 10 S 200/96 -, UPR 1996, 396 = GewArch 1996, 435, und vom 14.11.1994 - 10 S 860/94 -, GewArch 1995, 211 = NVwZ-RR 1995, 509; zu den Wechselwirkungen zwischen Immissionsschutzrecht und Bauplanungsrecht vgl. auch BVerwG, Urt. v. 24.09.1992 - 7 C 7.92 -, DVBl. 1992, 111). Die vorrangige Prüfung der Vereinbarkeit der Genehmigung mit den Anforderungen des Bauplanungsrechts ist auch deshalb angezeigt, weil die Kläger - wie sie in der mündlichen Verhandlung nochmals betont haben - primär einen über den immissionsschutzrechtlich gewährleisteten Drittschutz hinausgehenden "erweiterten Nachbarschutz durch Bauleitplanung" (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1992, a.a.O.) geltend machen.

2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verstößt die Genehmigung der Anlage nicht zum Nachteil der Kläger gegen drittschützende Bestimmungen des Bauplanungsrechts. Wenn man mit dem Verwaltungsgericht davon ausgeht, daß die Festsetzung GE1 in dem hier noch maßgeblichen (vgl. hierzu nachfolgend c) ursprünglichen Bebauungsplan vom 09.04.1981 auch zum Schutz der Kläger getroffen worden ist, führt dies weder dazu, daß diese durch die Erteilung der Genehmigung in einem von einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung unabhängigen Recht auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 = DVBl. 1994, 284) verletzt werden, noch dazu, daß sie in ihrem Recht, von konkreten mit der Gebietsart nicht zu vereinbarenden oder gleichwohl unzumutbaren Beeinträchtigungen verschont zu bleiben, verletzt werden; denn die Genehmigung widerspricht schon objektiv-rechtlich nicht der Gebietsfestsetzung GE1 (a). Im übrigen ist die Festsetzung GE1 nach Auffassung des Senats nicht zugunsten der Kläger drittschützend (b).

a) Die Genehmigung der Anlage verstößt weder bei typisierender noch bei konkreter Betrachtung gegen die Festsetzung GE1.

aa) Der Senat vermag dem Verwaltungsgericht nicht darin zu folgen, daß die Genehmigung deshalb der Festsetzung GE1 widerspricht, weil sie eine Anlage zuläßt, die nicht mischgebietstypisch ist. Dies gilt sowohl unter dem Gesichtspunkt ihrer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit im vereinfachten Verfahren als auch unter dem Gesichtspunkt der besonderen Eigenschaft des konkreten Betriebs als mit nicht unerheblichen Lärm- und Staubeinwirkungen verbundener Gewerbebetrieb. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts vermittelt die Festsetzung GE1 keine Mischgebietstypik, auf deren Bewahrung sich die Kläger berufen könnten. Zwar läßt der Bebauungsplan mit der textlichen Festsetzung, daß Betriebe und Anlagen nach § 8 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zulässig sind, die das Wohnen nur unwesentlich stören, nur Gewerbebetriebe zu, die auch in einem Mischgebiet zulässig wären, zumal - wie der Senat in seinem im Eilverfahren ergangenen Beschluß vom 05.03.1996 - 10 S 2830/95 (DVBl. 1996, 687 = NVwZ 1997, 401) - im einzelnen dargelegt hat - sich aus dem Zweck der Gliederung des Gewerbegebiets ergibt, daß im GE1 der für Mischgebiete maßgebliche Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tagsüber einzuhalten ist. Allein deshalb kann aber das GE1 von seiner Typik her noch nicht als Mischgebiet angesehen werden. Insbesondere fehlt es an einer die Typik des Mischgebiets prägenden Zulässigkeit von (allgemeiner) Wohnnutzung im GE1. Wie im Zusammenhang mit der Frage des drittschützenden Charakter dieser Gebietsfestsetzung nachfolgend im einzelnen noch darzulegen ist, dient die mit der textlichen Festsetzung verfolgte Senkung des sonst in einem Gewerbegebiet zulässigen Immissionsniveaus ausschließlich dem Schutz des ursprünglich geplanten Wohngebiets H.-W. derart, daß dort der Immissionsrichtwert von 55 dB(A) eingehalten werden kann. Zwar wäre die Beklagte nicht gehindert gewesen, im Bebauungsplan zum Schutz dieses Wohngebiets die einzelnen Baugebiete dahingehend abzustufen, daß sie zwischen dem GE3 im Westen und dem geplanten Wohngebiet im Osten anstelle des GE1 und möglicherweise auch des GE2 ein Mischgebiet ausgewiesen hätte. So ist die Beklagte aber gerade nicht verfahren; sie hat vielmehr ersichtlich im Interesse einer bestmöglichen Ausschöpfung der gewerblichen Nutzung mit dem GE1 ein "reines" Gewerbegebiet, allerdings mit einer Begrenzung der zulässigen Immissionen, wie sie Gewerbebetriebe sonst nur im Mischgebiet beachten müssen, ausgewiesen. Diese gerade atypische Gebietsausweisung kann zu keinem eigenen Typenschutz führen. Das GE1 bleibt vielmehr vom Typus her ein Gewerbegebiet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.04.1987 - 4 B 71.87 -, NVwZ 1987, 970).

