OLG Hamburg, Urteil vom 25.06.2008 - 5 U 13/07
Fundstelle
openJur 2013, 383
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Anerkenntnis- und Schlussurteil des Landgerichts Hamburg vom 19.12.2006, Az. 312 O 823/06, in den Punkten III. und IV. geändert:

1. Der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,-, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Verbrauchern auf der Internetseite mit der Adresse „www...de“ Leistungen - wie aus der dem Urteil als Anlage beigefügten Bildschirmkopie ersichtlich - darzustellen

mit dem Hinweis

„KEINE GRUNDGEBÜHR“,

wenn dem Verbraucher für den Fall, dass der Umsatz auf dem für ihn geführten Konto über einen Zeitraum von drei Monaten weniger als € 6,- beträgt, eine „Administrationsgebühr“ in Rechnung gestellt wird,

und / oder

mit dem Hinweis

„KOSTENLOS MOBILNUMMER MITNEHMEN“,

wenn eine Erstattung der vom bisherigen Diensteanbieter in Rechnung gestellten Entgelte für die abgehende Portierung nicht erfolgt.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 150,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 23.10.2006 zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I .

Der Kläger nimmt die Beklagte in der Berufungsinstanz aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung zweier Werbeaussagen und Zahlung weiterer Abmahnkosten in Anspruch.

Der Kläger ist der Dachverband der Verbraucherzentralen und weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen. Gemäß § 2 seiner Satzung bezweckt der Kläger, die Verbraucherinteressen wahrzunehmen, den Verbraucherschutz zu fördern, die Stellung des Verbrauchers in der sozialen Marktwirtschaft zu stärken und zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen.

Die Beklagte ist ein Anbieter, der SIM-Karten für mobile Telefone (Handy) vertreibt; diese werden in ein Handy eingesetzt und weisen ein Guthaben auf, das der Verbraucher sodann „abtelefoniert“. Auf der von ihr unter ihrer früheren Firma „...“ betriebenen Internetseite mit der Adresse „www...de“ bewarb die Beklagte ein Angebot zum Erwerb einer SIM-Karte mit einer Aufmachung, wie sie sich aus der vom Kläger eingereichten Kopie der Internetseite ergibt („Anlage Antrag“). Dort findet sich ein rechteckiger Kasten mit dem Aufmacher „Sternschnuppen“ über dem Foto eines lächelnden Mannes. Daneben sind drei Störer in Form abgeflachter Kreise mit den Angaben „14 Cent/Min.*“, „4 Cent/Min.*“ und „12 Cent/SMS“ abgebildet. Unterhalb der Abbildung des lächelnden Mannes ist zudem die Aussage „bis 10.09.06 € 5,- Bonus kassieren!“ platziert. Wiederum unterhalb dieses Rechtsecks finden sich folgende Aussagen, von denen der Kläger die beiden letztgenannten für wettbewerbswidrig hält:

- KEINE VERTRAGSBINDUNG- KEINE GRUNDGEBÜHR- KOSTENLOS MOBILNUMMER MITNEHMENNochmals unterhalb dieser Aussagen findet sich eine als Link ausgestaltete „Schalttaste“ mit der Aufschrift „JETZT ANMELDEN!“.

Unstreitig berechnete die Beklagte nach dem hiermit beworbenen Tarif eine „Administrationsgebühr“ von 1 Euro / Monat, wenn ein Kunde innerhalb der drei vorangegangenen Monate nicht wenigstens 6 Euro vertelefoniert hatte (Anl K 3, Fußnote 2). Für die Übernahme einer früheren Handy-Nummer berechnete die Beklagte selbst ihren Kunden nichts, allerdings können sich die Kunden - als „Portierungsgebühr“ bezeichneten – Forderungen ihrer früheren Provider ausgesetzt sehen, wenn sie Mobilnummern zur Beklagten in diesem Sinne „mitnehmen“ wollen.

Der Kläger hält die Aussagen „Keine Grundgebühr“ und „Kostenlos Mobilnummer mitnehmen“ für irreführend und damit wettbewerbswidrig. Mit Schreiben vom 20.7.2006 (Anl K 4) und vom 21.9.2006 (Anl K 7) forderte er die Beklagte deshalb (u.a.) wegen dieser Aussagen zur Abgabe von strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärungen auf; daneben forderte der Kläger die Beklagte zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung wegen zweier Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf. Für diese Abmahnungen hat der Kläger eine Kostenerstattung in Höhe von insgesamt € 200,- geltend gemacht.

