OLG Köln, Beschluss vom 20.05.1996 - 2 Wx 10/96
Fundstelle
openJur 2012, 75360
  • Rkr:
Tenor

Die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 15. März 1996

gegen den Beschluß der 11. Zivilkammer des Landgerichts

Köln vom 29. Februar 1996 - 11 T 10/96 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der am XXX April 1967 verstorbene XXX wurde beerbt zu einem Erbanteil von 1/2 von seiner Ehefrau XXX, geborene XXX, sowie zu je 1/4-Anteil von seinen beiden Söhnen XXX - dem Beteiligten zu 1) - und XXX dem Vater der Beteiligten zu 2) a) und b). Zum ungeteilten Nachlaß gehörte nach Angaben der Beteiligten nur der im Beschlußeingang bezeichnete Grundbesitz, als dessen Eigentümer die Erben in ungeteilter Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen sind. Durch einen vor Notar Dr. XXX am 31. Oktober .1995 (UR-Nr. XXX/1995) geschlossenen Erbteilsübertragungsvertrag hat der Beteiligte zu 1) seinen Erbteil am Nachlaß seines verstorbenen Vaters XXX zu gleichen Teilen an die Beteiligten zu 2) a) und b) - seine von ihren Eltern gesetzlich vertretenen Neffen - im Wege der Schenkung übertragen. Die notarielle Vertragsurkunde enthält u.a. folgende Regelungen:

"(4) Nachlaßverbindlichkeiten

Der Erwerber übernimmt als Gesamtschuldner mit sofortiger Wirkung zur gänzlichen Entlastung des Veräußerers alle etwa vorhandenen Nachlaßverbindlichkeiten einschließlich etwaiger Rückstände. Er verpflichtet sich, den Veräußerer von jeder Inanspruchnahme wegen solcher Verbindlichkeiten freizuhalten.

Den Vertragsbeteiligten sind jedoch solche Verbindlichkeiten nicht bekannt.

(8) Kosten und Steuern

Die Kosten und etwaigen Verkehrssteuern, die durch diesen Vertrag und seinen Vollzug entstehen, trägt der Erwerber. Im Verhältnis der Vertragsbeteiligten zueinander fällt die aus Anlaß des Ablebens des in Ziffer (1) genannten Erblassers etwa angefallene Erbschaftssteuer dem Veräußerer zur Last.

(10) Grundbucherklärungen

a. Die Vertragsbeteiligten bewilligen und beantragen, das Grundbuch entsprechend der Erbteilsübertragung gemäß Ziffer (2) zu berichtigen.

b. ...

(11) Genehmigungen - Hinweise

a. ...

b. Der Notar hat darauf hingewiesen, daß

aa. ...

bb. der Erwerber ab sofort neben dem weiterhin haftenden Veräußerer für alle etwaigen Nachlaßverbindlichkeiten gegenüber den Nachlaßgläubigern haftet, und zwar unabhängig von den insoweit in diesem Vertrag getroffenen Vereinbarungen."

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 1995, beim Grundbuchamt Wermelskirchen eingegangen am 15. Dezember 1995, beantragte der Urkundsnotar unter Vorlage u.a. einer Ausfertigung des Erbteilsübertragungsvertrages eine vertragsgemäße Grundbuch-Berichtigung.

Mit Zwischenverfügung vom 18. Dezember 1995 hat die Grundbuch-Rechtspflegerin die beantragte Eintragung abhängig gemacht von einem in der Form des § 29 GBO zu erbringenden Nachweis einer wirksamen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zum Erbteilsübertragungsvertrag. Der unentgeltliche Erwerb des Erbanteils durch die Minderjährigen bedürfe der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, da er wegen der Erbenhaftung nach § 2382 BGR nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sei (§§ 1643, 1822 Nr. 10, 1821 Nr. 1 und 5 BGB). Zur Behebung des Eintragungshindernisses hat die Rechtspflegerin eine Frist von 6 Wochen gesetzt.

Gegen diese Beanstandung (Entscheidung) hat der Notar mit Schriftsatz vom 29. Dezember 1995, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, Erinnerung eingelegt. Rechtspfleger und Amtsrichter haben dieser Erinnerung nicht abgeholfen und sie der Beschwerdekammer des Landgerichts Köln zur Entscheidung vorgelegt.

Durch Beschluß vom 29. Februar 1996 hat das Landgericht die nunmehr als Beschwerde geltende Erinnerung zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, richtet sich die vom Notar mit Schriftsatz vom 15. März 1996 eingelegte weitere Beschwerde.

II.

Die nach den §§ 78, 80 GBO statthafte und formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist nicht begründet.

Der angefochtene Beschluß des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, §§ 78 S. 2 GBO, 550 ZPO. Das Landgericht hat die gegen die Zwischenverfügung der Grundbuchrechtspflegerin vom 18. Dezember 1995 gerichtete Erinnerung/Beschwerde zu Recht zurückgewiesen; die Rechtspflegerin hat das Fehlen einer in der Form des § 29 GBO nachzuweisenden vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zum Erbteilsübertragungsvertrag im Ergebnis mit Recht beanstandet.

Zutreffend geht das Landgericht davon aus, daß die von den Vertragsbeteiligten bewilligte und beantragte Grundbucheintragung den Eintritt der Unrichtigkeit des Grundbuchs durch eine wirksame Erbteilsübertragung voraussetzt. Der notarielle Erbteilsübertragungsvertrag enthält sowohl die Verfügung über den Miterben-Anteil am ungeteilten Nachlaß gemäß den §§ 2032, 2033 BGB als auch das diesem Verfügungsvertrag zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft in Form eines Schenkungsvertrages gemäß § 2385 BGB.

