Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Der Beschluß ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.602,50 DM festgesetzt.
I.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks A 11
in
B (Gemarkung B , Flur 26, Flurstück 128).
Seit 1972/73 bestand die Möglichkeit, geklärte Abwässer in die
öffentliche Abwasseranlage einzuleiten. Erst seit 1991 besteht
die Möglichkeit, auch ungeklärte Abwässer einzuleiten. Der
Beklagte zog den Voreigentümer des Klägers, Herrn C,
mit Bescheid vom 1. August 1974 zu einem
Kanalanschlußbeitrag heran. Wegen des Inhalts des Bescheides
wird auf Bl. 6 und 7 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 12. Februar 1992 zog der Beklagte den
Kläger zur "zweiten Hälfte des Anschlußbeitrags" heran, wobei
er die in dieser Zeit gültige Beitrags- und Gebührensatzung
anwendete und auf dieser Grundlage bei
1.301,25 Verteileranteilen des 1.041 m2 großen Grundstücks und
einem Beitragssatz von 2,00 DM für eine
Teilanschlußmöglichkeit zu einem Teilanschlußbeitrag von
2.602,50 DM kam. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger unter
Hinweis auf die vorhergehende Veranlagung vom 1. August 1974
Widerspruch, den der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom
21. April 1992 zurückwies.
Mit der rechtzeitig erhobenen Klage hat der Kläger die
Aufhebung des Bescheides vom 12. Februar 1992 beantragt. Er
hat vorgetragen: Durch den Bescheid vom 1. August 1974 sei
ohne Vorbehalt einer Nachveranlagung eine abschließende
Regelung über den Kanalanschlußbeitrag getroffen worden, auf
deren Bestand er vertrauen könne. Lediglich die Erhebung des
damals festgesetzten Unterschiedsbetrages sei vorbehalten
worden. Diese Bindung trete auch für ihn, den Kläger, als
Rechtsnachfolger des seinerzeitigen Bescheidadressaten ein, da
sich der Bescheid auf sein Grundstück bezogen habe. Ansonsten
würde er auch gegenüber denjenigen Grundstückseigentümern
benachteiligt, bei denen kein Eigentumswechsel zwischen den
beiden Veranlagungen stattgefunden habe.
Der Kläger hat beantragt,
den Veranlagungsbescheid des
Beklagten vom 12. Februar 1992 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom
21. April 1992 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen: Erst 1991 seien die Voraussetzungen für
eine Einleitung ungeklärter Abwässer geschaffen worden. Damit
sei die Teilanschlußbeitragspflicht erst in diesem Zeitpunkt
entstanden. Diese bestehe in Höhe von 50 % des vollen Beitrags
im Zeitpunkt der Vollanschlußmöglichkeit. Dem stehe der
Bescheid vom 1. August 1974 nicht entgegen, da er keine
Aussage über den Gesamtbetrag des Kanalanschlußbeitrages,
sondern lediglich über die Hälfte des seinerzeit berechneten
Gesamtbetrages enthalte. Im übrigen entfalte der Bescheid, der
gegenüber Herrn C , nicht gegenüber dem Kläger erlassen
sei, diesem gegenüber keine Wirkungen. Es könne lediglich
geltend gemacht werden, daß der seinerzeitigen Festsetzung der
ersten Hälfte des Beitrages Rechnung zu tragen sei. Dies sei
mit der nunmehrigen Veranlagung berücksichtigt worden. Gründe
für einen Beitragserlaß lägen nicht vor.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das
Verwaltungsgericht der Klage wegen Satzungsmängeln
stattgegeben.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte Berufung
des Beklagten, mit der er vorträgt: Inzwischen seien die
Bescheide auf eine neue Satzungsgrundlage gestellt worden, die
die Bedenken des Verwaltungsgerichts ausräumten. Aus dem
Bescheid vom 1. August 1974 könnten keine Folgerungen für den
hier streitigen Beitragsbescheid abgeleitet werden, da es
seinerzeit nur um die Veranlagung bezüglich der Hälfte des
damals geltenden vollen Beitragssatzes gegangen sei, nicht
jedoch um die Festsetzung des vollen Beitrags. Im übrigen sei
eine Nachveranlagung ausdrücklich vorbehalten worden. Die
Festsetzung eines Vollanschlußbeitrages wäre mangels einer
Anschlußmöglichkeit offensichtlich rechtswidrig gewesen. Im
übrigen sei der Bescheid auch nichtig, da die seinerzeit
zugrundegelegte Satzung unwirksam gewesen sei. Hilfsweise
müsse man jedenfalls den Bescheid in einen
Teilanschlußbeitragsbescheid umdeuten. Da ein Beitragsbescheid
die Beitragspflicht nicht konstitutiv begründe, könne auch das
Urteil des Senates vom 28. November 1995 zur Einmaligkeit der
Beitragserhebung keine Bedeutung für den vorliegenden Fall
haben. Dieser Entscheidung habe eine fehlende
satzungsrechtliche Grundlage für die Entstehung der
Beitragspflicht zugrundegelegen, hier gehe es jedoch um das
Fehlen einer Anschlußmöglichkeit als Grund für die
Unmöglichkeit der Entstehung einer Beitragspflicht. Der Kläger
könne aus dem Bescheid gegen Herrn C nichts herleiten,
da er ihm gegenüber nicht ergangen sei. Die der anzuwendenden
Beitragssatzung zugrundeliegende Kalkulation sei
ordnungsgemäß.
