BSG, Urteil vom 04.11.2009 - B 12 R 3/08 R
Fundstelle
openJur 2011, 95569
  • Rkr:

Bei selbstständig tätigen Franchise-Nehmern, die in einer vertikalen Vertriebskette stehen, ist (einziger) Auftraggeber iS des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB 6 der Franchise-Geber.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als selbstständige Betreiberin eines Backshops in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist.

Die Klägerin betrieb seit dem 1.12.2002 auf der Grundlage eines mit der K. GmbH (Systemgeber/Franchise-Geber) geschlossenen "Partner- und Systemvertrags" einen Backshop, in dem sie eine Arbeitnehmerin bis zum 30.11.2003 geringfügig, sodann mehr als nur geringfügig beschäftigte. Nach dem Vertrag war die Klägerin (Systempartner/Franchise-Nehmer) ua verpflichtet, ihre Backwaren/Handelswaren ausschließlich vom Systemgeber zu beziehen (§ 2 Nr 1 des Vertrags) und als selbstständiger Kaufmann im eigenen Namen und auf eigene Rechnung im Wesentlichen an Endverbraucher zu vertreiben (§ 6 Nr 1), wobei ihr eine Veredelung der Waren in Eigenleistung gestattet war (§ 2 Nr 3). Weiterhin bestand die Verpflichtung zur Zahlung einer einmaligen Eintrittsgebühr in Höhe von 1.000 Euro (§ 3 Nr 1), einer monatlichen Systemgebühr in Höhe von 1 vH des monatlichen Bruttoumsatzes (§ 3 Nr 2) sowie einer Vergütung für die gelieferten Waren (§ 3 Nr 7). Der Systemgeber überließ der Klägerin im Gegenzug neben den Räumlichkeiten, deren Mieter er war, eine betriebsfertige Ladeneinrichtung, für deren Erhaltung, Erneuerung und Unterhalt er zu sorgen hatte (§ 8 Nr 3). Nach dem Vertrag (§ 2 Nr 4) garantierte er der Klägerin ein entsprechendes Sortiment an Backwaren und verpflichtete sich, sie mit Produkten dieses Sortiments zu beliefern. Der Klägerin waren Verkaufspreise unverbindlich empfohlen, die aber den Lieferpreis abdecken mussten (§ 3, § 10). Der Lieferpreis lag - abhängig von den Produkten - 30 vH bzw 40 vH unter dem empfohlenen Verkaufspreis. Die Klägerin erzielte mit ihrer Tätigkeit bei etwa 6.500 Kunden einen Umsatz in Höhe von etwa 15.000 Euro im Monat.

Aufgrund eines vom Franchise-Geber eingeleiteten Verfahrens zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Klägerin hatte der beklagte Rentenversicherungsträger mit an diesen und die Klägerin gerichteten Bescheiden vom 14.6.2004 bestandskräftig festgestellt, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Pächter (Franchise-Nehmer) seit dem 1.12.2002 selbstständig ausübe.

Mit zwei Bescheiden vom 29.9.2004 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin in der Zeit vom 1.12.2002 bis zum 30.11.2003 als selbstständig Tätige nach § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig gewesen sei, und forderte für diesen Zeitraum monatliche Beiträge in Höhe des halben Regelbeitrags, insgesamt 2.776,50 Euro nach. Den Widerspruch, mit dem die Klägerin ua geltend machte, von ihrem Franchise-Geber bekomme sie keine Aufträge, sondern nur Waren geliefert, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.1.2005 zurück.

Die Klägerin hat Klage erhoben. Mit Urteil vom 30.5.2005 hat das Sozialgericht (SG) der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 4.4.2008 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach dem Willen des Gesetzgebers seien Selbstständige als sozial schutzbedürftig und damit rentenversicherungspflichtig anzusehen, die rechtlich oder auch nur wirtschaftlich von einem Auftraggeber abhingen. Bei der Beurteilung müsse auf die vertraglichen Abreden und die wirtschaftlichen Auswirkungen abgestellt werden. Dieses zugrunde gelegt, rücke die Tätigkeit der Klägerin nach ihrem Erscheinungsbild in die Nähe einer abhängigen Verkaufstätigkeit, weil eine beachtliche eigenständige unternehmerische Leistung neben dieser nicht zu erkennen sei. Auch wenn die Klägerin im eigenen Namen und für eigene Rechnung arbeite, sei sie, wie beim Franchising üblich, in vielfältiger Weise vertraglich gebunden. Die Möglichkeit freier Preisgestaltung und der Verkauf selbstbeschaffter Waren rechtfertigten eine andere Beurteilung nicht. Zwar sei der Franchise-Geber im vorliegenden Fall nicht als Auftraggeber im üblichen Sprachgebrauch anzusehen. Im weiteren Sinne sei die Klägerin jedoch vertraglich "beauftragt" gewesen, Waren für diesen zu verkaufen. Mithin sei die vom Gesetzgeber für die Anwendung des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI verlangte Abhängigkeit auch dann anzunehmen, wenn eine Einkommenserzielung allein dadurch ermöglicht werde, dass sich jemand an einen anderen vertraglich binde und ihm nunmehr über die exklusive Belieferung mit Waren eine wirtschaftliche Tätigkeit gestattet werde.

Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Begriffs "Auftraggeber" sei zu weit. Im allgemeinen, aber auch im rechtlichen Sprachgebrauch werde ein Auftragnehmer schwerpunktmäßig in Verfolgung fremder Interessen tätig. Ein solcher Fall liege hier nicht vor, weil sie überwiegend eigene Interessen verfolge, nämlich die Erzielung eines möglichst hohen eigenen Gewinns, nicht eines solchen des Franchise-Gebers. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit bestehe nicht, weil sie von diesem nicht bezahlt werde. Er liefere lediglich Waren. Bezahlt werde sie von ihren Kunden, die ihre Auftraggeber seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 4.4.2008 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30.5.2005 zurückzuweisen sowie die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auch die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten,

hilfsweise,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI knüpfe nicht an das Kriterium "Fremd- oder Eigennützigkeit" an. Entscheidend sei die soziale Schutzbedürftigkeit. Entgegen der von der Revision vorgetragenen Auffassung seien in vertikalen Absatzsystemen mangels arbeitgeberähnlicher Stellung nicht die Kunden, sondern diejenigen Auftraggeber, die die Produkte her- und für den Direktverkauf zur Verfügung stellten.

Gründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG das der Klage stattgebende Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Zutreffend hat die Beklagte darin festgestellt, dass die Klägerin in ihrer selbstständigen Tätigkeit als Betreiberin eines Backshops, die sie als Franchise-Nehmer für ihren Vertragspartner K. GmbH ausübt, der Rentenversicherungspflicht und infolgedessen der Beitragspflicht unterliegt. Gegen die Höhe der Beitragsnachforderung hat die Klägerin im Revisionsverfahren wie auch vor dem SG und dem LSG Einwendungen nicht erhoben.

1. Zu entscheiden war nur über die mit der Anfechtungsklage angegriffenen beiden Bescheide vom 29.9.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.1.2005, in denen die Rentenversicherungspflicht der Klägerin in der Zeit vom 1.12.2002 bis zum 30.11.2003 festgestellt worden ist und Beiträge für diesen Zeitraum nachgefordert worden sind. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der gegenüber der Klägerin zuvor erlassene und bestandskräftig gewordene Bescheid der Beklagten vom 14.6.2004, mit dem diese festgestellt hat, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Pächter (Franchise-Nehmer) für den Vertragspartner K. GmbH seit dem 1.12.2002 selbstständig ausübt.

2. Die Klägerin war in ihrer selbstständigen Vertriebstätigkeit, die sie als Systempartner bzw Franchise-Nehmer für den Systemgeber bzw Franchise-Geber K. GmbH ausgeübt hat, als "arbeitnehmerähnliche" Selbstständige rentenversicherungspflichtig, weil sie in der streitigen Zeit im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hat, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 325 Euro bzw - ab 1.4.2003 - 400 Euro im Monat überstieg (dazu a), und für die K. GmbH als (einzigen) Auftraggeber tätig war (dazu b). Die Erfüllung dieser notwendigen und hinreichenden Voraussetzungen belegt die Zugehörigkeit der Klägerin zum versicherten Personenkreis und ihre vom Gesetz typisierend zugrunde gelegte Schutzbedürftigkeit, ohne dass weitere Gesichtspunkte zu prüfen wären. Dieses Ergebnis ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl insoweit Urteil des Senats vom 10.5.2006, B 12 RA 2/05 R, SozR 4-2600 § 2 Nr 8 RdNr 27 ff).

Gemäß § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI in den hier maßgeblichen Fassungen (vgl Art 7 Nr 2 4. Euro-Einführungsgesetz vom 21.12.2000, BGBl I 1983, und Art 4 Nr 1 Buchst a DoppelBuchst aa des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4621) sind versicherungspflichtig selbstständig tätige Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 325 Euro (seit 1.4.2003: 400 Euro) im Monat übersteigt (Buchst a), und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind (Buchst b). In der Folgezeit hat der Gesetzgeber § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI (mit Wirkung vom 1.7.2006) um den Halbsatz ergänzt, dass bei Gesellschaftern als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft gelten (vgl Art 11 Nr 1 Buchst a des Haushaltsbegleitgesetzes 2006 <HBeglG 2006> vom 29.6.2006, BGBl I 1402). Ferner ist die Entgeltgrenze von 400 Euro in § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst a SGB VI (mit Wirkung ab 1.5.2007) entfallen (vgl Art 1 Nr 2 Buchst b des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung <RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz> vom 20.4.2007, BGBl I 554).

