Schleswig-Holsteinisches FG, Beschluss vom 05.01.2009 - 2 V 193/08
Fundstelle
openJur 2011, 93144
  • Rkr:
Tatbestand

I. Die Antragstellerin wendet sich im Rahmen eines Eilverfahrens gegen einen Bescheid über die Zerlegung des Gewerbesteuer(GewSt)-Messbetrags.

Die ... KG (KG) hat den Sitz ihrer Geschäftsleitung in X. Die Geschäftsführung obliegt der Komplementär-GmbH. Die Komplementärin ist eine hundertprozentige Tochter der ... GmbH (A). Die Geschäftsführer der Komplementärin sind in der A angestellt, erhalten nur von dort ihr Gehalt und von der Komplementärin selbst keine Vergütung.

Der von der KG betriebene Windpark befindet sich auf dem Gebiet der Antragstellerin.

Der Antragsgegner erließ mit Datum vom 4. Juli 2008 einen Bescheid über die Zerlegung des GewSt-Messbetrages 2006 der KG. Der GewSt-Messbetrag in Höhe von 8.195,00 EUR wurde dabei unter Berücksichtigung des Zerlegungsmaßstabs „Arbeitslöhne“ in voller Höhe der Stadt X zugewiesen. Die der KG zuzurechnenden Arbeitslöhne setzte der Antragsgegner mit 50.000,00 EUR an, auf die Antragstellerin entfiel kein Arbeitslohn.

Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 11. Juli 2008 Einspruch:

Eine Zerlegung nach Arbeitslöhnen sei sehr fragwürdig, da die KG gar keine Löhne zahle. Sie habe selbst keine Arbeitnehmer, da sie alle Aufgaben an eine Beteiligungs-GmbH ausgelagert habe.

Über diesen Einspruch hat der Antragsgegner bisher nicht entschieden.

Einen gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 16. Juli 2008 ab.

Nunmehr sucht die Antragstellerin um AdV bei Gericht nach. Zur Begründung trägt sie Folgendes vor:

Der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Urteil vom 4. April 2007 (Az. I R 23/06, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2007, 836) entschieden, dass bei Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co. KG grundsätzlich eine Aufteilung des GewSt-Messbetrags anhand der gezahlten Arbeitslöhne auf die Betriebsstätten