Einer Entscheidung nach § 130 a VwGO werde widersprochen.
Wegen der Durchführung eines Erörterungstermins im
vorbereitenden Verfahren sei eine Entscheidung nach § 130 a
VwGO ausgeschlossen. Im übrigen sei der Erörterungstermin
nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, so daß es einer
mündlichen Verhandlung oder aber eines erneuten
Erörterungstermins bedürfe.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des
Verwaltungsgerichts Köln vom 4. Mai
1994 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor: Der Kanalanschlußbeitrag sei endgültig durch
den Bescheid vom 1. August 1974 auf 1.041,00 DM festgesetzt
worden. Dieser Bescheid sei wirksam, da Zweifel an der
Wirksamkeit der zugrundeliegenden Satzung nicht bestünden und
ein Nichtigkeitsgrund nicht vorliege. Die Voraussetzungen für
eine Umdeutung lägen nicht vor. Auch der Gesichtspunkt des
allgemeinen Vertrauensschutzes führe dazu, daß sich der
Beklagte an der Festsetzung des Beitrages für einen
Vollanschluß durch den Bescheid vom 1. August 1974 festhalten
lassen müsse. Die dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegte
Beitragssatzung sei unwirksam, da sie nicht durch eine
entsprechende Kalkulation gedeckt sei. Sie wahre nämlich nicht
den ausreichenden Zusammenhang zwischen der Kalkulation und
der aktuellen Satzung, da schon 1994 Kosten für 1995
miteingerechnet worden seien. Auch sei nicht ersichtlich,
warum die ausgewählten Straßenzüge repräsentativ für die
Gemeinde seien.
Am 26. Juni 1997 hat ein Erörterungstermin stattgefunden.
Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Niederschrift
(Blatt 86/87 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 25. August 1997 hat der Beklagte Herrn C
gegenüber den Bescheid vom 1. August 1974 insoweit mit
Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, als ein Beitrag
von 520,50 DM für die Möglichkeit der Einleitung ungeklärter
Abwässer festgesetzt worden sein sollte. Herr C hat
gegenüber dieser Teilrücknahme auf einen Rechtsbehelf
verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des
Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der dazu beigezogenen Unterlagen Bezug
genommen.
II.
Der Senat entscheidet trotz des Widerspruchs des Beklagten
gemäß § 130 a VwGO, dessen Voraussetzungen vorliegen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der auf der
Grundlage der §§ 125 Abs. 1, 87 Abs. 1 Nr. 1 VwGO
durchgeführte Erörterungstermin einer Entscheidung ohne
mündliche Verhandlung nicht entgegen.
Vgl. für den weitergehenden Fall
einer Beweisaufnahme BVerwG, Beschluß
vom 31. Januar 1996 - 9 B 417/95 -,
Eine Entscheidung nach § 130 a VwGO ist auch nicht deshalb
ausgeschlossen, weil, wie der Beklagte meint, zuvor zumindest
ein erneuter Erörterungstermin durchzuführen sei, da der
Termin vom 26. Juni 1997 nicht ordnungsgemäß durchgeführt
worden sei. Dem steht bereits entgegen, daß die Durchführung
eines Erörterungstermins keine Voraussetzung für eine
Entscheidung nach § 130 a VwGO ist, so daß die vermeintliche
Fehlerhaftigkeit allenfalls einer Verwertbarkeit des
Ergebnisses des Erörterungstermins, wenn es ein solches gäbe,
entgegenstünde.