Zutreffend ist das LSG zunächst davon ausgegangen und ist außerdem mit Bescheid der Beklagten vom 14.6.2004 bestandskräftig festgestellt, dass die Klägerin unter den hier vorliegenden Umständen als Franchise-Nehmer im Verhältnis zur K. GmbH als Franchise-Geber selbstständig tätig und nicht abhängig beschäftigt war. Auch war die Klägerin im Hinblick auf die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Umfang und finanziellen Volumen ihrer Geschäftstätigkeit nicht nach § 5 Abs 2 SGB VI wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei.

a) Die Klägerin war regelmäßig ohne versicherungspflichtigen Arbeitnehmer selbstständig tätig (§ 2 Satz 1 Nr 9 Buchst a SGB VI). Nach den Feststellungen des LSG beschäftigte sie im streitigen Zeitraum eine Arbeitnehmerin in einem die Grenze des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV nicht überschreitenden Umfang. Ihre Rentenversicherungspflicht in ihrer selbstständigen Tätigkeit bis einschließlich November 2003 entfällt nicht deshalb, weil sie diese Arbeitnehmerin ab Dezember 2003 versicherungspflichtig beschäftigt hat. Wird von Beginn der Beschäftigung an kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt, kann die dann anzunehmende "Regelmäßigkeit" dieses Zustandes nur ausgeschlossen werden, wenn vorgetragen wird und konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dieser Zustand alsbald durch Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers beendet werden soll. Schon dies ist hier nicht geschehen. Bei der hier gegebenen Beschäftigung der nicht versicherungspflichtigen Arbeitnehmerin für die Dauer von einem Jahr ist hinsichtlich der Frage der "Regelmäßigkeit" für diese Zeit der Umfang dieser Beschäftigung maßgebend. Für die Beurteilung der Versicherungspflicht (in dieser Zeit) ist insoweit auf die durch den geringen Umfang der regelmäßigen Beschäftigung der Arbeitnehmerin (in dieser Zeit) indizierte Schutzbedürftigkeit des selbstständig Tätigen maßgeblich abzustellen (vgl schon - zu § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI - Urteil des Senats vom 23.11.2005, B 12 RA 5/03 R, SozR 4-2600 § 231 Nr 1 RdNr 27).

b) Einziger Auftraggeber der ohne versicherungspflichtigen Arbeitnehmer selbstständig tätigen Klägerin war die K. GmbH, für die sie als Franchise-Nehmer Produkte an eine Vielzahl von Kunden als Endverbraucher vertrieb. Wie das Berufungsgericht und - ihm folgend - die Beklagte zutreffend ausführen, ergibt dies eine Auslegung des Begriffs "Auftraggeber" in § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI. Im Hinblick darauf, dass ein eindeutiger Wortsinn des Begriffs nicht zu ermitteln ist (dazu aa), folgt dieses (weite) Verständnis im Wesentlichen aus dem mit dieser Norm verfolgten (Schutz)Zweck (dazu bb).

aa) Für den Begriff "Auftraggeber" findet sich keine gesetzliche Festlegung für das Rentenversicherungs- oder jedenfalls das Sozialversicherungsrecht (etwa im Sinne einer Legaldefinition). Auch ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber hierfür an gesetzliche Definitionen in anderen Gesetzen angeknüpft hat. Ist infolgedessen - wie für jeden juristischen Fachbegriff - der juristische oder in Ermangelung eines solchen der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend, so ist die Bedeutung des Wortes "Auftraggeber" offen. Für die von der Revision in Anknüpfung an § 662 BGB vertretene enge Auslegung des Begriffs, wonach Auftragnehmer nur sein könne, wer "schwerpunktmäßig fremde Interessen verfolge" (vgl auch Flohr, BB 2006, 389, 391), gibt der Wortlaut nichts her. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass die Formulierung im Kontext der übrigen Versicherungspflichttatbestände des § 2 SGB VI, die ihrerseits eine Tätigkeit im Eigeninteresse voraussetzten, für das Rentenversicherungsrecht eigenständig zu interpretieren sei. Gegen eine Heranziehung des § 662 BGB zu Zwecken der Auslegung spricht auch, dass der Auftragsvertrag von der Unentgeltlichkeit der Geschäftsbesorgung geprägt ist. Ebensowenig lässt sich indessen der vom LSG zugrunde gelegte weite Wortsinn damit begründen, dass Personen wie die Klägerin nach allgemeinem Sprachgebrauch jedenfalls - "in einem erweiternden Sinn" - mit dem Warenverkauf vertraglich "beauftragt" sind und sich der Vertragspartner schon aus diesem Grund als Auftraggeber iS des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI erweist.

