BVerfG, Beschluss vom 08.05.2007 - 1 BvR 193/05
Fundstelle
openJur 2011, 119058
  • Rkr:
Tenor

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit die Klage auf Unterlassung der Behauptung abgewiesen wurde, der Brancheninformationsdienst "kapital-markt intern" habe die von der Beschwerdeführerin angebotene Prozessfinanzierung als Bauernfängerei bezeichnet.

Das Urteil wird in diesem Umfang aufgehoben. Die Sache wird an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat der Beschwerdeführerin die Hälfte der notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Abweisung einer zivilgerichtlichen Klage, mit der die Beschwerdeführerin gegen geschäftsschädigende Äußerungen vorging.

I.

1. Die Beschwerdeführerin ist eine Aktiengesellschaft, die sich auf dem Gebiet der Prozesskostenfinanzierung betätigt. Sie finanziert unter anderem Musterverfahren, in denen Kapitalanleger gegen Banken Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter Beratung bei Immobiliengeschäften geltend machen. Diese Verfahren werden von Rechtsanwalt F. geführt. Im Rahmen der Prozesskostenfinanzierung lässt sich die Beschwerdeführerin einen Teil des Betrags versprechen, den der betreffende Anleger erstreitet. Für den Fall, dass in dem Verfahren ein Vergleich angeboten wird, den die Beschwerdeführerin für sachgerecht hält, dem der Anspruchsinhaber jedoch nicht zustimmen will, kann die Finanzierungsvereinbarung gegen Zahlung des im Fall des vorgesehenen Vergleichs auf die Beschwerdeführerin entfallenden Betrags gekündigt werden.

In einer Ausgabe des Brancheninformationsdienstes "kapital-markt intern" erschien 1998 ein Artikel, in dem darüber berichtet wurde, dass die Beschwerdeführerin unter der Anwaltschaft eine Aktienbeteiligung anwerbe. Die Verfasser des Berichts gingen dabei irrtümlich von einer Zeichnungsfrist von drei Wochen aus und bezeichneten dies im weiteren Verlauf als "Bauernfängerei".

Der Beklagte des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagter) ist Rechtsanwalt und vertrat Mandanten, die in der Kapitalanlagevermittlung tätig waren. In einem an verschiedene Landgerichte, Redaktionen von Wirtschaftszeitschriften, Staatsanwaltschaften, Banken und Notarkammern versandten Gutachten kritisierte der Beklagte das Prozessfinanzierungssystem der Beschwerdeführerin. Wörtlich heißt es darin unter anderem im Anschluss an eine Schilderung dieses Systems:

Die öffentliche Resonanz ist gemischt: Der Brancheninformationsdienst k. m.-intern (43/1998 Seite 2) bezeichnete dies als "Bauernfängerei" und hat gerade im Fall F. recht damit: ...

Weiter wird ausgeführt:

Weder die Fo. AG <die Beschwerdeführerin> in ihrem Werbeblatt noch F. klärten ferner darüber auf, dass der Mandant sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe verpflichten muss, wenn das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar Fo. AG zustimmt, den aber der Mandant ablehnt (Ströbel, BRAK-Mitt. 1998, 263, 264).

2. Die Beschwerdeführerin nahm den Beklagten auf Unterlassung unter anderem der oben genannten Äußerungen in Anspruch. Das Oberlandesgericht gab der Klage insoweit statt. Auf die Revision des Beklagten hob der Bundesgerichtshof mit dem angegriffenen Urteil das Urteil des Oberlandesgerichts auf und wies die Klage insgesamt ab.

Bei der Äußerung über die Verpflichtung zur Zahlung einer hohen Vertragsstrafe handle es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine zulässige Meinungsäußerung. Enthalte eine Äußerung einen rechtlichen Fachbegriff, so deute dies darauf hin, dass sie als Rechtsauffassung und damit als Meinungsäußerung einzustufen sei. Die Beurteilung einer Vertragsbestimmung als Vertragsstrafe erfordere - anders als die Deutung einfacher, auch in der Alltagssprache gängiger Rechtsbegriffe - eine rechtliche Bewertung.