Davon abgesehen liegt der vom Beklagten gerügte Mangel
nicht vor: Eines Hinweises nach § 102 Abs. 2 VwGO in der
Ladung zum Erörterungstermin, daß bei Ausbleiben eines
Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden
könne, bedurfte es nicht, da die Vorschrift für mündliche
Verhandlungen, in denen allein verhandelt und entschieden
wird, nicht aber für Erörterungstermine gilt. Im übrigen war
für den Beklagten im Termin u. a. der Gemeindedirektor in
Person erschienen, so daß nicht in Abwesenheit des Beklagten
erörtert wurde. Die Prozeßbevollmächtigten des Beklagten sind
keine Beteiligten im Sinne des § 102 Abs. 2 VwGO (vgl. § 63
VwGO). Warum die Durchführung des Erörterungstermins, der im
übrigen ohne Widerspruch seitens der Vertreter des Beklagten
erfolgte, an die Zustimmung der Prozeßbevollmächtigten des
Beklagten gebunden gewesen sein soll, ist nicht ersichtlich.
Die erneute Durchführung eines Erörterungstermins ist auch
nicht deshalb erforderlich, weil wegen der Abwesenheit der
Prozeßbevollmächtigten des Beklagten die Absicht des
Berichterstatters fehlgeschlagen war, die Sach- und Rechtslage
auch und gerade mit den Prozeßbevollmächtigten zu erörtern.
Diese Absicht wurde nämlich dadurch weiterverfolgt und das
damit verfolgte Ziel auch erreicht, daß den
Prozeßbevollmächtigten durch den Berichterstatter eine
schriftliche Zusammenfassung seiner Ausführungen zur Kenntnis-
und Stellungnahme übersandt wurde, auf die hin auch die
Prozeßbevollmächtigten des Beklagten Ausführungen gemacht
haben. Eines erneuten Erörterungstermins bedurfte es daher
unter keinem denkbaren Gesichtspunkt.
Schließlich steht auch die im Laufe des Berufungsverfahrens
verfügte Teilrücknahme des Bescheides vom 1. August 1974
gegenüber Herrn C einer Entscheidung nach § 130 a VwGO
nicht entgegen. Der Anwendungsbereich des § 130 a VwGO ist
nicht auf Fälle beschränkt, in denen der maßgebliche
Sachverhalt gegenüber dem für das angefochtene Urteil
maßgeblichen unverändert geblieben ist. Angesichts der durch
den anwaltlich vertretenen Beklagten wahrgenommenen
Gelegenheit, eine rechtliche Würdigung des neu hinzugetretenen
Sachverhaltselements vorzunehmen, dem von Seiten des Gerichts
in einer mündlichen Verhandlung nichts hinzuzufügen wäre, hält
der Senat eine mündliche Verhandlung nach wie vor für nicht
erforderlich.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das
Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Beitragsbescheid im
Ergebnis zu Recht aufgehoben, da er rechtswidrig ist und den
Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig, weil der
Kanalanschlußbeitrag für das klägerische Grundstück bereits
vollständig der Höhe nach festgesetzt worden ist, so daß einer
erneuten Festsetzung der Grundsatz der Einmaligkeit der
Beitragserhebung entgegensteht. Dieser Grundsatz besagt, daß
ein Kanalanschlußbeitragsbescheid nicht nur die Festsetzung
eines bestimmten Beitrags, sondern auch die Regelung enthält,
daß hinsichtlich dieses festgesetzten Beitrags die
Beitragspflicht entstanden ist und somit in Zukunft nicht mehr
entsteht.
Vgl. OVG NW, Urteil vom 28. November
1995 - 15 A 179/93 -, NWVBl. 1996, 145
(147).
Hier ist durch den Bescheid vom 1. August 1974 an Herrn C
zwar keine volle Heranziehung für das klägerische
Grundstück hinsichtlich des Kanalanschlußbeitrags erfolgt, da
das Zahlungsgebot sich auf die Hälfte des festgesetzten
Betrags beschränkte und die andere Hälfte vorläufig nicht
fällig werden sollte. Jedoch wurde der Kanalanschlußbeitrag
vollständig festgesetzt, so daß dies der Festsetzung eines
erneuten Beitrags entgegensteht.