In einem Gewerbegebiet ist die Anlage bei typisierender Betrachtung zulässig. Insbesondere kann den Klägern nicht darin gefolgt werden, daß die Anlage industriegebietstypisch ist. Allein die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit im vereinfachten Verfahren führt nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht (mehr) dazu, daß schon bei typisierender Betrachtung die Anlage in dem Gebietstyp Gewerbegebiet grundsätzlich nicht zulässig ist (Urt. v. 24.09.1992, a.a.O.). Allerdings ist es nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts gleichwohl nicht nur zulässig, sondern sogar geboten, die Vorschriften des immissionsschutzrechtlichen Verfahrensrechts zu einer sachgerechten Konkretisierung der Vereinbarkeit mit dem Gebietstyp Gewerbegebiet heranzuziehen. Auch dies führt vorliegend jedoch nicht dazu, daß die Anlage in einem Gewerbegebiet allein wegen ihrer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit unzulässig ist. Dagegen spricht schon, daß der maßgebliche Bebauungsplan jedenfalls in den festgesetzten Baugebieten GE2 und GE3 ausdrücklich einzelne genehmigungsbedürftige Vorhaben nach der 4. BImSchV zuläßt. Der Plangeber ist also selbst nicht davon ausgegangen, daß allein schon die Genehmigungsbedürftigkeit nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz mit der Zulässigkeit in einem Gewerbegebiet nicht zu vereinbaren ist. Auch ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.09.1992 ersichtlich so zu verstehen, daß es jedenfalls bei der Beurteilung atypischer Betriebe eine einzelfallbezogene Beurteilung zuläßt. Eine solche Atypik besteht vorliegend schon deshalb, weil der eigentliche Betrieb der Anlage, also das Sortieren der Baustellenmischstoffe, in eine Hallenbaukonstruktion integriert (eingehaust) durchgeführt werden soll. Damit wird ein Großteil des Belästigungspotentials einer solchen Anlage, das insbesondere in Staub- und Lärmemissionen besteht, von vornherein in seinen Auswirkungen auf die Nachbarschaft begrenzt (vgl. auch Beschl. v. 05.03.1996, a.a.O., sowie den Beschl. des Senats v. 23.08.1996 - 10 S 1492/96 -, VBlBW 1997, 62). Wegen der Einhausung und der flankierenden auf die Beschränkung der Lärm- und Staubeinwirkungen gerichteten Auflagen in der Genehmigung ist auch nicht anzunehmen, daß die Anlage wegen ihrer besonderen Eigenart als Staub und Lärm verursachende Sortieranlage für Baustellenmischstoffe schon bei typisierender Betrachtung in einem Gewerbegebiet nicht zulässig ist. Zwar kann dem Verwaltungsgericht darin zugestimmt werden, daß die Grundsätze der typisierenden Betrachtungsweise im Einzelfall der Rechtmäßigkeit einer Genehmigung entgegenstehen können, durch die mit zahlreichen Nebenbestimmungen eine Anlage für eine an sich ungeeignete Umgebung passend gemacht werden soll. Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor. Anders als etwa in der Fallgestaltung, die dem Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 21.03.1995, (NVwZ 1996, 921) zugrunde liegt, auf das das Verwaltungsgericht sich bezogen hat, handelt es sich vorliegend nicht lediglich um auf den Betriebsablauf bezogene, nur schwer kontrollierbare Auflagen für eine gewerbe- oder industriegebietstypische Einrichtung in einem Wohngebiet, sondern um weitgehend anlagenbezogene Maßnahmen für einen Gewerbebetrieb, der in einem Gewerbegebiet errichtet und betrieben werden soll.

