OLG Köln, Urteil vom 16.12.1997 - 24 U 100/97
Fundstelle
openJur 2012, 77316
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 15. April 1997 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 15 0 511/96 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung aus dem Räumungstitel durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 DM und im übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe weiterer 14.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlich-rechtlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank erbracht werden.

Tatbestand

Die Kläger nehmen den Beklagten auf Mietzinszahlung sowie auf

Räumung und Herausgabe des an ihn in dem Geschäftszentrum H.straße

in T.-S. vermieteten Ladenlokals in Anspruch.

Die Parteien schlossen am 17.02.1993 einen Mietvertrag über das

vorbezeichnete Ladenlokal zum Betrieb eines Backshops (Bl. 4 ff

d.A.). Die monatliche Miete wurde mit 2.145,00 DM zuzüglich

Mehrwertsteuer vereinbart. § 7 des Vertrages enthält Vereinbarungen

zur Aufrechnung und Mietminderung, § 19 eine

Konkurrenzschutzklausel mit folgendem Inhalt:

 

"Konkurrenzschutz wird für den Mieter

in dem Umfang gewährt, als im selben Objekt der Vermieter kein

weiterer Handel mit frischen Bäckereiwaren installieren darf.

Weitergehender Konkurrenzschutz ist ausgeschlossen."

Der Beklagte bietet in dem Objekt frische Backwaren zum Verkauf

an. Im selben Gebäude betreibt die P.-Warenhandelsgesellschaft mbH

& Co. oHG (im folgenden: Firma P.) seit 1985 einen

Verbrauchermarkt, in dem sie u.a. Backwaren zunächst nur verpackt

und konserviert anbot. Seit dem 16.08.1995 hat sie ihr Angebot auf

frische Backwaren erweitert. Mit Schreiben vom selben Tag (Bl. 26

d.A.) rügte der Beklagte gegenüber den Klägern einen Verstoß gegen

die Konkurrenzschutzklausel; der von ihm eingeschaltete Verband des

Rheinischen Bäckereihandwerks wiederholte die Rüge mit Schreiben

vom 19.10.1995 (Bl. 28 d.A.) und drohte unter dem 07.11.1995 (Bl.

50 d.A.) eine Minderung der Miete rückwirkend ab November 1995 an.

Der Beklagte zahlte ab November 1995 einen um 500,00 DM zuzüglich

Mehrwertsteuer = 575,00 DM verminderten monatlichen Mietzins. Die

Kläger widersprachen der Minderung mit Schreiben vom 22.12.1995

(Bl. 52 d.A.). Nach erfolglosen Einigungsbemühungen sowie einer

Androhung der Kündigung mit Schreiben vom 16.10.1996 (Bl. 53 d.A.)

erklärten die Kläger in der Klageschrift vom 02.12.1996 die

fristlose Kündigung des Mietverhältnisses.

Sie haben die Auffassung vertreten, die Mietminderung sei nicht

gerechtfertigt, da die Ausdehnung des Sortiments durch die Firma P.

auf frische Backwaren nicht von der Konkurrenzschutzklausel in § 19

des Mietvertrages erfaßt sei und sie rechtlich keine Möglichkeit

der Einflußnahme auf die Firma P. hätten.

Die Kläger haben beantragt,

 

1.

 

den Beklagten zu verurteilen, das in

T.-S., H.straße, gelegene Ladenlokal (Backshop) zu räumen und

geräumt an die Kläger als Gesamtgläubiger herauszugeben;

 

2.