Allerdings ist die volle Festsetzung nicht ausdrücklich
erfolgt. Jedoch ergibt sich dieser Inhalt des Bescheides im
Wege der Auslegung. Maßgeblich für den Inhalt eines
Verwaltungsakts ist nämlich nicht das von der Behörde
Gewollte, sondern der Erklärungsinhalt, wie ihn der Adressat
bei objektiver Würdigung verstehen durfte, wobei Unklarheiten
zu Lasten der Verwaltung gehen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. September
1988 - 1 C 15.86 -, NJW 1989, 53 (54);
BFH, Urteil vom 18. April 1991
- IV R 127/89 -, BStBl. II 1991, 675
(676); Urteil vom 28. November 1985
- IV R 178/83 -, BStBl. II 1986, 293
(294).
Danach ist durch den Bescheid vom 1. August 1974 der volle
Anschlußbeitrag und nicht - wie es der Beklagte wohl wollte -
nur ein Teilanschlußbeitrag für die Möglichkeit der Einleitung
vorgeklärten Abwassers festgesetzt worden.
Die Festsetzung des vollen Anschlußbeitrags ergibt sich
daraus, daß an keiner Stelle des Bescheids von einem
Teilanschlußbeitrag, sondern nur vom "Kanalanschlußbeitrag",
"Anschlußbeitrag" und von der "Beitragspflicht" die Rede ist.
Die Óberschrift lautet: "Heranziehungsbescheid zur Zahlung
eines Kanalanschlußbeitrags". Im Text wird sodann ausgeführt:
"Für Ihr Grundstück ... erfolgt für den Anschlußbeitrag
folgende Festsetzung:". Sodann wird der volle Beitrag
errechnet, dessen Summe am Ende doppelt unterstrichen
ausgeworfen wird. Im Anschluß daran wird eingeschränkt, daß
wegen der Vorklärungsnotwendigkeit "vorerst nur die Hälfte des
o. g. Betrages ... erhoben" wird. Der Betrag wird dabei
ausgeworfen und ebenfalls doppelt unterstrichen, sodann heißt
es: "Der Unterschiedsbetrag wird nachveranlagt, sobald die
geplante Kläranlage betriebsfertig ist und daher die
Vorklärung auf dem Grundstück entfällt."
Der unbefangene Adressat dieser Verfügung konnte sie bei
objektiver Betrachtung - ungeachtet dessen, daß eine solche
Festsetzung rechtswidrig war - dahin verstehen, daß für das
Grundstück der volle Anschlußbeitrag festgesetzt werden
sollte, jedoch vorläufig nur die Hälfte zu zahlen sei, sich
also das Zahlungsgebot auf die Hälfte beschränke.
Allenfalls ein Fachmann kann aus der Tatsache, daß damals
nur eine Anschlußmöglichkeit für vorgeklärte Abwässer bestand
und der Beklagte sich eine Nachveranlagung für den Fall der
uneingeschränkten Anschlußmöglichkeit vorbehalten hatte,
darauf schließen, daß der Beklagte 1974 nur einen
Teilanschlußbeitrag festsetzen wollte. Allerdings sollte sich
die angekündigte Nachveranlagung auf den Unterschiedsbetrag
beziehen, was im Zusammenhang mit dem übrigen Inhalt des
Bescheids nur so zu verstehen ist, daß sich die
Nachveranlagung auf den Unterschiedsbetrag von 520,50 DM zu
1.041,-- DM, also auf weitere 520,50 DM beschränken sollte.
Der Inhalt des Bescheides vom 1. August 1974 ist damit
zumindest unklar. Diese Unklarheiten gehen zu Lasten des
Beklagten, der die Formulierung des Bescheides in der Hand
hatte und sich daher für den Bürger verständlich hätte
ausdrücken können.
Der Umstand, daß der Bescheid mit diesem Inhalt
rechtswidrig ist, hat für die Auslegung keine Bedeutung.
Entscheidend ist, daß der Bescheid mit diesem Inhalt erlassen
wurde. Die Einwände des Beklagten, es habe für das Entstehen
der vollen Beitragspflicht an der Vollanschlußmöglichkeit
sowie an einer gültigen Satzung gefehlt und die
Kanalanschlußbeitragspflicht werde nicht konstitutiv durch
einen Beitragsbescheid, sondern durch die Verwirklichung des
Beitragstatbestandes begründet, gehen daher ins Leere. Es geht
nicht darum, ob - was unzweifelhaft nicht der Fall war -
seinerzeit eine Vollbeitragspflicht materiellrechtlich
entstanden war, sondern darum, ob der Bescheid entgegen der
Rechtslage den vollen Beitrag festsetzte mit der Folge, daß
ein weiterer Beitrag nicht festgesetzt werden durfte.
