OLG Hamm, Beschluss vom 28.04.2004 - 11 WF 103/04
Fundstelle
openJur 2012, 127945
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde des Klägers vom 12.03.2004 (11 WF 103/04) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ibbenbüren vom 08.03.2004 wird auf seine Kosten zurückgewie-sen.

Auf die aus eigenem Recht eingelegte Beschwerde der Bevollmächtigten des Klä-gers (11 WF 84/04) wird der genannte Beschluss unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise abgeändert. Der Streitwert wird bezüglich des unbezifferten Leistungsantrags auf 2.310,00 Euro festgesetzt.

Die Entscheidung über die Beschwerde der Bevollmächtigten des Klägers ergeht gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Gegenstandswert für das die Beschwerde des Klägers betreffende Verfahren wird auf bis 600,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der am 17.08.1983 geborene und zum Zeitpunkt der am 26.03.2002 erfolgten Einreichung seines verfahrenseinleitenden Prozesskostenhilfeantrags in einer Berufsausbildung befindliche Kläger hat die Beklage, seine Mutter, nach vorangegangener Prozesskostenhilfebewilligung im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung über ihr Einkommen im Zeitraum 01.03.2001 - 28.02.2002, eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm gemachten Angaben und Zahlung des sich nach Auskunfterteilung ergebenden Unterhalts ab 01.03.2002 in Anspruch genommen, nachdem ein vorangegangenes vorprozessuales Auskunftsverlangen mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 07.03.2002 unbeantwortet geblieben war.

In der mündlichen Verhandlung vom 06.08.2002 hat die Beklagte das auf Angabe und Beleg der im Zeitraum 01.03.2001 bis 28.02.2002 erhaltenen Lohnsteuererstattung beschränkte Auskunftsverlangen des Klägers anerkannt, während die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des weitergehenden Auskunftsanspruchs im Hinblick auf von der Beklagten zuvor vorlegte Verdienstbescheinigungen übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Das Amtsgericht hat die Beklagte anschließend durch Teilanerkenntnisurteil vom 06.08.2002 antragsgemäß zur (ergänzenden) Auskunftserteilung verurteilt. Nach erteilter Auskunft der Beklagten hat der Kläger seinen Anspruch auf eidesstattliche Versicherung der ihm gemachten Angaben im Termin vom 12.11.2002 gleichfalls für erledigt erklärt, während er seinen (ursprünglich unbezifferten) Zahlungsantrag zurückgenommen hat, nachdem ihm das Amtsgericht mit Beschluss vom 23.09.2003 Prozesskostenhilfe für einen mit Schriftsatz vom 12.06.2003 bezifferten Antrag versagt hatte und eine hiergegen eingelegte Beschwerde ohne Erfolg geblieben war.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Kosten des Verfahrens nach §§ 91a, 269 III ZPO zu ¾ dem Kläger und zu ¼ der Beklagten auferlegt und den Streitwert unter näherer Darlegung auf 2.000,00 Euro für den unbezifferten Zahlungsanspruch, 500,00 Euro für den Auskunftsanspruch bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung und 200,00 Euro ab Beginn der mündlichen Verhandlung sowie ebenfalls 200,00 Euro für den Antrag auf eidesstattliche Versicherung festgesetzt. Hiergegen richten sich die Beschwerden des Klägers und seiner Bevollmächtigten. Während der Kläger sich gegen die Verpflichtung zur Kostentragung hinsichtlich des von ihm zurückgenommenen Leistungsantrags wendet, erstreben seine Bevollmächtigten eine Heraufsetzung des Streitwerts.

II.

Die Beschwerde des Klägers ist gemäß §§ 269 V, 567 ff ZPO zulässig, aber unbegründet, während die aus eigenem Recht eingelegten Beschwerde seiner Bevollmächtigten nach § 9 II BRAGO i.V.m. § 25 III GKG zulässig und auch in der Sache teilweise begründet ist. Im einzelnen gilt hierzu folgendes:

