OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.04.2006 - 13 U 111/05
Fundstelle
openJur 2012, 65057
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 27.05.2005 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Ansprüche in vollem Umfang weiter.II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Landgericht hat zurecht und mit weitgehend zutreffender Begründung die Klage abgewiesen.

Die nur noch mit rechtlichen Argumenten geführte Berufung ist nicht geeignet, die rechtliche Bewertung des Landgerichts in Frage zu stellen.

1. Zwischen den Parteien besteht kein Versicherungsvertrag oder ein versicherungsvertragsähnliches Rechtsverhältnis, wie die Beklagte in der Berufungserwiderung mit zutreffenden Argumenten ausgeführt hat.

Es gibt unterschiedliche Konstellationen von Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantien in Gebrauchtwagenhandel. Hierbei ist es auch denkbar, dass der Kraftfahrzeughändler dem Käufer Versicherungsschutz verschafft, denkbar ist aber z. B. auch, dass der Händler dem Käufer eine Garantie gibt, die er mit eigenen Beiträgen bei einer Versicherungsgesellschaft rückversichert (vgl. hierzu Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl. 2005 Rdnr. 1409 ff.). Die letztgenannte Konstellation liegt hier vor, ein Versicherungsverhältnis besteht dagegen nicht.

Auch eine entsprechende Anwendung des § 6 VVG scheidet aus, weil eben kein Versicherungsverhältnis vorliegt. Schon aus praktischen Gründen kann die Beklagte nicht wie ein Versicherer behandelt werden, weil sie als Vertragswerkstätte nicht dazu verpflichtet sein kann, bei jedem Werkstattauftrag zu überprüfen, ob gleichzeitig ihre Haftung als Garantiegeber in Frage stehen kann oder nicht. Denn nicht jeder Kunde ist gleichzeitig Garantienehmer.

2. Ob § 11 Abs. 1 q eine negative Leistungsbeschreibung oder eine den Hauptleistungsanspruch einschränkende Modifikation darstellt, erscheint fraglich, weil nicht alleine die vom Verwender gewählte Formulierung von AGB-Klauseln zur Beurteilung ausreichen kann. Es ist die Frage, ob, wie das Landgericht und das OLG Nürnberg (NJW 1997, 2186) meinen ( so wohl auch Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Aufl. 2006, § 307, Rdnr. 57), das Erfordernis vorgeschriebener Inspektionen tatsächlich Gegenstand, Art, Umfang, Quantität oder Qualität der vertraglichen Leistung, also die Hauptleistungspflicht (vgl. BGH NJW 1990, 761) beschreibt. Diese Frage kann jedoch letztlich dahinstehen.

3. Denn selbst wenn eine den Hauptleistungsanspruch einschränkende Modifikation vorläge und damit eine Inhaltskontrolle der Klausel zulässig wäre, ergäbe sich nicht ihre Unwirksamkeit.

Unwirksam wäre die Klausel nur, soweit sie Beschränkungen des Garantieumfangs vorsehen würde, die mit den berechtigten Erwartungen des Verbrauchers unvereinbar sind (Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rdnr. 57).

So bestand bei dem vom Bundesgerichtshof im Jahre 1991 entschiedenen Fall (NJW-RR 1991, 1013) kein schützenswertes Interesse des Garantiegebers, eine auch nicht schadensursächliche entsprechende Obliegenheitsverletzung des Garantienehmers mit dem Argument bestehender Beweisschwierigkeiten zum Verlust des Garantieanspruchs führen zu lassen. Anders ist die Situation aber im vorliegenden Fall, wo die Klausel nicht dem Schutzzweck des AGB-Gesetzes und den berechtigten Erwartungen des Kunden widerspricht, denn es ist nicht Sache des AGB-Gesetzes, dem Käufer neben dem für ihn bedeutsamen Gewährleistungsansprüchen gegen den Verkäufer auch noch ein Mindestmaß an Rechten aus einer daneben gegebenen Garantie zu geben (OLG Nürnberg, aaO.; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl. 2001, Anhang §§ 9-11, Rdnr. 372,374), jedenfalls wenn - wie hier (Garantie "incl.") - die Garantie kostenlos ist (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, aaO., Rdnr. 374 a.E.). Der Inhalt der vorliegenden Garantiezusage widerspricht nicht dem verkehrstypischen und vom Kunden nach Treu und Glauben zu erwartenden Deckungsumfang derartiger Garantien (vgl. OLG Nürnberg, aaO.; OLG Düsseldorf OLGR 1997, 145), außerdem sichert er dem Vertragshändler eine einkunftsträchtige Verdienstquelle auch im Rahmen seines Kundendienst- und Reparaturgeschäfts mit dem Ziel der Kundenbindung (vgl. OLG Nürnberg, aaO.). Dies hat das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt.

Die Beklagte ist im vorliegenden Fall gleich zu behandeln wie der Garantiegeber einer Anschlussgarantie im Neuwagenhandel (vgl. Reinking/Eggert, aaO., Rdnr. 712 ff.), weil die Beklagte als Folge einer freiwilligen Erweiterung der gesetzlichen Haftung (BGH NJW 1997, 3376) auch eine Kundenbindung an sich - bzw. eine andere Vertragswerkstatt -bezweckte. Anders läge es nach diesen Ausführungen dann, wenn ein Garantiegeber, der kein schützenswertes Interesse an der Kundenbindung hat (also weder ein Hersteller noch ein Kfz-Händler, sondern ein "freier" Garantiegeber) für die Garantie einzustehen hat (vgl. Reinking/Eggert, aaO., Rdnr. 1417) . Die Klausel ist deshalb nicht mit den berechtigten Erwartungen des Verbrauchers unvereinbar und ist somit wirksam und führt, da diese Inspektionen unstreitig nicht durchgeführt wurden, zum Verlust der Garantie.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.