OLG Köln, Beschluss vom 01.09.1993 - 2 W 130/93
Fundstelle
openJur 2012, 73969
  • Rkr:
Tenor

Der konkursabweisende Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 15.3.1993 (73 N 69/93) ist wirkungslos.

Die Schuldnerin hat die Kosten des Verfahrens aller Instanzen zu tragen.

Gründe

G RÜ N D E

I.

Durch Beschluß vom 15. 3.1993 hat das Amtsgericht den Antrag der Gläubigerin auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Schuldnerin mit der Begründung abgelehnt, daß eine den Kosten, des Verfahrens entsprechende Masse nicht vorhanden und der eingeforderte Vorschuß nicht gezahlt sei. Dieser Beschluß ist der Schuldnerin ausweislich der bei den Akten befindlichen Zustellungsurkunde am 18.3.1993 zugestellt worden.

Gegen diese Entscheidung hat die Schuldnerin am 13.5.1993 sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung der Fristwahrung den Briefumschlag der vereinfachten Zustellung vorgelegt, auf dem das Zustellungsdatum nicht vermerkt. ist. In der Sache rügt sie, daß eine ordnungsgemäß Aufklärung des Sachverhalts nicht erfolgt sei, insbesondere im anhängigen Verfahren kein Sachverständiger gehört worden sei.

Mi t Schriftsatz vom 2.6.1993 hat die Gläubigerin mitgeteilt, daß die Antragsforderung beglichen sei, so daß der auf Konkurseröffnung gerichtete Antrag für erledigt erklärt und beantragt werde, der Schuldnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Gläubigerin ist sinngemäß bei ihrem .Antrag, den Konkursantrag zurückzuweisen, geblieben.

Durch den angefochtenen. 8eschluß ha t das Landgericht die sofortige Beschwerde als wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde unzulässig verworfen. Der fehlende Zustellungsvermerk auf dem Briefumschlag sei unschädlich, da dieser Vermerk gemäß § 212 I ZPO keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zustellung sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Schuldnerin.

II.

Die statthafte und auch sonst zulässige (§§ 72, 73 III KO, 568 II ZPO) sofortige weitere Beschwerde führt zur Feststellung der Wirkungslosigkeit des konkursabweisemden

Beschlusses bei Kostenbelastung der Schuldnerin.

1)

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zu Unrecht für unzulässig, weil verspätet, gehalten.

Die Zweiwochenfrist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde (§§ 72, 73 III KO) hat entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht mit dem 18.3.1993,dem auf der Zustellungsurkunde vermerkten Datum, begonnen, da der Postbeamte es unterlassen hat, gemäß § 212 I ZPO den Tag der Zustellung auf der Sendung zu vermerken. Zwar wird

dadurch die Zustellung nicht unwirksam (RGZ 133, 365 (368); OLG Hamburg MDR 1983, 410 und allg. M. in der Literatur, vgl. nur Thomas/Putzo, 18. Aufl. § 212 Rn. 1)

die Beschwerdefrist läuft als Notfrist aber erst mit dem Ablauf von 5 Monaten nach dem Erlaß der Entscheidung BayObLG NJW-RR 1992, 597) entsprechend § 516 ZPO ab. Nur eine formgerechte Zustellung setzt gemäß § 187 ZPO die Notfrist in Gang. Formgerecht ist die Zustellung nur, wenn der Vermerk der Zustellung auf der Sendung gemäß § 212 I ZPO angebracht ist. Dieser Vermerk ersetzt die Übergabe einer Abschrift der Zustellungsurkunde gemäß § 190 11 ZPO und dient der für die Fristberechnung wesentlichen Information des Empfängers über den Fristbeginn, so daß die Notfrist nicht beginnt, wenn diese Information fehlt (ebenso OLG Hamburg MDR 1983, 410; MK-ZPO-v. Feldmann, § 212 Rn. 1; Zöller/Stöber, 18. Aufl., § 212 Rn. 3).

2)

Die Erledigungserklärung des Konkursantrages durch den Gläubiger führt zur Feststellung der Wirkungslosigkeit des konkursabweisenden Beschlusses.

a)

Die nach dem Gesagten rechtzeitige Einlegung der sofortigen Beschwerde hat verhindert, daß Rechtskraft des konkursabweisenden Beschlusses eingetreten ist. Der Konkursantrag kann bis zum Rechtskrafteintritt zurückgenommen werden (OLG Hamm KTS1976, 146; Gottwald/Uhlenbruck, Insolvenzrechtshandbuch (1990), § 11 Rn. 40 m.w.N.). Durch die Antragsrücknahme wird ein Abweisungsbeschluß wirkungslos. Das gilt auch dann, wenn wegen irrtümlicher Annahme der Rechtskraft die Veröffentlichung ( § 107 KO) schon erfolgt ist. Ein Fehler bei der Rechtskraftbeurteilung kann nicht zu einer Schlechterstellung des Konkursschuldners führen. Zwar läßt sich die Eintragung nicht ungeschehen machen, sie kann aber wieder gelöscht werden und der Beschluß über die Wirkungslosigkeit kann den interessierten Kreisen bekanntgemacht werden.

