OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.02.2005 - 2 A 10039/05
Fundstelle
openJur 2011, 120111
  • Rkr:
Tenor

Das aufgrund der Beratung vom 8. August 2002 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird teilweise abgeändert und der Beklagte unter teilweiser Abänderung seines Bescheides vom 3. September 2001 sowie des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2001 verurteilt, dem Kläger einen Betrag in Höhe von 596,60 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 7. November 2001 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens sowie ¾ der Kosten des Verfahrens des ersten Rechtszuges zu tragen. Der Kläger hat ¼ der erstinstanzlichen Verfahrenskosten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und der Beklagte dürfen jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der jeweils festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweils andere Beteiligte seinerseits Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Steuerhauptsekretär (Besoldungsgruppe A 8 BBesO) und hat vier unterhaltsberechtigte Kinder. Im Jahre 2001 beanstandete er, dass die Höhe des Familienzuschlags für sein drittes und viertes Kind nicht den Anforderungen entspreche, die das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gebotene Alimentation kinderreicher Beamter aufgestellt habe.

Nachdem der Beklagte diese Beanstandung mit Bescheid vom 3. September 2001 abgelehnt und den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2001 zurückgewiesen hatte, erhob dieser Klage, mit der er sein Begehren auf Gewährung höherer Bezüge weiter verfolgt.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 3. September 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2001 zu verpflichten, ihm ab dem Kalenderjahr 2000 eine Besoldung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichtsbeschlusses vom 24. November 1998 zu gewähren, d.h. insbesondere sicherzustellen, dass für das dritte und seine weiteren Kinder ein um 15 % über dem sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf liegender Nettobetrag geleistet wird und den sich hieraus ergebenden Differenzbetrag zur gezahlten Besoldung mit 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes seit Rechtshängigkeit zu verzinsen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, dass die gesetzlich festgelegte Besoldung ab dem Jahr 2000 auch für das dritte und vierte Kind des Klägers eine amtsangemessene Alimentierung gewährleistet habe. Es müsse dabei nämlich auch berücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber in dem in Rede stehenden Zeitraum weitere, allgemein wirksame Maßnahmen der Familienförderung im Steuerrecht getroffen habe, die zusammen mit den Besoldungsverbesserungen die verfassungsrechtlich gebotene zusätzliche Alimentation des Klägers sicher gestellt hätten.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil aufgrund der Beratung vom 8. August 2002 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom Kläger begehrte Besoldungserhöhung in Bezug auf das Kalenderjahr 2000 bereits daran scheitere, dass er seinen Anspruch nicht zeitnah geltend gemacht habe. Für die späteren Haushaltsjahre stehe dem Kläger kein Anspruch auf eine höhere als die gesetzlich vorgesehene Alimentation zu, weil der Gesetzgeber den ihm nach der verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zustehenden Ermessensspielraum im Hinblick auf die kinderbezogene Alimentation nicht überschritten habe. Dabei seien nicht nur die durch die Besoldungsgesetze für kinderreiche Beamte eingetretenen Besoldungsverbesserungen in den Blick zu nehmen, sondern auch die allgemein wirksamen familienbezogenen Transferleistungen des Staates, namentlich die Erhöhung der Kinder- und Betreuungsfreibeträge nach §§ 31, 32 des Einkommensteuergesetzes. Ein Vergleich der hierdurch im Hinblick auf sein drittes und viertes Kind für ihn eingetretenen Einkommensverbesserungen mit der verfassungsrechtlich gebotenen Höhe der Besoldung ergebe, dass der Kläger hinreichend alimentiert worden sei.

Gegen das Urteil hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren unter Ergänzung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens weiter verfolgt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das aufgrund der Beratung vom 8. August 2002 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier abzuändern und den Beklagten unter teilweiser Abänderung seines Bescheides vom 3. September 2001 sowie des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2001 zu verurteilen, ihm - dem Kläger - für die Jahre 2001 bis 2003 einen Betrag in Höhe von 596,60 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 7. November 2001 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist hinsichtlich des alimentationsrechtlichen Bedarfs des Klägers für sein drittes und viertes Kind auf die sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2004 (Az.: 2 C 34.02) ergebende Berechnungsweise.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus dem Inhalt der zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie den vorgelegten Verwaltungsvorgängen des Beklagten, die sämtlich Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.

