Hessischer VGH, Beschluss vom 27.02.1995 - 6 N 903/92
Fundstelle
openJur 2012, 20632
  • Rkr:
Tatbestand

Die Antragsteller wenden sich gegen die aufgrund der §§ 5, 19 und 20 der Hessischen Gemeindeordnung - HGO - am 13. Februar 1992 von der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin beschlossene "Satzung über die Anleinpflicht von Hunden auf öffentlichen Flächen sowie über das Verunreinigungsverbot öffentlicher Flächen durch Hunde" - Hundesatzung -, die in den Verkündungsblättern der Antragsgegnerin am 25. bzw. 27. Februar 1992 öffentlich bekannt gemacht wurde und nach ihrem § 5 am 01. März 1992 in Kraft trat. Die §§ 1 bis 4 haben folgenden Wortlaut:

"1

Geltungsbereich

(1) Diese Satzung regelt das Führen von Hunden auf öffentlichen Gehwegen und in öffentlichen Anlagen im Stadtgebiet der Stadt K

(2) Anlagen im Sinne dieser Satzung sind: der Stadtpark, der Rathausgarten, der Schulgarten, die Parkanlage "Alter Friedhof", alle Friedhöfe, Spiel- und Bolzplätze sowie darüber hinaus alle sonstigen öffentlichen Parkanlagen und öffentlichen Plätze.

§ 2

Aufsicht und Leinenzwang

(1) Es ist untersagt, Hunde ohne Aufsicht in den in § 1 dieser Satzung genannten Anlagen umherlaufen zu lassen.

(2) Hunde sind in den in § 1 aufgeführten Anlagen an der Leine zu führen.

(3) Von der Anleinpflicht gemäß Abs. 2 sind ausgebildete Blindenführhunde nicht betroffen, soweit und solange sie als solche eingesetzt werden.

(4) Die Verpflichtungen nach § 2 Abs. 1 bis 3 treffen den Halter und die Person, die die tatsächliche Gewalt über den Hund ausübt (Begleitperson).

§ 3

Verunreinigungsverbot

(1) Der Halter oder die Begleitperson eines Hundes hat dafür zu sorgen, daß das Tier seine Notdurft nicht in den in § 1 genannten Anlagen verrichtet.

(2) Abs. 1 gilt nicht für ausgebildete Blindenführhunde.

(3) Unberührt bleibt die Beseitigungspflicht.

§ 4

Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. entgegen § 2 Abs. 1 einen Hund ohne Aufsicht umherlaufenläßt;2. entgegen § 2 Abs. 2 einen Hund nicht an der Leine führt;3. es entgegen § 3 Abs. 1 zuläßt, daß das Tier seine Notdurftverrichtet.(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von DM 20,- bis DM 1.000,- geahndet werden.

(3) Das Bundesgesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in der jeweils gültigen Fassung findet Anwendung; zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ist der Magistrat."

Die Antragsteller, die beide Halter eines Hundes sind, sehen sich durch die Satzung in ihren Rechten verletzt. Sie machen geltend, sie hätten keine privaten Flächen, auf denen ihre Hunde die Notdurft verrichten könnten. Durch das Verunreinigungsverbot, das für die öffentlichen Anlagen gelte, würden sie in eine Zwangslage gebracht, durch die sie genötigt würden, entweder gegen das Verunreinigungsverbot zu verstoßen oder gegen Vorschriften des Tierschutzgesetzes, denn Hunde, deren Darmtätigkeit durch das Laufen angeregt würde, ließen sich nur durch gewaltsame artwidrige Methoden davon abhalten, den Kot dann abzulegen, wenn dies nötig sei. Die Regelung verstoße auch gegen Art. 3 Grundgesetz - GG -, weil Hundehalter ohne Grundbesitz durch sie gegenüber Hundehaltern benachteiligt würden, deren Hunde ihren Kot auf dem eigenen Grundstück ablegen könnten. Durch die Satzung könne nur erreicht werden, daß die Einwohner ihre Hunde dazu anhielten, ihre Notdurft auf den Gehwegen zu verrichten. Dort drohe kein Ordnungswidrigkeitsverfahren. Dies widerspreche aber gerade dem Satzungszweck, Gehwege und öffentliche Anlagen von Verunreinigungen durch Hunde freizuhalten. Wie widersinnig die Satzung sei, ergebe sich auch daraus, daß die Antragsgegnerin dort, wo das Kotablegen nicht gestattet sei, Tütenautomaten für die Hundehalter aufgestellt habe.

