Die Antragsgegner werden unter Aufhebung der Beschlüsse des Landgerichts Köln vom 29. Februar 1996 - 29 T 175/95 - und des Amtsgerichts Kerpen vom 10. Juli 1995 - 15 II 50/93 - verurteilt, die Schwarzkiefer (pinus nigra), die auf der den Antragsgegnern zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche auf dem Grundstück L. 26 in F. - Gemarkung K, Flur ., Flurstück ... - steht, bis auf eine Höhe von höchstens 3 Metern ab dem Erdboden zu stutzen. Die Gerichtskosten werden den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern auferlegt. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst. Der Geschäftswert wird auf 15.000,-- DM festgesetzt.
Die Wohnung der Antragsgegner liegt im
Erdgeschoß der betroffenen Wohnanlage. Zur Anlage gehören auch
Gartenflächen zur Sondernutzung. Das Sondernutzungsrecht der
Antragsgegner umfaßt den an ihre Terrasse angrenzenden
Gartenteil.
Dort steht seit etwa fünfzehn Jahren
2,50 Meter vor der Außenwand des Gebäudes die streitige
Schwarzkiefer. Der Baum hat derzeit eine Höhe von ungefähr 8
Metern, sein Kronendurchmesser beträgt rund 4 Meter.
Die Wohnung des Antragstellers befindet
sich im ersten Obergeschoß direkt über der Wohnung der
Antragsgegner. Der Lichteinfall in die Wohnräume des Antragstellers
ist durch die Krone der Kiefer beeinträchtigt, die Sicht aus der
Wohnung ist eingeschränkt.
Unter Berufung auf die nach seinem
Vorbringen unzumutbaren Beeinträchtigungen begehrt der
Antragsteller die Stutzung der Kiefer bis auf eine Höhe von
höchstens 2 Metern.
Das Amtsgericht hat den Antrag durch
Beschluß vom 10. Juli 1995 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete
sofortige Beschwerde hat das Landgericht durch Beschluß vom 29.
Februar 1996 zurückgewiesen.
Die vom Antragsteller dagegen form- und
fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige sofortige
weitere Beschwerde (§§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG) hat in der Sache
Erfolg. Denn der angefochtene Beschluß des Landgerichts, der in
seiner Begründung auf die des Amtsgerichts Bezug nimmt und dieser
folgt, beruht auf einer Verletzung des Gesetzes, §§ 27 Abs. 1 FGG,
550 ZPO.
Das Amtsgericht hat im wesentlichen
ausgeführt:
Das Sondernutzungsrecht an der
Gartenfläche erlaube den Antragsgegnern die Anpflanzung von
Sträuchern und Bäumen. Da die Grenzen dieses Rechts in der
Teilungserklärung nicht näher erläutert sind, erscheine es
naheliegend, diese aus den Vorschriften des Nachbarrechtsgesetzes
für Nordrhein-Westfalen (NachbG NW) vom 15. April 1969 (GV NW 1969,
S. 190; geändert durch Gesetz vom 18. Februar 1975, GV NW 1975, S.
190) abzuleiten. Die darin vorgeschriebenen Grenzabstände sollten
sicherstellen, daß nicht unzumutbar Licht und Luft von
Nachbargrundstücken ferngehalten werden. Nach § 47 NachbG NW könne
ein Unterschreiten der Grenzabstände aber sechs Jahre nach der
Anpflanzung nicht mehr geltend gemacht werden, so daß ein Anspruch
des Antragstellers ausgeschlossen sei.
Das Landgericht hat ergänzt:
Der Anwendung nachbarrechtlicher
Vorschriften stehe nicht entgegen, daß es nicht um den Abstand
eines Baumes von einer Grundstücksgrenze, sondern von einem Gebäude
gehe. Denn die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte seien in beiden
Fällen dieselben.
Diese Ausführungen halten der
rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
Richtig ist allerdings, daß die
Antragsgegner auf dem ihnen zugewiesenen Grundstücksteil
grundsätzlich Sträucher und Bäume anpflanzen und auch wachsen
lassen dürfen. Das ergibt sich aus dem ihnen insoweit zustehenden
Sondernutzungsrecht.
