LG Göttingen, Beschluss vom 18.10.2001 - 10 T 67/01
Fundstelle
openJur 2012, 37343
  • Rkr:
Tenor

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin Nr. 5 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis zu 600 DM.

Gründe

Die Schuldnerin hat am 30.03.2001 Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt. Zugleich hat sie beantragt, die fehlende Zustimmung einzelner Gläubiger zum Schuldenbereinigungsplan zu ersetzen. Die Schuldnerin hat 13 Gläubiger, deren Forderungen insgesamt 13.286,56 DM betragen. Bei dem von der Schuldnerin vorgelegten Schuldenbereinigungsplan handelt es sich um einen sog. flexiblen Nullplan.

Die Gläubiger Nr. 2, 4 und 5 haben ihre Zustimmung zum Schuldenbereinigungsplan nicht erteilt. Die Gläubigerin Nr. 5 hat die Verweigerung der Zustimmung nicht begründet.

Mit Beschluss vom 27.06.2001 hat das Amtsgericht die Einwendungen dieser Gläubiger gem. § 309 InsO ersetzt und bezüglich der Gläubigerin Nr. 5 ausgeführt, dass insoweit eine Glaubhaftmachung ihrer Ablehnungsgründe nicht erfolgt sei.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Gläubigerin Nr. 5 mit der sofortigen Beschwerde. Sie trägt nunmehr vor, dass ihre Forderung im Schuldenbereinigungsplan nicht richtig aufgeführt sei. Tatsächlich stünden ihr zwei Forderungen aus Vollstreckungsbescheiden des Amtsgerichts Hagen über 525,95 DM und 1.210,07 DM zu. Die von der Schuldnerin im Schuldenbereinigungsplan ausgewiesene Forderung von 490,75 DM sei demzufolge unzutreffend.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde der Gläubigerin Nr. 5 nicht abgeholfen und die Akten der Beschwerdekammer des Landgerichts zur Entscheidung vorgelegt. In dem Nichtabhilfebeschluss hat das Amtsgericht ausgeführt, die sofortige Beschwerde der Gläubigerin Nr. 5 sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Der sofortigen Beschwerde fehle das Rechtsschutzbedürfnis, denn es sei von einem missbräuchlichen Rechtsbehelf auszugehen. Die Gläubigerin Nr. 5 sei mit Zustellung der Verzeichnisse aufgefordert worden, zu den Verzeichnissen und dem Schuldenbereinigungsplan Stellung zu nehmen. Auch sei sie auf die Rechtsfolgen des § 308 Abs. 3 S. 2 InsO hingewiesen worden, wonach nicht angemeldete Forderungen innerhalb einer Frist von einem Monat erlöschen. Die Gläubigerin Nr. 5 habe indes gegen die Verzeichnisse und den Schuldenbereinigungsplan innerhalb dieser Frist keine Einwendungen erhoben. Eine einschränkungslose Nachmeldung von Forderungen im Beschwerdeverfahren komme nicht in Betracht, denn damit werde das gerichtliche Schuldenbereinigungsplanverfahren auf längere Zeit verzögert. Die Gläubigerin könne deshalb diese Forderung bzw. Teile der Forderung im Beschwerdeverfahren nicht nachschieben. Darüber hinaus sei die sofortige Beschwerde jedenfalls unbegründet. Die Schuldnerin habe hier einen flexiblen Nullplan angeboten. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldnerin in absehbarer Zeit erwerbstätig werden und über pfändbares Einkommen verfügen werde, bestünden nicht. Von einer tatsächlichen Schlechterstellung der Gläubigerin Nr. 5 sei deshalb nicht auszugehen.

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 309 Abs. 2 S. 2 InsO zulässig. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts in dem Nichtabhilfebeschluss, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin. Auch ist nicht von einer rechtsmissbräuchlichen sofortigen Beschwerde auszugehen. Die Gläubigerin Nr. 5 bezweckt mit der sofortigen Beschwerde, dass ihre Forderungen insgesamt im Insolvenzverfahren Berücksichtigung finden, mithin besteht ein insoweit berechtigtes Interesse der Gläubigerin Nr. 5, das hier das Rechtsschutzbedürfnis begründet.