Die Antragsteller beantragen,

die Satzung über die Anleinpflicht von Hundenauf öffentlichen Flächen sowie über das Verunreinigungsverbotöffentlicher Flächen durch Hunde imGebiet der Antragsgegnerin vom 14. Februar 1992für nichtig zu erklären.Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.Sie trägt vor, Zweck der Satzung sei gewesen, das Führen von Hunden in beziehungsweise auf gemeindlichen Einrichtungen im Sinne der §§ 19, 20 HGO zu regeln. Dieser Zweck habe durch die später erfolgten Textänderungen, die zu sprachlichen Unklarheiten geführt hätten, nicht geändert werden sollen. Sie vertritt die Ansicht, die Verletzung von Grundrechten und Verfassungsprinzipien könne im verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahren nicht gerügt werden, weil insoweit ein Prüfungsvorbehalt zugunsten des Staatsgerichtshofs bestehe. Gegen Normen unterhalb des Verfassungsrechts verstoße die Satzung nicht. Sie verstoße nicht gegen das Tierschutzgesetz, denn es sei nicht Aufgabe der Kommunen, das artgerechte Halten von Hunden im Stadtgebiet zu ermöglichen, sondern in erster Linie Sache eines Tierhalters, für die artgerechte Haltung seines Tieres zu sorgen und sich notfalls von ihm zu trennen, wenn die artgerechte Haltung nicht mehr gewährleistet sei. Im übrigen gebe es genügend Flächen, auf denen Hundehalter unter Beachtung ihrer abfallrechtlichen Beseitigungspflicht den Hundekot ablegen lassen könnten. Es sei auch möglich, durch geeignete Erziehungsmaßnahmen darauf hinzuwirken, daß Hunde ihre Notdurft an einer bestimmten Stelle verrichteten. Das Wohl der überwiegenden Anzahl von Gemeindebewohnern erfordere es, bestimmte Flächen von Verunreinigungen durch Hunde freizuhalten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werde dadurch nicht verletzt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgänge (1 Heft) verwiesen.

Gründe

Der Antrag ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

Die Antragsteller wenden sich gegen eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, die gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in Verbindung mit § 11 des Hessischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 06. Februar 1962 (GVBl. I S. 13), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Mai 1994 (GVBl. I S. 213), im Normenkontrollverfahren überprüft werden kann. Die Antragsteller sind auch im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, weil ihnen als Haltern je eines Hundes durch die angegriffene Satzung Handlungspflichten bzw. -beschränkungen auferlegt werden und ihnen bei Verstößen ein Bußgeld droht. Da bei Erlaß der "Hundesatzung" auch die Belange der Hundehalter in die für die Regelungen maßgeblichen Abwägungen einzustellen waren, sind die Antragsteller in rechtlich geschützten Interessen betroffen, was nach herrschender Meinung als Voraussetzung für einen rechtserheblichen Nachteil ausreicht. Sie müssen auch befürchten, bei Verstößen gegen die Satzung mit Geldbußen belegt zu werden.