1. Beschwerde des Klägers:

Das Amtsgericht hat den Kläger zu Recht hinsichtlich des mit Schriftsatz vom 27.01.2004 zurückgenommenen Zahlungsantrags gemäß §§ 269 III ZPO anteilig an den Kosten des Rechtsstreits beteiligt.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch der zunächst unbeziffert gebliebene Zahlungsantrag im Rahmen seiner erhobenen Stufenklage mit deren Zustellung rechtshängig geworden (vgl. hierzu nur Zöller-Greger, ZPO, 24. Aufl. § 254 Rz. 1 unter Hinweis auf BGH NJW-RR 1995, 513). Dessen Rücknahme verpflichtet den Kläger nach § 269 III ZPO ungeachtet der bei Unterhaltsverfahren grundsätzlich zu beachtenden Bestimmung des § 93d ZPO zur anteiligen Kostentragung, da es nicht billigem Ermessen entspräche, der Beklagten auch insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Dabei mag unterstellt werden, dass die Beklagte dem Kläger zunächst Veranlassung zur Klage gegeben hat, indem sie auf das vorprozessuale Anschreiben seiner Bevollmächtigten vom 07.03.2002 nicht reagiert und die hierin geforderte Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht erteilt hat. Wie die nach im Prozess erteilter Auskunft vom Kläger mit Schriftsatz vom 12.06.2003 vorgenommene Bezifferung seines Unterhaltsbegehrens indes zeigt, war letztlich nicht die verspätete Auskunft, sondern allein deren -von der Einschätzung des Amtsgerichts abweichende- Auswertung und rechtliche Interpretation durch den Kläger maßgeblich für dessen Zahlungsverlangen. Dementsprechend beruhte die spätere Rücknahme des Leistungsantrags auch nicht etwa auf der infolge der erteilten Auskunft gewonnenen Erkenntnis des Klägers, wegen fehlender Leistungsfähigkeit keinen Unterhaltsanspruch gegen die Beklagte realisieren zu können, sondern allein auf der -im anschließenden Beschwerdeverfahren durch Beschluss des OLG Hamm vom 16.12.2003 bestätigten- Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Amtsgericht.

2. Beschwerde der Bevollmächtigten des Klägers:

Die Beschwerde der Bevollmächtigten des Klägers, mit der diese in Anlehnung an die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren betreffend die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für den bezifferten Leistungsantrag des Klägers eine Heraufsetzung des vom Amtsgericht auf 2.000,00 Euro festgesetzten Streitwertes auf einen Betrag von 5.650,00 Euro erstreben, hat teilweise Erfolg.

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen muss hier sein, dass der Streitwert der Stufenklage einheitlich ist und sich gemäß § 18 GKG nach dem im Wert höchsten Anspruch richtet. Der erwartete Zahlungsanspruch bildet dabei grundsätzlich die obere Grenze für die Bewertung der anderen Ansprüche. Sofern das durch Klageerhebung rechtshängig gewordene Leistungsbegehren der dritten Stufe noch unbeziffert ist, muss gemäß §§ 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO das klägerische Leistungsinteresse geschätzt werden. Entscheidend für die Wertberechnung ist dabei gemäß §§ 12 Abs. 1 GKG, 4 Abs. 1 ZPO der Zeitpunkt der Einreichung der Stufenklage. Insoweit entspricht der Wert des unbezifferten Leistungsverlangens nicht zwingend dem Betrag, der sich nach Auskunftserteilung und gegebenenfalls eidesstattlicher Versicherung im nachhinein als geschuldet erweist. Selbst bei nachträglichem Entfallen eines Zahlungsanspruches ist vielmehr auf die ursprünglichen Zahlungserwartungen des Klägers abzustellen. Für deren Beurteilung liefert allerdings die vom Kläger mit Schriftsatz vom 12.06.2003 vorgenommene Bezifferung seines Unterhaltsverlangens einen durchaus tragfähigen Anknüpfungspunkt. Für die Streitwertfestsetzung ist dementsprechend -anders als das Amtsgericht dies gesehen hat- nicht die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Unterhaltsklage im Beschwerdebeschluss des OLG Hamm vom 16.12.2003 maßgeblich, sondern die der Bezifferung zugrunde liegende Einschätzung des Klägers, von der hier mangels abweichender Anhaltspunkte angenommen werden kann, dass sie derjenigen entsprach bzw. entsprochen hätte, die der Kläger bei Erhebung seiner Stufenklage hatte bzw. bei rechtzeitiger Auskunft der Beklagten gehabt hätte.

Auszugehen ist danach von dem mit Schriftsatz vom 12.06.2003 bezifferten Unterhaltsverlangen von monatlich 210,00 Euro, wobei allerdings der geltend gemachte Unterhaltsrückstand -insoweit in Abweichung von der Wertfestsetzung für das Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren vor dem OLG Hamm- nach § 17 IV GKG mit dem auf die Zeit bis zur Einreichung der Stufenklage oder der dem bei alsbaldiger Klageerhebung wie hier gleichgestellten Einreichung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entfallenden Unterhaltsbetrag in Ansatz zu bringen ist, nicht dagegen mit dem bis zur Bezifferung des Leistungsantrags fällig gewordenen (Zöller-Herget, aa0. § 3 Rz. 16, Stichwort "Stufenklage" m.w.N.; Baumbach/Lauterbach-Hartmann, 62. Aufl. Anh. zu § 3 Rz. 117). Für den Leistungsantrag des Klägers ergibt sich so unter Berücksichtigung des nach § 17 I GKG hinzu zu rechnenden Jahresbetrages der geltend gemachten Unterhaltsforderung ein Streitwert von 13 x 210,00 Euro = 2.310,00 Euro.

3.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Beschwerde des Klägers auf § 97 I ZPO, hinsichtlich der Beschwerde seiner Bevollmächtigten folgt sie dagegen aus § 25 IV GKG.