OLG Köln, Urteil vom 10.03.1995 - 3 U 74/94
Fundstelle
openJur 2012, 74650
  • Rkr:

1. Bei Schenkungen im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist gewöhnlich anzunehmen, daß sie allein zur Sicherung des Partners gegeben wurden mit der Folge, daß § 1301 BGB selbst im Falle eines gleichzeitigen Verlöbnisses unanwendbar ist. 2. Haben die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein Grundstück von einem Dritten je zur Hälfte erworben, so stellt die Zuwendung des Miteigentumsanteils an dem Grundstück eine Leistung des Dritten und nicht des Partners dar, der Zahlungen auf den Kaufpreis oder auf den zur Finanzierung des Grundstückskaufs von beiden Partnern aufgenommenen Kredit geleistet hat. Dieser kann daher weder nach §§ 1301, 1298 BGB noch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung wegen Zweckverfehlung Óbertragung des Miteigentumsanteils an sich verlangen. 3. Bei Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft findet die Auseinandersetzung hinsichtlich eines gemeinsam erworbenen Grundstücks grundsätzlich nach Gesellschaftsrecht statt. Ein Anwachsung gemäß § 738 BGB kommt nur bei eindeutiger Óbernahmevereinbarung in Betracht.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 22. Februar 1994 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 12 O 341/93 - wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandete Berufung des

Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen

die Beklagte auf Óbertragung deren Miteigentumsanteils an dem

Grundstück in L. verneint.

Ansprüche aus Verlöbnis gemäß §§ 1301, 1298 BGB, auf die der

Kläger sein Begehren nunmehr in erster Linie stützt, sind nicht

gegeben. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob hier die

Verlöbnisvorschriften überhaupt anzuwenden sind; denn bei

Schenkungen im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist

gewöhnlich anzunehmen, daß sie allein zur Sicherung des Partners

gegeben werden mit der Folge, daß § 1301 BGB selbst im Falle eines

gleichzeitigen Verlöbnisses unanwendbar ist (vgl.

Staudinger-Strätz, BGB, 12. Aufl., § 1301 Rdnr. 2 und Anhang zu §§

1297 f., Rdnr. 105). Auch größere Zuwendungen, die im Rahmen des in

einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft üblichen Gebens und

Nehmens zu sehen sind, stellen keine Geschenke im Sinne von § 1301

BGB dar (vgl. Soergel-Lange, BGB, 12. Aufl., § 1301 Rdnr. 3). Es

kann offenbleiben, ob ein Grundstückserwerb den Rahmen des Óblichen

in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft überschreitet. Ein

Anspruch aus § 1301 BGB scheitert jedenfalls daran, daß der Kläger

der Beklagten den Miteigentumsanteil an dem Grundstück nicht

geschenkt hat. Zwar ist der Schenkungsbegriff weit auszulegen. Er

umfaßt alle Zuwendungen, die mit der Auflösung des Verlöbnisses

ihre Grundlage verlieren (vgl. Staudinger-Strätz, § 1301 Rdnr. 10;

Münchener Kommentar-Wacke, BGB, 3. Aufl., § 1301 Rdnr. 3;

Soergel-Lange, § 1301, Rdnr. 3).

Der Kläger hat der Beklagten nichts zugewnendet.

Die Zuwendung des Miteigentumsanteils an dem Grundstück stellt

nämlich eine Leistung der belgischen Grundstücksgesellschaft

aufgrund des auch mit der Beklagten geschlossenen notariellen

Kaufvertrages vom 2.9.1992 dar. Als "Geschenk" des Klägers könnte

nur die Bezahlung des Kaufpreises auch für den Miteigentumsanteil

der Beklagten gewertet werden. Tatsächlich aber hat der Kläger nur

das bis zum Abschluß des Kaufvertrages bei der Bausparkasse ...