Die darauf beruhende Rechtswidrigkeit macht den Bescheid
nicht nichtig (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG NW i.V.m. § 125
Abs. 1 AO). Nur besonders schwerwiegende und zudem
offenkundige Fehler führen zur Nichtigkeit eines
Verwaltungsakts.
Vgl. zu den Voraussetzungen der
Nichtigkeit im Abgabenrecht BFH,
Beschluß vom 30. November 1987
- VIII B 3/87 -, BStBl. II 1988, 183
(185).
Hier fehlt es jedenfalls an der Offenkundigkeit des
Fehlers. Nur für einen fachlich gebildeten Empfänger ist die
Fehlerhaftigkeit erkennbar.
Die erneute Festsetzung eines Beitrags durch den
angefochtenen Bescheid ist unzulässig; dieses Hindernis wirkt
auch zugunsten des Klägers, obwohl die erste Festsetzung im
Bescheid vom 1. August 1974 nicht an ihn, sondern an seinen
Rechtsvorgänger im Grundeigentum gerichtet war.
Die Festsetzung des Vollanschlußbeitrags im
Beitragsbescheid vom 1. August 1974 bewirkt wegen des aus dem
Grundsatz der Einmaligkeit des Beitrags folgenden Verbots der
Doppelveranlagung, daß die erneute Festsetzung eines Beitrags
(im Gegensatz zur bloßen Nacherhebung hinsichtlich des mit der
ersten Heranziehung bewußt oder unbewußt nicht vollständig
ausgeschöpften Beitrags) ausgeschlossen ist.
Vgl. für das jeweilige Landesrecht
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom
30. Juli 1985 - 12 B 42/85 -, KStZ
1986, 16; VGH Baden-Württemberg, Urteil
vom 29. März 1989 - 2 S 43/87 -, VBlBW
1989, 345; so auch schon prOVG, Urteil
vom 18. April 1939 - II. C. 103/38 -,
prOVGE 105, 31 (38f.); offen gelassen
für das Erschließungsbeitragsrecht
BVerwG, Urteil vom 18. März 1988
- 8 C 115.86 -, NVwZ 1988, 938
(940).
Der Grundsatz der Einmaligkeit des Beitrags ergibt sich aus
dem Begriff des Beitrags, dessen Wesen im
Kanalanschlußbeitragsrecht gerade darin besteht, eine
einmalige Abgabe zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung
der Abwasseranlage in ihrer Gesamtheit zu sein.
Vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht,
Loseblattsammlung (Stand: September
1997), § 8 Rdnr. 8c.
Dies bedeutet, daß die einmal entstandene Beitragspflicht
für das Grundstück (unabhängig von Veränderungen in dessen
Nutzung oder der satzungsrechtlichen Veranlagungsgrundlagen)
nicht noch einmal entsteht, so daß der Beitrag nur einmal
festgesetzt werden darf. Das Verbot der Doppelveranlagung gilt
auch in den Fällen, in denen eine Beitragspflicht
materiellrechtlich nicht entstanden ist (etwa mangels
wirksamer Satzungsgrundlage oder mangels Möglichkeit der
Inanspruchnahme), jedoch ein Beitrag wirksam, wenngleich
rechtswidrig, festgesetzt worden und damit eine
Beitragspflicht formellrechtlich entstanden ist. Für die aus
dem Wesen des Beitrags folgende Einmaligkeit ist es
unerheblich, ob die Beitragspflicht materiellrechtlich oder
formellrechtlich entstanden ist.
Hier ist die Beitragspflicht formellrechtlich entstanden:
Durch den Bescheid vom 1. August 1974 in der oben
vorgenommenen Auslegung ist ein Kanalanschlußbeitrag von
1.041,-- DM für das klägerische Grundstück festgesetzt worden,
nur das (nach der Gesamtregelung wohl auch erst als
fälligkeitsauslösend verstandene) Zahlungsgebot hinsichtlich
des Teilbeitrags für die Möglichkeit der Einleitung
ungeklärter Abwässer ist vorbehalten geblieben. Der Beitrag
als solcher ist damit vollständig festgesetzt und die volle
Beitragspflicht begründet worden. Eine Umdeutung in einen
Teilanschlußbeitragsbescheid, wie es der Beklagte will, ist -
wie später noch ausgeführt wird - nicht möglich.