Gründe

Die auf drei Kalenderjahre beschränkte Berufung ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist, soweit mit dem Rechtsmittel angefochten, abzuändern, da der Kläger einen Anspruch auf Zahlung von weiteren familienbezogenen Besoldungsleistungen in der sich aus dem Tenor ergebenden Höhe hat.

Materiellrechtlich folgt der vom Kläger für die Jahre 2001 bis 2003 geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von höheren Familienzuschlägen aus dem verfassungsrechtlich verankerten Alimentationsprinzip, das zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz - GG - gehört und dem einzelnen Beamten ein grundrechtsähnliches Individualrecht gegenüber dem Staat gibt. Die dem Dienstherrn danach auferlegte Pflicht, seinen Beamten amtsangemessenen Unterhalt zu leisten, muss auch die dem Beamten durch seine Familie entstehenden Unterhaltspflichten realitätsgerecht berücksichtigen. Damit trägt der Dienstherr nicht zuletzt der Aufgabe des Berufsbeamtentums Rechnung, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu gewährleisten (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. März 1977, BVerfGE 44, 249 ff. und vom 22. März 1990, BVerfGE 81, 363 ff.).

In diesen beiden Grundsatzentscheidungen wird zwar davon ausgegangen, dass die Einkommensverhältnisse der Beamtenfamilien mit einem oder zwei Kindern in allen Stufen der Besoldungsordnung - jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt - im Wesentlichen amtsangemessen waren. Weist die Familie eines Beamten eine darüber hinausgehende Kinderzahl auf, muss der dann entstehende Mehrbedarf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch durch zusätzliche Leistungen gedeckt werden (Beschluss vom 30. März 1977, a.a.O, S. 267; Beschluss vom 22. März 1990, a.a.O, S. 377 f.). An diesem verfassungsrechtlich anzulegenden Maßstab für die Frage der amtsangemessenen Alimentation kinderreicher Beamtenfamilien hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem zu dieser Problemstellung zuletzt ergangenen Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u.a. - (BVerfGE 99, 300 ff.) ausdrücklich festgehalten. Darüber hinaus hat es ausgeführt, dass der Gesetzgeber seinen ihm bei der Festlegung der Besoldung grundsätzlich zukommenden Gestaltungsspielraum überschreite, wenn er dem Beamten zumute, für den Unterhalt seines dritten und jedes weiteren Kindes auf die familienneutralen Bestandteile seines Gehalts zurückzugreifen, um den Bedarf seiner Kinder zu decken (a.a.O., S. 316).

Die Feststellung, ob der Gesetzgeber dem Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern eine solche "Auszehrung" der familienneutralen Gehaltsbestandteile zumutet, hat vom durchschnittlichen Nettoeinkommen des Beamten auszugehen (BVerfG, Beschlüsse vom 30. März 1977, a.a.O, S. 266 und vom 24. November 1998, a.a.O, S. 323). Dabei steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, das von der Verfassung vorgegebene Ziel des Familienlastenausgleichs für kinderreiche Beamtenfamilien durch eine entsprechende Bemessung der Bruttobezüge, durch Gewährung direkter Transferleistungen wie etwa das Kindergeld oder durch einen steuerrechtlichen Ausgleich zu erreichen. In gleicher Weise darf der Gesetzgeber bei der Ermittlung des zusätzlichen Bedarfs für ein drittes und jedes weitere Kind eines Beamten typisierend von denjenigen Regelsätzen für den Kindesunterhalt ausgehen, die die Rechtsordnung zur Verfügung stellt und sich insbesondere auch am äußersten Mindestbedarf für den Unterhalt eines Kindes, wie ihn die Sozialhilfesätze darstellen, orientieren. Da die Alimentation des Beamten und seiner Familie aber qualitativ etwas anderes ist als die an der Erhaltung eines Mindestmaßes sozialer Sicherung ausgerichteten Sozialhilfesätze, ist der Gesetzgeber zugleich verpflichtet, einen um 15 v.H. über dem sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf liegenden Betrag ("15 v.H.-Betrag") als Mindestalimentation für das dritte und jedes weitere Kind eines Beamten anzusetzen. Weisen die dem Beamten für sein drittes und jedes weitere Kind gewährten Zuschläge diesen Abstand nicht auf, so hat der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22. März 1990, a.a.O, S. 378 und vom 24. November 1998, a.a.O, S. 322).