Der Umstand, daß die Antragsteller selbst davon ausgehen, die in der Satzung enthaltenen Ge- und Verbote erstreckten sich nicht auf die in § 1 Abs. 1 genannten "öffentlichen Gehwege", führt nicht dazu, daß der Antrag insoweit unzulässig ist. Dies wäre allerdings möglich, wenn sich schon aufgrund einer nur vorläufigen Prüfung offensichtlich ergäbe, daß die Antragsteller sie nicht berührende Teile der Satzung, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und damit auch für die Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer als Satzung zusammengefaßten Gesamtregelung darstellen, in ihren Antrag einbezogen hätten (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluß vom 04. Juni 1991 - 4 NB 35.89 - BVerwGE 88, 268 (273 f.) = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 57 (S. 76) = DVBl. 1991, 1153 (1155), und vom 18. Juli 1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 (234) = DVBl. 1989, 1100 (1103)). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn die Begründung der Antragsteller richtet sich nicht nur gegen sie nicht nachteilig betreffende Teile der Satzung, die entfallen könnten, ohne daß dadurch die Rechtsvorschrift im übrigen und also auch in ihren die Antragsteller benachteiligenden Teilen berührt würde. Davon läßt sich schon deshalb nicht ausgehen, weil der die Gehwege betreffende Passus in § 1 Abs. 1 der Satzung kein Teil der Satzung ist, der selbständig bestehen bleiben könnte. Infolgedessen ist der Antrag insgesamt zulässig. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO, insbesondere das Erfordernis eines Nachteils, allein die Funktion haben, den Anstoß für ein Normenkontrollverfahren in bestimmtem Maße von einer subjektiven Betroffenheit des Antragstellers abhängig zu machen (BVerwG, Beschluß vom 18. Juli 1989 a.a.O.) und dadurch die Popularklage auszuschließen.

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg, soweit er die Nutzung "öffentlicher Gehwege" (§ 1 Abs. 1) und - sonstiger - "öffentlicher Plätze" (§ 1 Abs. 2) regeln soll. Soweit diese beiden Begriffe in der Hundesatzung verwendet werden, sind sie - hinsichtlich der Gehwege - rechtlich wirkungslos bzw. genügen nicht den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Normenklarheit und Justitiabilität, die gebieten, daß Vorschriften, die unbestimmte Begriffe enthalten hinsichtlich ihrer Voraussetzungen und ihrem Inhalt so formuliert werden, daß die von ihnen Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können (vgl. BVerfG, Beschluß vom 7. Juli 1971 - 1 BvR 775/66 - BVerfGE 31, 255, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 (62 - 66)). Die Antragsgegnerin hat die angegriffenen Bestimmungen aufgrund der §§ 5, 19, 20 Hessische Gemeindeverordnung - HGO - in der Fassung vom 01. April 1981 (GVBl. I S. 66), vor Erlaß der Satzung zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 1990 (GVBl. I S. 197), erlassen. Sie hat während des Prozesses auf Anfrage auch ausdrücklich erklärt, die Textänderungen, die während des Verfahrens, das zum Erlaß der Satzung geführt habe, erfolgt seien, hätten an dem Zweck der Satzung, das Führen von Hunden in beziehungsweise auf gemeindlichen Einrichtungen im Sinne der §§ 19, 20 HGO zu regeln, nichts ändern sollen. Nicht alle Gehwege und öffentlichen Plätze gehören jedoch zu den öffentlichen Einrichtungen im Sinne von § 20 HGO, für die ein Nutzungsrecht nur dem in dieser Bestimmung genannten Benutzerkreis (Einwohner der Gemeinde, Grundbesitzer und Gewerbetreibende sowie juristische Personen und Personenvereinigungen in der Gemeinde) zusteht. Vielmehr sind die meisten Gehwege und öffentlichen Plätze Verkehrsflächen im Sinne des Straßen- und Wegerechts, welches die Benutzung durch wegerechtliche Widmung (vgl. § 4 Abs. 1 Hessisches Straßengesetz vom 09. Oktober 1962, GVBl. I S. 437, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. September 1991, GVBl. I S. 300) oder durch Verkehrszeichen u.a. (z.B. § 41 Straßenverkehrsordnung) regelt. Daneben mögen kommunale ordnungsbehördliche Verordnungsregelungen in Betracht kommen (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluß vom 18. April 1991 - 4 StR 518/90 - BGHSt 37, 366 = NJW 1991, 1691).