Auch die Äußerung, der Brancheninformationsdienst kapital-markt intern habe das Finanzierungsmodell der Beschwerdeführerin als Bauernfängerei bezeichnet, könne nicht als Tatsachenbehauptung angesehen werden. Durch die Verknüpfung des Zitats des kapital-markt intern mit der eigenen Auffassung des Beklagten "und hat gerade im Fall F. recht damit", stelle sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrachtet als ein Zusammenspiel von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung dar. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Beklagte das Zitat richtig oder unrichtig wiedergegeben habe.

Die danach gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Beschwerdeführerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten führe dazu, dass letztere den Vorrang verdiene. Insbesondere stelle die Äußerung des Beklagten keine unzulässige Schmähkritik dar. Vielmehr bewerte dieser die vertraglichen Rechte und Pflichten der von der Beschwerdeführerin angesprochenen Kapitalanleger und gelange zu dem Ergebnis, dass für diese das System der Prozessfinanzierung unvorteilhaft sei.

3. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 sowie aus Art. 14 GG, jeweils in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG. Der Bundesgerichtshof verkenne den der Beschwerdeführerin zustehenden Ehrschutz, indem er Tatsachenbehauptungen als gerechtfertigte Werturteile einstufe.

4. Die Bundesregierung und der Beklagte hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nach § 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG teilweise zur Entscheidung an und gibt ihr insoweit nach § 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG statt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist in diesem Umfang zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 12 Abs. 1 GG angezeigt. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen der Auslegung dieses Grundrechts bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise begründet.

1. Im Privatrechtsverkehr entfalten die Grundrechte ihre Wirkkraft als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen durch das Medium der Vorschriften, die das jeweilige Rechtsgebiet unmittelbar beherrschen (vgl. BVerfGE 7, 198 <205 f.>; 42, 143 <148>; 103, 89 <100>). Der Staat hat auch insoweit die Grundrechte des Einzelnen zu schützen und vor Verletzung durch andere zu bewahren (vgl. nur BVerfGE 103, 89 <100>). Den Gerichten obliegt es, diesen grundrechtlichen Schutz durch Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts zu gewähren und im Einzelfall zu konkretisieren. Ihrer Beurteilung und Abwägung von Grundrechtspositionen im Verhältnis zueinander kann das Bundesverfassungsgericht nur dann entgegentreten, wenn eine angegriffene Entscheidung Auslegungsfehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; 42, 143 <149>; 54, 148 <151 f.>; stRspr). Bedarf es einer Abwägung zwischen widerstreitenden grundrechtlichen Schutzgütern, unterliegt sie einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht ebenfalls nur daraufhin, ob die Fachgerichte den Grundrechtseinfluss ausreichend beachtet haben (vgl. BVerfGE 101, 361 <388>). Dagegen ist es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts zu kontrollieren, wie die Gerichte den Schutz im Einzelnen auf der Grundlage des einfachen Rechts gewähren (vgl. BVerfGE 54, 148 <151>; 86, 122 <128 f.>; 96, 152 <164>).

2. Das angegriffene Urteil ist an der durch Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG gewährleisteten Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin zu messen, die mit dem Grundrecht des Beklagten auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG in einen angemessenen Ausgleich zu bringen war.

a) Art. 12 Abs. 1 GG schützt das Recht, den Beruf frei zu wählen und frei auszuüben. "Beruf" ist jede Tätigkeit, die auf Dauer berechnet ist und der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage dient (vgl. BVerfGE 7, 377 <397 ff.>; 54, 301 <313>; 68, 272 <281>; 97, 228 <252 f.>). Das Grundrecht ist nach Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen des Privatrechts anwendbar, soweit sie eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise einer juristischen wie einer natürlichen Person offen steht (vgl. BVerfGE 106, 275 <298>; stRspr).