Der durch den Bescheid vom 1. August 1974 begründete
Vorteil des Ausschlusses einer weiteren Beitragsfestsetzung
wirkt nunmehr gegenüber dem Kläger, obwohl der Bescheid ihm
gegenüber nicht erlassen wurde. Das Verbot der
Doppelveranlagung ist eine durch das Beitragsrecht an die
Festsetzung eines Beitrags für ein bestimmtes Grundstück
geknüpfte Veränderung der Rechtsstellung des
Grundstückseigentümers hinsichtlich zukünftiger Beiträge. Der
Beitrag wird zwar vom in Anspruch genommenen
Grundstückseigentümer persönlich geschuldet, er dient aber dem
Ausgleich eines andauernden grundstücksbezogenen Vorteils, der
allen Rechtsnachfolgern im Grundstückseigentum gleichermaßen
geboten wird.
Vgl. OVG NW, Urteil vom 13. Dezember
1982 - 2 A 1066/82 -, S. 8 des
amtlichen Umdrucks.
Nicht entscheidend ist daher, ob bereits einmal ein Beitrag
gerade gegenüber demselben Grundstückseigentümer festgesetzt
wurde. Das Verbot einer erneuten Beitragsfestsetzung folgt
vielmehr aus dem Umstand, daß der Beitrag bereits einmal für
das Grundstück festgesetzt wurde. Das Verbot der
Doppelveranlagung als begünstigende Wirkung des
Beitragsbescheides ist mithin dinglicher Natur und haftet dem
Grundstück in dem Sinne an, daß dieses
anschlußbeitragsrechtlich veranlagt ist.
Vgl. zur Rechtsfigur des dinglichen
Verwaltungsakts OVG NW, Urteil vom
20. Juni 1991 - 7 A 23/90 -, NWVBl
1992, 322; P. Stelkens/U. Stelkens, in:
Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG,
5. Auflage, § 35 Rdnrn. 192ff.;
Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht
I, 10. Auflage, § 45 Rdnrn. 89 ff.;
Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht,
10. Auflage, § 9 Rdnrn. 56 f.; Henneke,
in Knack u. a., VwVfG, 4. Auflage, § 35
Rdnr. 5.2.7; Kopp, VwVfG, 6. Auflage,
§ 35 Rdnr. 63, 65.
Die begünstigende Wirkung des Beitragsbescheides geht daher
kraft seiner Dinglichkeit auf den Rechtsnachfolger im
Grundstückseigentum über. Der neue Grundstückeigentümer kann
sich gegenüber einer nochmaligen Heranziehung zum
Anschlußbeitrag auf die Vorveranlagung berufen.
Vgl. OVG NW, Urteil vom 13. Dezember
1982 - 2 A 1066/82 -, S. 9 des
amtlichen Umdrucks; zur Rechtsnachfolge
in grundstückbezogene
Ordnungsverfügungen vgl. Urteil vom
23. April 1996 - 10 A 3565/92 -, BauR
1996, 700 (701) m.w.N.
Unerheblich ist, daß der Beklagte den Veranlagungsbescheid
vom 1. August 1974 gegenüber dem seinerzeitigen Adressaten
Herrn
C hinsichtlich der Festsetzung eines Beitrags auch für
die Möglichkeit zur Einleitung ungeklärten Abwassers
zurückgenommen und dieser auf Rechtsmittel dagegen verzichtet
hat. Diese Rücknahme ist dem Kläger gegenüber nämlich
unwirksam. Bei dem Bescheid vom 1. August 1974 handelte es
sich im Zeitpunkt seiner Rücknahme im Verhältnis zum Kläger
als jetzigem Grundstückseigentümer um einen nur begünstigenden
Verwaltungsakt. Er begründete nämlich ihm gegenüber den
rechtlich erheblichen Vorteil (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b
KAG NW i.V.m. § 130 Abs. 2 AO) des Verbots erneuter
Beitragsfestsetzung. Dieses Verbot ist nicht bloß ein rein
tatsächlicher, mittelbarer oder reflexartiger Vorteil für den
jeweiligen Grundstückseigentümer, sondern - wie oben
ausgeführt - ein wesensmäßig mit der Festsetzung eines
Vollanschlußbeitrags verbundener rechtlich erheblicher
Vorteil, der somit einen Kanalanschlußbeitragsbescheid auch zu
einem begünstigenden Verwaltungsakt macht.
