KG, Beschluss vom 22.06.2010 - 1 W 277/10
Fundstelle
openJur 2012, 13245
  • Rkr:

In der Auflassungsurkunde muss eine erwerbende Gesellschaft bürgerlichen Rechts so genau bezeichnet sein, dass sie als unverwechselbares Rechtssubjekt identifizierbar ist. Anschluss an OLG München, NZG 2010, 341.

Tenor

Die Beschwerde wird nach einem Beschwerdewert von 55.000,00 € zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

In notarieller Verhandlung vom 16. Oktober 2009 schlossen die Beteiligte zu 1) und die Beteiligte zu 2) – eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts – einen Kaufvertrag über das im Beschlusseingang genannte Wohnungseigentum und erklärten die Auflassung. Zur Beteiligten zu 2) heißt es: „... die Erschienen zu 2) und 3) handelnd als Gesellschafter einer aus ihnen bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts - nachfolgend „der Käufer“ genannt ...“. Wegen der Einzelheiten wird auf die 1. Ausfertigung der Urkunde (Bl. 11/7 ff. d.A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 13. November 2009 hat der Urkundsnotar unter Bezugnahme auf seine Verhandlung vom 12. November 2009 (2. Ausfertigung Bl. 10/3 ff. d.A.) die Eintragung einer Grundschuld zu Gunsten der Beteiligten zu 3) beantragt. Unter dem 9. Februar 2010 hat er die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 2) und die Löschung einer zu ihren Gunsten gebuchten Vormerkung beantragt. Das Grundbuchamt hat eine Zwischenverfügung erlassen (Bl. 10/13 d.A.), die der Senat im angefochtenen Umfang mit Beschluss vom 27. April 2010 aufgehoben hat (Bl. 11/40 ff. d.A.). Mit Beschluss vom 17. Mai 2010 hat das Grundbuchamt die Anträge vom 13. November und 9. Februar 2010 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 2. Juni 2010.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten (Bl. 10/1 bis 11/54) Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, §§ 71 ff. GBO. Als Beschwerdeführer sind die gemäß § 13 Abs. 1 S. 2 GBO antragsberechtigten Beteiligten anzusehen, da der Urkundsnotar nicht angegeben hat, für wen er die Beschwerde einlegt (vgl. Demharter, GBO, 27. Aufl., § 15 Rn. 20).

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Grundbuchamt hat den Antrag auf Eigentumsumschrei-bung zu Recht gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 1.Alt. GBO zurückgewiesen, weil der Eintragung ein nicht rückwirkend behebbares Hindernis entgegen steht (vgl. BayObLG, DNotZ 2001, 557; Demharter, a.a.O., § 18 Rn. 5 ff.). Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 27. April 2010 verwiesen, die weiterhin gelten:

6„Das Problem, im Grundbuchverfahren den Nachweis von Existenz, Identität und Vertretungsberechtigung einer bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Grundvermögen erwerben will, zu erbringen, ist auch durch das Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG) vom 11. August 2009 (BGBl. I S. 2713) nicht gelöst worden (vgl. dazu im Einzelnen OLG München, Beschluss vom 5. Februar 2010, NJW-Spezial 2010, 176). Jedenfalls müssen im Anwendungsbereich des § 20 GBO dem Grundbuchamt neben der Vertretungsberechtigung der für sie Handelnden auch die Existenz und Identität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts – in grundbuchmäßiger Form – nachgewiesen sein (OLG München, a.a.O. m.w.N.). Die zum Nachweis der Auflassung vorgelegte Ausfertigung der notariellen Verhandlung vom 16. Oktober 2009 ... ist nicht geeignet, mit der für Grundbucheintragungen notwendigen Bestimmtheit die Identität der Gesellschaft festzustellen, an die das Wohnungseigentum aufgelassen wird und die als Eigentümerin eingetragen werden soll.

7Der Zweck des Grundbuchs, auf sicherer Grundlage bestimmte und sichere Rechtsverhältnisse für unbewegliche Sachen zu schaffen, erfordert klare und eindeutige Eintragungen. Dementsprechend haben die Beteiligten auf klare und eindeutige Erklärungen auch über die Person des Berechtigten, sei es eine natürliche Person, sei es eine juristische Person oder ein rechtsfähiger Personenverband wie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zu achten (vgl. § 15 GBV; OLG München, a.a.O. m.w.N.). Hieran fehlt es. Die Auflassung erfolgte an „die Erschienenen zu 2) und 3) handelnd als Gesellschafter einer aus ihnen bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts“, wobei die Formulierung darauf hindeutet, dass die entsprechende Gesellschaft bereits bestand. Schon angesichts der nicht auszuschließenden Möglichkeit, dass dieselben Gesellschafter mehrere Gesellschaften bürgerlichen Rechts halten, reichen diese Angaben nicht. Notwendig wären eindeutige die Gesellschaft als unverwechselbares Rechtssubjekt identifizierende Angaben, wozu etwa Erklärungen zum Gründungsort und zum Gründungszeitpunkt, aber auch Name und Sitz (vgl. § 15 Abs. 1 lit. c GBV), gehören können (OLG München, a.a.O.). Entbehrlich mag dies sein, wenn gleichzeitig ein (notarieller) Gesellschaftsvertrag abgeschlossen wird. So liegt der Fall aber nicht.