 

den Beklagten zu verurteilen, an die

Kläger als Gesamtgläubiger 8.050,00 nebst 9 % Zinsen aus je 575,00

DM seit dem 04.11.1995, dem 05.12.1995, dem 05.01.1996, dem

05.02.1996, dem 03.03.1996, dem 04.04.1996, dem 06.05.1996, dem

05.06.1996, dem 04.07.1996, dem 05.08.1996, dem 05.09.1996, dem

05.10.1996, dem 05.11.1996 und dem 05.12.1996 zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Er hat die Mietminderung mit Wirkung ab Januar 1996 für

gerechtfertigt erachtet und behauptet, infolge des Verkaufs

frischer Backwaren durch die Firma P. entstehe ihm ein Schaden von

monatlich ca. 1.700,00 DM. Gegenüber dem sich aus der Minderung für

November und Dezember 1995 ergebenden restlichen Mietzinsanspruch

in Höhe von 1.150,00 DM hat er die Aufrechnung mit einem

Schadensersatzanspruch erklärt, der sich daraus ergebe, daß die

Firma P. am 21., 23., 24. und 25.09.1996 eigenmächtig und ohne

vorherige Information im Zusammenhang mit Umbaumaßnahmen das

gesamte Objekt geschlossen und damit seinen Betrieb behindert habe;

dadurch sei ihm ein Rohertrag von 2.385,00 DM entgangen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im

wesentlichen ausgeführt, die fristlose Kündigung sei gemäß § 554

Abs. 1 Nr. 2 BGB gerechtfertigt, da der Beklagte zu Unrecht 14

Monate lang den Mietzins um monatlich 575,00 DM gemindert habe. Die

Konkurrenzschutzklausel könne nicht dahin ausgelegt werden, daß der

Beklagte von einem Handel mit frischen Backwaren durch einen Mieter

geschützt werde, der seinen Mietvertrag zeitlich früher als der

Beklagte geschlossen habe und dessen Mietvertrag insoweit keine

Einschränkung enthalte. Der Rückstand mit den Minderungsbeträgen

sei vom Beklagten auch zu vertreten, obwohl der Verband des

Rheinischen Bäckerhandwerks die Auffassung des Beklagten zur

Auslegung der Konkurrenzschutzklausel geteilt und ihn unterstützt

habe. Die restliche Mietzinsforderung sei nicht durch die erklärte

Aufrechnung in Höhe von 1.150,00 DM erloschen, da die

Gegenforderung streitig und damit die Aufrechnung gemäß § 7 des

Mietvertrags unzulässig sei.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 02.05.1997 zugestellte Urteil

am 30.05.1997 Berufung eingelegt und diese in einem weiteren

Schriftsatz begründet, der - nach Fristverlängerung bis 30.07.1997

- am 28.07.1997 bei Gericht eingegangen ist.

Der Beklagte wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und

trägt unter Vorlage von Fotos (Bl. 143, 144 d.A.) ergänzend vor, in

welcher Weise die Firma P. ihre frischen Backwaren anbietet. Er

vertritt die Auffassung, diese Sortimentserweiterung der Firma P.

stelle einen Mangel der eigenen Mietsache im Sinne von § 537 BGB

dar. Das Landgericht habe den Begriff "installieren" in der

Konkurrenzschutzklausel falsch interpretiert, indem es darunter nur

eine aktive Tätigkeit des Vermieters verstanden habe. Der Begriff

müsse auch beinhalten, daß z.B. die Firma P. keine Erweiterung

ihres Sortiments auf "frische Bäckereiwaren" durchführe, weil dies

von der Erlaubnis abhänge, die die Kläger aufgrund des dem

Beklagten gewährten Konkurrenzschutzes nicht erteilen dürften,

sofern der Vertrag mit der Firma P. überhaupt in dieser Richtung

eine Einschränkung beinhalte. Da er das Risiko eines künftigen

Verkaufs frischer Bäckereiwaren, sei es durch die Firma P. oder

andere Mieter im Objekt, gesehen habe und mit Rücksicht darauf, daß

ihm bei Abschluß des Mietvertrags der Vertrag der Kläger mit der

Firma P. nicht bekannt gewesen sei - was zwischen den Parteien

unstreitig ist -, habe er alles Erforderliche getan, um sich vor

der befürchteten Entwicklung und auch generell zu schützen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts beinhalte die

Konkurrenzschutzklausel eine Garantie in diesem Sinne.

Der Beklagte beantragt,

 

in Abänderung des angefochtenen Urteils

die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

 

die Berufung zurückzuweisen

 

und ihnen zu gestatten, Sicherheit auch

durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen

Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu leisten.