- Ort der Geschäftsleitung und

- Standort der Windkraftanlage

aufzuteilen sei. Dabei sei, wenn nur für die Geschäftsführung Arbeitslohn gezahlt werde und ansonsten keine Arbeitslöhne anfallen würden, der gesamte Messbetrag dem Ort der Geschäftsführung zuzuweisen. Diese Vorgehensweise ergebe sich nach dieser Rechtsprechung aus dem Gesetz. Im vorliegenden Fall stehe die Windkraftanlage in der Gemeinde Y und Ort der Geschäftsleitung sei X. Weder die KG noch deren Verwaltungs-GmbH würden Arbeitslöhne zahlen. Die Verwaltungs-GmbH sei eine hundertprozentige Tochter der A. Die Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH seien in der A angestellt, erhielten von dort ihr Gehalt und von der Verwaltungs-GmbH keine Vergütung. Das Urteil des BFH vom 4. April 2007 sei nicht anwendbar, da keine Arbeitslöhne gezahlt würden. In der Urteilsbegründung werde ausgeführt, dass der Maßstab Arbeitslöhne von vornherein ungeeignet sei, wenn die Zerlegung wegen des Fehlens jeglicher Arbeitslöhne nicht vorgenommen werden könne. Sei kein Arbeitslohn als Maßstab der Zerlegung nach § 29 Gewerbesteuergesetz (GewStG) vorhanden, müsse nach § 33 Abs. 1 Satz 1 GewStG nach einem Maßstab zerlegt werden, der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtige. Dabei sei neben dem Umstand, dass die Stromproduktion mit einer Windmühle den wirtschaftlich wichtigeren Faktor des Unternehmens darstelle, auch zu berücksichtigen, inwieweit gegebenenfalls die Betriebsstätten anderweitig an Wertschöpfungsprozessen teilhaben würden. Die ausschließlichen Einnahmen des Gewerbebetriebes würden hier am Standort der Windkraftanlage anfallen und diverse externe Dienstleistungen seien von dem Gewerbebetrieb vergeben worden. Diese würden mit einem wesentlichen Teil auf den Standort der Windkraftanlage (technische Betriebsführung, Wartung und Instandsetzung) und zu einem geringen Teil auf den Ort der Geschäftsführung (Geschäftsführervergütung an die Komplementärin) entfallen.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 31 Abs. 5 GewStG. Nach dieser Norm seien für Zwecke der Zerlegung für die im Betrieb tätigen Mitunternehmer insgesamt 25.000,00 EUR an Arbeitslohn anzusetzen. Dabei sei sowohl der Arbeitslohnbegriff wie auch der Begriff „tätigen Mitunternehmer“ nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszulegen. Der Ansatz von Arbeitslohn könne nur dann erfolgen, wenn die Tätigkeit über die bloße gesellschaftsrechtliche Stellung hinaus zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beitrage. Sei wie vorliegend jedwede wirtschaftliche Tätigkeit der Komplementärin ausgesourct, könne kein Arbeitslohn für die Komplementärin angesetzt werden. Denn es gelte zu berücksichtigen, dass sowohl die kaufmännische wie auch die technische Betriebsführung nicht durch die Komplementärin selbst ausgeführt werde. Insoweit fehle es vollständig an wirtschaftlichen Aktivitäten, die zum Erfolg des Unternehmens, im Sinne der Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr, beitragen würden. Die Aktivität der Komplementärin dürfte sich nur auf die der Gesellschaftsform anhaftenden Aktivitäten innerhalb der Mitunternehmerschaft im Gesellschafterkreis beschränken. Insofern sei keine andere Tätigkeit der Komplementärin in Abgrenzung zu den Kommanditisten gegeben. Die anderen der Komplementärin originär zustehenden Tätigkeiten seien fremdvergeben und würden deshalb als Ansatz als Tätigkeit nach § 31 Abs. 5 GewStG ausscheiden. So sehe es der Antragsgegner auch selbst. Auf Seite 3 im zweiten Absatz ihres Schreibens vom 8. Oktober 2008 stelle sie fest, dass die Tätigkeit „wahrgenommen“ werden müsse. Im Streitfall nehme die Komplementärin die wirtschaftlichen Tätigkeiten selbst nicht wahr. Nicht jedwede Tätigkeit, die einem Mitunternehmer von seiner Aufgabenkompetenz zustehe, könne zu einem Ansatz von Arbeitslohn nach § 31 Abs. 5 GewStG führen. Es müsse hinzukommen, dass diese Tätigkeit auch durch den Mitunternehmer selbst ausgeführt werde. Sollte eine gegenteilige Auffassung vertreten werden, müssten diese Tätigkeiten aus der Gesellschafterstellung heraus entsprechend auf die Betriebsstätten aufgeteilt bzw. zerlegt werden. Dann dürfte sich eine ausschließliche Zuweisung auf den Ort der Geschäftsführung zumindest schon wegen des Unterschieds zwischen der technischen Betriebsführung (am Standort der Windkraftanlage) und der kaufmännischen Betriebsführung verbieten.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Bescheid über die Zerlegung des GewSt-Messbescheides 2006 vom 4. Juli 2008 dergestalt von der Vollziehung auszusetzen, dass die Anteile am GewSt-Messbetrag wie folgt berücksichtigt werden:

- Stadt X

819,50 EUR

- Antragstellerin

7.375,50 EUR

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzuweisen.

Der Antragsgegner erwidert wie folgt:

Bei Unternehmen, die nicht von einer juristischen Person betrieben würden, seien nach § 31 Abs. 5 GewStG für die im Betrieb tätigen Unternehmer (Mitunternehmer) insgesamt 25.000,00 EUR jährlich anzusetzen. Der Ansatz eines Unternehmerlohns scheide nur dann aus, wenn das Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben werde. Bei der KG, deren Rechtsform keine Kapitalgesellschaft, sondern eine Personengesellschaft sei, seien für die im Betrieb als Geschäftsführerin tätige Komplementärin 25.000,00 EUR Unternehmerlohn anzusetzen. Somit seien Arbeitslöhne vorhanden, die beim Zerlegungsmaßstab zu berücksichtigen seien. Dass die Komplementär-GmbH für ihre eigenen Geschäftsführer keine Löhne zahle, sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Die Komplementärin bleibe trotzdem originär für die Geschäftsführung zuständig. Bei einer Kommanditgesellschaft obliege den Komplementären die Geschäftsführung der Gesellschaft. Personengesellschaften könnten ihre geschäftsführende Tätigkeit nicht ausschließlich fremden Dritten übertragen (Gebot der Selbstorganisation, vgl. §§ 163, 164, 115 Handelsgesetzbuch -HGB-; Blümich, Einkommensteuergesetz -EStG-, Anm. 278 zu § 15). Der Unternehmerlohn entfalle auch in vollem Umfang auf den Ort der Geschäftsführung X. Der Unternehmerlohn sei nach dem Anteil der Tätigkeiten der Unternehmer in den einzelnen Betriebsstätten zu verteilen (Abschnitt 79 Abs. 6 Gewerbesteuerrichtlinien -GewStR-). Die Zerlegung des fiktiven Unternehmerlohnes setze also voraus, dass der Unternehmer in mehr als einer Betriebsstätte geschäftsleitend tätig geworden sei. Dies sei im Streitfall nicht gegeben. An den Standorten der Windkraftanlagen sei die Komplementär-GmbH nicht geschäftsleitend tätig geworden. Dass sie für den Standort tätig geworden sei (technische Betriebsführung), führe nicht zu einer Zerlegung des Unternehmerlohnes.