Ausgehend von diesem Vergleich der Nettoeinkünfte eines Beamten mit mehr als zwei Kindern und den seinerzeit geltenden Sozialhilfesätzen hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24. November 1998 festgestellt, dass die Besoldungssituation in den Jahren 1988 bis 1996 zu einer Unteralimentierung der betreffenden Beamten geführt hat. Im Hinblick auf die hier zu entscheidende Frage der amtsangemessenen Besoldung kinderreicher Beamter in den Folgejahren wird deshalb gefordert, dass der Gesetzgeber die als verfassungswidrig beanstandete Rechtslage bis zum 31. Dezember 1999 mit der Verfassung in Übereinstimmung zu bringen hat. Kommt der Gesetzgeber dieser Verpflichtung nicht nach, erkennt das Bundesverfassungsgericht Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern in der Entscheidungsformel zu 2. des Beschlusses mit Wirkung vom 1. Januar 2000 folgenden (materiellrechtlichen) Anspruch zu:

"Besoldungsempfänger haben für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind Anspruch auf familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 v.H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes, der sich nach Maßgabe der Gründe zu C. III. 3. errechnet".

Aus dieser, auf § 35 Bundesverfassungsgerichtsgesetz beruhenden, Ermächtigung ergibt sich für die Verwaltungsgerichte die Befugnis (und Verpflichtung), den Dienstherrn eines Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern ab dem 1. Januar 2000 im Wege einer "normersetzenden Interimsregelung" zur Zahlung von höheren familienbezogenen Gehaltsbestandteilen zu verurteilen, soweit die gesetzlich bestimmte Besoldung nicht den konkreten Vorgaben des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 entspricht. Diese Befugnis gilt solange, wie es der Gesetzgeber - wie bisher - unterlässt, Maßstäbe zu bilden und Parameter festzulegen, nach denen die Besoldung der kinderreichen Beamten bemessen und der Bedarf eines dritten und jeden weiteren Kindes ermittelt wird (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2004, DVBl. 2004, 1416).

Hiervon ausgehend ist der Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Jahre 2001 bis 2003 zusätzliche familienbezogene Besoldungsbestandteile in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe zu zahlen. Dieser Betrag ergibt sich aus der Summe der für die Jahre 2001 bis 2003 jeweils getrennt ermittelten Differenzbeträge (vgl. die diesem Urteil als Anlagen beigefügten Einzelberechnungen), die wie folgt bestimmt wurden:

Um festzustellen, ob die Besoldung eines Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt, ist in einem ersten Schritt das durchschnittliche jährliche Nettoeinkommen zu ermitteln, das ein Beamter derselben Besoldungsgruppe mit zwei Kindern einerseits und ein Beamter mit drei (bzw. - wie hier - mit vier) Kindern andererseits erzielt. Dieses Nettoeinkommen ist pauschalierend und typisierend zu errechnen und ergibt sich aus dem zwischen den Beteiligten unstreitig gewordenen Zahlenmaterial, das vom Vertreter des Bundesinteresses in dem vorgenannten Revisionsverfahren dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und dem Senat in Ablichtung zur Verfügung gestellt worden ist. Rechtsgrundlagen für die Ermittlung der Besoldung sind im Übrigen Art. 5 des Gesetzes zur Neuordnung der Versorgungsabschläge vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1786, 1788), das Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2000 vom 19. April 2001 (BGBl I. S. 618, 652 und 664), Art. 12 § 4 des Sechsten Besoldungsänderungsgesetzes vom 14. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3702, 3712) und das Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 vom 10. September 2003 (BGBl I. S. 1798, 1810, 1822 und 1834). Die Berechnung der abzuziehenden Einkommen- bzw. Lohnsteuer, des Solidaritätszuschlages und der Kirchensteuer erfolgte nach den vom Bundesministerium der Finanzen seit 2001 jährlich erstellten Programmablaufplänen für die maschinelle Berechnung der Lohnsteuer (vgl. für das Jahr 2003:www.bundesfinanzministerium.de/fach/steuerber/lohnsteuer2003/index.htm).