Auch die Kläger wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie vertreten weiterhin die Auffassung, die Sortimentserweiterung

der Firma P. sei von der Konkurrenzschutzklausel nicht erfaßt.

Ferner legen sie ihren Mietvertrag mit der Firma P. vom

06.12./09.12.1985 vor, dessen § 1 Abs. 2 wie folgt lautet:

 

"Der Vermieter unterliegt keiner

Gebrauchsbeschränkung, insbesondere dürfen in den Mieträumen

Nahrungs- und Genußmittel aller Art ebenso wie alle Waren des

täglichen Ge- und Verbrauchs verkauft/ gelagert werden."

Die Kläger sind der Meinung, der Beklagte habe sich mit der

restlichen Mietzinszahlung in Verzug befunden; er müsse sich das

Verschulden des Assessors D. vom Verband des Rheinischen

Bäckereihandwerks ebenso zurechnen lassen wie die falsche

Rechtsauskunft eines von ihm bevollmächtigten Rechtsanwalts. Der

Rechtsirrtum bei der Auslegung der Konkurrenzschutzklausel sei

nicht entschuldbar, da der Beklagte mit einer abweichenden

Beurteilung durch das zuständige Gericht ernsthaft habe rechnen

können und damit auf eigenes Risiko gehandelt habe. Für ihn wäre es

ein leichtes gewesen, seine Rechtsauffassung gerichtlich überprüfen

zu lassen, ohne damit das Risiko der fristlosen Kündigung

einzugehen. So habe er beispielsweise unter Vorbehalt zahlen und

Feststellungsklage erheben können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird

auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze, Urkunden und

Fotos Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen

Erfolg. Die Klage auf Zahlung des restlichen Mietzinses in Höhe von

8.050,00 DM ist ebenso begründet wie die Klage auf Räumung und

Herausgabe des angemieteten Ladenlokals.

I.

Der Beklagte schuldet gemäß §§ 535 Satz 2, 580 BGB i.V.m. § 4

des von den Parteien geschlossenen Mietvertrags vom 17.02.1993 die

Zahlung des restlichen Mietzinses für die Monate November 1995 bis

Dezember 1996 in Höhe von 8.050,00 DM.

1.

Er war nicht gemäß § 537 BGB zu der von ihm vorgenommenen

Mietminderung um monatlich 500,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer

berechtigt, da die Kläger weder den in § 19 des Mietvertrags

vertraglich vereinbarten noch den vertragsimmanenten

Konkurrenzschutz (§ 536 BGB) verletzt haben.

a)

Der Vermieter gewerblich zu nutzender Räume ist auch ohne

Bestehen einer vertraglichen Regelung verpflichtet, den Mieter

gegen Konkurrenz im selben Hause zu schützen. Dieser Schutz besteht

aber nur, soweit Artikel des Geschäftes des Mieters im

Konkurrenzunternehmen in einem Umfang angeboten werden, der über

den Vertrieb eines Nebenartikels hinausgeht (vgl. BGH ZMR 1968,

248, 250; BGH WM 1975, 163, 164; BGH ZMR 1985, 374). Einen die

Ertragslage in der Regel nicht wesentlich beeinträchtigenden

Wettbewerb in bloßen Nebenartikeln muß der Mieter hinnehmen, es sei

denn, seinem Geschäftsbetrieb würde dadurch so starker Abbruch

getan, daß die Mieträume zum Vertragszweck nur noch vermindert

brauchbar wären. Als Hauptartikel gilt diejenige Ware, die den Stil

des Geschäfts bestimmt und diesem das ihm eigentümliche Gepräge

gibt (vgl. BGH ZMR 1985, 374, 375).