Das Landgericht hat die Beklagte in der angegriffenen Entscheidung wegen des daneben geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nach dem UKlaG im Wege des Anerkenntnisurteils sowie wegen hierauf bezogener anteiliger Abmahnkosten iHv € 50,- verurteilt, im Übrigen jedoch die Klage abgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.

Der Kläger beantragt ,

1. die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 28.11.2006 [gemeint ersichtlich: 19.12.2006], Az. 312 O 823/06 zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Verbrauchern auf der Internetseite mit der Adresse „www...de“ Leistungen wie in der Anlage Antrag beigefügten Bildschirmkopie ersichtlich, darzustellen mit dem Hinweis,

„KEINE GRUNDGEBÜHR“,

wenn dem Verbraucher für den Fall, dass der Umsatz auf dem für ihn geführten Konto über einen Zeitraum von drei Monaten weniger als € 6,- beträgt, eine „Administrationsgebühr“ in Rechnung gestellt wird;

und / oder

mit dem Hinweis

„KOSTENLOS MOBILNUMMER MITNEHMEN“,

wenn eine Erstattung der vom bisherigen Diensteanbieter in Rechnung gestellten Entgelte für die abgehende Portierung nicht erfolgt;

2. der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, anzudrohen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn - den Kläger - € 150,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 23.10.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt ,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

II .

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Entgegen der Ansicht des Landgerichts in der angegriffenen Entscheidung stehen dem Kläger ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch sowie ein Anspruch auf weitere Kostenerstattung zu.

1. Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist neben dem weiteren Zahlungsanspruch der vom Kläger mit der Begründung verfolgte Unterlassungsanspruch, dass die in Rede stehende Internetwerbung irreführend sei. Dieser Anspruch ist ausschließlich auf die konkrete Verletzungsform in Gestalt der Aufmachung der angegriffenen Werbung gestützt. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des Klagantrages, der ausdrücklich auf diese konkrete Aufmachung in Gestalt einer Kopie der Werbemaßnahme Bezug nimmt, wie auch aus der Klagebegründung. Der Klagantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt; zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts in der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen, denen der Senat nichts hinzuzufügen hat.

2. Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs.1 und Abs.3 Ziff.2 UWG in Verbindung mit §§ 3 und 5 UWG zu, da sich die Beklagte Wettbewerbsverstöße in Gestalt irreführender Werbung durch beide angegriffenen Aussagen vorwerfen lassen muss.

a. Die angegriffene Internetseite der Beklagten stellt eine Werbemaßnahme dar. „Werbung“ im Sinne des § 5 UWG bedeutet jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern; die fragliche Äußerung muss zudem im Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit gefallen ist (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl., § 5 UWG Rz.2.12 und 2.14). Die Angaben zu den verschiedenen positiv herausgestellten Modalitäten des Angebotes der Beklagten dienen ersichtlich und unbestritten dem Zweck, Kunden zu gewinnen; auch die Beklagte hat dementsprechend nicht in Abrede genommen, dass es sich hierbei um Werbung im Sinne des § 5 UWG handelt.

b. Beide angegriffenen Angaben sind jedenfalls in der hier alleine angegriffenen konkreten Verletzungsform irreführend im Sinne des § 5 UWG. Für die Beurteilung, ob Werbeangaben irreführend sind, ist die Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgebend, der die Werbung mit einer der Situation entsprechend angemessenen Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt (BGH GRUR 2004, 162 – Mindestverzinsung). Maßgebend für die Feststellung, ob eine Angabe eine Irreführung darstellt, ist nicht der objektive Wortsinn und nicht, wie der Werbende selbst seine Aussage über die Ware oder gewerbliche Leistung verstanden haben will, sondern der Sinn, den die Angabe nach der Auffassung der umworbenen Verkehrskreise hat, also derjenigen, an die sich die Werbung richtet (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl., § 5 UWG Rz.2.67 mwN). Die mit der angegriffenen Aufmachung der Internetseite erfolgte Werbung war für die angesprochenen Verkehrskreise in diesem Sinne irreführend. Dies kann der Senat aus eigener Anschauung beurteilen, da dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören: Der Erwerb einer der beworbenen SIM-Karten kann grundsätzlich durch jedermann erfolgen, die Werbung richtet sich allerdings nur an solche Verbraucher, die – wie mehrere Mitglieder des Senates – bereits ein Handy besitzen, da das Angebot der Beklagten für andere Verbraucher nicht sinnvoll ist.

