BSG, Urteil vom 19.03.2008 - B 11b AS 13/06 R
Fundstelle
openJur 2011, 96086
  • Rkr:

1. Die Zuordnung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erfolgt bei Nutzung einer Unterkunft durch mehrere Personen grundsätzlich nach Kopfzahl (Bestätigung von BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R = SozR 4-4200 § 20 Nr 3 sowie BSG vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 7/07 R = FamRZ 2008, 688). Ein Abweichen von diesem Grundsatz ist nicht deshalb geboten, weil die Unterkunft auch von einem nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Kind genutzt wird, das nach den Regelungen des BAföG nur geringfügige Leistungen für Unterkunft erhält und wegen des BAföG-Bezugs von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB 2 ausgeschlossen ist (Anschluss an BSG vom 27.2. 2008 - B 14/11b AS 55/06 R). 2. Kindergeld, das an den Kindergeldberechtigten für ein im gemeinsamen Haushalt lebendes volljähriges Kind gezahlt wird, ist dem Kindergeldberechtigten zuzuordnen (Anschluss an BSG, ua Urteile vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R = SozR 4-4200 § 20 Nr 3 und vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 54/06 R = FamRZ 2008, 886).

Tatbestand

Die Klägerin begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005.

Die 1952 geborene Klägerin bewohnt zusammen mit ihrer 1983 geborenen Tochter eine ca 55 qm große Mietwohnung. Die Tochter war im streitgegenständlichen Zeitraum Studentin und bezog Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe von monatlich 377 EUR; in diesem Betrag enthalten war ein Anteil von 44 EUR für Unterkunft. Die Klägerin erzielte aus einer Tätigkeit als Putzhilfe ein monatliches Bruttoentgelt von jedenfalls 165 EUR; sie erhielt außerdem für ihre Tochter Kindergeld von monatlich 154 EUR.

Im August 2004 beantragte die Klägerin, die bis Januar 2002 Arbeitslosengeld und im Anschluss daran Arbeitslosenhilfe erhalten hatte, die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 23. November 2004 bewilligte die zuständige Agentur für Arbeit der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 monatliche Leistungen in Höhe von 260,62 EUR. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 2. März 2005). Der bewilligte monatliche Betrag ergab sich nach den Angaben im Widerspruchsbescheid aus einem Bedarf von 516,34 EUR (Regelleistung 345 EUR zuzüglich Hälfte der Kosten für Unterkunft und Heizung von insgesamt 342,69 EUR, also 171,34 EUR) bei Abzug des Kindergeldes von 154 EUR sowie eines "bereinigten" Nettoeinkommens der Klägerin von 101,72 EUR (165 EUR minus 30 EUR Pauschbetrag für Versicherungen minus 15,33 EUR Werbungskostenpauschale minus 17,95 EUR Freibetrag gemäß § 30 SGB II).

Mit der Klage hat die Klägerin geltend gemacht, ihr sei das Kindergeld nicht als Einkommen zuzurechnen, da es an die Tochter gezahlt werde; ein Antrag auf Abzweigung nach § 74 Einkommensteuergesetz (EStG) sei abschlägig beschieden worden. Außerdem seien die Kosten der Unterkunft wegen des im BAföG-Satz enthaltenen Anteils von nur 44 EUR nicht nur zur Hälfte dem Bedarf zu Grunde zu legen.