In der bestehenden Wirtschaftsordnung umschließt das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG das berufsbezogene Verhalten der Unternehmen am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs. Die Wettbewerber haben aber keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht keinen Anspruch auf eine erfolgreiche Marktteilhabe oder auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten. Vielmehr unterliegen die Wettbewerbsposition und damit auch die erzielbaren Erträge dem Risiko laufender Veränderung je nach den Verhältnissen am Markt und damit nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen (vgl. BVerfGE 105, 252 <265>; 106, 275 <298 f.>; BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03 -, NJW 2006, S. 3701 <3702>).

Der Schutzbereich der Berufsfreiheit kann nicht nur berührt sein, wenn die berufliche Tätigkeit unterbunden wird, sondern auch, wenn der Markterfolg behindert wird. Zwar verleiht Art. 12 Abs. 1 GG einem Unternehmen kein Recht, von anderen nur so dargestellt zu werden, wie es gesehen werden möchte oder sich selbst und seine Produkte sieht (vgl. BVerfGE 105, 252 <266>). Demgegenüber schützt Art. 12 Abs. 1 GG Unternehmen in ihrer beruflichen Betätigung vor inhaltlich unzutreffenden Informationen oder vor Wertungen, die auf sachfremden Erwägungen beruhen oder herabsetzend formuliert sind, wenn der Wettbewerb in seiner Funktionsweise durch sie gestört wird (vgl. BVerfGE 105, 252 <272 f.>; BVerfGK 3, 337 <343>). Wird eine auf das Verhalten von Marktteilnehmern bezogene unzutreffende oder unsachliche Äußerung eines Privaten, die sich zum Nachteil eines Unternehmens auswirkt, von einem Gericht nicht beanstandet, so greift diese Entscheidung in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG ein (vgl. BVerfGK 3, 337 <343>).

b) Liegt nach diesem Maßstab ein Eingriff in die Berufsfreiheit vor, so muss das Gericht, das über die Zulässigkeit der Äußerung zu entscheiden hat, das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Interesse dem Äußerungsinteresse der Gegenseite zuordnen, das regelmäßig gleichfalls grundrechtlichen Schutz aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG genießt.

Für den Ausgleich der betroffenen Interessen ist dabei maßgeblich, ob die Äußerung als Werturteil oder als Tatsachenbehauptung anzusehen ist. Während für Werturteile die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage kennzeichnend ist, werden Tatsachenbehauptungen durch die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit charakterisiert. Anders als Werturteile sind Tatsachenbehauptungen daher grundsätzlich dem Beweis zugänglich (vgl. BVerfGE 90, 241 <247>; 94, 1 <8>). Sofern eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl. BVerfGE 85, 1 <15>; 90, 241 <248>).

Um die Zulässigkeit einer Äußerung zu beurteilen, sind die betroffenen Interessen einander in einer umfassenden Abwägung zuzuordnen, bei der alle wesentlichen Umstände zu berücksichtigen sind. Das Ergebnis dieser Abwägung lässt sich nicht generell und abstrakt vorausbestimmen. In der Rechtsprechung haben sich aber einige Vorzugsregeln herausgebildet, die verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

So muss bei Werturteilen die Meinungsfreiheit regelmäßig zurücktreten, wenn sich die Äußerung als Schmähkritik oder als Formalbeleidigung darstellt (vgl. BVerfGE 93, 266 <293 f.>; BVerfGK 3, 337 <345>). Steht bei Äußerungen nicht die bloße Diffamierung, an der kein öffentliches Informationsinteresse bestehen kann, im Vordergrund, so ist über die Frage der Rechtfertigung einer möglichen Beeinträchtigung anderer Schutzgüter durch Abwägung zu entscheiden.

Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. BVerfGE 97, 391 <403>; 99, 185 <196>). Das gilt auch für Äußerungen, in denen tatsächliche und wertende Elemente einander durchdringen. Bei der Abwägung fällt dann die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, ins Gewicht (vgl. BVerfGE 85, 1 <17>; 90, 241 <248 f.>; 94, 1 <8>).

3. Nach diesen Grundsätzen genügt das angegriffene Urteil nur teilweise den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

a) Das Urteil steht mit diesen Anforderungen insoweit in Einklang, als die Klage hinsichtlich der Aussage abgewiesen wurde, die Vertragspartner der Beschwerdeführerin hätten im Fall der Ablehnung eines gerichtlichen Vergleichs eine Vertragsstrafe zu zahlen. Insoweit bedarf keiner Entscheidung, ob der Schutzbereich der Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin überhaupt berührt ist. Jedenfalls sind die Ausführungen, mit denen der Bundesgerichtshof die Zulässigkeit der Äußerung begründet, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Die Einstufung der Äußerung als reines Werturteil begegnet keinen Bedenken.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt in der Verwendung eines Rechtsbegriffs nur dann eine Tatsachenbehauptung, wenn die Beurteilung nicht als bloße Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Dabei komme es entscheidend auch auf den Zusammenhang an, in dem der Rechtsbegriff konkret verwendet werde (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 1982 - VI ZR 255/80 -, VersR 1982, S. 906 ff.; Urteil vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 -, NJW-RR 1999, S. 1251 ff.). Dieses Abgrenzungskriterium ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Anwendung dieses Kriteriums im vorliegenden Fall begegnet gleichfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Bundesgerichtshof durfte annehmen, dass die Qualifizierung einer Vertragsbestimmung als Vertragsstrafe einer rechtlichen Bewertung bedarf, deren Ergebnis sich im Rahmen des subjektiven Dafürhaltens und Meinens hält. Dass eine Zahlungsverpflichtung besteht, wenn die Prozesskostenfinanzierungsvereinbarung gelöst wird, wird von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt. Die Äußerung nimmt daher auf eine unstreitig tatsächlich bestehende vertragliche Regelung Bezug und bewertet diese im Rahmen einer juristischen Abhandlung. Diese Bewertung hat ihrerseits keinen tatsächlichen Gehalt. Die Frage der Vertretbarkeit des Ergebnisses einer solchen juristischen Auslegung ist dem Beweis gerade nicht zugänglich.

bb) Auch die Erwägungen, mit denen der Bundesgerichtshof den Vorrang des Äußerungsinteresses des Beklagten begründet, sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der Bundesgerichtshof stellt in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise fest, dass die Äußerung, die Beschwerdeführerin lasse sich im Fall der Vertragsauflösung eine Vertragsstrafe versprechen, weder eine Schmähkritik darstellt noch im konkreten Kontext ehrenrührig wirkt. Schwere wirtschaftliche Beeinträchtigungen gehen von dieser subjektiven Wertung nicht aus, zumal der Leser durch die gleichzeitige Vermittlung der zugrunde liegenden Vertragspassage in die Lage versetzt wird, sich insoweit ein eigenes Urteil zu bilden. Dabei nimmt der Beklagte auch keine besondere Neutralität in Anspruch oder schafft gar ein Vertrauen in die Objektivität der Bewertung.

b) Dagegen genügt das angegriffene Urteil den verfassungsrechtlichen Anforderungen insoweit nicht, als die Klage auch hinsichtlich der Äußerung abgewiesen wurde, der Brancheninformationsdienst kapital-markt intern habe das Prozessfinanzierungsmodell der Beschwerdeführerin als Bauernfängerei bezeichnet.

aa) Insoweit greift das Urteil in die Berufsfreiheit ein. Die negative Stellungnahme des Beklagten berührt die Beschwerdeführerin erheblich in ihrer Berufsausübung. Die pauschal abwertende Äußerung ist ihrem Inhalt nach darauf gerichtet und geeignet, die wirtschaftliche und soziale Stellung der Beschwerdeführerin zu schwächen und andere Marktteilnehmer von Geschäften abzuhalten, also die von ihr angebotenen Leistungen gar nicht nachzufragen.

bb) Die Begründung, mit der der Bundesgerichtshof die Äußerung für gerechtfertigt hält, ist verfassungsrechtlich nicht tragfähig.