bb) Es ist auch nicht zu erwarten, daß die genehmigte Anlage auf dem mit einem Druckereibetrieb bebauten Grundstück der Kläger zu Beeinträchtigungen führt, die der Festsetzung GE1 widersprechen oder jedenfalls im Hinblick auf diese Gebietsfestsetzung für die Kläger unzumutbar sind. Insbesondere ist mit der Änderungsgenehmigung vom 21.06.1996 der vom Senat noch im Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gerügte Mangel entfallen, daß durch die Genehmigung schon rechtlich nicht sichergestellt ist, daß die Anlage den im GE1 maßgeblichen Wert von 60 dB(A) einhalten muß. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, daß die Anlage den Immissionsrichtwert von 60 dB(A) von vornherein tatsächlich nicht einhalten kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.04.1995 - 3 S 2514/94 -, VBlBW 1995, 481).

Nach der der Genehmigung zugrundeliegenden Lärmprognose der Fa. E. vom 13.09.1993, in die Erfahrungen mit gleichartigen Anlagen eingeflossen sind, unterschreitet der Anlagenlärm an den ausgewählten Immissionsorten IO1 und IO2, die auf der der Anlage gegenüberliegenden Seite der T-Straße liegen, mit 58 dB(A) und 50 dB(A) den maßgeblichen Immissionsrichtwert von 60 dB(A). Es ist zu erwarten, daß schon wegen der größeren Entfernung des Grundstücks der Kläger zur Anlage der Beurteilungspegel dort noch niedriger ist; das Grundstück der Kläger liegt ungefähr doppelt so weit von der Anlage entfernt wie diese Immissionsorte. Dies führt nach den allgemein anerkannten Regeln der Schallausbreitung dazu, daß dort der Beurteilungspegel um etwa 3 dB(A) niedriger liegt (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO 8. Aufl., § 15 RdNr. 15.1). Hinzu kommt, daß die Häuserfront an der der Anlage gegenüberliegenden Seite der T-Straße die Lärmimmissionen noch weiter abmindern wird, ehe sie das dahinterliegende Grundstück der Kläger erreichen. Es ist deshalb auch nicht zu erwarten, daß eine Berücksichtigung des Zu- und Abgangsverkehrs auf der T-Straße, wie sie der Senat im Beschluß vom 05.03.1996 für geboten erachtet hat, zu einer Überschreitung des Immissionsrichtwerts von 60 dB(A) auf dem Grundstück der Kläger führen wird, zumal nach der ergänzenden nachvollziehbaren Lärmprognose der Fa. E. vom 20.06.1996 mit einer Erhöhung der Verkehrslärmimmissionen im Bereich der T-Straße/Einmündung E-Straße um lediglich ca. 1,24 dB zu rechnen ist.

Die Lärmprognose der Fa. E. vom 13.09.1993 wird in der Stellungnahme des von den Klägern beauftragten Instituts für Lärm- und Erschütterungsmessungen + Bauakustik D. vom 06.07.1994 nicht grundlegend in Frage gestellt. Vielmehr kommt das Institut in seiner zusammenfassenden Beurteilung zu dem Ergebnis, daß die von der Fa. E. berechneten Immissions- und Beurteilungspegel in der Tendenz als richtig einzustufen seien. Gravierende Berechnungsfehler hätten nicht festgestellt werden können. Die Kläger können diese Lärmprognose auch nicht mit der Erwägung in Frage stellen, daß durch die Genehmigung nicht sichergestellt sei, daß der von der Beigeladenen angegebene Jahresdurchsatz von ca. 20.000 t, der die Grundlage der Lärmberechnung bildet, nicht erheblich überschritten werden könne. Denn die dem Genehmigungsantrag beigefügte Anlage 5, in der das Vorhaben beschrieben und diese Jahresdurchsatzleistung festgelegt wird, ist Bestandteil des Genehmigungsbescheids. Wie der Vertreter der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, zielt die "ca.-Angabe" allenfalls auf eine Abweichung von plus/minus 10%. Der Senat sieht vor diesem Hintergrund keinen Anlaß zu der Annahme, daß es einer ausdrücklichen Festlegung des Jahresdurchsatzes im Tenor der Genehmigungsentscheidung bedurft hätte. Im übrigen wäre die Beklagte nicht gehindert, den Jahresdurchsatz im Wege einer nachträglichen Anordnung nach § 17 BImSchG ausdrücklich - gegebenenfalls auch niedriger - festzulegen, wenn sich beim Betrieb der Anlage ergeben sollte, daß die Lärmeinwirkungen auf dem Grundstück der Kläger 60 dB(A) überschreiten. Dies gilt auch, soweit die Kläger Schwankungen des Durchsatzes über das Jahr hinweg befürchten, weil die Bautätigkeit in der warmen Jahreszeit größer sei als in den Wintermonaten.