Nach § 15 Abs. 3 WEG kann jeder
Wohnungseigentümer einen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums
verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen, und
soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der
Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen
entspricht. Im vorliegenden Fall ist durch Ziffer I. der
Teilungserklärung vom 30. Oktober 1980 nebst Aufteilungsplan,
welche die Wirkung einer Vereinbarung hat (§§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4,
10 Abs. 2 WEG), die Nutzung der zur Wohnanlage gehörenden
"unbebauten Gartenflächen" bindend für die Eigentümer geregelt
worden (§ 15 Abs. 1 WEG). Bei der Auslegung des Inhalts des
hiernach auch zugunsten der Antragsgegner im Grundbuch
eingetragenen Sondernutzungsrechts ist auf den Wortlaut und Sinn
abzustellen, wie sich dieser für einen unbefangenen Betrachter als
nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt (BGHZ 88, 302,
306).
Unter Berücksichtigung dessen muß das
Sondernutzungsrecht an einem Teil der "unbebauten Gartenfläche"
dahin verstanden werden, daß es nicht nur die Befugnis umfaßt, die
betreffende Fläche als Garten zu benutzen, sondern auch die, sie
gärtnerisch zu bepflanzen (Bay-ObLG WE 1991, 163; WE 1988, 23). Das
Anpflanzen von Bäumen und Sträuchern in Gartenteilen, an denen
Sondernutzungsrechte bestehen, ist folglich in der Regel ohne
Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer gestattet (§§ 14 Nr. 1,
15 Abs. 1, 22 Abs. 1 S. 2 WEG). Auch das Setzen einer Schwarzkiefer
liegt im Rahmen der üblichen gärtnerischen Bepflanzung von
Hausgärten.
Bedeutet hiernach das
Sondernutzungsrecht für die Antragsgegner, daß sie die betroffene
Fläche unter Ausschluß der übrigen Eigentümer allein nutzen dürfen,
so beinhaltet das jedoch keine vollständige Gleichstellung mit dem
Sondereigentümer und dessen Recht, mit seinem Eigentum nach
Belieben zu verfahren (§ 13 Abs. 1 WEG). Schon deshalb, weil die
dem Sondernutzungsrecht unterliegende Fläche gemeinschaftliches
Eigentum bleibt, dürfen die Antragsgegner auf dem ihnen zustehenden
Gartenteil nicht uneingeschränkt schalten und walten. Jedenfalls
dürfen die Antragsgegner ihr Sondernutzungsrecht nur im Rahmen des
§ 14 Nr. 1 WEG ausüben. Danach darf auch von der
Sondernutzungsfläche nur in solcher Weise Gebrauch gemacht werden,
daß dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem
geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil
erwächst. Im Einzelfall kann also die gärtnerische Gestaltung durch
Sondernutzungsberechtigte Beschränkungen unterworfen sein (BayObLG
WE 1994, 17; KG NJW-RR 1996, 464 f.; Weitnauer, 8. Aufl., § 15 Rdn.
27; Palandt/Bassenge, 54. Aufl., § 15 WEG Rdn. 7). Eine solche
Beschränkung des Gestaltungsrechts ist vorliegend geboten.
Denn den Antragsgegnern ist durch die
Schwarzkiefer, über deren Schattenwurf sich im Rahmen des
vorliegenden Verfahrens auch ein anderer Wohnungseigentümer beklagt
hat, ein nicht zumutbarer Nachteil erwachsen (§§ 14 Nr. 1, 15 Abs.
3 WEG). Der vom Amtsgericht beauftragte Sachverständige R. hat in
seinem Gutachten vom 10. März 1995 unwidersprochen festgestellt,
daß die dichte Krone des Baumes eine starke Sicht- und
Lichtbehinderung für die Wohnräume des Antragstellers im ersten
Obergeschoß darstellt; mit zunehmendem Höhenwachstum werden sich
die Beeinträchtigungen in die höher gelegenen Geschosse so lange
verlagern, bis die Krone in zehn bis zwanzig Jahren über das
Dachgeschoß reicht. Mit einem möglichen Auslichten der Krone würde
der Lichteinfall zwar verbessert, doch wäre der Antragsteller
weiterhin beeinträchtigt, auch dadurch, daß sein Balkon nach wie
vor nur mit schattenverträglichen Gewächsen bepflanzt werden
könnte.