Auszugehen ist vom Bruttogehalt der Endstufe derjenigen Besoldungsgruppe, der das Amt des Beamten zugeordnet ist (hier: Besoldungsgruppe A 8 BBesO). Individuelle Besoldungsbestandteile bleiben ebenso unberücksichtigt wie eine zeitweise Absenkung der Besoldung oder länderuneinheitliche Zuschläge. Hinzuzurechnen sind dagegen weitere allgemein vorgesehene Besoldungsbestandteile wie z.B. Einmalzahlungen, die allgemeine Stellenzulage nach Nr. 27 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B, das Urlaubsgeld, die jährliche Sonderzuwendung (nunmehr Sonderzahlung) und die jeweiligen Familienzuschläge für Beamtenfamilien mit zwei, drei oder vier Kindern. Das so errechnete Bruttoeinkommen ist nach Maßgabe der besonderen Lohnsteuertabelle um die Lohnsteuer, den Solidaritätszuschlag sowie die Kirchensteuer zu mindern. Durch Hinzurechnung des (steuerfreien) Kindergeldes ergibt sich sodann das maßgebliche Jahres-Nettoeinkommen. Dieses wird zur Vergleichbarkeit mit den Sozialhilfesätzen auf einen Monatsbetrag umgerechnet. Die Differenz der für einen Beamten mit zwei Kindern und einen Beamten mit vier Kindern jeweils ermittelten monatlichen Nettoeinkommen ermöglicht den für die verfassungsrechtliche Beurteilung maßgeblichen Vergleich der verfügbaren Nettoeinkünfte.

Nach diesen Vorgaben betrugen die regelmäßigen monatlichen Bruttobezüge eines Beamten der Besoldungsgruppe A 8 im Jahr 2001 4.894,29 DM (zwei Kinder) und 5.739,15 DM (vier Kinder). Unter Hinzurechnung des Urlaubsgeldes, der Sonderzuwendung sowie einer in diesem Jahr erfolgten Einmalzahlung errechnen sich Jahres-Bruttobezüge in Höhe von 64.198,73 DM (zwei Kinder) und 75.182,30 DM (vier Kinder). Nach Abzug der Lohn-/Einkommensteuer, der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags sowie Hinzurechnung des jeweiligen Kindergeldes in Höhe von 6.480,-- DM (zwei Kinder) und 14.280,-- DM (vier Kinder) ergibt sich ein Jahres-Nettoeinkommen in Höhe von 63.462,25 DM (zwei Kinder) und 79.307,58 DM (vier Kinder), das auf zwölf Monate verteilt zu einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 5.285,52 DM (zwei Kinder) und 6.608,97 DM (vier Kinder) führt. Die monatlich zur Verfügung stehenden Netto-Einkünfte des Klägers für sein drittes und viertes Kind belaufen sich mithin auf insgesamt 1.323,44 DM.