Es ist nichts dafür ersichtlich, daß die Kläger auch bei Einhaltung des Immissionsrichtwerts von 60 dB(A) auf ihrem Grundstück - etwa wegen besonderer Anforderungen ihres Gewerbebetriebs - durch Lärmeinwirkungen unzumutbar beeinträchtigt werden. Die Kläger haben auch nicht substantiiert dargelegt, daß damit zu rechnen sei, daß sie auf ihrem Grundstück durch im GE1 nicht zumutbare Staubeinwirkungen beeinträchtigt werden. Derartige Einwirkungen sind, da die gesamten staubintensiven Sortiermaßnahmen eingehaust stattfinden sollen, auch nicht zu erwarten.

b) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts wären die Kläger auch dann nicht in ihren Rechten verletzt, wenn die Genehmigung gegen die Festsetzung GE1 verstoßen würde, weil diese Festsetzung nicht auch zu ihrem Schutz erfolgt ist.

aa) Ein Drittschutz zugunsten der Kläger ergibt sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht schon kraft Bundesrechts. Das Verwaltungsgericht kann seine Auffassung insbesondere nicht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.09.1993 (a.a.O.) stützen. Zwar hat nach dieser Entscheidung die Festsetzung von Baugebieten durch Bebauungspläne schon kraft Bundesrechts grundsätzlich nachbarschützende Funktion, wobei dieser Nachbarschutz auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart gerichtet ist und damit weitergeht als der Schutz aus dem Rücksichtnahmegebot in § 15 Abs. 1 BauNVO. Diese Rechtsprechung betrifft jedoch, wie die Beigeladene zutreffend ausführt, nicht den vorliegenden Fall. Denn kraft Bundesrecht nachbarschützend ist die Festsetzung von Baugebieten nur, soweit sie einer von der Baunutzungsverordnung vorgegebenen Typisierung entspricht, da hier das Bundesrecht dem Ortsgesetzgeber den Regelungsinhalt auch objektiv- rechtlich selbst vorgibt. Gibt dagegen das Bundesrecht dem Ortsgesetzgeber nicht selbst objektiv-rechtlich vor, welche Festsetzungen er im Bebauungsplan zu treffen hat, sondern ermächtigt es ihn, wie dies bei § 1 Abs. 4 BauNVO oder den folgenden Absätzen dieser Vorschrift der Fall ist, gerade dazu, Abweichungen vom bundesrechtlich typisierend Vorgegebenen zu treffen, dann kann es ihm sinnvollerweise auch keine bindenden Vorgaben über den Nachbarschutz der dann "originär" ortsrechtlichen Festsetzung machen. Daß Nachbarschutz kraft Bundesrechts nur für dem bundesrechtlichen Typenzwang unterliegende Festsetzungen besteht, läßt sich auch der weiteren Erwägung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen, wonach ein identischer bundesrechtlicher Nachbarschutz in geplanten und faktischen Baugebieten nach § 34 Abs. 2 BauGB besteht. Gebiete, die von der Typisierung der Baunutzungsverordnung abweichen, unterfallen nämlich im unbeplanten Innenbereich nicht § 34 Abs. 2 BauGB, so daß insoweit auch kein bundesrechtlicher Nachbarschutz auf Gebietsbewahrung, der über den Nachbarschutz durch das Rücksichtnahmegebot hinausgeht, in Betracht kommt. Die Identität des bundesrechtlich gewährleisteten Nachbarschutzes in geplanten und faktischen Baugebieten hat das Bundesverwaltungsgericht erst jüngst bestätigt (Urt. v. 23.08.1996 - 4 C 13.94 -, BauR 1997, 72, 78). Auch der vom Bundesverwaltungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung herangezogene, aus dem Inhalt des Grundeigentums abgeleitete Gesichtspunkt des wechselseitigen Austauschverhältnisses zwischen den von der Gebietsfestsetzung betroffenen Grundstückseigentümern und deren speziell durch die Festsetzungen des Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung bewirkte rechtliche Schicksalsgemeinschaft gebieten keine Ausdehnung des bundesrechtlich gewährleisteten Drittschutzes auf Abwandlungen der Baugebietstypen nach § 1 Abs. 4ff. BauNVO. Insbesondere führt eine solche "Feinplanung" der Gemeinde entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu keiner rechtlichen Schicksalsgemeinschaft "in sogar gesteigerter Form". Vielmehr ist davon auszugehen, daß dem wechselseitigen Austauschverhältnis und der rechtlichen Schicksalsgemeinschaft hinreichend Rechnung getragen ist, wenn bundesrechtlich jedenfalls ein Nachbarschutz auf Bewahrung des in der Baunutzungsverordnung vorgegebenen Grundtyps der Nutzungsart - hier: eines Gewerbegebiets - gewährleistet ist.

