OLG Hamm, Urteil vom 08.11.1990 - 18 U 181/89
Fundstelle
openJur 2012, 73092
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 20. April 1989 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer

des Landgerichts Essen abgeändert.

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen. Die Anschlußberufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert den Kläger um 3.200,-- DM.

Gründe

(Urteil ohne Tatbestand gemäß § 534 Abs. 1 ZPO)

Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Anschlußberufung hat keinen Erfolg. Die Klage ist nicht begründet.

I.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 3.200,-- DM Maklerhonorar gemäß § 652 Abs. 1 BGB.

1.

Ein Maklervertrag ist zwischen den Parteien zustande gekommen. Der Beklagte hat den Kläger beauftragt, die Kaufgelegenheit bezüglich des Grundstücks xxx in xxx nachzuweisen. Seine erstinstanzliche Behauptung, in fremdem Namen gehandelt zu haben, hält der Beklagte in zweiter Instanz nicht aufrecht. Unstreitig haben die Parteien über die Zahlung von Maklerhonorar in Höhe von 3,42 % des Kaufpreises verhandelt. Dies ist geschehen, bevor der Kläger dem Beklagten die Vertragsgelegenheit nachgewiesen hat. Der Nachweis ist nicht schon dadurch erfolgt, daß der Kläger dem Beklagten das Grundstück gezeigt hat, denn hierdurch wurde der Beklagte noch nicht in die Lage versetzt, Vertragsverhandlungen mit der Eigentümerin zu führen. Namen und Telefonnummer der Eigentümerin hat der Kläger dem Beklagten erst später genannt, also nach Äußerung des Provisionsverlangens.

2.

Der Nachweis selbst ist unstreitig. Der Beklagte behauptet allerdings, Vorkenntnis gehabt zu haben. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Beklagten das Objekt vorher bekannt gewesen ist. Unstreitig kannte er nicht den Namen der Eigentümerin, war also vorher nicht in der Lage, Vertragsverhandlungen mit der Eigentümerin zu führen. Damit ist die Kausalität des durch den Kläger erfolgten Nachweises von dem Beklagten nicht ausgeräumt.

3.

Der Hauptvertrag ist wirksam zustande gekommen. Wirtschaftliche Identität ist gegeben. Der Beklagte wußte spätestens seit der Besichtigung des Grundstücks, daß dieses bebaut war. Danach hat er weitere Maklerleistungen von dem Kläger verlangt (Benennung der Eigentümerin). Der Maklerauftrag bezog sich deshalb auf das bebaute Grundstück.

4.

Der Kläger hat seinen Provisionsanspruch indessen gemäß § 654 BGB verwirkt, weil er dem Beklagten mit Schreiben vom 31.10.1987 wahrheitswidrig die Einräumung einer Option für drei Monate zugesagt hat. Damit hat der Kläger unter zumindest grob leichtfertiger Verletzung wesentlicher Vertragspflichten den Interessen des Beklagten, seines Auftraggebers, in wesentlicher Weise zuwidergehandelt.

a)

Die Vorschrift des § 654 BGB betrifft ihrem Wortlaut nach zwar nur den Fall, daß der Makler vertragswidrig auch für den anderen Teil tätig geworden ist. Sie drückt aber einen von der Treu- und Sorgfaltspflicht des Maklers ausgehenden allgemeinen Rechtsgedanken aus und ist demgemäß auch in anderen Fällen anzuwenden, in denen der Makler seine Treuepflicht gegenüber dem Auftraggeber vorsätzlich, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt und deshalb den Maklerlohn nach allgemeinem Rechts- und Billigkeitsempfinden nicht verdient hat (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. BGH NJW 1986, S. 2573 m. w. N.).

b)

Der von dem Kläger in seinem Schreiben vom 31.10.1987 gebrauchte Begriff der "Option" bedeutete unter den gegebenen Umständen eine sog. Reservierungsvereinbarung. Der Beklagte konnte die Erklärung nur so verstehen, daß der Kläger alle sonstigen Vermittlungsbemühungen hinsichtlich dieses Objekts einstellen und allen anderen Interessenten - jedenfalls zunächst - absagen würde. Dabei durfte der Beklagte davon ausgehen, daß der Kläger einen qualifizierten Alleinauftrag hatte oder aber mit Zustimmung der Eigentümerin handelte, denn nur dann war die Option überhaupt etwas wert. Der Beklagte durfte aufgrund der Erklärung des Klägers darauf vertrauen, daß ihm das Grundstück praktisch drei Monate lang sicher sein würde. Diese Zeit sollte der Beklagte, wie sich aus dem Schreiben des Klägers ergibt, für notwendige Planungsarbeiten nutzen können, ohne Gefahr zu laufen, daß das Grundstück zwischenzeitlich anderweitig veräußert werden würde.

c)

