BVerfG, Beschluss vom 18.12.2002 - 1 BvR 2118/96
Fundstelle
openJur 2011, 118727
  • Rkr:
Tenor

Die Verfahren werden verbunden.

Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Zulässigkeit einer Werbung mit Preisvergleichen.

I.

Die Beschwerdeführerin betreibt Verbrauchermärkte. Sie wurde in den Ausgangsverfahren verurteilt, die Werbung mit einem Preistest zu unterlassen. Das besondere Merkmal der Werbeanzeige bestand in einer grafischen Darstellung, mit der sichtbar gemacht wurde, in welchem Umfang die Preise anonym aufgeführter Konkurrenten prozentual höher waren als diejenigen der Beschwerdeführerin. Der Bundesgerichtshof stützte die Unterlassungsgebote mit insoweit gleich lautender Begründung auf § 1 UWG (zu 1 BvR 2119/96 vgl. NJW 1996, S. 3153 f.).

Mit der Verfassungsbeschwerde wird eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Art. 12 Abs. 1 Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG gerügt.

II.

Die Verfassungsbeschwerden werden unbeschadet der Wiedereinsetzungsanträge nicht zur Entscheidung angenommen. Sie haben keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG, weil das Bundesverfassungsgericht die vorliegend maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits geklärt hat (vgl. BVerfGE 102, 347 <360 ff.>). Auch ist die Annahme nicht nach § 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG angezeigt.

Eine Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Verfassungsrechte anzunehmen, wenn die geltend gemachte Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten besonderes Gewicht hat oder den Beschwerdeführer in existentieller Weise betrifft (vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Letzteres ist ersichtlich nicht der Fall. Die Verfassungsbeschwerde ist aber auch nicht wegen des besonderen Gewichts eines Verfassungsverstoßes anzunehmen. Besonders gewichtig ist eine Grundrechtsverletzung, die auf eine generelle Vernachlässigung von Grundrechten hindeutet oder auf einer groben Verkennung des durch ein Grundrecht gewährten Schutzes beziehungsweise einem geradezu leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen beruht (vgl. BVerfGE 90, 22 <25>).

Zwar geht die vom Bundesgerichtshof in den angegriffenen Revisionsurteilen gegebene Begründung nicht in jeder Hinsicht auf die Anforderungen ein, die bei der Anwendung des § 1 UWG auf Meinungsäußerungen zu beachten sind (vgl. BVerfGE 102, 347 <360 ff.> sowie 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2001, S. 3403 <3404 f.>; NJW 2002, S. 1187 <1188 f.>; Beschluss vom 7. November 2002 - 1 BvR 580/02 - Juris-Nr. KVRE311370201). Der Bundesgerichtshof hat sich insbesondere nicht ausdrücklich damit auseinander gesetzt, dass die streitigen Preisvergleiche in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen. Allerdings hat er einzelfallbezogene Erwägungen zur Gefährdung des Schutzguts von § 1 UWG angestellt, die eine Beschränkung der Meinungsfreiheit rechtfertigen können. Wesentliche Gesichtspunkte sind nach den Revisionsurteilen die fehlende Nachvollziehbarkeit der Preisvergleiche für den Leser, die Gefahr des Missbrauchs, die Vorspiegelung einer repräsentativen Marktübersicht sowie das Offenbleiben der Auswahlkriterien. Eine generelle Vernachlässigung der Meinungsfreiheit oder eine grobe Verkennung des durch das Grundrecht gewährten Schutzes lässt sich daher nicht feststellen.

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG angezeigt. Die vom Bundesgerichtshof angestellten Erwägungen sind grundsätzlich auch zur Beschränkung der Berufsfreiheit geeignet.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.