bb) Die Beklagte als Ortsgesetzgeberin hat die Festsetzung GE1 nicht zum Schutz der Gewerbetreibenden im GE1 und damit auch nicht zum Schutz der Kläger, sondern ausschließlich zum Schutz der damals geplanten Wohnbebauung H.-W. getroffen. Dies ergibt sich in erster Linie aus dem Bebauungsplan selbst und seiner Begründung sowie aus weiteren Unterlagen des Aufstellungsverfahrens. In den textlichen Festsetzungen zum GE1 wird bestimmt, daß "Betriebe und Anlagen zulässig (sind), die das Wohnen nur unwesentlich stören und deren äquivalenter Dauerschallpegel ankommend an der neuen Wohnbebauung H.-W ... 55 dB(A) nicht überschreitet". Diese Festsetzung kann entgegen der Auffassung der Kläger nicht so verstanden werden, daß nur der festgesetzte Immissionsrichtwert dem Schutz des geplanten Wohngebiets, die Wohngebietsverträglichkeit als solche jedoch dem GE1 selbst zugutekommen soll. Es ist nämlich nicht ersichtlich, welcher Wohnbebauung im GE1 diese Festsetzung dienen sollte, wenn man von den nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zulässigen und hier zugelassenen Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter absieht, auf deren Schutz sich die Kläger ohnedies nicht berufen; dieser Schutz würde ihnen auch nicht bezüglich des Gewerbebetriebs zugute kommen. Vielmehr ist es naheliegend, daß eine wohngebietsverträgliche Nutzung im GE1 deshalb festgesetzt worden ist, weil nur bei einer solchen Abstufung im Hinblick auf das sonst in einem Gewerbegebiet Zulässige hinreichend Gewähr bestanden hat, daß die 55 dB(A) im geplanten benachbarten Wohngebiet auch eingehalten werden können. Daß dies so vom Ortsgesetzgeber gewollt war, wird durch die Materialien des Bebauungsplanverfahrens bestätigt: Danach beruht die Gliederung des Gewerbegebiets, wie einer Vorlage des Referats Städtebau an den Technischen Ausschuß der Beklagten vom 30.05.1980 als Grundlage für dessen Auslegungsbeschluß zu entnehmen ist, auf einer Forderung des Gewerbeaufsichtsamts im Rahmen der Anhörung der Träger öffentlicher Belange. In der Begründung des Bebauungsplans vom 28.05./26.11.1980 ist zur Gliederung ausgeführt: "Entsprechend der Lage des Gewerbegebietes zwischen B .. und E-Straße mit später östlich davon angrenzender Wohnbebauung ist es erforderlich, die Nutzung des Gewerbegebietes zu gliedern. Zwischen der E.- Straße und Straße 5 sollen Gewerbebetriebe angesiedelt werden, die das Wohnen nur unwesentlich stören und deren Lärmimmissionen die künftige Wohnbebauung nicht beeinträchtigen. ..." Daß die Gliederung nicht im Interesse der Gewerbetreibenden erfolgte, ist auch folgendem Umstand zu entnehmen: Die Kreishandwerkerschaft S. hielt in ihrer Stellungnahme die Gliederung des Gewerbegebiets für absolut unnötig und unzweckmäßig. Dem entgegnete das Referat Städtebau in der genannten Vorlage an den Technischen Ausschuß, es sei nicht zutreffend, daß bei der Planung des Gewerbegebiets das Gewerbe und somit der künftige Gewerbesteuerzahler übergangen worden sei. Die Gliederung des Gewerbegebiets sei sinnvoll, da die E.-Straße durch einen geplanten (später allerdings nicht realisierten) Straßenanschluß ihre seitherige Verkehrsbelastung verliere und die Erweiterung des Wohngebiets H.-W. dies erfordere. Im übrigen hätte es nahegelegen, daß die Beklagte, wenn sie die Senkung des Immissionsniveaus zugunsten der Gewerbetreibenden im Baugebiet selbst hätte anordnen wollen, dies in den textlichen Festsetzungen zum GE1 eindeutig zum Ausdruck gebracht hätte.