Das Sozialgericht (SG) hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,68 EUR monatlich zu gewähren; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 19. August 2005). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG geändert und die Klage vollständig abgewiesen sowie die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 23. März 2006). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Die Beklagte habe die Kosten für Unterkunft und Heizung nach den Angaben der Klägerin zutreffend ermittelt. Die Kaltmiete zuzüglich Nebenkosten betrage 313,87 EUR; den monatlichen Abschlagsbetrag von 41,12 EUR für Heizkosten habe die Beklagte zutreffend um die im Regelsatz enthaltenen Anteile für die Warmwasseraufbereitung vermindert. Mithin errechne sich ein Gesamtbedarf für Unterkunft und Heizung von monatlich 342,69 EUR. Dieser Betrag sei nur zur Hälfte, also mit 171,34 EUR in der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen, da die Klägerin mit ihrer nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden volljährigen Tochter in Haushaltsgemeinschaft lebe und die Kosten deshalb pro Kopf aufzuteilen seien. Nicht auf die Bedarfsberechnung nach dem SGB II übertragbar sei die Regelung in § 6a Abs 4 Satz 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG). Eine Abweichung von der Aufteilung nach Kopfzahl sei auch nicht deshalb geboten, weil die Tochter der Klägerin als Bezieherin von BAföG-Leistungen gemäß § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II habe. Es liege für die Tochter auch kein Härtefall iS des § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II vor. Es könne erwartet werden, dass die Tochter den auf sie entfallenden Anteil für Unterkunft und Heizung durch Aufnahme einer Nebentätigkeit finanziere; womöglich stehe ihr auch Wohngeld zu. Im Übrigen sei das der Klägerin zufließende Kindergeld unter Berücksichtigung früherer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zum Sozialhilferecht auch nach dem Recht des SGB II als ihr Einkommen bedarfsmindernd zu berücksichtigen.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzungen der §§ 22 und 11 SGB II. Hinsichtlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung sei zwar im Grundsatz von einer Aufteilung nach Kopfzahl auszugehen; von dieser Aufteilung sei aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn Besonderheiten vorlägen, was bei ihr der Fall sei. Wegen des nach BAföG unstreitig nur 44 EUR betragenden Anteils für die Unterkunft sei eine hälftige Aufteilung unbillig. Soweit das LSG ihre Tochter auf eine Nebentätigkeit verweise, habe es nicht geprüft, ob eine solche zeitlich überhaupt zumutbar sei; tatsächlich sei der Tochter, die im Rahmen des Studiums an Exkursionen und Praktika teilnehmen sowie in einem Labor arbeiten müsse, die Aufnahme eines Nebenjobs nicht möglich. Die Tochter habe auch keinen Anspruch auf Wohngeld. Das Kindergeld stehe ihr, der Klägerin, im Übrigen faktisch nicht zur Verfügung und sei deshalb nicht gemäß § 11 Abs 1 SGB II anzurechnen. Auf Nachfrage habe die Tochter mitgeteilt, dass sie am 11. März 2005 einen Antrag auf Auszahlung des Kindergeldes an sich selbst bei der Familienkasse Osnabrück gestellt habe; wohl aufgrund dieses Antrages werde das Kindergeld in Höhe von 154 EUR seit Mai 2005 auf das Konto der Tochter überwiesen.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

das Urteil des LSG vom 23. März 2006 aufzuheben, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG vom 19. August 2005 zurückzuweisen und im Übrigen unter Änderung des Urteils des SG sowie Änderung des Bescheids vom 23. November 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 2. März 2005 die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Gründe

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen ermöglichen keine abschließende Entscheidung darüber, ob der Klägerin höhere Leistungen nach dem SGB II zustehen.

1. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler liegen nicht vor. Die Berufung der Klägerin ist unabhängig davon, ob es sich um eine "Anschlussberufung" gehandelt hat, ebenso zulässig wie die Berufung der Beklagten. Beide Berufungen sind innerhalb der Frist des § 151 Abs 1 SGG eingelegt worden, die Berufung der Klägerin nach Aktenlage sogar einen Tag früher als die der Beklagten. Für die Berufung der Klägerin, die sich gegen die vom SG bestätigte Berücksichtigung des Kindergeldes in Höhe von 154 EUR monatlich gewandt hat, ist angesichts des streitigen Zeitraums von sechs Monaten der erforderliche Wert von 500 EUR gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG ebenso erreicht wie für die Beklagte, die das von monatlichen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,68 EUR ausgehende SG-Urteil mit dem Ziel eines Ansatzes von nur 171,34 EUR monatlich angegriffen hat. Da die Berufung der Beklagten weder zurückgenommen noch als unzulässig verworfen worden ist (vgl § 202 SGG iVm § 524 Abs 4 Zivilprozessordnung), ist nicht näher darauf einzugehen, ob das LSG unter Berücksichtigung des in der Sitzung vom 23. März 2006 formulierten Antrages des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ("im Wege der Anschlussberufung") wirklich von einer Anschlussberufung iS einer nicht eigenständigen Berufung ausgegangen ist bzw hiervon ausgehen durfte (vgl zur Auslegung Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl, § 143 RdNr 5).

2. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden, soweit das LSG der Bedarfsberechnung nur die Hälfte der Kosten für Unterkunft und Heizung zu Grunde gelegt hat. Insoweit greifen die Einwendungen der Revision nicht durch.

Der Senat hat bereits im Anschluss an frühere Rechtsprechung des BVerwG zur Sozialhilfe entschieden, dass dann, wenn eine Unterkunft außer vom leistungsberechtigten Hilfebedürftigen von weiteren auch nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen genutzt wird, die Zuordnung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung grundsätzlich entsprechend einer Aufteilung nach Kopfzahl erfolgt (Urteil vom 23. November 2006, B 11b AS 1/06 R, SozR 4-4200 § 20 Nr 3, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, RdNr 28, ua mit Hinweis auf BVerwGE 79, 17 = NJW 1989, 313; zustimmend Urteil des 14. Senats vom 31. Oktober 2007, B 14/11b AS 7/07 R, RdNr 19). Für die im streitgegenständlichen Zeitraum zusammen mit ihrer nicht zur Bedarfsgemeinschaft zählenden volljährigen Tochter in einem Haushalt lebende Klägerin (vgl § 7 Abs 2 und 3 SGB II idF des Gesetzes vom 30. Juli 2004, BGBl I 2014) kommt deshalb nur die hälftige Berücksichtigung der angemessenen Aufwendungen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Betracht. Das LSG hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass das Bewohnen einer Wohnung durch mehrere Familienmitglieder eine typische einheitliche Lebenssituation darstellt, die aus Praktikabilitätsgründen grundsätzlich nur die Aufteilung nach Kopfzahl und nicht eine etwa an der Intensität der Benutzung oder an sonstigen Einzelumständen ausgerichtete Aufteilung zulässt. Das LSG hat auch zutreffend eine Heranziehung der Maßstäbe des § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG abgelehnt, da das SGB II derartige Regelungen nicht enthält.

Soweit auch nach den Grundsätzen des SGB II in Sonderfällen eine vom Prinzip der Aufteilung nach Kopfzahl abweichende Zuordnung denkbar ist (vgl Urteil vom 23. November 2006, B 11b AS 1/06 R, aaO), hat das LSG zu Recht das Vorliegen eines solchen Sonderfalles verneint. Der BAföG-Bezug der Tochter und der sich daraus ergebende Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II (vgl Urteil des 14. Senats vom 6. September 2007, B 14/7b AS 28/06 R, RdNr 25 ff) rechtfertigt es nicht, bei der Berechnung des Bedarfs der Klägerin den möglichen Bedarf der nicht leistungsberechtigten Tochter bedarfserhöhend in Ansatz zu bringen. Das System des SGB II lässt es nicht zu, im Ergebnis auch Unterkunftskosten für Dritte, hier die studierende Tochter, geltend zu machen, und zwar auch dann nicht, wenn dem Dritten gegenüber bei vorhandener Leistungsfähigkeit eine Unterhaltspflicht bestünde (vgl Urteil des 14. Senats vom 27. Februar 2008, B 14/11b AS 55/06 R, s Terminbericht des BSG Nr 10/08 unter Ziff 4). Die zur Deckung des eigenen Lebensunterhalts vorgesehenen Leistungen des SGB II sind nicht dazu bestimmt, den Empfänger in die Lage zu versetzen, etwaigen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten gegenüber Dritten nachzukommen (vgl Berlit NDV 2006, 5, 28).