Die Antragstellerin könne sich auch nicht auf das BFH-Urteil vom 7. Dezember 1994 (Az. I K 1/93) berufen. Danach dürfe keine Zerlegung nach Arbeitslöhnen erfolgen, wenn keine Löhne gezahlt würden. Dieses BFH-Urteil sei ergangen zur Körperschaftsteuerzerlegung bei einer Kapitalgesellschaft und nach dem Sinn und Zweck des § 31 Abs. 5 GewStG nicht auf die Verhältnisse von Personengesellschaften übertragbar. Sinn und Zweck des § 31 Abs. 5 GewStG sei es, sicherzustellen, dass bei der Zerlegung des Messbetrages auf der Grundlage der in den einzelnen Betriebsstätten gezahlten Arbeitslöhne auch diejenige Gemeinde einen Zerlegungsanteil erhalte, in der eine Betriebsstätte zwar unter Mitwirkung des Unternehmens, aber ohne fremde Arbeitskräfte unterhalten worden sei. Da der in einem gewerblichen Unternehmen tätige Mitunternehmer in keinem Arbeitsverhältnis zu dem Unternehmen stehen könne, weil wegen des Selbstkontrahierungsverbots kein Arbeitsvertrag geschlossen werden könne und die gezahlte Geschäftsführervergütung Gewinnanteil und nicht Arbeitslohn sei, fingiere das Gesetz für diese Fälle einen Unternehmerlohn (z.B. BFH-Urteil vom 5. November 1987, BStBl II 1988, 191). Der Unternehmerlohn sei auch anzusetzen bei einer unter Beteiligung einer Kapitalgesellschaft gegründeten Personengesellschaft, bei der die betriebsleitende Geschäftsführertätigkeit von der Komplementär-GmbH wahrgenommen werde. Denn auch hier könne die KG mit der Komplementär-GmbH keinen Arbeitsvertrag mit der Folge von Arbeitslohn abschließen. Auch hier würde es also immer zu einem Ausfall des Zerlegungsanteils kommen, wenn in einer Betriebsstätte nur die Komplementär-GmbH als Geschäftsführerin tätig geworden sei und keine mit anderen Aufgaben betrauten Fremdarbeitnehmer. Der BFH habe aus diesem Grund unter Hinweis auf die Kommentierung von Bichel (Steuerliche Betriebsprüfung 1978, 185) und von Hofmeister (in Blümich, EStG/GewStG, Anm. 10 zu § 31 GewStG) mit Urteil vom 12. Februar 2004 (BStBl II 2004, 602) klargestellt, dass für die geschäftsführende Komplementärin einer GmbH & Co. KG ein Mitunternehmerlohn von 50.000,00 DM anzusetzen sei.

Der BFH habe weiter mit Urteil vom 4. April 2007 (BStBl II 2007, 836) entschieden, dass negative Auswirkungen der Windkraftanlage auf das Orts- und Landschaftsbild, auf den Wert von Wohngrundstücken und auf den Tourismus in der Standortgemeinde keinen von § 29 GewStG abweichenden Zerlegungsmaßstab rechtfertigen würden. Sofern die Standortgemeinde einen höheren Zerlegungsanteil nach § 33 GewStG geltend mache, weil ihr Lasten durch Errichtung und Betrieb der Windkraftanlage entstünden (z.B. durch häufige Schwertransporte ausgelöste Schäden am gemeindlichen Straßen- und Wegenetz), seien Art und Umfang der Belastung und die daraus resultierenden Schäden konkret darzulegen. Ansonsten würde es bei der Zerlegung nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne bleiben. Besondere Lasten der Standortgemeinde und deren daraus resultierende haushaltsmäßige Belastungen seien nicht geltend gemacht worden.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze sowie zwei Steuerakten der KG (GewSt-Akte, Bilanzakte) Bezug genommen. Diese waren beigezogen und Gegenstand der Entscheidung.