Es ist unerheblich, dass den Beteiligten die Identität der Gesellschaft bekannt ist; bei der Auslegung von Grundbucherklärungen sind außerhalb der Eintragungsbewilligung liegende Umstände nur zu berücksichtigen, wenn sie für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Demharter, a.a.O., § 19 Rn. 28). Eine Umdeutung der Erklärungen ... (dahin, dass das Wohnungseigentum an eine gleichzeitig neu gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgelassen wird), kommt nicht in Betracht. Mit den Mitteln des Grundbuchverfahrens kann weder der hypothetische Parteiwille ermittelt noch festgestellt werden, ob die Übertragung des Eigentums auf eine – durch dieselben Gesellschafter – neu gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Wirkungen gleichwertig ist.“

Aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken (DNotZ 2010, 301 ff.) ergibt sich nichts Abweichendes. In der dort behandelten Vertragsurkunde war die Gesellschaft bürgerlichen Rechts – neben der Angabe der Gesellschafter – durch Name und Sitz hinreichend individualisiert. Schließlich ist die Identifizierung der Gesellschaft, die hier auch nach den Angaben des Urkundsnotars im Schriftsatz vom 30. März 2010 bereits vor Abschluss des Vertrags vom 16. Oktober 2009 bestand, nicht deshalb entbehrlich, weil der Erwerber materiellrechtlich ggf. durch Auslegung ermittelt werden kann (vgl. Weimer, NZG 2010, 335 f.). Einer Auslegung der gemäß § 20 GBO nachzuweisenden Auflassung sind im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz und das Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsgrundlagen im Grundbuchverfahren engere Grenzen gesetzt. Vor der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bedurfte es keiner Individualisierung, weil Vertragspartner und Rechtsträger nicht die Gesellschaft, sondern die Gesellschafter (in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit) waren. Eine Zwangsvollstreckung in Gesellschaftsvermögen kam nur unter den Voraussetzungen des § 736 ZPO in Betracht.

Das Hindernis steht auch der Eintragung der Grundschuld und Löschung der Vormerkung entgegen, da gemäß § 16 Abs. 2 GBO bestimmt ist, dass diese nicht ohne die Eigentumsumschreibung erfolgen sollen (vgl. Demharter, a.a.O., § 16 Rn. 12). Hinsichtlich der Vormerkung ist der Vorbehalt im Antragsschreiben vom 9. Februar 2010 ausdrücklich erklärt. Die Beteiligten sind der Annahme des Senats im Beschluss vom 27. April 2010, bezüglich der Grundschuld enthalte das Schreiben eine schlüssige Verbindungsbestimmung, nicht entgegen getreten. Im Übrigen fehlt es für eine vorrangige Eintragung der Grundschuld auch an der gemäß § 19 GBO erforderlichen Bewilligung der Beteiligten zu 1). Die Belastungsvollmacht, die sie in der notariellen Verhandlung vom 16. Oktober 2009 erteilt hat, kann im Grundbuchverfahren keine Verwendung finden. Bevollmächtigter ist die Beteiligte zu 2) und nicht ihre Gesellschafter. Dass die Personen, die am 16. Oktober 2009 als Gesellschafter der Beteiligten zu 2) gehandelt haben, noch am 12. November 2009 zu ihrer Vertretung gemäß §§ 709 Abs. 1, 714 BGB berechtigt waren, ist nicht gemäß § 29 Abs. 1 GBO nachzuweisen. Selbst die Vorlage eines formgerechten Gesellschaftsvertrags würde nicht genügen, da dieser nur Auskunft über Gesellschafterbestand und Vertretungsbefugnis zu einem bestimmten Zeitpunkt gibt (vgl. BGH, NJW 2006, 2189, 2190). Die Vertretungsmacht ist auch durch eine Eigenerklärung des Vertreters nicht nachzuweisen. Geständniserklärungen sind nur erheblich, wenn der Erklärende noch die Rechtsmacht hat, die bestätigte Rechtshandlung selbst vorzunehmen (vgl. Demharter, a.a.O., § 29 Rn. 10 m.w.N.). Es ist aber nicht festzustellen, ob die für die Beteiligte zu 2) Handelnden am 12. November 2009 noch ihre (alleinigen) Gesellschafter waren.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 131 Abs. 3, 30 Abs. 1 KostO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen gemäß § 78 Abs. 2 S. 1 GBO vor.