Ein Abweichen von der Aufteilung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach Kopfzahl ist auch nicht deshalb geboten, weil der Tochter der Klägerin gemäß § 13 Abs 2 Nr 1 BAföG für die Unterkunft in der Wohnung ihrer Mutter nur ein Betrag von monatlich 44 EUR zuerkannt worden ist. Dieser Umstand ändert nichts daran, dass die Klägerin gegenüber dem zuständigen SGB II-Träger nur ihren eigenen Bedarf geltend machen kann, nicht einen etwa ungedeckten Bedarf ihrer Tochter. Da die Tochter keinen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II gestellt hat, kann auch dahinstehen, ob unter den gegebenen Umständen ein besonderer Härtefall iS des § 7 Abs 5 Satz 2 SGB II mit der Folge eines Anspruchs auf eine Darlehensleistung bejaht werden könnte (vgl zu den Voraussetzungen einer besonderen Härte Urteile des 14. Senats vom 6. September 2007, B 14/7b AS 36/06 R, RdNr 21 ff und B 14/7b AS 28/06 R, RdNr 32 ff); eine darlehensweise Gewährung von Leistungen wäre uU denkbar, wenn für die Tochter der Klägerin eine durch objektive Umstände belegbare Aussicht bestanden hätte, die Ausbildung in absehbarer Zeit zu Ende zu bringen (vgl Spellbrink SozSich 2008, 30, 33, 34 - unter Hinweis auf die ab 1. August 2006 eingefügte Zuschussregelung in § 22 Abs 7 SGB II für im Haushalt der Eltern wohnende BAföG-Bezieher). Ebenso kann dahinstehen, ob der Tochter der Klägerin - bezogen auf die streitige Zeit - die Aufnahme einer Nebentätigkeit zuzumuten war oder nicht und ob die Tochter Anspruch auf Wohngeld nach den Bestimmungen des Wohngeldgesetzes (WoGG) hatte oder nicht (vgl mit Hinweisen auf §§ 7 Abs 4 und § 41 Abs 3 WoGG Berlit NDV 2006, 5, 28).

3. Dem LSG ist unter Zugrundelegung der bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen ebenfalls zu folgen, soweit es das Kindergeld von 154 EUR monatlich als zu berücksichtigendes Einkommen der Klägerin angesehen hat.

Die Berücksichtigung des Kindergelds als Einkommen der Klägerin als Anspruchsberechtigter iS der §§ 62 ff EStG folgt aus § 11 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB II in der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung des Gesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I 2014). Danach ist nur Kindergeld für ein minderjähriges Kind diesem zuzurechnen, Kindergeld für ein volljähriges im Haushalt lebendes Kind ist dagegen Einkommen des Kindergeldberechtigten (Urteil vom 23. November 2006, B 11b AS 1/06 R, aaO, RdNr 33, 34; ebenso Urteile des 14. Senats vom 31. Oktober 2007, B 14/11b AS 7/07 R, RdNr 21, und vom 6. Dezember 2007, B 14/7b AS 54/06 R, RdNr 12). Die Zuordnung zum Kindergeldberechtigten entfällt nicht etwa dann, wenn dieser das Kindergeld an das Kind weiterleitet oder wenn das Kindergeld ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 74 EStG von der Familienkasse an das Kind direkt bezahlt wird (BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007, B 14/7b AS 54/06 R, RdNr 13; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13. Juni 2005, L 8 AS 118/05 ER, NZS 2006, 328). Als Einkommen des Kindes kann das Kindergeld nur dann behandelt werden, wenn nach förmlichem Vorgehen iS des § 74 EStG eine Auszahlung an das Kind erfolgt (Urteil vom 6. Dezember 2007 aaO, RdNr 13; vgl allerdings zum Recht der Sozialhilfe bei Weiterleitung an ein nicht im Haushalt lebendes Kind Urteil des 8. Senats vom 11. Dezember 2007, B 8/9b SO 23/06 R, RdNr 14 ff). Dass im streitgegenständlichen Zeitraum eine Zahlung an die Tochter der Klägerin gemäß § 74 EStG erfolgt wäre, ist vom LSG nicht festgestellt. Den Feststellungen des LSG ist vielmehr zu entnehmen, dass das Kindergeld der Klägerin zugeflossen ist.