Umfaßt der Begriff Gehwege danach außer den Gehwegen in öffentlichen Anlagen alle Gehwege im wegerechtlichen Sinne - und vor allem diese - und bestimmt die Hundesatzung in § 1 Abs. 1 hinsichtlich ihres Geltungsbereichs, daß sie das "Führen von Hunden auf öffentlichen Gehwegen und in öffentlichen Anlagen im Stadtgebiet" regelt, enthält aber im folgenden nur Vorschriften für das Verhalten in öffentlichen Anlagen (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 3 Abs. 1), dann hängt es von der Auslegung dieses Begriffs "Anlagen" ab, ob sie alle öffentlichen Gehwege umfassen oder nur die in § 1 Abs. 2 im einzelnen genannten "Anlagen im Sinne dieser Satzung". Diese Frage ist aufgrund der eindeutigen Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 2 dahin zu beantworten, daß nur die dort aufgeführten Anlagen und nicht alle öffentlichen Gehwege gemeint sind. So haben es auch die Antragsteller verstanden. Nach dem Sinn der Regelung, wie er in § 1 Abs. 1 zum Ausdruck kommt, sollte in der Satzung zwar auch das Führen von Hunden auf öffentlichen Gehwegen geregelt werden. Dies ist jedoch hinsichtlich der Ge- und Verbotsregelungen, die sich auf die "in § 1 aufgeführten Anlagen" beziehen, nicht geschehen, denn die Begriffsbestimmung der Anlagen in § 1 Abs. 2 umfaßt die öffentlichen Gehwege, die nicht innerhalb der dort aufgeführten Anlagen liegen, jedenfalls nicht. Die rechtliche Wirkungslosigkeit, die sich daraus ergibt, rechtfertigt es, hinsichtlich der Worte "auf öffentlichen Gehwegen und" in § 1 Abs. 1 der Satzung von der Nichtigkeit auszugehen (vgl. zu Planzeichen in Bebauungsplänen, die nicht erkennen lassen, welche Festsetzungen damit getroffen werden sollen, BVerwG, Beschluß vom 04. Januar 1994 - 4 NB 30.93 - DVBl. 1994, 699 = NVwZ 1994, 684).

In § 1 Abs. 2 der Satzung, wonach Anlagen im Sinne der Satzung der Stadtpark, der Rathausgarten, der Schulgarten, die Parkanlage "Alter Friedhof", alle Friedhöfe, Spiel- und Bolzplätze sowie darüber hinaus alle sonstigen öffentlichen Parkanlagen und öffentlichen Plätze sein sollen, sind die Worte "und öffentliche Plätze" unklar und wegen Verstoßes gegen die Normenklarheit nichtig. Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, der Begriff "öffentliche Plätze" solle nur ein Auffangbegriff für vorher nicht konkret genannte, aber vergleichbare Plätze sein, also nur gemeindliche Einrichtungen im Sinne von §§ 19, 20 HGO betreffen, aber keine Verkehrsflächen wie zum Beispiel Parkplätze. Der Begriff "öffentliche Plätze" erscheint nach dem allgemeinen Sprachverständnis jedoch allumfassend und kann außer Plätzen, die gemeindliche Einrichtungen sind (Festplatz u. ä.), auch platzartige Verkehrsflächen (Bahnhofsvorplatz, Marktplatz u. a. m.) bezeichnen. Läßt sich infolgedessen von den betroffenen Bürgern nicht hinreichend klar erkennen, welche öffentlichen Plätze gemeint sein sollen, hat dies die Nichtigkeit des in der Norm verwendeten Begriffs zufolge.

Die teilweise Nichtigkeit führt nicht zur Gesamtnichtigkeit der Hundesatzung, denn es läßt sich nicht annehmen, daß sie ohne die nichtigen Teile nicht erlassen worden wäre (entsprechende Anwendung des § 139 BGB). Die nichtigen Teile wirken sich nicht auf die übrigen Regelungen aus, die noch sinnvoll bleiben und den in § 2 ff. zum Ausdruck gebrachten Regelungszweck erfüllen.

