OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.01.2010 - 8 WF 14/10
Fundstelle
openJur 2012, 62471
  • Rkr:

1. Entscheidet der Rechtspfleger bei Nichterreichen des Beschwerdewerts des § 61 Abs. 1 Fam FG über die Nichtzulassung der Beschwerde gem. § 61 Abs. 2 und 3 Fam FG, dann ist hiergegen die Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RpflG gegeben und es kann im Wege der Abhilfe auf Zulassung der Beschwerde (§ 61 Abs. 3 Satz 1 Fam FG) erkannt werden.

2. Der bestellte berufsmäßige Verfahrensbeistand (§ 158 Fam FG) erhält für die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach § 158 Abs. 4 Fam FG als aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auch bei Geschwistern für jedes Kind die Fallpauschale des § 158 Abs. 7 Satz 2 Fam FG.

Tenor

1. Die Beschwerde des Bezirksrevisors beim Landgericht Ellwangen als Vertreter der Staatskasse gegen den Festsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin beim Amtsgericht - Familiengericht - Schwäbisch Gmünd vom 3.12.2009, durch den die Vergütung des Verfahrensbeistands ... aus der Staatskasse auf 700 EUR festgesetzt wurde, wird

zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe

1.

Mit Beschluss vom 14.9.2009 (Bl.27), ergänzt durch Beschluss vom 17.9.2009 (Bl. 33), ist die Beschwerdegegnerin gem. § 158 FamFG zum Verfahrensbeistand der Kinder ... und ... bestellt worden; ihr sollten die üblichen Pauschalen nach § 158 Abs. 7 S. 2 ersetzt werden.

Mit Schreiben vom 10.11.2009 hat die Verfahrenspflegerin beantragt, die ihr aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 700 EUR (für jedes Kind eine Fallpauschale von 350.-- EUR) festzusetzen. Dem widersprach der Bezirksrevisor beim Landgericht Ellwangen am 26.11. 2009. Er ist der Ansicht, dass der Verfahrensbeistand die Fallpauschale trotz des Tätigwerdens für zwei Kinder nur einmal erhalten könne.

Mit Festsetzungsbeschluss vom 3.12.2009 setzte die Rechtspflegerin die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 700 EUR fest (2 Pauschalen gem. § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG).

Der Beschluss wurde dem Bezirksrevisor am 7.12.2009 zugestellt. Mit Schreiben vom 11.12.2009, eingegangen beim Amtsgericht am 14.12.2009, legte der Bezirksrevisor gegen den Beschluss vom 13.12.2009 (richtig 3.12.2009) Beschwerde ein, mit der er die Festsetzung nur einer Fallpauschale verfolgt.

Mit Beschluss vom 13.1.2010 ergänzte die Rechtspflegerin im Wege der Abhilfe den Festsetzungsbeschluss vom 3. Dezember 2009 dahingehend, dass die Beschwerde gegen diesen Beschluss zugelassen werde, da wegen der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Beschwerdegerichts erforderlich sei, § 61 Abs. 2, 3 FamFG.

Darüber hinaus hat die Rechtspflegerin dem Rechtsmittel des Bezirksrevisors nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

2.

a) Die Beschwerde des Bezirksrevisors ist zulässig.

Da das vorliegende Verfahren durch Schriftsatz vom 1.9.2009, beim Amtsgericht eingegangen am 2.9.2009, also nach dem 1. September 2009 eingeleitet worden ist, findet nach Art. 111 FGG-RG neues Recht Anwendung.

Für die durch einen Beschluss zu erfolgende Festsetzung ist das erstinstanzliche Gericht, hier also das Familiengericht zuständig, wobei die funktionelle Zuständigkeit für Entscheidungen nach § 168 gem. § 3 Nr. 2 a RPflG beim Rechtspfleger liegt (Keidel/Engelhardt, FamFG 16. Aufl., § 168 Rdnr. 6).

Nach § 61 Abs. 1 FamFG ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt. Das ist vorliegend nicht der Fall. Weiterhin ist die Beschwerde dann zulässig, wenn das Gericht des ersten Rechtszuges die Beschwerde zugelassen hat. In dem Festsetzungsbeschluss war dies nicht der Fall. Vielmehr hat die Rechtspflegerin die Beschwerde erst mit Abhilfebeschluss vom 13. Januar 2010 zugelassen.

Damit war die Beschwerde zunächst als Erinnerung gem. § 11 Abs. 2 RpflG zu behandeln. Dieser konnte die Rechtspflegerin auch dahingehend abhelfen, dass sie nunmehr im Abhilfebeschluss die Beschwerde zuließ (Keidel/Meyer-Holz a.a.O Anh. zu § 58 Rdnr. 9; Bumiller/Harders, FamFG 9. Aufl., § 61 Rdnr. 5; Bassenge/Gottwald, FamFG 12. Aufl., § 61 Rdnr. 17; MünchKommZPO/Koritz, § 61 FamFG Rdnr. 6; BayOblG FamRZ 2004, 304; OLG Zweibrücken FGPrax 2005, 216).

b) In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die Rechtspflegerin hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die dem Rechtsbeistand aus der Staatskasse zu bezahlende Vergütung auf zwei Fallpauschalen gem. § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG festgesetzt.

In der Literatur wird, soweit diese sich mit dem Anfall der Pauschale für das einzelne Kind beschäftigt, die Meinung vertreten, dass die Fallpauschale für jeden Verfahrensgegenstand, für jedes Kind und für jedes selbstständige Verfahren jeweils einzeln anzusetzen sei (Keidel/Engelhardt a.a.O. § 158 Rdnr. 47, MünchKommZPO/Schumann, Rdnr. 48 zu §158 mit weiteren Nachweisen). Dieser Meinung schließt sich auch der Senat an. Schon der Wortlaut des § 158 Abs. 1 FamFG spricht gegen die Auffassung des Bezirksrevisors. Die Bestellung des Verfahrensbeistands erfolgt für das minderjährige Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen . Dass die Fallpauschale für jedes einzelne im Kind anfällt, ist auch deshalb gerechtfertigt, weil auch bei Geschwistern die Interessen nicht identisch sein müssen, sondern die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes festzustellen sind.