Allerdings ergibt sich aus der Gesetzgebungsgeschichte dieser Norm, dass nach den Vorstellungen der an den verschiedenen Gesetzgebungsverfahren Beteiligten auch für Franchise-Verhältnisse ein Regelungsbedarf bestand und Franchise-Nehmer ausdrücklich in die Rentenversicherungspflicht Selbstständiger einbezogen werden sollten:

Die Vorschrift über die Versicherungspflicht der "arbeitnehmerähnlichen" Selbstständigen wurde dem § 2 SGB VI als Nummer 9 durch Art 4 Nr 3 des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte (Korrektur-Gesetz) vom 19.12.1998 (BGBl I 3843) angefügt. Sie begründete ab dem 1.1.1999 Versicherungspflicht zunächst für "Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit mit Ausnahme von Familienangehörigen (§ 7 Abs 4 Satz 3 SGB IV) keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigten sowie regelmäßig und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig waren (arbeitnehmerähnliche Selbstständige)". Insoweit übernahm sie wortgleich Satz 1 Nummern 1 und 2 des durch Art 3 Nr 1 desselben Gesetzes dem § 7 SGB IV angefügten Absatzes 4, mit dem der Gesetzgeber eine Vermutungsregelung zur Bekämpfung der sog Scheinselbstständigkeit einführte. Mit der zum 1.1.1999 rückwirkenden Änderung dieser Vermutungsregelung durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I, 2) wurden auch § 7 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB IV (vgl Art 1 Nr 1 Buchst b) und (nunmehr) Satz 1 Nr 9 Buchst b des § 2 SGB VI (vgl Art 2 Nr 1 Buchst a) - wiederum wortidentisch - neu gefasst. Vermutungskriterium nach § 7 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB IV und Voraussetzung für die Rentenversicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI waren danach gleichermaßen, dass eine Person "auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig" war. Dieses Abgrenzungsmerkmal ist in § 7 Abs 4 Satz 1 SGB IV bis zur Aufhebung der Vermutungsregelung zum 31.12.2002 und in § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI bis heute unverändert erhalten geblieben.

Zwar lässt sich aus den Begründungen der jeweiligen Gesetzentwürfe für eine Auslegung des Begriffs "Auftraggeber" nichts entnehmen. Weder gibt hierüber nämlich die Begründung zu § 7 SGB IV des Entwurfs des Korrektur-Gesetzes vom 19.12.1998 (BT-Drucks 14/45 S 20) Aufschluss, die hinsichtlich der Frage, wer Auftraggeber ist, auf die "zugrundeliegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen" verweist (vgl hierzu Bauer/Diller/Lorenzen, NZA 1999, S 169, 172), noch hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags in seiner Beschlussempfehlung zum Entwurf des HBeglG 2006 (BT-Drucks 16/1525 S 27 f) eine Klärung herbeigeführt, als er eine Änderung des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI aus Anlass der Entscheidung des Senats vom 24.11.2005 (B 12 RA 1/04 R, BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7) befürwortete. Indessen kann zur Konkretisierung des Begriffs "Auftraggeber" an frühere, an den damaligen parlamentarischen Mehrheiten im Deutschen Bundestag gescheiterte, von der Fraktion der SPD im Dezember 1996 und vom Bundesrat im November 1997 eingebrachte Entwürfe eines Gesetzes zur Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit angeknüpft werden (BT-Drucks 13/6549 bzw BT-Drucks 13/8942). Nach beiden, mehr oder weniger textidentischen Entwürfen, die auf einen entsprechenden Gesetzesantrag der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen vom Oktober 1996 zurückgingen (Bundesrats-Drucks 793/96), sollte § 7 SGB IV um einen Absatz 2 im Sinne der später Gesetz gewordenen Vermutungsregelung ergänzt und als eines der Kriterien bestimmt werden, ob Personen insbesondere "regelmäßig nur für einen Auftraggeber tätig" sind. Satz 2 eines neu einzufügenden Absatzes 4 sollte eine Legaldefinition enthalten, wonach Auftraggeber "jede natürliche oder juristische Person oder Personengesamtheit (ist), die im Wege eines Auftrages oder in sonstiger Weise eine andere Person mit einer Tätigkeit betraut, sie ihr vermittelt oder ihr Vermarktung oder Verkauf von Produkten nach einem bestimmten Organisations- und Marketingkonzept überlässt". In der Entwurfsbegründung war hierzu ausgeführt, dass Satz 2 eine Definition des Auftraggebers treffe, "die Vermittlungs- oder Agenturmodelle ebenso erfasst wie das Franchising" (BT-Drucks 13/6549 S 7; BT-Drucks 13/8942, S 8). Auf Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucks 13/10269) hat der Deutsche Bundestag die Gesetzentwürfe seinerzeit im Kern mit der Begründung abgelehnt, dass sich die angesprochenen Probleme auf dem vorgeschlagenen Weg nicht lösen ließen.