Es sind auch keine Gesichtspunkte erkennbar, die es der Beklagten als Ortsgesetzgeber hätten verbieten können, nur eine bestimmte, außerhalb des betreffenden Baugebiets gelegene Nachbarschaft in den Schutzbereich der Festsetzung GE1 einzubeziehen. Zwar wird ein gebietsüberschreitender Nachbarschutz, der einer Festsetzung über die Art der baulichen Nutzung zukommt, regelmäßig auch einen gebietsinternen Nachbarschutz mit einschließen (vgl. Schlichter/Roeser in: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 2. Auflage, Vorbemerkung zu den §§ 29 bis 38 Rn. 53). Dies schließt aber nicht aus, daß unter besonderen Umständen - wie sie hier vorliegen - auch ein isolierter gebietsüberschreitender Nachbarschutz in Betracht kommen kann. Insbesondere läuft ein nur gebietsüberschreitend gewährter Nachbarschutz entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zwingend der Aufgabe des Bauplanungsrechts zuwider, auf einen Ausgleich möglicher Bodennutzungskonflikte innerhalb des Plangebiets zu zielen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die betreffende Festsetzung des Bebauungsplans - wie hier - schon objektiv nicht der gebietsinternen, sondern nur der gebietsüberschreitenden Konfliktbewältigung dient.

c) An der rechtlichen Beurteilung ändert nichts, daß am 11.01.1996 der Bebauungsplan "B ..-/Sigmaringer Straße" vom 06.04.1995 in Kraft getreten ist, der den bisherigen Bebauungsplan aus dem Jahre 1981 ersetzt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der erkennende Verwaltungsgerichtshof folgt, kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer von Nachbarn angefochtenen Baugenehmigung grundsätzlich auf das im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung geltende Bauplanungsrecht an. Dies bedeutet, daß Änderungen der Rechtslage, die nach Erteilung der Baugenehmigung eintreten, nur dann berücksichtigt werden dürfen, wenn sie für den Bauherrn günstig sind, nicht jedoch dann, wenn sie sich zu dessen Nachteil auswirken (BVerwG, Urt. v. 14.04.1978 - 4 C 96 u. 97.76 -, NJW 1979, 995; Urt. v. 19.09.1969 - 4 C 18.67 -, DÖV 1970, 135; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.04.1995 - 3 S 2514/94 -, a.a.O.; Urt. v. 22.03.1989 - 5 S 3439/88 -, VBlBW 1989, 343; vgl. auch Redeker/von Oertzen, VwGO, 11. Auflage, § 108 Rn. 25). Der Anwendung dieser für das Baurecht entwickelten Grundsätze zur Maßgeblichkeit von Rechtsänderungen, die nach Erteilung der Baugenehmigung eintreten, steht auch nicht entgegen, daß vorliegend eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Dritten angefochten ist und in derartigen Fällen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also gegebenenfalls des Widerspruchsbescheids oder - wenn er wie hier unterblieben ist - der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist (Beschl. v. 11.01.1991 - 7 B 102.90 -, NvWZ-RR 1991, 236; Urt. v. 18.05.1982 - 7 C 42.80 -, BVerwGE 65, 313 = DVBl. 1982, 958). Diese Rechtsprechung ist nämlich ersichtlich auf die Maßgeblichkeit spezifisch immissionsschutzrechtlicher Bestimmungen gerichtet und zu der Frage ergangen, ob bezüglich dieser Bestimmungen nicht sogar immer auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen ist. Darum geht es vorliegend jedoch nicht. Vielmehr betrifft die Frage, welcher Bebauungsplan maßgeblich ist, trotz der Wechselwirkung zwischen Bau- und Immissionsschutzrecht bezüglich der in einem festgesetzten Baugebiet letztlich zulässigen Nutzungen spezifisches Bauplanungsrecht, über das lediglich wegen der in § 13 BImSchG angeordneten formellen Konzentrationswirkung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 6 Nr. 2 BImSchG mitzuentscheiden ist. Dies rechtfertigt es nach Auffassung des Senats, hier die für das Baurecht entwickelten Grundsätze über den für die Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt bei Drittanfechtungsklagen entsprechend anzuwenden. Danach ist auf den ursprünglichen Bebauungsplan abzustellen, da dieser für die Beigeladene jedenfalls nicht ungünstig ist.