Der Vortrag der Klägerin im Rahmen der Revisionsbegründung, die Familienkasse habe bereits seit Mai 2005 das Kindergeld unmittelbar an die Tochter der Klägerin aufgrund eines entsprechenden Antrages ausbezahlt, kann im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden (vgl § 163 SGG). Da der Rechtsstreit ohnedies aus anderen Gründen (vgl nachfolgend unter 4.) zurückzuverweisen ist, wird das LSG im Rahmen der erneuten Verhandlung und Entscheidung Gelegenheit erhalten, das Vorbringen zu würdigen.

4. Obwohl das LSG die wesentlichen Rechtsfragen zutreffend beantwortet hat, kann nach den bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, ob der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nicht doch höhere Leistungen nach dem SGB II zustehen.

Nicht eindeutig sind zunächst die Feststellungen zur Höhe der von der Beklagten mit insgesamt 342,69 EUR in Ansatz gebrachten Kosten für Unterkunft und Heizung. Das LSG hat hierzu im Urteil ausgeführt, es sei von 313,87 EUR für Miete und Nebenkosten auszugehen und die Beklagte habe den monatlichen Abschlagsbetrag von 41,12 EUR für Heizkosten zutreffend um die im Regelsatz enthaltenen Anteile für die Warmwasseraufbereitung vermindert. Einzelbeträge hat das LSG insoweit nicht genannt, sondern auf die Angaben in den Verwaltungsakten verwiesen Das LSG wird hierzu im Rahmen der erneuten Verhandlung und Entscheidung eindeutige Feststellungen zu treffen haben. Soweit sich aus den Verwaltungsakten Abzugsbeträge für Warmwasseraufbereitung von 6,50 EUR und 5,80 EUR ergeben, wird zunächst die neue Rechtsprechung des 14. Senats des BSG (ua Urteil vom 27. Februar 2008, B 14/7b AS 64/06 R) zu berücksichtigen sein, im Übrigen auch, dass für die nicht zur Bedarfsgemeinschaft und zum Kreis der Leistungsempfänger von Arbeitslosengeld II gehörende Tochter Abzüge nicht gerechtfertigt sein dürften.

Nähere Feststellungen des LSG fehlen schließlich zur Frage, in welchem Umfang das von der Klägerin als Putzhilfe erzielte Einkommen anzurechnen ist. In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils hat sich das LSG mit dieser Frage überhaupt nicht befasst. Dies wird nachzuholen sein. Dabei wird das LSG auch Gelegenheit zur Klärung der Frage erhalten, ob die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum über das Einkommen von 165 EUR brutto hinaus weiteres Einkommen erzielt hat, wofür Angaben in den Verwaltungsakten (Blatt 57) sprechen könnten. Im Rahmen der Feststellung des Einkommens der Klägerin ist zu beachten, dass - anknüpfend an den Grundsatz der Subsidiarität (§ 2 Abs 2 Satz 1, § 9 Abs 1 SGB II) - der Hilfebedürftige verpflichtet ist, die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zunächst für sich einzusetzen und tatsächliche Unterhaltszahlungen nur eingeschränkt einkommensmindernd zu berücksichtigen sind (vgl BSG, Urteil vom 29. März 2007, B 7b AS 2/06 R, RdNr 21 - zu einem titulierten Unterhaltsanspruch; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, § 11 RdNr 129; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 RdNr 201a ff).

Im Übrigen wird uU auch die Rundungsvorschrift des § 41 Abs 2 SGB II Anwendung finden müssen (vgl BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3 RdNr 30).

5. Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.