Entgegen einer vereinzelt gebliebenen Meinung (vgl etwa Bayerisches LSG, Urteil vom 17.10.2006, L 6 R 125/06, Umdruck RdNr 22, in juris veröffentlicht; diesem folgend wohl Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung im SGB, Stand März 2009, § 2 Anm 18a) hat der Gesetzgeber an diese ursprüngliche Begriffsdefinition mit dem Korrektur-Gesetz vom 19.12.1998 und den folgenden Änderungsgesetzen nachvollziehbar angeknüpft (so etwa Beckmann/Zwecker, NJW 1999, S 1614; ferner Braun, AuA 1998, S 403, 404; auch Giesler, NZS 1999, S 483). Danach war auch im Hinblick auf den politischen Zweck der Neuregelungen im Korrektur-Gesetz, mithin der seit dem 1.1.1999 bestehenden Gesetzgebung als Konsequenz gewollt, dass der Begriff "Auftraggeber" in § 7 Abs 4 SGB IV weit verstanden und neben Vermittlungs- oder Agenturmodellen auch Franchise-Systeme erfasst werden sollten. Das ergibt sich aus den Beratungen zum Korrektur-Gesetz vom 19.12.1998 ebenso wie aus denjenigen, die dem Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 vorausgingen. So haben neben anderen vor allem die Abgeordneten Schnieber-Jastram (CDU/CSU), Buntenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Schwaetzer (FDP) sowohl in der 1. Beratung zum Korrektur-Gesetz am 20.11.1998 (Plenarprotokoll 14/9, S 524, 528 und 529) als auch in der 2. und 3. Beratung am 10.12.1998 (Plenarprotokoll 14/14, S 872, 876 und 878) den ursprünglichen Begriffsinhalt ohne Weiteres zugrunde gelegt und explizit auch Franchise-Unternehmer als Auftraggeber angesehen (S 872). In diesem Sinne weit verstanden wurde die Bedeutung des Wortes "Auftraggeber" auch in der Aussprache zum nachfolgenden Gesetz (vgl etwa die Äußerungen des Abgeordneten Singhammer <CDU/CSU> am 29.10.1999, Plenarprotokoll 14/64 S 5714), in die aus diesem Grunde die Ergebnisse einer öffentlichen Anhörung ua des Deutschen Franchise-Verbands als des Zusammenschlusses potenziell Gesetzesbetroffener (vgl hier zu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 14/2046 S 7) einbezogen wurden.

Dieses im Kontext der Regelungen zur Bekämpfung der sog Scheinselbstständigkeit gewonnene Verständnis lässt sich bei der Auslegung des Begriffs "Auftraggeber" in § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI auf diesen übertragen. Dass sich dessen (weite) Bedeutung im Zusammenhang mit der Vermutungsregelung des § 7 Abs 4 SGB IV gebildet hat, steht deshalb unter (gesetzes)systematischen Gesichtspunkten nicht entgegen, weil das Gesetz mit den Formulierungen "Auftraggeber" in beiden Vorschriften stets den gleichen Sinngehalt verbunden hat (vgl etwa BT-Drucks 14/1855, S 8: "... Folgeänderung ...") und der Begriff "Auftraggeber" keine spezifisch auf sog Scheinselbstständige bezogene Formulierung darstellt, sondern, was seine Funktion als Abgrenzungsmerkmal betrifft, in der "Schnittmenge" zwischen sog Scheinselbstständigen und "arbeitnehmerähnlichen" Selbstständigen zu verorten ist (so ausdrücklich Boecken in: Ruland/Försterling, GK-SGB VI, Stand Oktober 2007, § 2 RdNr 198; auch Fichte in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Juli 2009, K § 2 RdNr 87; aA Bayerisches LSG, Urteil vom 17.10.2006, aaO, RdNr 22). Sowohl im Zusammenhang des § 7 Abs 4 SGB IV als auch im Zusammenhang des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI kommt der Tätigkeit "nur für einen Auftraggeber" nämlich gleichermaßen eine Indizwirkung für Abhängigkeit zu, im Kontext mit § 7 Abs 4 SGB VI für eine persönliche Abhängigkeit (von einem Arbeitgeber), im Kontext mit § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI für eine wirtschaftliche Abhängigkeit (von einem Auftraggeber). Mit der Gesetzgebungsgeschichte lässt sich deshalb eine Einbeziehung von Franchise-Verhältnissen in die Regelung des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI ebenso begründen wie in diejenige des früheren § 7 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB IV (vgl etwa Hänlein, DB 2000, S 374, 378 f).