aa. Die Aussage „Keine Grundgebühr“ ist irreführend, da die angesprochenen Verkehrskreise hierdurch jedenfalls im Rahmen der konkreten Verletzungsform über den Umfang der Kosten irregeführt werden, die auf sie zukommen, wenn sie das beworbene Angebot der Beklagten annehmen.

(1) Die Beklagte hat in der angegriffenen Werbemaßnahme bestimmte Aspekte ihres Angebotes – darunter die streitgegenständliche Aussage „Keine Grundgebühr“ - blickfangmäßig heraus gestellt. Von Blickfangwerbung spricht man, wenn im Rahmen einer Gesamtankündigung einzelne Angaben im Vergleich zu den sonstigen Angaben besonders herausgestellt sind, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu erwecken (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, UWG, 26.Aufl., § 5 Rz.2.93). Hier hat die Beklagte ihre niedrigen Minuten- / SMS-Tarifen („14 Cent/Minute“, 4 Cent/Minute“ und 12 Cent/SMS“) in besonderer Weise – nämlich durch große Zeichen und durch auffällige Platzierung in drei ovalen „Störern“ – hervorgehoben. An der auffallenden Aufmachung der gesamten Werbung nehmen auch die beiden streitgegenständlichen Aussagen „Keine Grundgebühr“ und „Kostenlos Mobilnummer mitnehmen“ teil. Beide sind in Fettdruck und Versalien wiedergegeben und in großer Schrift unmittelbar unterhalb des Rechteckes mit den genannten Tarifangaben platziert.

Dies können die angesprochenen Verkehrskreise als eine Gesamtaussage darüber verstehen, welche Kosten überhaupt auf sie zukommen, wenn sie sich für das Angebot der Beklagten entscheiden. Der Begriff „Grundgebühr“ bezeichnet nämlich einen Kostenpunkt, der nutzungsunabhängig zu zahlen ist. Dies gilt für alle Arten von Angeboten über dauerhaften Leistungsbezug, die in irgendeiner Weise anhand eines bestimmten Nutzungsumfanges abgerechnet werden, sei es über die Lieferung von Energie, sei es – wie hier – über die Bereitstellung von Möglichkeiten zur mobilen Telekommunikation. Dass in der angegriffenen Werbung nur nutzungsabhängige Kosten genannt sind (die drei „Tarife“ in den Störern), eine nutzungsunabhängige Form von Kosten hingegen gerade ausdrücklich ausgeschlossen ist, kann der durchschnittlich informierte und verständige Verbrauchers, der die Werbung mit einer der Situation entsprechend angemessenen Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt, so verstehen, dass er hiermit abschließend über die mit dem Angebot der Beklagte verbundenen Kosten informiert wird. Die als Blickfang herausgestellte Gesamtaussage der Werbung kann also als abschließende Aussage etwa des Inhaltes verstanden werden: Die ausdrücklich genannten nutzungsabhängigen Tarife sind zu zahlen, sonst aber nichts. Ein derartiges Verständnis der angegriffenen Werbeaussage ist auch nicht fernliegend, sondern sogar ausgesprochen nahe liegend, denn im Bereich der Prepaid-Karten sind derartige Vertragsgestaltungen möglich. Diesen ähneln die von der Beklagten angebotenen SIM-Karten aber in nicht geringem Maße, nämlich insoweit, als beide, ohne dass der Verbraucher dauerhaft vertraglich gebunden wäre, ein Guthaben aufweisen, dass in erster Linie durch die Gebühren der durchgeführten Telefonate verbraucht wird. Dieses Verständnis der Aufmachung der streitgegenständlichen Werbung kann der Senat wiederum aufgrund eigener Anschauung feststellen, da seine Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen.