Für einen Verbrauchermarkt wie den der Firma P., der nach seinem

mit den Klägern geschlossenen Mietvertrag Nahrungs- und Genußmittel

aller Art, ebenso wie alle Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs,

verkaufen darf, stellen frische Backwaren einen Hauptartikel nur

dann dar, wenn sie in einer Vielfalt, Auswahlmöglichkeit,

Geschlossenheit und Óbersichtlichkeit dargeboten werden, die dem

Angebot eines Fachgeschäftes entsprechen, weil der Zweck und das

Gepräge des Geschäfts von Waren dieser Art zumindest mitbestimmt

wird (vgl. zu diesen Voraussetzungen BGH, a.a.O.). Nach dem Vortrag

beider Parteien sowie den vom Beklagten zu den Akten gereichten

Fotos (Bl. 143, 144 d.A.) kann nicht davon ausgegangen werden, daß

diese Voraussetzungen in bezug auf die von der Firma P. angebotenen

frischen Backwaren erfüllt werden. Auf den Fotos ist erkennbar, daß

das gesamte Angebot an frischen Backwaren, bestehend aus sieben

Brotsorten - größtenteils geschnitten und in unbeschrifteter

durchsichtiger Plastikfolie abgepackt - sowie zwei Brötchensorten,

auf einem nach Schätzung des Senats ca. 1 m breiten und 1,50 m bis

1,70 m hohen Regal mit fünf Böden untergebracht ist. Insbesondere

im Hinblick auf das sich unmittelbar daran anschließende,

wesentlich längere Brotregal für industriemäßig abgepackte, nicht

frische Backwaren läßt sich nicht feststellen, daß das

verhältnismäßig geringe Angebot an frischen Backwaren dem Angebot

eines Fachgeschäfts, wie dem des Beklagten, entspricht. Ein

Vergleich mit der Vielzahl der Brot- und Brötchensorten, die auf

dem Foto Bl. 144 d.A. unten im Backshop des Beklagten zu erkennen

sind, zeigt deutlich den Unterschied in der Vielfalt des Sortiments

und der damit gegebenen Auswahlmöglichkeit.

Der Beklagte hat auch nicht schlüssig dargetan, daß infolge des

Angebots von frischen Backwaren im P.-Markt seine Mieträume zum

Vertragszweck nur noch vermindert brauchbar sind. Die von ihm

vorgelegte Ermittlung des Gewinnausfalls (Bl. 147 ff d.A.) auf der

Grundlage eines Vergleichs des Umsatzes mit Backwaren im Zeitraum

01.09. 1995 bis 31.08.1996 einerseits und 01.09.1994 bis 31.08.

1995 andererseits sowie die Angaben zur Umsatzentwicklung in den

Jahren 1994, 1995 und 1996 sind nicht hinreichend aussagekräftig

zur Frage einer Umsatzreduzierung allein aufgrund der

Konkurrenzsituation.

b)

Der in § 19 des Mietvertrags vereinbarte Konkurrenzschutz geht

nur insoweit über den vertragsimmanenten Konkurrenzschutz hinaus,

als er sich auch auf Nebenartikel erstreckt. Da durch die

Formulierung der "Handel mit frischen Bäckereiwaren" ganz allgemein

und ohne Einschränkung geschützt wird, sind von dem Schutz auch in

Konkurrenzunternehmen nur als Nebenartikel angebotene frische

Bäckereiwaren erfaßt.

Das Verbot, weiteren Handel mit frischen Backwaren zu

installieren, betraf zukünftige Verträge, die die Kläger nach

Abschluß des Mietvertrags mit dem Beklagten mit anderen Mietern

abschließen würden. Der Senat teilt die Auffassung des

Landgerichts, daß eine weitergehende Auslegung der

Konkurrenzschutzklausel dahin, daß der Schutz auch gegenüber dem

bereits installierten P.-Markt gelten sollte, nicht möglich ist.