Vgl. zur Abgrenzung von rechtlich
unerheblichen vorteilhaften Wirkungen
zu rechtlich erheblichen Vorteilen im
Sinne eines begünstigenden
Verwaltungsakts BVerwG, Beschluß vom
22. Oktober 1992 - 6 B 46.92 -,
Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 304,
S. 218f; Urteil vom 9. Januar 1989
- 6 C 47.86 -, DÖV 1989, 544 (545) für
den umgekehrten Fall rechtlich
unerheblicher Nachteile; OVG NW
Beschluß vom 10. Juni 1988
- 15 B 297/88 -, NVwZ-RR 1989, 558;
Erichsen, in: ders. (Hrsg.),
Allgemeines Verwaltungsrecht,
10. Aufl., § 16 Rdnr. 5; Sachs, in:
Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 5. Aufl.,
§ 48 Rdnrn. 126f.; Klappstein, in:
Knack u.a., VwVfG, 4. Aufl., § 48 Rdnr.
7.2.; Knoke, Rechtsfragen der Rücknahme
von Verwaltungsakten,1989, S. 51.
Daher war der Kläger vom Rücknahmebescheid Betroffener im
Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG NW i.V.m. § 122 Abs.
1 Satz 1 AO, so daß er ihm bekanntzugeben war.
Eine Rücknahme gegenüber dem Kläger war nicht etwa deshalb
entbehrlich, weil dieser sich, nachdem er von ihr Kenntnis
erlangt hatte, nach Treu und Glauben so behandeln lassen
müßte, als wenn sie auch ihm gegenüber bekanntgegeben worden
wäre.
Vgl. Kopp, VwVfG, 6. Aufl., § 41
Rdnr. 19ff.
Richtig ist allerdings, daß einem von einem Verwaltungsakt
Betroffenen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben versagt
sein kann, sich auf die fehlende ordnungsgemäße Bekanntgabe
und damit Wirksamkeit ihm gegenüber zu berufen.
So auch im Steuerrecht, vgl.
Tipke/Kruse, AO, FGO, Loseblattsammlung
(Stand: November 1997), § 4 Rdnr.
66d.
Das setzt aber die Treuwidrigkeit der Berufung auf den
Mangel voraus, an der es hier fehlt. Eine solche
Treuwidrigkeit wird etwa von der Rechtsprechung dann
angenommen, wenn die Behörde irrtümlich den Verwaltungsakt
nicht gegenüber dem richtigen Betroffenen bekanntgibt, dieser
aber objektiv zu erkennen gibt, daß er den Bescheid als gegen
sich gerichtet anerkennt.
BVerwG, Urteil vom 27. November 1981
- 8 B 184.81 -, NVwZ 1982, 193
(194).
Hier liegt zwar ein Irrtum des Beklagten über die
Notwendigkeit der Rücknahme auch gegenüber dem Kläger vor,
dieser hat aber in keiner Weise zu erkennen gegeben, daß er
die Rücknahme als auch gegen sich gerichtet anerkenne. Im
Gegenteil meint er, daß aus der nur gegenüber dem
Voreigentümer Herrn C erklärten Rücknahme, die er als
"Trick" bewertet, keine Rechte zu seinem, des Klägers,
Nachteil, abgeleitet werden könnten.
Anerkannt ist auch, daß dann, wenn der Betroffene nach dem
Verwaltungsakt (Inhalts)Adressat sein sollte und der Bescheid
fehlerhaft zugestellt wurde, jedenfalls die spätere
Geltendmachung der Unwirksamkeit treuwidrig sein kann.
Vgl. OVG Hamburg, Urteil vom
17. Dezember 1991 - OVG Bf VI 53/91 -,
GewArch 1992, 300 (301); BayVGH, Urteil
vom 6. Dezember 1990 - 12 B 88.01730 -,
BayVBl. 1991, 338 (339).
Hier sollte der Kläger nach dem Willen des Beklagten gerade
nicht Adressat sein, so daß keine fehlgeschlagene, sondern
eine bewußt unterlassene Bekanntgabe vorliegt.
Daher liegt auch nicht die ebenfalls anerkannte
Konstellation vor, daß ein Adressat den Zugang des Bescheides
treuwidrig vereitelt.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni
1990 - 8 C 22.89 -, BVerwGE 85, 213
(215f.); OVG NW, Urteil vom 12.