(1) Keinen Bedenken begegnet allerdings der Ausgangspunkt des Bundesgerichtshofs, dass sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrachtet als ein Zusammenspiel von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung darstelle. Die Äußerung des Beklagten weist insoweit einen tatsächlichen Kern auf, als eine vermeintliche Bewertung der Geschäfte der Beschwerdeführerin durch einen Dritten wiedergegeben wird. Sie erschöpft sich jedoch nicht in dieser tatsächlichen Darstellung, sondern enthält eine eigene Wertung des Beklagten, die mit dem tatsächlichen Bestandteil der Äußerung untrennbar verbunden ist.

(2) Jedoch genügt die von dem Bundesgerichtshof vorgenommene Abwägung der betroffenen Interessen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, da sie den tatsächlichen Gehalt der Äußerung vollständig ausblendet.

Für die Zulässigkeit der Äußerung lässt der Bundesgerichtshof ausreichen, dass der Beklagte selbst die Geschäftsmethoden der Beschwerdeführerin als Bauernfängerei bezeichnen durfte. Die Ausführungen, mit denen dies begründet wird, begegnen als solche auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Dabei verkennt der Bundesgerichtshof indes, dass die Äußerung nicht lediglich eine eigenständige Wertung des Beklagten darstellt. Sie enthält vielmehr zugleich die Tatsachenbehauptung, dass auch der Brancheninformationsdienst kapital-markt intern die Praxis der Prozessfinanzierung der Beschwerdeführerin als Bauernfängerei bezeichnet habe. Allein diese mit der Meinungsäußerung verknüpfte tatsächliche Behauptung hat die Beschwerdeführerin mit ihrer Klage angegriffen.

Das von dem Beklagten herangezogene Zitat traf dabei nicht zu. Der Text des Brancheninformationsdienstes kapital-markt intern, dem das Zitat entnommen ist, hat ausdrücklich in erster Linie die vermeintlich kurze Zeichnungsfrist für Aktien der Beschwerdeführerin zum Gegenstand. Diese wird als Bauernfängerei bezeichnet. Der Text des Beklagten erweckt demgegenüber den Eindruck, kapital-markt intern habe das Prozessfinanzierungsmodell der Beschwerdeführerin als Bauernfängerei bezeichnet.

Entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs ist es für die Zulässigkeit der Äußerung nicht von vorneherein ohne Belang, ob der Beklagte das von ihm herangezogene Zitat richtig oder unrichtig wiedergegeben hat. Mit einem derartigen Zitat kann die Absicht verfolgt werden, der eigenen Meinungsäußerung durch den Hinweis auf die übereinstimmende Anschauung eines anderen ein größeres Gewicht verleihen. Das gilt insbesondere, wenn der zitierte Dritte als neutrale Instanz mit besonderer Vertrauenswürdigkeit herangezogen wird, um die Stichhaltigkeit der geäußerten Meinung zu untermauern.

Indem der Bundesgerichtshof den Wahrheitsgehalt des Zitats gleichwohl nicht in die Abwägung der betroffenen Interessen eingestellt hat, wurde diese Abwägung in verfassungsrechtlich erheblicher Weise verkürzt.

cc) Das angegriffene Urteil beruht auf dem Verfassungsverstoß. Es ist nicht auszuschließen, dass der Bundesgerichtshof die Äußerung für unzulässig gehalten hätte, wenn er den Wahrheitsgehalt des wiedergegebenen Zitats berücksichtigt hätte.

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34 a BVerfGG, die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. auch BVerfGE 79, 357 <361 ff.>; 79, 365 <366 ff.>).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.