bb) Das vom Senat gefundene Auslegungsergebnis ist unter teleologischen Gesichtspunkten geboten. Im Hinblick auf den mit § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI verfolgten (Schutz)Zweck ist es konsequent, Personen wie die Klägerin nach Maßgabe dieser Norm in die Rentenversicherungspflicht einzubeziehen. Bei einem Franchise-Verhältnis wie dem Vorliegenden, in dem die Klägerin als Einmann-Franchise-Nehmer (ohne versicherungspflichtigen Arbeitnehmer) tätig wird, ist die Beurteilung des Franchise-Gebers als Auftraggeber geboten, weil im Rahmen eines solchen Verhältnisses genau die Situation besteht, die die Einbeziehung von selbstständig Tätigen mit nur einem Auftraggeber in die Rentenversicherungspflicht veranlasst und begründet hat. Die Klägerin war für ihre selbstständige Tätigkeit vollständig von ihrem Franchise-Geber abhängig. Ihre Tätigkeit konnte außerhalb des Franchise-Vertrags nicht ausgeübt werden, weil ihr insoweit weder Betriebsmittel noch Lieferbeziehungen zur Verfügung standen.

§ 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI bezieht selbstständig Tätige in die Rentenversicherungspflicht ein, die nach Auffassung des Gesetzgebers nicht weniger sozial schutzbedürftig sind als die sonstigen von § 2 Satz 1 SGB VI erfassten Selbstständigen (vgl BT-Drucks 14/45 S 20). Als kennzeichnend für diesen Personenkreis wurde nicht die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen, sondern wurden vielmehr typische Tätigkeitsmerkmale angesehen, ua das Merkmal, auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig zu sein. Der Senat hat im Zusammenhang mit der in § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst a SGB VI geregelten Voraussetzung ausgeführt, dass dieser eine Indizwirkung für die wirtschaftliche Lage des selbstständig Tätigen beigelegt werden dürfe, und darauf hingewiesen, dass die Anknüpfung an die wirtschaftliche Lage des Selbstständigen als Parameter der sozialen Schutzbedürftigkeit von ihm schon früher für zulässig gehalten worden sei (vgl Urteil des Senats vom 10.5.2006, aaO, RdNr 22). Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Selbstständigen ist die weitere Voraussetzung der Tätigkeit nur für einen Auftraggeber in gleichem Maße aussagekräftig. In der Rechtsprechung des Senats ist weiter dargelegt, dass ein unbestimmter (rechtspolitischer) Begriff des arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen im Gesetz selbst keinen Niederschlag gefunden hat und die "Arbeitnehmerähnlichkeit" der betroffenen Selbstständigen notwendig, aber auch stets hinreichend und abschließend in den normativen und allein subsumtionsfähigen Kriterien des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI zum Ausdruck kommt (Urteil des Senats vom 24.11.2005, aaO, jeweils RdNr 26). Die Rentenversicherungspflicht setzt infolgedessen auch hier nicht die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit des Versicherungspflichtigen voraus, sondern beruht auf der Erfüllung des formalen gesetzlichen Tatbestands, in dem nach Auffassung des Gesetzgebers die soziale Schutzbedürftigkeit typisierend verkörpert ist (Urteil des Senats vom 24.11.2005, aaO, jeweils RdNr 27) .

Im Hinblick hierauf werden von dem Normprogramm des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI typischerweise auch Personen erfasst, die wie die Klägerin als Franchise-Nehmer in einem vertikal-kooperativ organisierten Absatzmittlungsverhältnis stehen. In einer solchen Vertriebskette ist für den Franchise-Nehmer, der als selbstständig Tätiger für den Franchise-Geber Waren und/oder Dienstleistungen vermarktet, der Franchise-Geber, der die Produkte her- und für die Vermarktung zur Verfügung stellt, einziger Auftraggeber.

