OLG München, Beschluss vom 03.09.2008 - 16 WF 1252/08
Fundstelle
openJur 2012, 95038
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 19.6.2008 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht München hat mit Beschluss vom 19.6.2008 den Antrag der Antragstellerin, ihr im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder L R geb. 30.8.1998 und N R geb. 21.6.2002 zu übertragen, zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Das erkennende Gericht hat die Eltern und die beiden Kinder, sowie den Verfahrenspfleger und den Umgangspfleger und den Sachverständigen Dr. F angehört.

Auf die Protokolle der Termine vom 4.8.2008 und 2.9.2008 wird verwiesen.

II.

Die gemäß § 620c ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Antragstellerin begehrt die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, um mit den Kindern sofort nach Italien zu ziehen.

Nach dem jetzigen Sachstand entspricht die Übersiedelung der Mutter mit den Kindern nach Italien dem Wohl der Kinder nicht am besten (§ 1671 Abs.2 Nr.2 BGB).

Die Mutter ist Italienerin und möchte in ihrer Heimat leben, fühlt sich hier eingeengt und kann nach ihren Angaben ihre jetzige berufliche Tätigkeit nur in Mailand weiter ausüben oder ist bereits gekündigt, nachdem sie bislang nicht in Mailand angetreten ist. Dem gegenüber steht das Umgangsrecht des Vaters, das er auf Grund des bisherigen Verhaltens der Mutter bei einem Umzug nach Italien als außerordentlich gefährdet ansieht. Die Mutter ist die Hauptbezugsperson für die Kinder und es steht außer Frage, dass die Kinder bei der Mutter verbleiben sollen, auch wenn der Vater auch als erziehungsfähig anzusehen ist.

8Die entscheidende Frage ist hier, ob die Übersiedlung der Mutter mit den Kindern nach Italien wichtige Kindesinteressen gefährdet, wobei die Kontinuität der Hauptbezugsperson die Diskontinuität der übrigen Lebensumstände gegenübersteht (vgl. OLG Zweibrücken NJW-RR 2004, 1588). Bei Berücksichtigung des Umgangsinteresses der Kinder und des Antragsgegners (§ 1626 Abs.3 BGB) muss verlangt werden, dass die Antragstellerin für den Wegzug triftige Gründe hat, die schwerer wiegen als das Umgangsinteresse (OLG Zweibrücken a.a.O.; OLG München FamRZ 2003, 1493). Die Antragstellerin hat die triftigen (beruflichen) Gründe bislang nicht überzeugend dargelegt. Ihr Vortrag, sie werde oder sei bereits gekündigt, sind bei diesem Sachvortrag nicht glaubhaft. Gerade auf Grund der Angaben der Antragstellerin im Termin vom 2.9.2008 zu einem angeblichen widerruflichen gerichtlichen Vergleich vor dem Arbeitsgericht (weder Gegenstand des Verfahrens noch Parteien konnten benannt werden), in dem (ohne ihre Anwesenheit im Termin) das Arbeitsverhältnis zum 31.7.2008 aufgelöst werden soll, ist so und ohne Vorlage einer entsprechenden Vereinbarung nicht glaubhaft. Im Übrigen war bislang in keiner Weise vorgetragen, dass und mit welchem Gegenstand bereits ein Arbeitsprozess anhängig ist. Der Antragsgegner hat mehrfach vorgetragen, dass die Antragstellerin die von ihr jetzt ausgeführten Tätigkeiten ohne weiteres von München aus ausüben könne. Die Antragstellerin hat nach eigenen Angaben auch für August noch ihr Gehalt bekommen. Auch ihre weitere Tätigkeit für die Fa. D in München ist nicht geklärt.

9Zumindest in der Vergangenheit gab es immer Schwierigkeiten beim Umgang des Vaters mit den Kindern, die zeigten, dass die Mutter den Umgang nicht in erforderlicher Weise fördert und unterstützt. Sowohl der Verfahrenspfleger als auch der Umgangspfleger haben dies in der mündlichen Verhandlung vom 4.8.2008 noch einmal bestätigt. Auch der Sachverständige hat ausgeführt, dass er große Bedenken habe, dass ein regelmäßiger Umgang durch die Mutter nach einem Umzug nach Italien gesichert sei.

Es ist erfreulich, dass der Umgang in den Sommerferien jetzt problemlos gelungen ist, wenn auch nicht klar geworden ist, warum die Aushändigung der Pässe an den Antragsgegner, der mit den Kindern ins Ausland fahren wollte, zeitgemäß gescheitert ist.

Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass die Kinder auf Grund der Trennung bereits erhebliche Anpassungsprozesse durchmachen und dass ein Umzug nach Italien einen weiteren erheblichen Anpassungsprozess von ihnen verlangt. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Mutter unzufrieden ist und Erwartungshaltungen der Kinder möglicherweise nicht erfüllt werden, seien die Risiken für eine Kindeswohlgefährdung bei einem sofortigen Umzug größer, als wenn die Kinder weiter hierbleiben.

Unter diesen Umständen muss die Freizügigkeit, die die Antragstellerin genießt, hinter den Interessen der Kinder und der Umgangsbefugnis des Vaters in Hinblick auf das Kindeswohl zurücktreten.

Die Beschwerde gegen die einstweilige Anordnung vom 19.6.2008 ist daher zurückzuweisen.