(2) Unstreitig verlangt aber die Beklagte eine sog. „Administrationsgebühr“, wenn ihre Kunden in einem Zeitraum von drei Monaten einen bestimmten Mindestumsatz nicht erreichen. Eine derartige „Administrationsgebühr“ fällt also zwar nicht in jedem Fall an, wird aber gerade dann fällig, wenn der Verbraucher meint, sich besonders „sparsam“ verhalten zu haben. Auf diesen zusätzlichen – möglichen - Kostenpunkt des Angebotes der Beklagten wird in der angegriffenen Werbung indes nicht hingewiesen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Verbraucher, an den sich die Werbung richtet, weiß oder auch nur für möglich hält, dass ein solches Angebot stets mit einer Klausel über einen Mindestumsatz versehen ist; auch dies können die Mitglieder des Senates als Teil der angesprochenen Verkehrskreise aus eigener Anschauung beurteilen.

(3) In Fällen, in denen der Blickfang wie hier demnach zwar nicht objektiv unrichtig ist, aber nur die „halbe Wahrheit“ enthält, muss ein Stern oder ein anderes hinreichend deutliches Zeichen den Betrachter zu dem aufklärenden Hinweis führen. Wird nur der für den Verbraucher attraktive Teil des Geschäfts blickfangmäßig herausgestellt, trifft den Werbenden eine aus dem Irreführungsverbot abzuleitende Pflicht, die anderen belastenden Preisbestandteile klar zugeordnet und ähnlich deutlich herauszustellen (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, UWG, 26.Aufl., § 5 Rz.2.98). Wie deutlich ein derartiger Hinweis gestaltet sein muss – etwa durch Sternchen oder durch eine Fußnote, hängt zwar von den Umständen des Einzelfalls ab, ins-besondere davon, wie flüchtig oder intensiv der verständige Verbraucher die Werbung wahrnimmt.

Hier indes fehlt es in der angegriffenen Werbung an jeglichem Hinweis im Zusammenhang mit der irreführenden Aussage „Keine Grundgebühr“, der darauf hindeuten könnte, dass das Angebot unter bestimmten Prämissen mit weiteren Kosten durch eine „Administrationsgebühr“ verbunden ist. Vielmehr ist am unteren Ende der angegriffenen Werbung, direkt unterhalb der streitgegenständlichen Aussagen, nur ein Link in Gestalt einer „Schalttaste“ mit der Aufschrift „Jetzt anmelden!“ eingerichtet, die nicht nur nicht darauf hinweist, dass es neben den genannten noch weitere Kostenfaktoren gibt, sondern dem Verbraucher gerade signalisiert, dass er sich bei Betätigen diese Links ohne weitere Informationen zu den Tarifbedingungen direkt zum Anmeldevorgang begibt. Der Verbraucher erwartet im Rahmen des Anmeldevorganges aber keine weiteren Informationen über zusätzliche Kosten. Die Aufklärung darüber, dass man sehr wohl unter bestimmten Prämissen eine „Administrationsgebühr“ zu zahlen hat, findet sich dann auch an anderer Stelle auf den Seiten der Beklagten, nämlich in den Unterseiten „Tarifdetails“ und dort wiederum in der Fußnote 2 (Anl K 3). Auf diese Unterseiten wird aber in der angegriffenen Werbung gerade nicht im Hinblick auf die Aussage „Keine Grundgebühr“ hingewiesen, sondern nur bezüglich der konkreten Preisangaben zu den von der Beklagten berechneten Minutentarifen, also den verbrauchsabhängigen Tarifen. Die Angaben „14 Cent/Min.“ und „4 Cent/Min.“ sind nämlich mit Sternchen versehen, die den Verbraucher darauf hinweisen, dass er sich hierzu über Tarifdetails informieren solle, bei der streitgegenständlichen Aussage „Keine Grundgebühr“ hingegen findet sich ein solcher Hinweis gerade nicht.

Gerade dieser Gegensatz zwischen den Preisangaben bei den verbrauchsabhängigen Tarifen und der Aussage „Keine Grundgebühr“ spricht zudem dagegen, dass die Beklagte hier hinreichend deutlich auf den möglichen Kostenpunkt „Administrationsgebühr“ hingewiesen hat: Denn wenn sich bei den konkreten Preisangaben zu den Minutentarifen Sternchen-Hinweise finden, nicht aber bei der streitgegenständlichen Aussage „Keine Grundgebühr“, bestärkt diese Gestaltung den Verbraucher in dem zumindest möglichen Verständnis, dass es zu der angegriffenen Aussage eben nichts zu ergänzen gibt, dass es sich mithin um eine nicht erläuterungs- und nicht einschränkungsbedürftige Aussage handelt.