Diesen Netto-Einkünften ist der monatliche Bedarf für das dritte und vierte Kind des Klägers gegenüberzustellen, der - wiederum pauschalierend und typisierend - auf 115 v.H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs für jedes einzelne Kind gesondert festzusetzen ist. Zu ermitteln ist danach, getrennt für die Vergleichsjahre und bezogen auf die alten Bundesländer, der jeweilige bundes- und jahresdurchschnittliche sozialhilferechtliche Regelsatz für Minderjährige, die mit beiden Elternteilen zusammenleben, ab der Geburt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Hinzuzurechnen ist ein Zuschlag von 20 v.H. zur Abgeltung einmaliger Leistungen, die anteiligen Kosten für die Unterkunft (ausgehend von einem Wohnbedarf von 11 Quadratmeter für jedes Kind sowie einem Zuschlag von 20 v.H. der anteiligen Durchschnittsmiete zur Abgeltung der auf das Kind entfallenden Energiekosten). Der danach errechnete sozialhilferechtliche Bedarf ist um 15 v.H. zu erhöhen (vgl. zu diesen Vorgaben: BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998, a.a.O., S. 322 f.).

Für das Jahr 2001 ist von einem gewichteten Durchschnittsregelsatz in Höhe von 358,83 DM auszugehen (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2004, a.a.O.). Unter Berücksichtigung eines Zuschlages in Höhe von 20 v.H. des gewichteten Durchschnittsregelsatzes für einmalige Leistungen und Hinzurechnung der anteiligen Unterkunftskosten (im Jahre 2001 betrug die durchschnittliche Kaltmiete 11,75 DM je Quadratmeter), des auf ein Kind regelmäßig entfallenden Anteils der Energiekosten sowie des Zuschlags von 15 v.H. des sozialhilferechtlichen Bedarfs beläuft sich der alimentationsrechtlich relevante Bedarf eines dritten und jedes weiteren unterhaltsberechtigten Kindes im Jahr 2001 auf monatlich 673,55 DM (vgl. zu diesen Berechnungen im Einzelnen: Anlage 1).

Dieser Betrag ist mit dem Faktor 2 zu multiplizieren, da der Kläger neben seinem dritten noch ein weiteres, bei der Vergleichsberechnung zu berücksichtigendes, Kind hat. Daraus errechnet sich ein alimentationsrechtlicher Bedarf für beide Kinder in Höhe von insgesamt 1.347,10 DM je Monat. Die Differenz zwischen diesem alimentationsrechtlichen Bedarf für zwei Kinder und den monatlich für ein drittes und viertes Kind insgesamt zur Verfügung stehenden Einkünften eines Beamten in der Besoldungsgruppe des Klägers (1.323,44 DM, s.o.) und beträgt danach monatlich 23,66 DM. Dies ergibt für das Jahr 2001 eine jährliche Unteralimentierung in Höhe von 283,88 DM (= 145,15 EUR).

In entsprechender Weise sind die alimentationsrechtlich relevanten Zahlen für die Jahre 2002 und 2003 ermittelt worden. Für das Jahr 2002 ist dabei von einem monatlich verfügbaren Nettoeinkommen eines Beamten in der Besoldungsgruppe des Klägers in Höhe von 2.770,06 EUR (zwei Kinder) und 3.458,21 EUR (vier Kinder) auszugehen. Hierzu wird im Einzelnen auf die Berechnungen in der Anlage 2 verwiesen. Dies führt zu einer Einkommenserhöhung für das dritte und vierte Kind in Höhe von insgesamt 688,15 EUR je Monat.

Unter Einbeziehung des im Jahr 2002 auf 187,31 EUR erhöhten durchschnittlichen Sozialhilferegelsatzes, des Anteils von 20 v.H. für einmalige Leistungen, des Anteils an der durchschnittlichen Bruttokaltmiete in Höhe von 6,09 EUR je Quadratmeter, der anteiligen Energiekosten und des Zuschlags von 15 v.H. ergibt sich ein alimentationsrechtlicher Bedarf in Höhe von 350,93 EUR je Monat. Multipliziert mit dem Faktor 2 folgt hieraus ein alimentationsrechtlich relevanter Bedarf für zwei Kinder in Höhe von insgesamt 701,87 EUR. Der monatliche Differenzbetrag zu den Nettoeinkünften beträgt mithin 13,72 EUR, was für das Jahr 2002 zu einer jährlichen Unteralimentierung von 164,61 EUR führt.