Aber auch wenn zwingend der neue Bebauungsplan heranzuziehen wäre, würde dies zu keiner anderen Entscheidung führen, da es letztlich nur darauf ankommt, ob er den Drittschutz bezüglich der Kläger günstiger regelt (vgl. Roeser, in: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 2. Auflage, § 236 Rn. 3f.). Den Bebauungsplanakten ist hierfür nichts zu entnehmen. Zwar vermittelt die Festsetzung GE1 nach den textlichen Festsetzungen keinen Drittschutz mehr bezüglich des geplanten Wohngebiets H.-W., da dessen Verwirklichung von der Beklagten endgültig aufgegeben worden ist. Stattdessen ist nach dem Willen des Plangebers die Festsetzung des GE1 zum Schutz eines im Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiets MI2 erfolgt, denn es sind nach den textlichen Festsetzungen nur Nutzungen gemäß § 8 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zulässig, die das Wohnen im Mischgebiet MI2 nicht wesentlich stören und deren äquivalenter Dauerschallpegel 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts nicht überschreitet. Zwar hat die Beklagte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeführt, daß der Bezug zum Mischgebiet sich auf die erste der beiden kumulativen Anforderungen des GE1 beziehe und daß die Eigenschaftsgliederung (60 dB(A)/45 dB(A) diesen Bezug nicht enthalte. Andererseits ist den Bebauungsplanakten nicht zu entnehmen, daß die Festsetzung 60 dB(A)/45 dB(A) zumindest auch zum Schutz der im GE1 ansässigen Gewerbetreibenden erfolgt ist. Nachdem in der Begründung des Bebauungsplans vom 27.10.1993/30.11.1994 auch bezüglich der ersten Anforderung ohne Hinweis auf das Mischgebiet darauf abgestellt wird, daß im GE1 nur Nutzungen zulässig sind, die das angrenzende Wohnen nur unwesentlich stören, spricht vielmehr alles dafür, daß in der Anfangsphase des Bebauungsplanänderungsverfahrens noch das geplante Wohngebiet H.-W. berücksichtigt worden ist und die einmal ins Auge gefaßte Immissionsbegrenzung letztlich im Interesse der Bewahrung der allgemeinen Wohnqualität in S.-D. - einem Interesse, das bei der Planung des Gewerbegebiets Tränke von Anfang an eine Rolle gespielt hat - nicht mehr geändert werden sollte.

3. Da die Genehmigung der Anlage der Beigeladenen sonach in bauplanungsrechtlicher Hinsicht keine Rechte der Kläger verletzt, kann offen bleiben, ob das Vorhaben der Beigeladenen als öffentlich zugängliche Abfallentsorgungsanlage nach § 38 BauGB anzusehen ist und eine auf Bauplanungsrecht beruhende Rechtsverletzung deshalb unerheblich wäre.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Klägern die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese in beiden Instanzen einen Antrag gestellt hat und somit das Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen ist.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.