Die Firma P. hat mietvertraglich keinerlei

Konkurrenzschutzpflichten übernommen und ist nach § 1 Ziffer 2

ihres Mietvertrags zum Verkauf von Nahrungs- und Genußmitteln aller

Art - und damit auch von frischen Backwaren - berechtigt. Gerade

weil der Beklagte bei Abschluß seines Mietvertrags bereits das

Risiko eines künftigen Verkaufs frischer Bäckereiwaren durch den

P.-Markt oder andere Mieter im Objekt gesehen hat, war es seine

Sache, sich nach einer Konkurrenzschutzklausel im Mietvertrag der

Kläger mit der Firma P. zu erkundigen. Er hatte keinen Anlaß, von

dem Bestehen einer solchen Klausel auszugehen. Den Klägern ist

nicht anzulasten, daß sie den Beklagten nicht von sich aus auf das

Fehlen von Konkurrenzschutzpflichten im Mietvertrag mit der Firma

P. hingewiesen haben. Wer einen Vertrag schließt, hat sich

grundsätzlich selbst darüber zu vergewissern, ob er für ihn von

Vorteil ist oder nicht. Hierauf darf sich der andere Vertragsteil

einstellen und braucht deshalb nicht auf Umstände hinzuweisen, von

denen er annehmen darf, daß er nach ihnen gefragt wird, falls auf

sie Wert gelegt wird (vgl. BGH NJW 1982, 376). Der Beklagte konnte

aber nicht ohne entsprechende Nachfrage erwarten, daß die Kläger

ihm einen Konkurrenzschutz gewährten, zu dem sie andere Mieter in

bereits früher geschlossenen Mietverträgen nicht ihrerseits

verpflichtet hatten. Unter Berücksichtigung der Interessenlage

beider Parteien war es dem Beklagten vielmehr zumutbar, insoweit

bei Vertragsabschluß eine eindeutige Klärung herbeizuführen. Da er

dies nicht getan hat und die Frage einer nachträglichen

Sortimentserweiterung durch bereits in dem Geschäftszentrum

ansässige Mieter, die keine Konkurrenzschutzpflichten übernommen

hatten, nicht Gegenstand der Vertragsverhandlungen war, kann nicht

festgestellt werden, daß sich nach dem Willen beider

Vertragsparteien das Verbot der Kläger, in dem Objekt weiteren

Handel mit frischen Bäckereiwaren zu installieren, auf die von der

Firma P. vorgenommene Sortimentserweiterung erstreckt.

2.

Die restliche Mietzinsforderung für November und Dezember 1995

in Höhe von 1.150,00 DM, die der Beklagte in erster Instanz

anerkannt hat, ist nicht durch die von ihm erklärte Aufrechnung mit

einem Schadensersatzanspruch, den der Beklagte wegen einer

angeblichen Schließung des gesamten Mietobjektes aufgrund von der

Firma P. durchgeführter Umbaumaßnahmen an vier Tagen im September

1996 geltend macht, erloschen. Der Beklagte hat eine Gegenforderung

nicht schlüssig dargetan. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem

Rechtsgrund die Kläger für eine eigenmächtig von der Firma P.

veranlaßte Schließung des Geschäftszentrums, von der die Kläger

unbestritten nichts gewußt haben, schadensersatzpflichtig sein

sollen. Falls die Schließung zu einem Mangel der Mietsache im Sinne

der §§ 537, 538 BGB geführt hat, fehlt es an einem ursächlichen

Umstand, den die Kläger zu vertreten hätten, da die Firma P. nicht

ihr Erfüllungsgehilfe gegenüber dem Beklagten ist.

II.

Der Anspruch auf Räumung und Herausgabe des vom Beklagten

gemieteten Ladenlokals ist gemäß § 556 Abs. 1 BGB begründet, da das

Mietverhältnis durch die Kündigungserklärung der Kläger in der

Klageschrift beendet worden ist.

Die Kläger waren gemäß § 554 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur fristlosen

Kündigung berechtigt, da der Beklagte sich in einem Zeitraum, der

sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung des

Mietzinses in Höhe eines Betrages in Verzug befand, der den

Mietzins für zwei Monate erreicht. Die Leistung ist nicht infolge

eines Umstandes unterblieben, den der Beklagte nicht zu vertreten

hat (§ 285 BGB), da die von ihm vorgenommene Mietminderung nicht

auf einem unverschuldeten Rechtsirrtum beruhte.