angesparte Bausparguthaben, zu dessen Höhe er nichts vorgetragen

hat, eingesetzt und in der Folgezeit die laufenden Raten an die

Kreissparkasse A. gezahlt. Den Kaufpreis selbst hatten beide

Parteien von ihrem Konto bei der Kreissparkasse A. überwiesen, die

ihnen beiden zum Grundstückskauf ein Darlehen in Höhe von 27.000,00

DM zur Verfügung gestellt hatte. Der Kläger könnte daher allenfalls

seine auf den Anteil der Beklagten entfallenden Aufwendungen

erstattet verlangen, nicht aber Óbertragung des Miteigentumsanteils

an dem Grundstück.

Entsprechendes gilt für einen Anspruch aus § 1298 BGB. Zu den

"in Erwartung der Ehe gemachten Aufwendungen" können nur die

Leistungen auf den Kaufpreis und die Darlehensschuld gerechnet

werden, nicht aber die seitens der belgischen

Grundstücksgesellschaft erfolgte Óbertragung des Eigentums an dem

Grundstück. Es bedarf daher keiner Klärung der Frage, ob sich die

Parteien verlobt hatten und die Beklagte von dem Verlöbnis

zurückgetreten ist.

Das Landgericht hat auch zutreffend einen

gesellschaftsrechtlichen Anspruch des Klägers auf Óbertragung des

Miteigentumsanteils an dem Grundstück verneint. Der Senat stimmt

mit dem Landgericht darin überein, daß hier eine

gesellschaftsrechtliche Abwicklung der nichtehelichen

Lebensgemeinschaft in Betracht kommt. Nach herrschender Meinung

findet allerdings bei Trennung nichtehelicher Partner grundsätzlich

kein Ausgleich statt. Eine Auseinandersetzung nach

Gesellschaftsrecht ist nur bei ausdrücklich oder stillschweigend

geschlossenem Gesellschaftsvertrag möglich, etwa wenn die Parteien

einen gemeinschaftlichen Wert geschaffen haben, der von ihnen nicht

nur für die Dauer der Partnerbeziehung gemeinsam benutzt werden,

sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören sollte

(vgl. Palandt-Diederichsen, BGB, 54. Aufl., Einleitung vor § 1297

Rdnr. 17, 18; Diederichsen, NJW 83, 1017 f. (1020 f.); BGH NJW 80,

1520; 83, 1055 und 2375; 92, 907; OLG Saarbrücken, FamRZ 79, 796

(798); OLG Hamm, FamRZ 90, 625). Die Mindestvoraussetzungen für die

Anwendung gesellschaftsrechtlicher Grundsätze liegen hier vor, da

die Parteien mit dem gemeinsamen Grundstückskauf einen

gemeinschaftlichen Wert schaffen wollten.

Ein Anspruch auf Óbertragung des Miteigentumsanteils an dem

Grundstück, die hier nach belgischem Recht erfordderlich wäre, kann

sich nur aufgrund von Anwachsung gemäß § 738 Abs. 1 BGB ergeben. §

738 BGB gilt nach herrschender Meinung entsprechend auch für die

Óbernahme des Gesellschaftsvermögens durch einen Gesellschafter in

der zweigliedrigen Gesellschaft (vgl. Palandt-Thomas, BGB, 54.

Aufl., § 738 Rdnr. 1; Münchener Kommentar-Ulmer, BGB, 2. Aufl., §

738 Rdnr. 7 - a. M. Staudinger-Wufka, BGB, 12. Aufl., § 313 Rdnr.

78 und Staudinger-Keßler, § 730 Rdnr. 29 und § 736 Rdnr. 7 f.). Im

Falle der Anwachsung ist allerdings nach deutschem Recht keine

rechtsgeschäftliche Óbertragung der Vermögensgegenstände

erforderlich. Bei Grundstücken bedarf es lediglich der

Grundbuchberichtigung (vgl. Palandt-Heinrichs, § 313 Rdnr. 9 und

Palandt-Thomas, § 736, Rdnr. 2; Münchener Kommentar-Ulmer, § 718

Rdnr. 9 und § 738 Rdnr. 5).