Im Streitfall hat die Gläubigerin den Konkursantrag nach Zahlung allerdings nicht zurückgenommen, sondern ihn für erledigt erklärt. Da das Konkurseröffnungsverfahren als

Antragsverfahren wie ein Parteiverfahren ausgestaltet ist (vgl. auch BGH KTS 1961 172/173), führt auch diese Erklärung vor Rechtskraft auf Antrag des Schuldners zur

Feststellung der Wirkungslosigkeit des konkursabweisenden Beschlusses. In der Sache besagt, Erledigungserklärung nichts anderes, ursprüngliche Rechtsschutzziel

zwischenzeitlichen Veränderung ( hier: Ausgleich der Konkursforderung) nicht weiterverfolgt wird, mit ihr wird gegenüber der schlichten Rücknahme lediglich vermieden, daß

den Antragsteller zwingend die Kostenlast gemäß § 269 ZPO trifft.

Die einseitige Erledigungserklärung vor Rechtskrafteintritt hat dabei im Konkursantragsverfahren die Folge der Wirkungslosigkeit eines konkursabweisenden Beschlusses

nicht anders als die übereinstimmende Erledigungserklärung, denn mit der Zahlung ist eine wesentliche Verfahrensvoraussetzung für das Konkursverfahren entfallen. (Insolvenzrechtshandbuch-Uhlenbruck, §11 Rn. 48). Der der Erledigungserklärung gleichwohl widersprechende Schuldner kann bei dieser Sachlage eine Zurückweisung. Des Konkursantrags nur erreichen, wenn der Konkursantrag von Anfang an unzulässig gewesen ist oder noch vor der Zahlung aufgrund einer Gegenglaubhaftmachung unzulässig geworden ist, denn einer weiteren Ermittlung im Amtsverfahren nach § 75 KO, ob tatsächlich Konkursgründe vorgelegen haben, hat er selbst den Boden entzogen. Da die Voraussetzungen für eine Unzulässigkeit des Konkursantrag nicht vorliegen (der Gläubiger vollstreckt aufgrund einer für vollstreckbar erklärten Sozialversicherungsforderung und eine Gegenglaubhaftmachung ist bis zu Erledigung nichterfolgt), führt auch die einseitige Erledigungserklärung zur Feststellung der Wirkungslosigkeit des konkursabweisenden Beschlusses.

b)

Diese Wirkungslosigkeit ist von dem Gericht auszusprechen, bei dem sich das Verfahren im Zeitpunkt der Feststellung befindet, hier also vom Senat. Entgegen der Auffassung von Mohrbutter (Anm. EWiR 1993, 801 (802) zu OLG Köln (Senat) ZIP 1993, 936) ist diese Feststellung nicht dem erstinstanzlichen Konkursgericht vorbehalten. Der Senat ist auch als Gericht der weiteren Beschwerde Konkursgericht und Tatsacheninstanz, so daß eine Rückgabe an das Amtsgericht als Konkursgericht zum Ausspruch der Feststellung nicht geboten ist.

Die Kosten des gegenstandslos gewordenen Konkursverfahrens hat die Schuldnerin gemäß §§ 91 ZPO, 72 KO als unterliegende Partei zu tragen. Mangels einer übereinstimmenden Erledigungserklärung ist § 91 a ZPO nicht entsprechend anwendbar.

Für die Kostenentscheidung kommt es darauf an, daß der Gläubiger im Konkursantragsverfahren schon obsiegt, wenn er den formellen gesetzlichen Anforderungen genügt und es dem Schuldner nicht gelingt, im Wege der Gegenglaubhaftmachung die Glaubhaftmachung von Forderung und Konkursgrund zu erschüttern (Insolvenzrechtshandbuch-Uhlenbruck, § 11 Rn. 48). Nur wenn der Konkursantrag im Zeitpunkt der

erledigenden Ereignisses unzulässig gewesen ist, kann der Schuldner, der die Forderung ausgleicht, eine Kostenbelastung des Antragstellers gemäß § 91 ZPO Erreichen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Weitere Feststellungen zum Konkursgrund kommen - wie ausgeführt - nach Ausgleich der Konkursforderung durch

den Schuldner nicht mehr in Betracht.

Beschwerdewert: 500,-- DM.