In Wirklichkeit gab es eine solche Reservierung zugunsten des Beklagten jedoch nicht. Die Behauptung des Klägers, eine entsprechende Vereinbarung sei zwischen der Eigentümerin xxx und dem Beklagten getroffen worden, ist in der Beweisaufnahme widerlegt worden. Die Zeugin xxx hat glaubhaft bekundet, sie habe dem Beklagten keine Option eingeräumt. Kraft seiner Stellung als Makler konnte der Kläger selbst dem Beklagten nicht zusagen, daß das Grundstück für einen bestimmten Zeitraum nicht anderweitig verkauft werden würde, denn der Kläger hatte keinen Alleinauftrag, erst recht keinen qualifizierten, der die Eigentümerin dazu verpflichtet hätte, sämtliche Interessenten an ihn zu verweisen. Die Zeugin xxx hat glaubhaft ausgesagt, sie habe dem Kläger keinen Alleinauftrag erteilt. Der Kläger hätte mithin dem Beklagten allenfalls zusagen können, daß er das Grundstück während der Optionszeit anderweitig nicht anbieten würde. In seinem Schreiben vom 31.10.1987 heißt es jedoch wörtlich: "Während dieser Zeit wird es (das Grundstück) keinen weiteren Kunden angeboten." Das konnte der Beklagte nur so verstehen, daß das Grundstück überhaupt nicht, also weder gegenüber Kunden anderer Makler, noch gegenüber direkt mit der Eigentümerin in Kontakt tretenden Interessenten angeboten werden würde. Zu einer solchen Erklärung war der Kläger nicht befugt.

d)

Das Nichtbestehen der angeblichen "Option" gefährdete die Interessen des Beklagten in erheblichem Maße, denn er investierte möglicherweise in dieser Zeit Planungskosten und wurde eventuell auch, weil er sich des Grundstücks sicher fühlte, davon abgehalten, sich gleichzeitig um andere Objekte zu kümmern. Die Vorspiegelung der Option stellt deshalb eine Verletzung wesentlicher Vertragspflichten dar. Unerheblich ist, daß dem Beklagten dadurch ein Schaden nicht entstanden ist, weil das Grundstück nicht anderweitig, sondern an ihn verkauft worden ist und seine Investitionen mithin nicht vergeblich waren. Die Verwirkung des Anspruchs auf Maklerlohn nach § 654 BGB hat Strafcharakter. Sie soll den Makler bei Vermeidung des Verlustes seines Vergütungsanspruchs dazu anhalten, die ihm gegenüber seinem Auftraggeber obliegende Treuepflicht zu wahren. Die Anwendung der Vorschrift setzt nicht voraus, daß dem Auftraggeber ein Schaden entstanden ist (BGH a.a.O.).

e)

Der Kläger hat die ihm obliegende vertragliche Treuepflicht zumindest grob leichtfertig verletzt. Da er, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, weder von der Eigentümerin, noch von dem Beklagten über die Vereinbarung einer Option informiert worden war, durfte er eine solche dem Beklagten nicht "bestätigen". Dazu war er auch nicht kraft seiner Stellung als Makler berechtigt, denn ihm war bekannt, daß er nicht alleinbeauftragt war. Seine Erklärung, er habe sich für alleinbeauftragt gehalten, weil nach seiner Kenntnis seinerzeit kein weiterer Makler beauftragt gewesen sei, ist nicht glaubhaft. Die Bedeutung des Alleinauftrags liegt u.a. darin, daß sich der Makler dem Auftraggeber gegenüber zum Tätigwerden verpflichtet und dieser seinerseits auf sein Recht verzichtet, gleichzeitig die Dienste mehrerer Makler in Anspruch zu nehmen. Das ist in Maklerkreisen allgemein bekannt. Nach den Standesregeln des Bundesverbandes des xxx verhält sich ein Makler dann standeswidrig, wenn er sich als alleinbeauftragter Makler darstellt, ohne nachweisbar über einen Alleinauftrag zu verfügen. Der Senat ist davon überzeugt, daß auch der Kläger die Bedeutung des Begriffs des Alleinauftrags kennt und bei Abfassung des Schreibens vom 31.10.1987 gekannt hat. Der Kläger wirbt in seinen Anzeigen als xxx und hat mit Schriftsatz vom 02.11.1988 betont, seit rund 20 Jahren im Maklergewerbe tätig zu sein. Ein solchermaßen erfahrener Makler weiß, welche Bedeutung dem Begriff des "Alleinauftrags" in Maklerkreisen beigemessen wird. Da auch der Beklagte Makler ist und der Kläger dies bei Abfassung seines Schreibens vom 31.10.1987 wußte, hat er zumindest in Kauf genommen, daß der Beklagte die Bestätigung der "Option" als Reservierung durch den Kläger als vermeintlich alleinbeauftragten Makler verstehen würde, zumal der Kläger sich zuvor in Zeitungsanzeigen, in denen er dasselbe Grundstück als "älteres Mehrfamilienhaus" angeboten hatte, ausdrücklich als alleinbeauftragt bezeichnet hatte. Mit der wahrheitswidrigen Vorspiegelung, alleinbeauftragt zu sein, hat der Kläger den Interessen des Beklagten zumindest in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise zuwidergehandelt. Daraus folgt, daß er seinen Lohn nach allgemeinem Rechts- und Billigkeitsempfinden nicht verdient hat.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.