Der weitergehende Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg, denn die Antragsgegnerin hat von dem ihr zustehenden Recht, die Nutzung ihrer Garten- und Parkanlagen, Friedhöfe, Spiel- und Bolzplätze als öffentliche Einrichtungen zu regeln, soweit dies in bezug auf Hunde durch die Hundesatzung geschehen ist, rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Bei nicht durch Rechtsvorschriften vorgeschriebenen "freiwilligen" Einrichtungen ist es den Gemeinden überlassen, für welche Zweckbestimmung sie sie widmen und wie sie die Benutzung ausgestalten wollen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Juli 1969 - 7 C 56.68 - BVerwGE 32, 333 ff. (337)). Die Gemeinden dürfen auch noch nach Eröffnung bzw. Inbetriebnahme der Einrichtungen die Zweckbestimmung verändern, und zwar sowohl erweitern als auch beschneiden (vgl. Ossenbühl, Rechtliche Probleme der Zulassung zu öffentlichen Stadthallen, DVBl. 1973, 289 (296)), soweit sie dadurch nicht gegen geltendes Recht verstoßen.

Ein derartiger Verstoß läßt sich nicht feststellen. Anlaß dafür, die Hundesatzung zu erlassen, waren nach der Begründung des Beschlußvorschlages Beschwerden über Störungen durch frei umherlaufende Hunde sowie durch Hundekot in öffentlichen Grünanlagen. Nach der Niederschrift über die Stadtverordnetensitzung vom 13. Februar 1992 wurden von Stadtverordneten die Verschmutzung öffentlicher Anlagen und Wege mit Hundekot sowie Unmutsäußerungen, insbesondere von Eltern mit Kleinkindern, vorgetragen. Diese Gesichtspunkte sind sachgerecht und erheblich. Das gilt nicht nur hinsichtlich der Friedhöfe, auf denen, soweit sie überhaupt mit Hunden betreten werden dürfen, das Laufenlassen von Hunden und die Verschmutzung in besonders krasser Weise dem Bestimmungszweck als Begräbnisplatz und Ort der Trauer und des Gedenkens zuwiderläuft. Auch in bezug auf Parkanlagen, die der Erholung der Bevölkerung und der Freizeitgestaltung dienen, läßt es sich nicht beanstanden, wenn die Interessen von Hundehaltern, im Rahmen ihrer Freizeitgestaltung ihre Hunde frei laufen und Kot ablegen zu lassen, dem Interesse der anderen erholungssuchenden Benutzer untergeordnet wird, die Anlagen ohne Verschmutzung sowie Gefährdungen und Belästigungen durch unberechenbares Verhalten mancher frei laufender Hunde (Schnappen, Anspringen, Nachrennen, Beschnüffeln und anderes mehr) nutzen zu können, wobei gerade im Hinblick auf Kleinkinder und ältere Menschen ein besonderes Schutzbedürfnis besteht (vgl. zum Vorstehenden OLG Hamm, Beschluß vom 03. Dezember 1987 - 4 Ss OWi 971/87 - NVwZ 1988, 671; VGH Baden-Württemberg, Normenkontrollbeschluß vom 06. Juli 1989, 1 S 3107/88 - ESVGH 39, 288 ff. = NVwZ RR 1990, 16). Der Satzungsgeber darf sich von der Erwägung leiten lassen, daß im Rahmen der Betätigung der Handlungsfreiheit in öffentlichen Park- und Gartenanlagen das Erholungsinteresse von Hundebesitzern nicht schutzwürdiger ist als das Recht anderer Menschen, sich dort zu erholen, ohne durch Hunde belästigt oder durch Verunreinigungen gestört zu werden (vgl. Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Beschluß vom 28. November 1990 - Vf 9-V-89 - NVwZ 1991, 671 f.).