Nach herrschender Meinung braucht der Schuldner für einen

unverschuldeten Rechtsirrtum nicht einzustehen. An den

Entlastungsbeweis sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen (BGH

NJW 1994, 2755). Es genügt nicht, daß der Schuldner die Rechtslage

sorgfältig prüft und sich nach sachgemäßer Beratung eine eigene

Rechtsauffassung gebildet hat. Unverschuldet ist der Irrtum

vielmehr nur dann, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der

Sach- und Rechtslage mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu

rechnen brauchte (vgl. BGH NJW 1951, 398; BGH NJW-RR 1990, 160,

161). Von dem Vorwurf fahrlässigen Verhaltens kann er sich nicht

schon dann befreien, wenn er sich auf seine eigene

Rechtsauffassung, mag sie auch noch so sorgfältig erwogen sein,

verläßt, sondern nur, wenn er auch die Möglichkeit einer

abweichenden Beurteilung durch die Gerichte in Betracht zieht (vgl.

BGH NJW 1951, 398).

Diesen Anforderungen genügt das Verhalten des Beklagten nicht.

Zwar hat er bei einem Rechtskundigen Rechtsrat eingeholt, indem er

den Geschäftsführer des Verbandes des Rheinischen Bäckerhandwerks

in die Auseinandersetzung mit den Klägern einschaltete. Dieser

vertrat gegenüber den Klägern die Ansicht, das Angebot frischer

Backwaren im P.-Markt verstoße gegen den Konkurrenzschutz in § 19

des von den Parteien geschlossenen Mietvertrags. Dieser Standpunkt

konnte jedoch auch aus der Sicht des Beklagten nicht zwingend sein,

da der Wortlaut der Konkurrenzschutzklausel nicht so eindeutig war,

daß nicht auch eine Auslegung in Betracht kam, wie sie die Kläger

vornehmen. Zweifel an der Richtigkeit der vom Beklagten vertretenen

Auffassung mußten sich ihm spätestens dann aufdrängen, als die

Kläger ihm unter dem 20.09.1995 (Bl. 48 d.A.) mitteilten, die Firma

P. unterliege aufgrund ihrer mietvertraglichen Vereinbarungen

keiner "Verbrauchseinschränkung". Damit war - für den Beklagten

erkennbar - gemeint, daß der Mietvertrag zwischen den Klägern und

der Firma P. keine Konkurrenzschutzklausel enthielt, die den

Klägern die rechtliche Möglichkeit gegeben hätte, gegen das Angebot

frischer Backwaren im P.-Markt vorzugehen. Unter diesen Umständen

war zumindest zweifelhaft, ob die Kläger sich - ohne ausdrücklich

hierüber gesprochen zu haben - gegenüber dem Beklagten zu einem

Konkurrenzschutz verpflichten wollten, den sie ihrerseits gegenüber

dem Konkurrenten nicht durchsetzen konnten. Bei dieser

Zweifelhaftigkeit, die Auslegungsfragen bereits von der Sache her

in der Regel anhaften und die hier im Meinungsstreit der Parteien

evident wurde, mußte der Beklagte mit einer von seiner Auffassung

abweichenden Beurteilung durch die Gerichte rechnen. Hierbei

handelt es sich um das normale Prozeßrisiko einer nicht ganz klaren

Sachlage. Dieses Risiko trägt der Schuldner einer Leistung

jedenfalls dann, wenn die Leistung für ihn nicht unzumutbar ist

(vgl. BGH NJW-RR 1990, 160, 161). Nachdem die Kläger der

Mietzinsminderung ab Dezember 1995 mehrfach widersprochen und unter

dem 16.10.1996 die fristlose Kündigung angedroht hatten, falls ein

ohne Anerkennung einer Rechtspflicht von ihnen unter

Berücksichtigung einer Minderung von monatlich 75,00 DM errechneter

Mietzinsrückstand bis Oktober 1996 in Höhe von 5.376,25 DM nicht

bis zum 25.10.1996 ausgeglichen würde, war dem Beklagten zumindest

eine Zahlung dieses Betrages unter Vorbehalt zumutbar. Er konnte

sodann eine gerichtliche Klärung herbeiführen, ohne das Risiko

einer wirksamen fristlosen Kündigung einzugehen.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO

zurückzuweisen.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergehen

nach §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Berufungsstreitwert: 37.651,00 DM

Beschwer des Beklagten: über 60.000,00 DM (§ 8 ZPO)