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin Nr. 5 ist jedoch nicht begründet. Das Amtsgericht hat die fehlende Zustimmung der Gläubigerin Nr. 5 zum Schuldenbereinigungsplan zu Recht ersetzt. Die Voraussetzungen für eine Zustimmungsersetzung gem. § 309 Abs. 1 InsO liegen vor, denn es haben mehr als die Hälfte der Gläubiger, deren Ansprüche mehr als die Hälfte der Summe aller Ansprüche beträgt, dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt. Die Gläubigerin Nr. 5 wird durch den Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich wirtschaftlich auch nicht schlechter gestellt, als sie bei Durchführung des Insolvenzverfahrens stünde. Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass es der Gläubigerin Nr. 5 verwehrt ist, bislang im Schuldenbereinigungsplan nicht berücksichtigte Forderungen noch geltend zu machen. Vielmehr sind diese Forderungen erloschen und können deshalb im Beschwerdeverfahren keine Berücksichtigung mehr finden. Gem. § 308 Abs. 3 S. 2 InsO erlischt eine Forderung, wenn der Gläubiger die Angaben über seine Forderungen in dem Forderungsverzeichnis, das ihm nach § 307 Abs. 1 InsO vom Gericht übersandt worden ist, nicht innerhalb der gesetzten Frist ergänzt hat, obwohl die Forderung vor Ablauf der Frist entstanden war. Dieser Fall liegt hier vor. Das Amtsgericht hat der Gläubigerin Nr. 5 mit Schreiben vom 22.05.2001 die von der Schuldnerin eingereichten Vermögens-, Gläubiger- und Forderungsverzeichnisse sowie den Schuldenbereinigungsplan übersandt. Gleichzeitig hat das Amtsgericht der Gläubigerin Nr. 5 aufgegeben, die Angaben der Schuldnerin über die Forderungen im Forderungsverzeichnis innerhalb einer Frist von einem Monat ab Zustellung des Schreibens zu überprüfen und erforderlichenfalls zu ergänzen. Auch hat das Amtsgericht die Gläubigerin Nr. 5 auf die in § 308 Abs. 3 S. 2 InsO aufgeführten Rechtsfolgen bei Versäumung dieser Frist hingewiesen. Die Gläubigerin Nr. 5 hat innerhalb der ihr gesetzten Frist von einem Monat ab Zugang des Schreibens keine Einwendungen in Bezug auf ihre im Schuldenbereinigungsplan aufgeführte Forderung erhoben. Vielmehr hat die Gläubigerin Nr. 5 ohne nähere Begründung nur die Ablehnung des Schuldenbereinigungsplans erklärt. Darauf, dass ihr weitere Forderungen gegen die Schuldnerin zustehen, die seit dem Jahr 1997 tituliert sind, hat sie nicht hingewiesen. § 308 Abs. 3 S. 2 InsO will die betroffenen Gläubiger zu einer aktiven Mitwirkung am Zustandekommen des Schuldenbereinigungsplan bestimmen. Mit dieser strengen Sanktion sollen die beteiligten Gläubiger dazu angehalten werden, eine vom Schuldner gefertigte, unvollständige Forderungsaufstellung nachzubessern. Kommt ein Gläubiger, der ein unvollständiges Forderungsverzeichnis erhalten hat, der entsprechenden gerichtlichen Aufforderung nicht nach, so hat er die Nichtberücksichtigung seiner Forderung selbst zu vertreten (Kübler/Prütting/Wenzel, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 308 Rdnr. 9; Landfermann in Heidelberger Kommentar zur InsO, 2. Aufl., § 308 Rdnr. 10). Der Gläubiger ist damit gehindert, nachdem die Rechtsfolge des § 308 Abs. 3 S. 2 InsO eingetreten ist, die Forderung nunmehr in Beschwerdeverfahren, mit dem er sich gegen die Ersetzung der Zustimmung wendet, vorzubringen. Hierdurch würde der Gesetzeszweck, nämlich die Gläubiger zur aktiven Mitwirkung innerhalb der ihnen gesetzten Frist anzuhalten, unterlaufen und die gesetzliche Sanktion umgangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Den Beschwerdewert hat die Kammer nach § 3 ZPO festgesetzt und ist dabei vom Interesse der Gläubigerin Nr. 5 an der Nichtdurchführung des Schuldenbereinigungsplans ausgegangen.

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