LG Flensburg, Beschluss vom 07.06.2006 - 1 T 30/06
Fundstelle
openJur 2011, 93432
  • Rkr:
Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Flensburg vom 16.03.2006 geändert.

Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanw. Z. in F. Prozesskostenhilfe ohne Anordnung einer Ratenzahlung bewilligt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts Flensburg vom 16.03.2006 hat Erfolg.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO).

Die Antragstellerin hat nach ihrem tatsächlichen Vorbringen, ihr sei innerhalb der Ehe seit 1990 ein Zweitwagen zugeordnet gewesen und lediglich über den Antragsgegner versichert worden, einen Anspruch auf Übertragung des Schadensfreiheitsrabattes für den Zweitwagen gemäß § 1353 Abs. 1 BGB.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein solcher Anspruch sich auch aus § 667 BGB ergeben kann (so LG Köln, NJW 1977, Seite 1969); denn jedenfalls folgt die Übertragungspflicht aus der ehelichen Lebensgemeinschaft. Danach kommt im Falle der Trennung ein Schadensfreiheitsrabatt demjenigen Ehegatten zu, dem das Fahrzeug im Laufe der Ehe zugeordnet war. Dass nach § 1353 Abs. 1 BGB Pflichten der einzelnen Ehegatten auch bezüglich vermögensrechtlicher Angelegenheiten bestehen, ist allgemein anerkannt. Eine Pflicht zur Abtretung des Schadensfreiheitsrabattes ergibt sich für den Antragsgegner daraus, dass er es nach dem Vorbringen der Antragstellerin im Laufe der Ehe im Rahmen der ehelichen Verhältnisse übernommen hat, das ihr zugeordnete Fahrzeug auf seinen Namen zu versichern. Damit war weder ein Anspruch des Antragsgegners auf Erhalt des Schadensfreiheitsrabattes noch ein Verzicht der Antragstellerin auf diesen verbunden. Vielmehr geht in solchen Fällen derjenige Ehegatte, der das von ihm geführte Fahrzeug als das "seine" betrachten darf, von Anfang an davon aus, dass der mit diesem Fahrzeug erzielte Schadensfreiheitsrabatt intern ihm zusteht und lediglich formell dem anderen Ehegatten, weil dieser nach außen hin den Versicherungsvertrag abgeschlossen hat (Wacke, in MünchKomm, Auflage 2000, § 1353 Rdnr. 28; Wever, FamRZ 2003, Seite 760, 761; LG Freiburg, FamRZ 1991, 1447; AG Euskirchen, FamRZ 1999, 380; AG Reutlingen, NJW-RR 2004, 601, 602).

Allerdings wird die Auffassung vertreten, dieser familienrechtliche Anspruch stehe unter dem Vorbehalt, dass der in Anspruch genommene Ehegatte keinen Nachteil erleiden dürfe (Wacke, a.a.O.; AG Reutlingen a. a. O.). Hiervon ist jedoch im Verhältnis der Parteien nicht auszugehen. Der Antragsgegner behält seinen Schadensfreiheitsrabatt für das für von ihm genutzte Fahrzeug in derselben Höhe. Auf seinen ältesten Sohn, der jetzt 18 Jahre alt ist, kann er den Schadensfreiheitsrabatt ohnehin nicht übertragen, weil nach den Bedingungen aller Versicherungen Voraussetzung einer Übertragung ist, dass derjenige, auf den der Rabatt übertragen werden soll, in dem Zeitraum, für den der Rabatt Gültigkeit hat, das Fahrzeug überwiegend gefahren hat. Letzteres ist aber hinsichtlich des Sohnes von vornherein nicht der Fall. Die Übertragung eines Schadensfreiheitsrabattes einer Kraftfahrzeugversicherung auf eine andere Person als diejenige, die sich den Rabatt selbst "erfahren" hat, mit unzutreffenden Angaben ist ohnehin gemäß § 138 Abs. 1 BGB und entsprechend § 399 BGB unwirksam (LG Traunstein, NJW 2004, Seite 1463, 1464).

Im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage kommt es nicht darauf an, ob die z. T. abweichenden tatsächlichen Behauptungen des Antragsgegners, ein zweites Fahrzeug sei erst 1999 als Firmenwagen angemeldet, 1995/1996 durch einen geerbten Mitsubishi und 1999 durch den VW Passat ersetzt worden, wobei die Antragstellerin das zweite Fahrzeug nicht ausschließlich genutzt habe, rechtlich erheblich sind. Denn im Bewilligungsverfahren über Prozesskostenhilfe ist ohnehin nur auf die tatsächlichen Behauptungen der antragstellenden Partei abzustellen.

Auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe liegen vor. Zwar ist das Amtsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin über ein Bausparkonto in Höhe von derzeit 3.100,00 € und C.-Anteile im Wert von 2.750,00 € verfügt. Sie hat allerdings versichert, dass das Bausparkonto zurzeit nicht verfügbar ist und den positiven C.-Anteilen im übrigen Schulden von 5.000,00 € gegenüber stehen. Unter diesen Umständen ist sie als vermögenslos anzusehen. Sie wird allerdings bei einer Verwertung des Hauses der Ehegatten nachträglich zur Finanzierung der Prozesskosten herangezogen werden müssen.

Die Kostenentscheidung folgt aus der Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses und § 127 Abs. 4 ZPO.