Franchising ist ein in der Praxis entwickeltes, im deutschen Recht nicht ausgeformtes Vertriebssystem mit dem Ziel der Verkaufsförderung, das sich auf eine enge und fortlaufende Zusammenarbeit selbstständiger und unabhängiger Unternehmen oder Unternehmer, den Franchise-Geber und seine(n) Franchise-Nehmer gründet (zu Versuchen einer Definition vgl - unter Hinweis auf die Rechtsprechung der Arbeits- und Zivilgerichte - Vogelsang in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 13. Aufl, 2009, § 8 RdNr 39, § 9 RdNr 29; auch Hänlein, aaO, S 374 f; Braun, aaO, S 404 f). Begriffswesentlich ist, dass der Franchise-Geber seinem Franchise-Nehmer das Recht gewährt und ihm gleichzeitig die Verpflichtung auferlegt, ein Geschäft entsprechend seinem Organisations-, Geschäfts- und Werbekonzept (unter Wahrung der Grundsätze der "Corporate Identity") zu betreiben. In diesem Zusammenhang ist der Franchise-Nehmer berechtigt und verpflichtet, gegen ein direktes oder indirektes Entgelt im eigenen Namen und für eigene Rechnung im Rahmen und für die Dauer eines schriftlichen, zu diesem Zweck als Dauerschuldverhältnis mit lizenz-, kauf- und dienstvertraglichen Elementen geschlossenen Franchise-Vertrages bei laufender technischer und betriebswirtschaftlicher Unterstützung durch den Franchise-Geber, den Systemnamen, das Warenzeichen und/oder andere gewerbliche Schutz- oder Urheberrechte sowie das Know-how, die wirtschaftlichen und technischen Methoden und das Geschäftssystem des Franchise-Gebers zu nutzen. Der Franchise-Geber erstellt ein unternehmerisches Gesamtkonzept, das der Franchise-Nehmer an seinem Standort ("Franchise-Outlet") umsetzt. Die finanzielle Gegenleistung des Franchise-Nehmers besteht regelmäßig in der Zahlung von Eintritts- und/oder monatlichen Franchise-Gebühren ("Systemgebühren"). - Diese Charakteristika prägen jedenfalls in der Praxis das Erscheinungsbild der meisten Franchise-Systeme. Die sich aus der Natur des Systems ergebende Anbindung an die Systemzentrale kann variieren und im Ausnahmefall so stark werden, dass typologisch die Schwelle zur abhängigen Beschäftigung überschritten wird (vgl Vogelsang, aaO, § 9 RdNr 29, unter Hinweis etwa auf das Urteil des LSG Berlin vom 27.10.1993, L 9 Kr 35/92, NZS 1994, S 409). Das Bestreben der Systemzentrale, die Einheitlichkeit im Erscheinungs- und Leistungsbild sicherzustellen, steht mit der Handlungsfreiheit des selbstständigen Franchise-Nehmers, im eigenen Namen und für eigene Rechnung zu handeln, die gleichzeitig den Kern seiner Unternehmerstellung ausmacht, in einem Spannungsverhältnis.

Ausgehend hiervon war die Klägerin, die als Systempartner/Franchise-Nehmer durch den mit den typischen Merkmalen eines Franchise-Vertrags ausgestatteten "Partner- und Systemvertrag" an ihren Systemgeber/Franchise-Geber gebunden war, iS des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI dessen "Auftragnehmer", im Hinblick darauf, dass sie auch die Voraussetzung des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst a SGB VI erfüllte, typischerweise (von diesem) wirtschaftlich abhängig und damit typischerweise des Schutzes durch die Rentenversicherung bedürftig. Das unter Berücksichtigung der Strukturen des Franchise-Systems und nach einer Gesamtwürdigung der Einzelumstände vom LSG gefundene Ergebnis, dass die selbstständige Tätigkeit der Klägerin nach ihrem Erscheinungsbild "in die Nähe einer abhängigen Verkaufstätigkeit" rücke, ist nicht zu beanstanden. Jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Klägerin als Franchise-Nehmer, wie das Berufungsgericht für den Senat bindend festgestellt hat, neben dem Vertrieb von Backwaren/Handelswaren, zu dem sie vertraglich verpflichtet war, rechtlich und faktisch keine Möglichkeit zu weiterer (nennenswerter) unternehmerischer Betätigung hatte und sich keine (nennenswerten) zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten erschließen konnte, ist der selbstständige Franchise-Nehmer "arbeitnehmerähnlich". Ob überhaupt und inwieweit für Franchise-Nehmer durch Ausgestaltung ihrer Tätigkeiten Optionen bestehen, eine Einbeziehung in die Rentenversicherungspflicht "arbeitnehmerähnlicher" Selbstständiger zu "vermeiden", braucht der Senat hier nicht zu entscheiden (vgl zu solchen, im Schrifttum diskutierten Optionen im Zusammenhang mit der Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit von Personen im Sinne des § 5 Arbeitsgerichtsgesetz Flohr, aaO, S 390) .

