OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.04.2011 - 18 B 377/11
Fundstelle
openJur 2011, 92422
  • Rkr:
Verfahrensgang

1. Auch mit Blick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 8. März 2011 in der Rechtssache Zambrano C-34/09 ist fernliegend, dass dem drittstaatsangehörigen Ehegatten eines Deutschen allein aufgrund der Unionsbürgerschaft seines deutschen Ehegatten und des sich für diesen hieraus ergebenden Freizügigkeitsrechts ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zustehen könnte, ohne dass es darauf ankäme, ob der Sachverhalt mit einem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweist.

2. Aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist ein generelles Verbot einer sogenannten Inländerdiskriminierung nicht herzuleiten.

3. Es ist nicht zweifelhaft, dass die Familienzusammenführungsrichtlinie den Mitgliedstaaten grundsätzlich gestattet, eine Aufenthaltserlaubnis wegen der Nichterfüllung von Integrationsanforderungen zu versagen.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkte Überprüfung führt zu keinem für den Antragsteller günstigeren Ergebnis.

Der Antragsteller, der die türkische Staatsangehörigkeit besitzt, ist im Jahr 2005 nach Deutschland eingereist, um hier die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Ehefrau zu führen. Die Antragsgegnerin hat seinen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis mit Ordnungsverfügung vom 28. Oktober 2010 unter Berufung auf § 8 Abs. 3 AufenthG abgelehnt und ihm zugleich die Abschiebung angedroht. Sie hat dem Antragsteller vorgehalten, er habe seine Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs wiederholt und gröblich verletzt. Zwar habe er sich zu Kursen angemeldet, an den Unterrichtsstunden jedoch unentschuldigt nicht teilgenommen oder durch sein Verhalten den Kursablauf erheblich gestört. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass sich der angegriffene Bescheid vom 28. Oktober 2010 im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird.

Auch mit Blick auf die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs,

Urteil vom 8. März 2011 C-34/09 (Zambrano), www.curia.europa.eu,

ist fernliegend, dass dem Antragsteller aufgrund der Unionsbürgerschaft (Art. 20 AEUV) und des Freizügigkeitsrechts (Art. 21 AEUV) seiner deutschen Ehefrau ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zustehen könnte.

Allerdings ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geklärt, dass das primäre Gemeinschaftsrecht dem drittstaatsangehörigen Ehegatten eines Unionsbürgers grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht in dem Mitgliedstaat vermitteln kann, dessen Staatsangehörigkeit der Unionsbürger besitzt.

Vgl. EuGH, Urteile vom 25. Juli 2008 C-127/08 (Metock u.a.), vom 19. Oktober 2004 C-200/02 (Zhu und Chen), vom 23. September 2003 C-109/01 (Akrich), vom 25. Juli 2002 C-459/99 (MRAX), vom 11. Juli 2002 C-60/00 (Carpenter) und vom 7. Juli 1992 C-370/90 (Singh), alle abrufbar unter www.curia.europa.eu.

Ein solches Aufenthaltsrecht setzt jedoch die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts auf den in Rede stehenden Sachverhalt voraus. Die Vertragsbestimmungen sind nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht auf Tätigkeiten anwendbar, die keine Berührung mit irgendeinem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Gemeinschaftsrecht abstellt, und die mit keinem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen.

Vgl. EuGH, Urteile vom 25. Juli 2008 C-127/08 (Metock u.a.), www.curia.europa.eu, und vom 1. April 2008 C-212/06 (Gouvernement de la Communauté française, Gouvernement wallon), www.curia.europa.eu, jeweils mit weiteren Nachweisen.

Für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts reicht danach nicht jeder noch so geringfügige Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat aus. Indem er darauf abstellt, ob ein relevantes Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweist, nimmt der Europäische Gerichtshof vielmehr eine wertende Einzelfallbetrachtung vor. Hierbei bewertet er die wirtschaftliche Bedeutung der den gemeinschaftsrechtlichen Anknüpfungspunkt bildenden Tätigkeit für den Unionsbürger und fragt, welche Auswirkungen eine Versagung eines Freizügigkeitsrechts für seinen Ehegatten auf die künftige Wahrnehmung der Grundfreiheit durch den Unionsbürger hätte.

Vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 C-60/00 (Carpenter), www.curia.europa.eu, vgl. auch EuGH, Urteil vom 23. September 2003 C-109/01 (Akrich), www.curia.europa.eu.

Nach diesen Kriterien steht dem Antragsteller kein Aufenthaltsrecht nach primärem Gemeinschaftsrecht zu. Denn es fehlt an einem ausreichenden unionsrechtlichen Bezug. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der hier interessierende Sachverhalt mit einem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen könnte. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Ehefrau des Antragstellers bislang in mehr als nur geringfügigem Umfang von ihren Grundfreiheiten Gebrauch gemacht hätte. Ebenso wenig ist erkennbar, dass die künftige Wahrnehmung ihrer Grundfreiheiten durch die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Aufenthaltserlaubnis ihres Ehegatten nicht zu verlängern, wesentlich erschwert sein könnte.

Vor diesem Hintergrund kann der Antragsteller auch aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Zambrano,

Urteil vom 8. März 2011 C-34/09 , www.curia.europa.eu,

kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet herleiten. Diese Entscheidung betrifft einen extremen Ausnahmefall, in dem minderjährige Unionsbürger faktisch gezwungen gewesen wären, das Gebiet der Union zu verlassen, wenn ihrem Familienangehörigen der Aufenthalt im Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, verweigert worden wäre. Dies hätte zur Folge gehabt, dass den Unionsbürgern der tatsächliche Genuss der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehrt gewesen wäre. Den Entscheidungsgründen, die auf diese Besonderheiten des Einzelfalls abstellen, ist bereits nicht zu entnehmen, dass der Europäische Gerichtshof über den konkreten Einzelfall hinausgehende Aussagen zu den aus der Unionsbürgerschaft folgenden Rechten der Familienangehörigen von Unionsbürgern treffen wollte. Es spricht nichts dafür, dass durch das Urteil in der Rechtssache Zambrano das Erfordernis eines grenzüberschreitenden Bezugs, das der Gerichtshof seiner Rechtsprechung seit Jahrzehnten zugrundegelegt hat, insgesamt aufgegeben werden sollte.

Wenn der Entscheidung überhaupt über den konkret entschiedenen Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen sollte, ist jedenfalls fernliegend, dass der Gerichtshof weiter gehen wollte, als die Generalanwältin Sharpston in ihren Schlussanträgen. Frau Sharpston hat nicht vorgeschlagen, aus der Unionsbürgerschaft ausnahmslos ein abgeleitetes Recht für Familienangehörige eines Unionsbürgers auf Aufenthalt im Mitgliedstaat der Staatsangehörigkeit des Unionsbürgers herzuleiten. Im Gegenteil hält sie den potentiellen Eingriff in die mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte, der sich ergibt, wenn ein solches Aufenthaltsrecht nicht automatisch gewährt wird, für grundsätzlich hinnehmbar. Nur ausnahmsweise (insbesondere, wenn er unverhältnismäßig ist) sieht sie einen derartigen Eingriff als unzulässig an. Ob dies der Fall ist, soll ausschließlich von den nationalen Gerichten zu entscheiden sein.

Vgl. Schlussanträge vom 30. September 2010 C-34/09 (Zambrano), www.curia.europa.eu, Rdnr. 108, 121.

Nach diesen Kriterien wäre der hier in Rede stehende Eingriff hinzunehmen. Er ist insbesondere nicht unverhältnismäßig. Das deutsche Ausländerrecht versagt den drittstaatsangehörigen Ehegatten von Deutschen nicht generell den Zuzug ins Bundesgebiet, sondern eröffnet der Ausländerbehörde durch § 8 Abs. 3 AufenthG lediglich die Möglichkeit, die Verlängerung einer zum Ehegattennachzug erteilten Aufenthaltserlaubnis im Ermessenswege zu verweigern, wenn der Drittstaatsangehörige nach seiner Einreise wiederholt und gröblich gegen seine Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs verstoßen hat. Damit kann der dauerhafte Verbleib im Bundesgebiet nach Prüfung aller Umstände des Einzelfalls davon abhängig gemacht werden, dass der Drittstaatsangehörige ein Mindestmaß an Integrationsbemühungen zeigt. Die mit dem Verlangen nach einem Mindestmaß an Integration durch Teilnahme an einem Integrationskurs verbundenen Erschwernisse sind grundsätzlich - so auch hier - für den Betroffenen nicht mit Belastungen verbunden, die auch unter Berücksichtigung der Bedeutung des Freizügigkeitsrechts und des Schutzes der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht hinzunehmen wären.