Im Hinblick auf die für das Jahr 2003 geltend gemachte Alimentation ist von einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 2.790,46 EUR (zwei Kinder) und von 3.479,38 EUR (vier Kinder) auszugehen. Diese Werte ergeben sich im Einzelnen aus den in der Anlage 3 dargestellten Besoldungsbestandteilen. Die Einkommenserhöhung für das dritte und vierte Kind eines Beamten in der Besoldungsgruppe des Klägers beträgt danach durchschnittlich insgesamt 688,92 EUR je Monat.

Diesem Nettogehalt gegenüberzustellen ist der durchschnittliche Sozialhilferegelsatz in Höhe von 190,18 EUR zuzüglich des Anteils von 20 v.H. für einmalige Leistungen, der anteiligen Energiekosten und der für das Jahr 2003 in Höhe von 6,19 EUR anzusetzenden anteiligen Mietkosten je Quadratmeter. Im Hinblick auf den letztgenannten Berechnungsfaktor hat der Senat die Angaben des Statistischen Bundesamtes (veröffentlicht inwww.destatis.de/presse/deutsch/pm2003/p0760051) zugrunde gelegt. Eine telefonisch eingeholte Auskunft des Bundesministeriums für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen hat gezeigt, dass der dem Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 17. Juni 2004 für das Jahr 2002 mögliche Vergleich der Kaltmiete anhand des amtlichen Wohngeld- und Mietenberichtes für 2003 nicht erfolgen kann, da diese, bislang gesetzlich im Abstand von zwei Jahren vorgesehene, Erhebung durch eine Änderung des Wohngeldgesetzes in den Jahren 2003 und 2004 unterblieb. Gleichwohl sind die Angaben des Statistischen Bundesamtes als aussagekräftige Einzelfaktoren für die Berechnung des alimentationsrechtlichen Mindestbedarfs eines Kindes zu werten, die für die Entscheidung über die Klageforderung herangezogen werden können. Dies gilt umso mehr, als auch das Bundesverfassungsgericht in seinem bereits mehrfach zitierten Beschluss vom 24. November 1998 die Durchschnittsmiete anhand des Mietenindexes des Statistischen Bundesamtes zurückgerechnet und fortgeschrieben hat (a.a.O., S. 322).

Danach errechnet sich insgesamt ein alimentationsrechtlicher Bedarf für jedes Kind in Höhe von 356,41 EUR, der bezogen auf zwei Kinder somit 712,83 EUR je Monat ausmacht. Dies ergibt einen monatlichen Differenzbetrag in Höhe von 23,90 EUR, der für das Jahr 2003 zu einer Besoldungsdifferenz in Höhe von 286,84 EUR führt (vgl. im Einzelnen die Berechnungen in der Anlage 3).

Aus diesen Gründen wurde der Kläger für sein drittes und viertes Kind in den Jahren 2001 bis 2003 in Höhe von (145,15 EUR + 164,61 EUR + 286,84 EUR =) 596,60 EUR nicht in einer den Anforderungen des Art. 33 Abs. 5 GG entsprechenden Weise alimentiert, so dass seiner Klage auf Zahlung von weiteren familienbezogenen Besoldungsleistungen insoweit stattzugeben ist.

Der Anspruch auf Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit ist in entsprechender Anwendung der §§ 291, 288 Bürgerliches Gesetzbuch gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -. Die Kostenquote für das Verfahren erster Instanz ergibt sich aus dem Verhältnis des Obsiegens (¾) und Unterliegens (¼), da die vom Kläger in der Vorinstanz auch für das Jahr 2000 geltend gemachte Unteralimentation mit 185,46 EUR in etwa der für die Jahre 2001 bis 2003 jeweils ermittelten Besoldungsdifferenzen entspricht.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10 und 711 Satz 1 Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO oder § 127 Nr. 1 Beamtenrechtsrahmengesetz bzw. § 219 Abs. 1 Landesbeamtengesetz vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG für das erstinstanzliche Verfahren auf 782,06 EUR und für das Berufungsverfahren auf 596,60 EUR festgesetzt.