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, daß das

Vorbringen des Klägers für die Annahme einer Óbernahmevereinbarung

nach § 736 BGB nicht ausreicht. Auch wenn die Beklagte erklärt

haben sollte, der Kläger solle das Grundstück zurückerhalten, wenn

es nicht zu dem gemeinsamen Hausbau komme, so folgt daraus nicht,

daß die Parteien eine Anwachsung gewollt hätten. Unter

Berücksichtigung auch der Interessenlage der Beklagte wäre dies

kaum anzunehmen, zumal es bedenklich erscheint, auf diese Weise das

zum Schutz des Grundstücksverkäufers vorgesehene Erfordernis

notarieller Beurkundung zu umgehen. Der Kläger kann seinen Anspruch

auf die behauptete Zusage der Beklagte somit nicht stützen, da

diese - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat -

formunwirksam wäre.

Ansprüche aus Bereicherungsrecht stehen dem Kläger nicht zu. Sie

scheitern bereits daran, daß bei der vorliegenden Fallgestaltung

die Vorschriften des Gesellschaftsrechts anzuwenden sind. Nach

herrschender Meinung findet bei Auflösung einer nichtehelichen

Lebensgemeinschaft grundsätzlich kein Bereicherungsausgleich statt.

Nur in Ausnahmefällen kommt für gegenständliche bestimmte

dominierende Zuwendungen ein Bereicherungsanspruch wegen

Zweckverfehlung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB in Betracht,

etwa wenn die Partner eine Zweckabrede dahin getroffen haben, daß

der Zuwendende längerfristig an dem Gegenstand partizipieren kann,

oder auch im Falle eines Eheversprechens (vgl. Palandt-Thomas, §

812 Rdnr. 90 und 705 Rdnr. 32; Staudinger-Strätz, Anhang zu §§ 1297

f. Rdnr. 40 f. und 84).

In vergleichbaren Fällen haben allerdings das OLG Stuttgart

(Justiz 85, 201) und das OLG Karlsruhe (NJW 94, 948) Ansprüche aus

dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung wegen

Zweckverfehlung auf Óbertragung des Miteigentumsanteils an einem

Grundstück bejaht. Der Senat vermag sich dieser Auffassung nicht

anzuschließen. Es fehlt an der erforderlichen Einheitlichkeit des

Bereicherungsvorgangs. Zwar braucht der erlangte Vermögensvorteil

nicht mit der erbrachten Leistung identisch zu sein. Die Leistung

des Miteigentumsanteils an dem Grundstück müßte aber dem Kläger

zuzurechnen sein, etwa aufgrund einer Anweisung oder eines

Auftrages im Drei-Personen-Verhältnis (vgl. Palandt-Thomas, § 812,

Rdnr. 41, 46, 49 f.). Hier ist die Leistung jedoch durch die

belgische Grundstücksgesellschaft aufgrund des zwischen ihr und der

Beklagten bestehenden Vertrages erfolgt. Die Leistung des Klägers

im Verhältnis zur Beklagten bestand nur in der Mitbezahlung ihres

Anteils an der Schuld gegenüber der Verkäuferin und der

Darlehensgeberin. Insoweit kommen allenfalls Ausgleichsansprüche

des Klägers gemäß § 426 BGB in Betracht, die hier aber nicht

geltend gemacht sind.

Den Anspruch auf Herausgabe des Aktenordners hat das Landgericht

mit zutreffender Begründung verneint. Insoweit wird zur Vermeidung

von Wiederholungen auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil

Bezug genommen. Der Kläger hat zu der Frage, ob sich sein

Bausparvertrag in dem Ordner befindet, auch im Berufungsverfahren

nichts Näheres vorgetragen.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs.

1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht

auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer des Klägers:

40.200,00 DM