September 1976 - II A 1571/75 -, MDR
1977, 1048 (1049).
Schließlich ergibt sich die Treuwidrigkeit der Berufung auf
die fehlende Bekanntgabe der Rücknahme dem Kläger gegenüber
ebenfalls nicht aus dem Umstand, daß sie in einem mehrpoligen
Verhältnis, nämlich im Verhältnis zwischen dem Beklagten, dem
Voreigentümer C und dem Kläger, ausgesprochen wurde.
In einer solchen Konstellation kann sich die Treuwidrigkeit
der Berufung des Dritten, der sichere Kenntnis vom Ergehen des
Bescheides erlangt hat oder hätte erlangen müssen, auf
fehlende Bekanntgabe an ihn, aus dem Verhältnis zwischen dem
Dritten und dem Adressaten des Bescheides ergeben, etwa aus
einem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis.
Vgl. BVerwG, Beschluß vom 28. August
1987 - 4 N 3.86 -, BVerwGE 78, 85
(88f.).
Ein solches Verhältnis zwischen C und dem Kläger
besteht nicht. Es geht nämlich nicht - wie in den anerkannten
Fällen eines nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses - darum,
daß der von dem Verwaltungsakt Begünstigte von jenem im
Vertrauen auf dessen Bestandskraft Gebrauch machen und
entsprechende Vermögensaufwendungen tätigen will, deren
Nutzlosigkeit zu verhindern der Dritte aus dem nachbarlichen
Gemeinschaftsverhältnis durch zumutbares aktives Handeln
verpflichtet ist, sondern allein darum, daß Herr C
von einer ihm gegenüber rechtswidrig erfolgten, belastenden
Beitragsfestsetzung zu Lasten des Klägers befreit werden soll.
Es besteht daher nicht das Erfordernis, daß der Kläger zur
Abwendung von Schäden des Herrn C alsbald gegen die
Rücknahme vorgeht.
Da dem Kläger gegenüber die Rücknahme nicht ausgesprochen
wurde, ist sie ihm gegenüber nicht wirksam geworden (§ 12
Abs. 1 Nr. 3 Buchst b KAG NW i.V.m. § 124 Abs. 1 Satz 1
AO).
Vgl. zur relativen subjektiven
Unwirksamkeit BFH, Urteil vom 5. Juni
1991 - XI R 26/89 -, BStBl. II 1991,
820 (821); Bonk, in: Stelkens/Bonk/
Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 72 Rdnr. 128;
Badura, in: Erichsen (Hrsg.),
Allgemeines Verwaltungsrecht,
10. Aufl., § 38 Rdnr. 20.
Es ist bei dem aus dem nicht wirksam zurückgenommenen
Bescheid vom 1. August 1974 folgenden Verbot der
Doppelveranlagung zugunsten des Klägers verblieben.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. Februar 1992 wird
nicht etwa der mit Bescheid vom 1. August 1974 festgesetzte
Vollanschlußbeitrag hinsichtlich des Teilanschlußbeitrags für
die Einleitungsmöglichkeit ungeklärten Abwassers nur im Wege
vollständiger Ausschöpfung des Beitrags nacherhoben, was dem
Verbot der Doppelveranlagung nicht widerspräche. Vielmehr wird
neben dem seiner Zeit zu Unrecht festgesetzten Beitrag ein
weiterer, diesmal aufgrund der am 1. Januar 1991 in Kraft
getretenen Beitragssatzung vermeintlich entstandener Beitrag
festgesetzt.
Schließlich kann der Bescheid vom 1. August 1974 auch nicht
in einen bloßen Teilanschlußbeitragsbescheid umgedeutet werden
(§ 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst b KAG NW i.V.m. § 128 AO). Wie oben
ausgeführt, hat der Bescheid für den Kläger als betroffenen
Grundstückseigentümer die günstige Rechtsfolge, daß für sein
Grundstück der Kanalanschlußbeitrag vollständig festgesetzt
und somit eine erneute Festsetzung ausgeschlossen ist. Die
Umdeutung in einen Teilanschlußbeitragsbescheid ließe diese
Rechtsfolge teilweise entfallen und würde den Kläger damit
ungünstiger stellen, was einer Umdeutung entgegensteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich
aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision
ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2
VwGO nicht vorliegen. Die Streitwertentscheidung beruht auf