Diese spürbaren Nachteile, die bei
einer Pflanzung auf einem anderen Standort nicht entstanden wären,
sind vermeidbar und brauchen deshalb vom Antragsteller nicht
hingenommen werden. Ohne Belang ist insoweit, daß im Verhältnis
zwischen Grundstücksnachbarn die Entziehung von Licht und Luft
durch Bäume auf dem Nachbargrundstück als sogenannte negative
Einwirkungen grundsätzlich nicht nach § 1004, 906 BGB abwehrbar
sind (BGH NJW 1992, 2569; Palandt/Bassenge, § 903 Rdn. 9), wenn
nicht im Einzelfall aufgrund des nachbarrechtlichen
Gemeinschaftsverhältnisses ein entsprechender Anspruch wegen
schwerer Beeinträchtigungen besteht (vgl. BGH NJW 1989, 2541). Denn
anders als im Verhältnis zwischen benachbarten
Grundstückseigentümern kommt es für die Bejahung eines Abwehr- oder
Beseitigungsanspruchs zwischen Wohnungseigentümern nur darauf an,
daß eine nicht ganz geringfügige, konkret spürbare und objektiv
feststellbare Beeinträchtigung vorliegt (BGH NJW 1992, 978; OLG
Düsseldorf, NJW-RR 1994, 277). Diese Wertung trägt der in der Regel
größeren räumlichen Nähe zwischen Wohnungseigentümern Rechnung und
entspricht der wechselseitigen Rücksichtnahme-, Schutz- und
Treuepflicht innerhalb einer Eigentümergemeinschaft. Da eine
spürbare und objektiv vom Sachverständigen auch festgestellte
Beeinträchtigung des Antragstellers vorliegt, besteht ein
Beseitigungsanspruch nach §§ 1004 BGB, 14 Nr. 1, 15 Abs. 3
WEG.
Wegen des nach alledem strengeren
Maßstabes, der an die von Wohnungseigentümern - im Vergleich zu
Grundstücksnachbarn - hinzunehmenden Störungen anzulegen ist,
können nachbarrechtliche Vorschriften nur in geeigneten
Ausnahmefällen entsprechende Anwendung finden. Angenommen worden
ist dies, soweit ersichtlich, nur bei Streitigkeiten zwischen
Wohnungseigentümern über die Bepflanzung unmittelbar benachbarter
Gartenteile, an denen jeweils einem der Eigentümer ein
Sondernutzungsrecht zustand (BayObLG DWE 1995, 28; WE 1988, 23;
Bay-ObLGZ 1982, 69, 76; KG NJW-RR 1996, 464 f.; a.A. KG WE 1987,
197). Danach sind in diesen Fällen die im jeweiligen Bundesland
geltenden nachbarrechtlichen Bestimmungen über die Grenzabstände
von Bäumen (BayObLG WE 1988, 23) und Sträuchern nebst deren
Rückschnitt (Bay-ObLG DWE 1995, 28; KG NJW-RR 1996, 464 f.)
entsprechend anzuwenden, auch die nachbarrechtlichen
Ausschlußfristen für die Geltendmachung von Beseitigungsansprüchen
sollen insoweit herangezogen werden können (BayObLGZ 1982, 77).
Denn aufgrund der Aufteilung des Gartens durch Einräumung von
Sondernutzungsrechten bestehe in bezug auf die Gartenbepflanzung
zwischen den einzelnen Nutzungsberechtigten eine ähnliche
Interessenlage wie zwischen Grundstücksnachbarn.