Die dagegen von den Antragstellern vorgebrachten Gründe greifen nicht durch. Das gilt sowohl hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung von Grundrechten, die allerdings entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin in verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahren als Prüfungsmaßstab heranzuziehen sind (vgl. Beschluß des Senats vom 01. Oktober 1991 - 6 N 1621/86 - ESVGH 42, 62 mit weiteren Nachweisen), als auch hinsichtlich der vermeintlichen Unmöglichkeit, auf dem Tierschutz entsprechende Weise zu verhindern, daß die Hunde ihren Kot in den öffentlichen Anlagen ablegen.

Die freie Entfaltung der Persönlichkeit und allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) ist nur gewährleistet, soweit nicht Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoßen wird. Ein Anspruch, gemeindliche Einrichtungen für frei laufende Hunde nutzen zu dürfen, ergibt sich aus dieser Grundrechtsbestimmung nicht. Das gleiche gilt in bezug auf Art. 3 GG. Daraus läßt sich entgegen der Auffassung der Antragsteller kein Anspruch von Bürgern, die keine privaten Hundeauslaufflächen besitzen, gegen die Gemeinde herleiten, gemeindliche Anlagen für frei laufende Hunde zur Verfügung zu stellen. Dadurch, daß niemand Hunde in den Anlagen frei laufen lassen darf, wird die Gleichheit vor dem Gesetz gewährleistet. Denn dieses Gleichstellungsgebot verpflichtet den Staat und die Gemeinden nicht, dafür zu sorgen, daß alle Bürger hinsichtlich ihrer Lebensverhältnisse - einschließlich der Bedingungen der Hundehaltung - gleichgestellt werden. Auch aus anderen grundgesetzlichen Bestimmungen ergibt sich kein Anspruch von Hundehaltern darauf, daß die Kommunen Hundeauslaufflächen bereitstellen. Da am Ortsrand Auslaufmöglichkeiten bestehen, läßt sich auch nicht von einem Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgehen.

Soweit die Antragsteller geltend machen, sie könnten ihre Hunde nicht mit artgerechten Mitteln daran hindern, in den Anlagen Kot abzulegen, ist einzuräumen, daß bei jungen oder schlecht erzogenen Hunden die Kotablage unberechenbar sein kann. In derartigen Fällen muß von Hundehaltern erwartet werden, daß sie die Anlagen nicht mit ihren Hunden aufsuchen, wenn sie damit rechnen müssen, daß es dort zur Kotablage kommt.

Hinsichtlich der Ordnungswidrigkeitsvorschriften sind Bedenken nicht ersichtlich und von den Antragstellern nicht geltend gemacht.

Die Kosten des Verfahrens fallen der Antragsgegnerin zur Last (§ 154 Abs. 1 VwGO), denn die Antragsteller haben einen zulässigen Antrag gestellt und dadurch ein objektives Normprüfungsverfahren eingeleitet, das für sie in der Sache erfolgreich ist, weil die Satzung mit einem für seine Gültigkeit bedeutsamen Mangel behaftet ist. Da es im Normenkontrollverfahren auf eine Verletzung subjektiver Rechte und den Umfang einer solchen Verletzung nicht ankommt, ist es für die Bestimmung des Umfangs, in dem der Antrag erfolgreich ist, unerheblich, ob das Normenkontrollgericht die Satzung nur teilweise für nichtig erklärt und im übrigen aufrechterhält. Wird unter Beachtung des in § 139 BGB zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Grundsatzes die Satzung nur für teilweise nichtig erklärt, so wird damit lediglich die Reichweite des festgestellten materiellen Fehlers auf das mögliche und gebotene Maß begrenzt, um im Interesse der Rechtssicherheit das Ergebnis der gemeindlichen Normsetzung möglichst weitgehend aufrechterhalten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. Juli 1989 und 04. Juni 1991 a.a.O.).

Den Streitwert bemißt der Senat im Hinblick darauf, daß der Antrag von zwei Antragstellern gestellt worden ist, mit dem zweifachen des Auffangstreitwerts nach dem hier noch maßgeblichen § 13 Abs. 1 Satz 2 Gerichtskostengesetz alter Fassung.