Gründe

II. Der Antrag ist nicht begründet.

Eine Beiladung kommt im vorliegenden Eilverfahren weder hinsichtlich der Stadt X noch der KG in Betracht, weil § 60 Abs. 3 FGO nur auf endgültigen Rechtsschutz zugeschnitten ist (Gräber, Koch, FGO,  § 69 RNr. 141).

Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Bescheides auf Antrag ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 FGO liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. Bundesfinanzhof -BFH- Bundessteuerblatt -BStBl- II 1987, 327, 328; 1993, 263; 2000, 298, 299; 2003, 223; 2006, 484; 2007, 415, 416). Da das Aussetzungsverfahren wegen seiner Eilbedürftigkeit und seines vorläufigen Charakters ein summarisches Verfahren ist, beschränkt sich die Überprüfung des Prozessstoffes auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen (insbesondere die Akten der Finanzbehörde) sowie auf die präsenten Beweismittel. Weitergehende Sachverhaltsermittlungen durch das Gericht sind nicht erforderlich (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 1995, 116). Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen. Glaubhaftmachung ist eine Beweisführung, die dem Richter nicht die volle Überzeugung, sondern nur einen geringeren Grad von Wahrscheinlichkeit vermitteln soll. Die im Hauptsacheverfahren geltenden Regeln zur Feststellungslast gelten auch für das Aussetzungsverfahren (vgl. Gräber/Koch, Kommentar zur FGO, 6. Aufl. 2006, § 69 Rz. 121 m.w.N.). Die Tat- und Rechtsfragen brauchen nicht abschließend geprüft zu werden. Bei der notwendigen Abwägung der im Einzelfall entscheidungsrelevanten Umstände und Gründe sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt jedoch nicht. Andererseits ist nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechenden Gründe überwiegen (BFH/NV 1990, 279, 280; 670 m.w.N.).

Derartige Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Zerlegungsbescheids bestehen vorliegend nicht. Vielmehr ist der Antragsgegner zu Recht davon ausgegangen, dass der Stadt X Arbeitslöhne zuzurechnen sind, während auf die Antragstellerin keine Löhne entfallen.

Sind im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden, so ist der Steuermessbetrag gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 GewStG in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile (Zerlegungsanteile) zu zerlegen. Zerlegungsmaßstab ist gemäß § 29 Abs. 1 GewStG das Verhältnis, in dem die Summe der Arbeitslöhne, die an die bei allen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind, zu den Arbeitslöhnen steht, die an die bei den Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind. Dabei sind gemäß § 29 Abs. 2 GewStG die Arbeitslöhne anzusetzen, die in den Betriebsstätten der beteiligten Gemeinden während des betreffenden Erhebungszeitraums erzielt oder gezahlt worden sind.

Vorliegend befinden sich sowohl auf dem Gebiet der Antragstellerin als auch auf dem Gebiet der Stadt X Betriebsstätten im Sinne des § 12 AO. Der von der KG betriebene Windpark hat seinen Standort im Gebiet der Antragstellerin. Die Stätte der Geschäftsleitung (§ 12 Nr. 1 AO) liegt in X. Nach dem Zerlegungsmaßstab des § 29 Abs. 1 GewStG steht danach der Stadt X der gesamte Steuermessbetrag zu. Denn auf den Betrieb des Windparks selbst entfallen keine Arbeitslöhne, während der Stadt X Löhne in Höhe von 25.000,-EUR (nicht 50.000,-EUR wie das Finanzamt wohl irrtümlich angenommen hat) zuzurechnen sind. Dem steht nicht entgegen, dass tatsächlich aus dem Vermögen der KG kein Arbeitslohn gezahlt worden ist. Denn gemäß § 31 Abs. 5 GewStG sind bei Unternehmen, die nicht von einer juristischen Person betrieben worden sind, für die im Betrieb tätigen Unternehmer (Mitunternehmer) jährlich insgesamt 25.000,-EUR anzusetzen. Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn der einzige im Betrieb tätige Mitunternehmer eine juristische Person ist, wie im Streitfall eine geschäftsführende Komplementär-GmbH einer GmbH und Co. KG (BFH-Urteil vom 12. Februar 2004 BStBl II 2004, 602; Glanegger /Güroff, GewStG, § 31 RNr. 9 a.E.; Hofmeister in Blümich, GewStG, § 31 RNr. 10). Der Ansatz dieses fiktiven Unternehmerlohns stellt sicher, dass eine Gemeinde, in der sich eine Betriebsstätte befindet, auch dann bei der Zerlegung berücksichtigt wird, wenn in der Betriebsstätte lediglich der Unternehmer bzw. Mitunternehmer tätig ist (Hofmeister a.a.O. unter Hinweis auf BZ-Drs. 10/1636 S. 70). Es ist kein Grund dafür erkennbar, diese Regelung nicht anzuwenden, wenn die Geschäftsführung für die Komplementär-GmbH tatsächlich durch Personen ausgeübt wird, die von einer anderen Gesellschaft angestellt sind. Denn auch in diesem Fall wird die Geschäftsführung an dem Ort der Geschäftsleitung für das Unternehmen ausgeübt.

Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf das Urteil des BFH vom 7. Dezember 1994 (a.a.O.) zur Zerlegung der Körperschaftsteuer (KSt) berufen. Allerdings finden nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ZerlG für die Zerlegung der KSt die Zerlegungsmaßstäbe der §§ 29-31, 33 GewStG Anwendung. In dem vom BFH entschiedenen Sachverhalt waren ebenfalls keinerlei Arbeitslöhne an Arbeitnehmer gezahlt worden. Im Unterschied zum Streitfall handelte es sich dort jedoch um eine GmbH, so dass die Voraussetzungen für die gesetzliche Fiktion des § 31 Abs. 5 GewStG gerade nicht vorlagen.

Eine vom Regelmaßstab des § 29 Abs. 1 GewStG abweichende Zerlegung gemäß § 33 Abs. 1 GewStG kommt schließlich ebenfalls nicht in Betracht (aA Hinweis in Abschnitt 80 GewStR). Die Gewerbesteuer ist gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 GewStG unter der Voraussetzung, dass die Zerlegung nach den §§ 28 bis 31 GewStG zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führt, nach einem Maßstab zu zerlegen, der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt. Allerdings rechtfertigt nach ständiger Rechtsprechung nicht jede offenbare Unbilligkeit, die sich aus dem Zerlegungsmaßstab des § 29 Abs. 1 GewStG ergibt, eine Zerlegung nach einem abweichenden Maßstab, sondern nur eine eindeutige Unbilligkeit von erheblichem Gewicht. Eine solche liegt nur dann vor, wenn aufgrund der atypischen Umstände des Einzelfalles die sich aus dem groben Maßstab des § 29 GewStG allgemein ergebende Unbilligkeit offensichtlich übertroffen wird (BFH-Urteile vom 4. April 2007, BStBl II 2007, 836;  vom 24. Mai 2006, BFH/NV 2007, 270). Allein der Umstand, dass in der auf dem Gebiet der Antragstellerin belegenen Betriebsstätte keine Arbeitslöhne angefallen sind und deshalb nur Zerlegungsanteile von 0 DM auf diese entfallen, führt nicht zur offenbaren Unbilligkeit des von § 29 GewStG vorgegebenen Aufteilungsmaßstabes. Dieser Maßstab ist nur dann von vornherein ungeeignet, wenn -was vorliegend wegen der Fiktion des § 31 Abs. 5 GewStG nicht der Fall ist- die Zerlegung wegen des Fehlens jeglicher Arbeitslöhne (in allen Betriebsstätten) nicht vorgenommen werden kann (BFH-Urteil vom 4. April 2007 a.a.O. allerdings zu einem Fall mit „echten“ Arbeitslöhnen).

Des weiteren kann nach der Rechtsprechung des BFH allerdings eine Unbilligkeit i.S. des § 33 Abs. 1 GewStG in Betracht kommen, wenn durch das Vorhandensein einer Betriebsstätte einer Gemeinde zwar keine mit der Ansässigkeit von Arbeitnehmern verbundenen Folgekosten, sondern Lasten anderer Art entstehen, die im Rahmen der Zerlegung nicht berücksichtigt werden können. Im Streitfall hat die Antragstellerin derartige Lasten nicht geltend gemacht und näher konkretisiert (zum Erfordernis eines derartigen Nachweises Trossen, Deutsche Steuerzeitung –DStZ- 2006, 836, 839). Im Übrigen können etwaige negative Auswirkungen der Windkraftanlagen auf das Orts- und Landschaftsbild, auf den Wert von Wohngrundstücken und auf den Tourismus einen von § 29 GewStG abweichenden Zerlegungsmaßstab nicht begründen (BFH-Urteil vom 4. April 2007 a.a.O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Beschwerde wird zugelassen, da die Frage der Anwendbarkeit des § 31 Abs. 5 GewStG auch bei der Wahrnehmung der Geschäftsführung einer GmbH und Co KG durch Personal einer anderen Gesellschaft grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 128 Abs. 3 i.V.m. 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).