Gegen die Anwendung des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI auf Franchise-Verhältnisse spricht - entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung - nicht, dass die Klägerin nicht von ihrem Franchise-Geber "bezahlt" wurde. Zutreffend führt das LSG aus, dass es eines unmittelbaren Honoraranspruchs gegen den Auftraggeber nicht bedarf. Zum einem setzt das Auftragsverhältnis im Sinne des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI einen solchen Anspruch nicht begriffsnotwendig voraus. Zum anderen kann ein solches Auftragsverhältnis auch ohne direkten Vergütungsanspruch wirtschaftliche Abhängigkeit und damit soziale Schutzbedürftigkeit indizieren. Aus diesem Grund stellen sich auch nicht zwingend die Kunden der Klägerin, an die sie die Produkte des Franchise-Gebers als Endverbraucher vertreibt, als (alleinige) Auftraggeber dar, weil diese die Klägerin "direkt bezahlen" und über ihr Kaufverhalten den Umfang ihres Geschäfts und Gewinns bestimmen. Der Senat braucht in diesem Zusammenhang nicht zu entscheiden, ob Kunden, mit denen die Klägerin ebenfalls in vertraglicher Beziehung steht, als Auftraggeber im Sinne des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI generell ausscheiden. Dieser von der Beklagten unter Hinweis auf ein Erfordernis der "Arbeitgeberähnlichkeit" des Auftraggebers vorgetragene Rechtsstandpunkt braucht nicht überprüft zu werden, weil sich jedenfalls in vertikal-kooperativ organisierten Absatzmittlungsverhältnissen wie dem hier vorliegenden nur der "Absatzherr", der die Produkte her- und für die Vermarktung zur Verfügung stellt und damit mehr ist als ein bloßer Warenlieferant, als einziger Auftraggeber erweist.

Dem vom Senat gefundenen Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass sich die Tätigkeit der Klägerin von derjenigen eines selbstständigen Handelsvertreters unterschied. Soweit die Revision als Unterscheidungsmerkmal hervorhebt, dass ein Handelsvertreter von seinem "Auftraggeber" vergütet werde, gilt das bereits Gesagte. Eines unmittelbaren Vergütungsanspruchs bedarf es für die Annahme eines Auftragsverhältnisses iS des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst b SGB VI nicht. Der Hauptunterschied zum Handelsvertreter, der ebenfalls Absatzmittler ist, besteht darin, dass der Franchise-Nehmer im eigenen Namen (und für eigene Rechnung) auftritt, also nicht Stellvertreter des Franchise-Gebers ist. In dieser Funktion wird er selbst Partei des mit dem Kunden zustande kommenden Vertrags und übernimmt im größeren Maße als Handelsvertreter Unternehmeraufgaben (vgl hierzu Giesler, aaO, S 485, mwN). Im Hinblick auf den Schutzzweck des § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI ist dieser Unterschied jedoch zu vernachlässigen, wenn, wie im vorliegenden Fall, die individuelle Inhaberschaft eines Franchise-Betriebes im Interesse einheitlichen Marktauftritts im Innen- wie im Außenverhältnis zu den Kunden durch Standardisierung und strikt systembezogene Organisations-, Geschäfts- und Werbekonzepte überdeckt wird.

Soweit im Schrifttum vereinzelt vorgetragen wird, die Einbeziehung von Franchise-Verhältnissen in die Regelungen über sog Scheinselbstständige und "arbeitnehmerähnliche" Selbstständige entspreche nicht der eigentlichen Zielrichtung des Gesetzes, weil Franchising die Entstehung von Scheinselbstständigkeit im Hinblick darauf nicht begünstige, dass die "Verfranchisung" von Filialunternehmen in Deutschland eine untergeordnete Rolle spiele (vgl Braun, aaO, S 404; Giesler, aaO, S 485), greift dieser Einwand nicht durch. Die Zunahme der sog Scheinselbstständigkeit und die Erosion des versicherten Personenkreises durch die wachsende Überführung von Beschäftigungen in arbeitnehmerähnliche selbstständige Tätigkeiten stellte lediglich den Anlass für diese Gesetzgebung dar. Diese Hinweise in der Gesetzesbegründung (vgl BT-Drucks 14/45, S 15, 19 f) sollten nicht etwa die Bedeutung haben, dass bestimmte Geschäfts- oder Vertriebsmodelle, die von diesen Entwicklungen nicht betroffen waren, von vornherein aus dem Anwendungsbereich der Regelungen herauszunehmen waren.

Wie bereits dargelegt, wird als Folge dieser Auslegung - und im Hinblick auf § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst a SGB VI - in die Rentenversicherungspflicht "arbeitnehmerähnlicher" Selbstständiger nur ein begrenzter Kreis von Franchise-Nehmern ("Einmann-Franchise-Nehmer") einbezogen. Für Existenzgründer und ältere Selbstständige bestand und besteht die Möglichkeit der Befreiung (§ 6 Abs 1a Satz 1 SGB VI). Darüber hinaus konnten und können sie beitragsrechtliche Erleichterungen für Selbstständige in Anspruch nehmen (§ 165 Abs 1 Satz 2 SGB VI) .

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.