(4) Als nicht überzeugend sieht der Senat das Argument an, dass der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher – vor allem wenn er sich ein Angebot im Internet heraussuche – die angegriffene Werbung nicht dahingehend verstehe, dass keinerlei nutzungsunabhängige Kosten auf ihn zukämen, weil er wisse, dass im Mobilfunkbereich ein „Tarif-Dschungel“ herrsche, und demgemäß keinen Anlass habe, die werbenden Aussagen über ihren Wortlaut hinaus zu interpretieren. Wie soeben ausgeführt, ergibt der Wortlaut der angegriffenen Aussage jedenfalls im Kontext der Werbung gerade eine solche Verständnismöglichkeit. Selbst wenn man unterstellt, dass alle Vertragsbedingungen in der Branche der Mobilfunkanbieter unübersichtlich gestaltet sind und in der dazugehörigen Werbung unzureichend vermittelt werden, was der Senat sich zu beurteilen nicht anmaßen kann, könnte dies zudem nicht zur Folge haben, dass man es für quasi grundsätzlich undenkbar erklärt, dass Verbraucher überhaupt noch irregeführt werden können. Im Übrigen kann der Senat als – wie ausgeführt – Teil der von der streitgegenständlichen Werbung angesprochenen Verkehrskreise gerade nicht feststellen, dass in dieser Zielgruppe die Vorstellung herrscht, dass man sich auf die Vollständigkeit von Werbemaßnahmen grundsätzlich überhaupt nicht verlassen kann.

Nicht zutreffend ist zudem das Argument, dass der Verbraucher durch die angegriffene Werbung auch deshalb keinen falschen Eindruck gewinnen könne, weil die denkbare Belastung durch die „Administrationsgebühr“ in Höhe von allenfalls einem Euro pro Monat nicht mit der Belastung zu vergleichen sei, die durch die Grundgebühren anderer Anbieter entstünden. Auch ein falscher Eindruck über einen Betrag von nur 10 Cent wäre ein falscher Eindruck. Und dass bei anderen Anbietern höhere Gebühren verlangt werden mögen, steht einer Irreführung ebenfalls nicht entgegen. Allenfalls könnte man aus diesem Grund erwägen, ob es sich nur um eine unerhebliche Beeinträchtigung iSv § 3 UWG handelt; dazu siehe unten.

bb. Auch die werbende Aussage „Kostenlos Mobilnummer mitnehmen“ ist in dem vorgenannten Sinne irreführend. Wenigstens relevante Teile der angesprochenen Verkehrskreise verstehen diese Aussage dahingehend, dass für den Verbraucher keinerlei Kosten anfallen, wenn er seine bisherige Mobilnummer „mitnimmt“, also auch bei der Beklagten beibehalten kann. Unstreitig können dem Kunden aber Kosten bei seinem bisherigen Provider entstehen, da einige Anbieter von ihren Kunden eine Gebühr in Gestalt einer sog. „Portierungsgebühr“ verlangen, wenn sie ihre Mobilnummer zu einem anderen Anbieter „mitnehmen“ wollen.

(1) Zwar kann sich eine Werbeaussage eines Anbieters, dass etwas „kostenlos“ sei, alleine auf die von diesem selbst geforderten Kosten beziehen; ein solches Verständnis wäre auch keineswegs fern liegend. Entgegen der Ansicht des Landgerichts gibt es für die angesprochenen Verkehrskreise aber gleichwohl durchaus einen „Anlass“ oder „berechtigten Grund“, diese Aussage dahin zu interpretieren, dass die Beklagte gegebenenfalls anfallende „Portierungskosten“ aus dem früheren Vertragsverhältnis zu erstatten verspricht.