Auch wenn in den genannten Fällen die
Anwendung nachbarrechtlicher Bestimmungen geboten war (zustimmend
LG Freiburg ZMR 1987, 68), kann dies entgegen der Auffassung von
Amts- und Landgericht nicht für den vorliegenden Fall gelten. Ein
Anspruch auf Beseitigung der weniger als 4 Meter (§ 41 Abs. 1 Nr. 1
a NachbG NW) von der Außenwand des Gebäudes entfernt stehenden,
stark wachsenden Schwarzkiefer (Schäfer, Nachbarrechtsgesetz für
NRW, 10. Aufl., § 41 Anm. 3) ist also nicht deshalb ausgeschlossen,
weil der Baum schon mehr als sechs Jahre an der betreffenden Stelle
steht (§ 47 Abs. 1 NachbG NW). Zwar mögen Gartenstücke, an denen
Sondernutzungsrechte bestehen, im Verhältnis zueinander als
eigenständige Grundstücke mit entsprechenden "Grenzen" angesehen
werden können. Das kann aber nicht gelten für das Verhältnis eines
solchen Gartenteiles zum Wohngebäude der Eigentümergemeinschaft.
Insoweit sind nicht einander gleichgeordnete
Sondernutzungsberechtigte "benachbart", vielmehr gibt es wegen des
Verbleibs eines solchen Gartenstückes im gemeinschaftlichen
Eigentum weder rechtlich noch faktisch eine Grenze im Sinne des
Nachbarrechts. Deshalb stehen dem Sondernutzungsberechtigten selbst
auch keine über die Rechte gemäß §§ 14, 15 WEG hinausgehenden
nachbarlichen Rechte gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft oder
einzelne Wohnungseigentümer zu. Umgekehrt muß dies ebenso gelten,
weil ansonsten die Schutzwirkung der §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG
leerliefe.
Eine Vorlage der weiteren Beschwerde
gemäß § 28 Abs. 2 FGG an den Bundesgerichtshof erübrigt sich. Denn
wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der zugrundeliegenden
Sachverhalte ist keine Abweichung von den genannten Entscheidung
des BayObLG und des KG festzustellen.
Das berechtigte Begehren des
Antragstellers ist nicht verwirkt. Ein Anspruch ist nur dann
verwirkt, wenn seit der Möglichkeit seiner Geltendmachung längere
Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, aufgrund
derer die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt
(Palandt-Heinrichs, a.a.0., Rdn. 87). Vorliegend dürfte es schon am
Zeitmoment fehlen, weil die schnellwachsende Kiefer erst vor
wenigen Jahren ihre derzeitige Störungsintensität erreicht hat.
Jedenfalls ist schon der Rechtsvorgänger der Antragsgegner mehrfach
aufgefordert worden, einen Rückschnitt des Baumes vorzunehmen. Weil
sich die Antragsgegner die Kenntnis ihres Rechtsvorgängers
zurechnen lassen müssen, ist die Geltendmachung des
Beseitigungsanspruchs zumindest nicht treuwidrig.
Im Ergebnis haben sonach Amts- und
Landgericht den Antrag des Antragstellers zu Unrecht abgewiesen.
Der Senat kann über den Antrag zugunsten des Antragstellers selbst
entscheiden, weil der Sachverhalt dafür hinreichend geklärt ist.
Das Stutzen der Schwarzkiefer auf eine Höhe von höchstens 3 Metern
beseitigt die Beeinträchtigungen des Antragstellers. Insoweit
verkennt der Senat nicht, daß der Baum dadurch möglicherweise nicht
mehr lebensfähig bleibt. Andererseits darf die getroffene
Entscheidung nicht über den gestellten Antrag hinausgehen. Den
Antragsgegnern bleibt indes unbenommen, die Kiefer an eine nicht
störende Stelle zu versetzen, sie bis auf einen verbleibenden
Stumpf abzuschneiden oder vollständig zu entfernen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47
WEG. Es entspricht billigem Ermessen, den Antragsgegnern als
Unterlegenen die Gerichtskosten aufzuerlegen. Demgegenüber besteht
schon im Hinblick auf die anderslautenden Entscheidungen der
Vorinstanzen keine Veranlassung, von dem im
Wohnungseigentumsverfahren geltenden Grundsatz abzuweichen, daß
jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Die Festsetzung des Geschäftswerts
beruht auf § 48 WEG. Der festgesetzte Wert entspricht dem vom
Sachverständigen ermittelten Wert des Baumes.