Die Verfügung über den Erbteil ist unwirksam, wenn der Schenkungsvertrag unwirksam ist und diese Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts das auf ihm beruhende Verfügungsgeschäft erfaßt. Dies hat das Landgericht mit Recht angenommen. Die Wirksamkeit des von den Eltern als gesetzliche Vertreter für ihre beiden minderjährigen Kinder abgeschlossenen Schenkungsvertrages hängt gemäß § 1643 Abs. 1, 3 BGB in Verbindung mit § 1829 Abs. 1 BGB von der nach § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB erforderlichen Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ab. Zwar besteht das Genehmigungserfordernis nach dieser von der .Beschwerdekammer zu Recht als allein einschlägig erachteten Vorschrift dem Wortlaut nach nur für Verträge, die auf den entgeltlichen Erwerb eines Grundstücks oder Grundstücksrechts gerichtet sind. Nach ihrem Schutzzweck umfaßt sie aber - wie auch das Landgericht zutreffend annimmt - Verträge, die den Erwerb von Miteigentumsanteilen oder von Anteilen an einer mit Grundbesitz ausgestatteten Gesamthand - hier der ungeteilten Erbengemeinschaft - betreffend (Vgl. Palandt-Diederichsen, BGB, 55. Aufl., § 1821 Rn. 15; MüKo-Schwab, BGB 3. Aufl., § 1821 Rn. 44). Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil die Beteiligten davon ausgehen, daß zum ungeteilten Nachlaß nur der fragliche Grundbesitz gehört. Der Erbteilsübertragungsvertrag ist insoweit auch auf einen entgeltlichen Grundstückserwerb gerichtet. Zwar soll die Erbteilsübertragung schenkweise erfolgen. Der Senat teilt aber die Auffassung des Landgerichts, daß sich hier eine Entgeltlichkeit aus der Verbindung dieser Schenkung mit der im notariellen Vertrag ausdrücklich geregelten gesamtschuldnerischen Übernahme aller etwa vorhandener Nachlaßverbindlichkeiten ergibt. Nach dem Schutzzweck des § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB ist eine für den minderjährigen Erwerber unbedenklich unentgeltliche Zuwendung dann nicht anzunehmen, wenn und soweit diese mit einer über den erlangten Erwerbswert hinausgehenden persönlichverpflichtenden Gegenleistung belastet ist. Denn insoweit sieht sich der schutzbedürftige Minderjährige persönlichen Leistungspflichten ausgesetzt, denen er nicht durch Verweisung auf den geschenkten Gegenstand entgehen kann (Vgl. OLG Köln, MittRhNotK 1978, 192 f; LG Köln, MittRhNotK 1974, 363 f; Palandt-Diederichsen, a.a.O., § 1821 Rn. 15; MüKo-Schwab, a.a.O., § 1821 Rn. 46; Klüsener, Rpfleger 1981 465 ff; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 10. Aufl., Rn. 3700).Eine solche durch den Wert des Nachlaß- und Grundstücksanteils nicht bzw. nicht vollständig abgedeckte persönliche Verpflichtung kann hier jedenfalls nicht ausgeschlossen werden. Dabei kommt es auch nach Ansicht des Senats nicht darauf an, ob sich das kraft Gesetzes (§§ 2385, 2382, 1967, 1975 ff BGB) und nach Maßgabe der ausdrücklichen Regelung im notariellen Vertrag grundsätzlich unbeschränkte Erbenhaftungsrisiko im vorliegenden Falle realisiert. Zwar mag nach Ablauf von nahezu 30 Jahren seit dem Erbfall - wovon auch die Vertragsbeteiligten ausgehen - das Bestehen von Nachlaßverbindlichkeiten weniger wahrscheinlich sein. Das ändert indes nichts am grundsätzlichen Belastungscharakter dieser über den Nachlaßwert hinausgehenden persönlichen Haftung. Der mit ihr verknüpfte Schenkungsvertrag erscheint damit genehmigungsfähig, er bleibt aber nach § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB genehmigungsbedürftig. Mit Recht hat das Landgericht die (schwebende) Unwirksamkeit des (belastenden) Schenkungsvertrages auf den damit in der Vertragsurkunde verbundenen dinglichen Übertragungsvertrag bezogen. Zwar erfaßt der Genehmigungstatbestand des § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB grundsätzlich nur das schuldrechtliche Grundgeschäft und nicht die dingliche Rechtsänderung; er ist deshalb für das Grundbuchverfahren grundsätzlich ohne Bedeutung. Ausnahmsweise kann aber die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Grundgeschäfts auch das dingliche Verfügungsgeschäft erfassen (Vgl. BayObLG, Rpfleger 1992, 62, 63; NJW-RR 1990, 87; Rpfleger 1969, 48; OLG Hamm, Rpfleger 1959, 127 f; MüKo-Schwab, BGB, § 1821 Rn. 47; Demharter, GBO, 21. Aufl., § 19, Rn. 19, 20). Einen solchen Ausnahmefall hat das Landgericht hier mit insgesamt zutreffender, vom Senat geteilter Begründung bejaht. Insbesondere die detaillierten und - etwa hinsichtlich der Erbschaftssteuern in Ziffer (8) des Vertrages - auch differenzierenden Regelungen zur gesamtschuldnerischen Mit-Haftung der Erwerber für alle etwaigen Nachlaßverbindlichkeiten sind auch nach Auffassung des Senats dahingehend auszulegen, daß die Wirksamkeit der dinglichen Erbteilsübertragung - ohne Rücksicht auf die generelle rechtliche Trennung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft - hier jedenfalls von der die Erbenhaftung auslösenden Wirksamkeit des zugrundeliegenden Schenkungsvertrages abhängig gemacht worden ist.

Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: unter 500 DM