Zunächst werden mit der angegriffenen Aussage „Kostenlos Mobilnummer mitnehmen“ beide Vertragsverhältnisse – das bisherige und das mit der Beklagten einzugehende – zumindest inzident angesprochen. Das, was nach dieser Aussage „kostenlos“ sein soll, ist die „Mitnahme“ der (bisherigen) Mobilnummer. Eine „Mitnahme“ umfasst indes begriffsnotwendig immer zwei Stationen: Die Ausgangsstation, von der aus etwas „mitgenommen“ wird, und die Zielstation, zu der dieses Etwas mitgenommen wird. Wenn aber demnach mit der streitgegenständlichen Aussage die „Mitnahme“ als solche – also der Vorgang der Übertragung der vorhandenen Mobilnummer vom bisherigen Anbieter zu der Beklagten - als „kostenlos“ beworben wird (und mit keiner Silbe auf den Annahmeakt auf Seiten der Beklagten begrenzt wird), dann können relevante Teile der angesprochenen Verkehrskreise dies schon nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Aussage so verstehen, dass demjenigen, der eine Mobilnummer „mitnehmen“ will, überhaupt keine Kosten entstehen werden. Der Begriff „kostenlos“ wird hierbei ohne jegliche Einschränkung genannt und umfasst daher jedenfalls auch die Verständnismöglichkeit, dass dem Verbraucher durch einen derartigen Wunsch keinerlei Kosten entstehen würden.

Dies ist aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise auch eine keineswegs fern liegende Verständnismöglichkeit, denn es erscheint keineswegs ausgeschlossen, dass die Beklagte eine solche Kostenfreihaltung als besonderen Anreiz für einen Wechsel zu ihr einsetzt. Zum einen ist unstreitig, dass tatsächlich einige Anbieter mit einer derartigen Erstattung von „Portierungskosten“ werben. Zum anderen ist dem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher nicht ersichtlich, ob die Kalkulation der Beklagten ein solches Angebot ausschließt.

(2) Die angegriffene Werbeaussage „Kostenlos Mobilnummer mitnehmen“ ist demnach jedenfalls mehrdeutig. Im Falle der Mehrdeutigkeit muss der Werbende indes die verschiedenen Bedeutungen gegen sich gelten lassen. Dabei ist ohne Bedeutung, ob es der Werbende auf die Mehrdeutigkeit angelegt hat oder nicht. Auch bei unbewusster Mehrdeutigkeit muss er die ungünstigere, aber verständigerweise mögliche Auslegung gegen sich gelten lassen. Zu beachten ist zwar immer, dass nicht allein die Mehrdeutigkeit den Vorwurf der Irreführung begründen kann, denn wenn jede Bedeutung mit der Wirklichkeit übereinstimmt, ist die Verwendung eines mehrdeutigen Begriffs unbedenklich (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, UWG, 26.Aufl., § 5 Rz.2.111). Hier indes ist die angegriffene Werbeaussage schon deshalb irreführend und damit unlauter im Sinne der §§ 3 und 5 UWG, weil die Verständnismöglichkeit, dass die Beklagte eventuell entstehende „Portierungskosten“ für die Mitnahme der Mobilnummer erstatte, jedenfalls bezogen auf das beworbene Angebot unstreitig unzutreffend war.

cc. Zur Irreführung tritt im Rahmen des § 5 UWG das Merkmal der wettbewerblichen Erheblichkeit, das - als dem Irreführungstatbestand immanentes spezifisches Relevanzerfordernis - eine eigenständige Bagatellschwelle darstellt, die im Anwendungsbereich des § 5 UWG die Notwendigkeit entfallen lässt, das fragliche Verhalten auch noch der Erheblichkeitsprüfung nach § 3 UWG zu unterziehen. Das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot schützt die Wahrheit in der Werbung nicht zweckfrei. Es soll nur eingreifen, wenn die Verletzung des Wahrheitsgebots die Funktionen des Wettbewerbs berührt (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl., § 5 UWG Rz.2.169). Die Eignung zur Irreführung ist hier indes auch in diesem Sinne hinsichtlich beider angegriffener Aussagen wettbewerbsrechtlich relevant:

Der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Marktteilnehmer legt grundsätzlich Wert auf jeglichen Kostenfaktor. Die in Rede stehende „Portierungsgebühr“, die andere Anbieter ihren Kunden berechnen, bewegt sich unstreitig in einer Größenordnung von 20 bis 30 Euro, so dass schon der absolute Betrag der Annahme entgegen steht, dass es sich um eine irrelevante Bagatelle handeln könne. Die sich aus der „Administrationsgebühr“ ergebende Belastung kann maximal 12 Euro pro Jahr betragen. Auch dieser Betrag ist indes nicht so niedrig, dass man ihn als wettbewerbsrechtlich irrelevant ansehen könnte. Zum einen herrscht gerade im Bereich des Mobilfunks ein ganz erheblicher Preiskampf, der dazu führt, dass jede Ersparnismöglichkeit von den Wettbewerbern als Werbeargument eingesetzt wird und von den Verbrauchern auch als solches wahrgenommen und beachtet wird. Zum anderen ist selbst ein Betrag von einem Euro pro Monat im Verhältnis zu den geringen Tarifkosten der Beklagten nicht ganz geringfügig. Dies gilt um so mehr, als das Angebot der Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag gerade für Verbraucher interessant ist und sich an diese wendet, die insgesamt wenig telefonieren und daher wenig verbrauchsabhängige Kosten haben; ein zusätzlicher – in der Werbung nicht ausgewiesener – möglicher Kostenbetrag von einem Euro pro Monat kann daher für die Entscheidung des Verbrauchers ausschlaggebend sein. Auch diese Fragen können die Mitglieder des Senates als angesprochene Verkehrskreise aus eigener Anschauung beurteilen. Damit hat sich die Beklagte einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Mitbewerber verschafft, der ein identisches oder ähnliches Angebot mit nicht irreführenden Angaben bewirbt.

3. Daneben hat der Kläger gemäß § 12 Abs.1 Satz 2 UWG einen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von € 150,- nebst Zinsen gegen die Beklagte.

a. Der diesbezügliche Berufungsantrag des Klägers enthält zwar nicht den klarstellenden Zusatz, dass hiermit eine Verurteilung über den bereits zugesprochenen Betrag von € 50,- hinaus angestrebt wird, der Berufungsbegründung ist aber unmissverständlich zu entnehmen, dass dies das Begehren des Klägers ist. Da der Wortlaut des Antrags ein solches Verständnis nicht ausschließt, ist der Klagantrag entsprechend dem erkennbaren wirklichen Willen des Klägers in diesem Sinne auszulegen; der Tenor ist entsprechend zu fassen.

b. Dieser Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Für einen Verband, dem es zuzumuten ist, typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende Wettbewerbsverstöße zu erkennen und abzumahnen, besteht ein Anspruch auf anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale. Ein Anspruch auf eine derartige Kostenerstattung besteht schon wegen der unstreitig berechtigten Abmahnung wegen der unzulässigen AGB-Klauseln der Beklagten; die Kostenpauschale ist auch in voller Höhe zu zahlen, wenn die Abmahnung nur teilweise berechtigt war (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl., § 12 UWG Rz.1.99). Hier kommt hinzu, dass nach den obigen Ausführungen die Abmahnung auch wegen der weiteren Punkte berechtigt war.

Der Anspruch ist auch der Höhe nach begründet: Die zu erstattenden Kostenpauschale beträgt derzeit etwa für die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Wettbewerbszentrale), die einen umfangreichen gemeinnützigen Zweckbetrieb für den Abmahnbereich unterhält, 176,64 Euro zzgl 7% MWSt. In welcher Höhe andere Verbände eine Kostenpauschale für Personal- und Sachkosten verlangen können, richtet sich nach Lage des Einzelfalls (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl., § 12 UWG Rz.1.98). Angesichts dessen ist kein Grund ersichtlich, weshalb dem Kläger nicht die Erstattung der vollständigen geltend gemachten Kostenpausschale von € 200,-, mithin neben dem bereits zugesprochenen Betrag von € 50,- von weiteren € 150,- zustehen sollte.

c. Der zugesprochene Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs.1, 286 Abs.1 Satz 2 BGB.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 ZPO.

5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 713 ZPO; da die Beschwer der Beklagten hinsichtlich des in die Berufung getragenen Teils der Klage unter € 20.000,- liegt, ist eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 26 Ziff.8 EGZPO nicht zulässig.

6. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs.2 ZPO liegen nicht vor, insbesondere hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.