Der Antragsteller kann entgegen seiner Ansicht auch aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union kein Aufenthaltsrecht herleiten. Dies gilt unabhängig davon, ob der Anwendungsbereich der Charta eröffnet ist, die - im hier maßgeblichen Zusammenhang - nach Art. 51 EU-GR-Charta für die Mitgliedstaaten nur bei Ausführung des Rechts der Union gilt. Deshalb wäre es für das vorliegende Verfahren unerheblich, wenn sich aus der - noch ausstehenden - Antwort des Europäischen Gerichtshofs auf den Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichthofs Baden-Württemberg vom 20. Januar 2011,

11 S 1069/10 , EuGRZ 2011, 96,

ergeben sollte, dass die Charta der Grundrechte in Verfahren gilt, in denen das Aufenthaltsgesetz Anwendung findet, weil dieses Gesetz teilweise EU-Richtlinien umsetzt. Denn der Antragsteller kann aus der Charta der Grundrechte auch dann kein Aufenthaltsrecht herleiten, wenn diese im Anwendungsbereich des Aufenthaltsgesetzes gelten sollte.

Dies gilt zunächst für das durch Art. 45 Abs. 1 EU-GR-Charta gewährleistete Recht auf Freizügigkeit für Unionsbürger. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Art. 45 Abs. 1 EU-GR-Charta weitergehende Rechte gewähren könnte als der nahezu wortgleiche Art. 21 Abs. 1 AEUV. Dass der Antragsteller aus Art. 21 AEUV kein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet herleiten kann, wurde bereits dargelegt.

Auch das Diskriminierungsverbot des Art. 21 Abs. 2 EU-GR-Charta gebietet nicht, dem Antragsteller unabhängig von der Teilnahme an einem Integrationskurs den Aufenthalt in Deutschland zu gestatten. Art. 21 Abs. 2 EU-GR-Charta bietet keinen weitergehenden Schutz gegen an die Staatsangehörigkeit anknüpfende Ungleichbehandlungen als Art. 18 AEUV.

BVerwG, Urteil vom 30. März 2010 1 C 8.09 , AuAS 201, 170; OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2011 18 B 944/10 , juris.

Mit Blick auf die gefestigte Rechtsprechung zum Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV ist dem Antragsteller jedoch keine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug zu erteilen, um eine sogenannte Inländerdiskriminierung zu vermeiden. Eine solche kann sich daraus ergeben, dass nach § 8 Abs. 3 AufenthG die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des drittstaatsangehörigen Ehegatten eines Deutschen nach nationalem Recht wegen einer wiederholten und gröblichen Verletzung der Pflicht zur Teilnahme an einem Integrationskurs abgelehnt werden kann, während drittstaatsangehörige Ehegatten von Unionsbürgern, die die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats besitzen, sich unabhängig von der Teilnahme an einem Integrationskurs im Bundesgebiet aufhalten dürfen. Aus der Unionsbürgerschaft ist nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein Verbot der Inländerdiskriminierung nicht herzuleiten.

Vgl. Schlussantrag der Generalanwältin Kokott vom 25. November 2010 C-434/09 (Mc Carthy), www.curia.europa.eu, Rdnr. 41.

Hieran ändert sich zugunsten des Antragstellers nichts, wenn der Europäische Gerichtshof dem Vorschlag von Generalanwältin Sharpston folgen und unter Aufgabe seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung eine Inländerdiskriminierung, die durch das Ineinandergreifen von Art. 21 AEUV und nationalem Recht verursacht wird, für den Fall mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV für unvereinbar erklären sollte, dass sie eine Verletzung der im Unionsrecht anerkannten Grundrechte beinhaltet und nach nationalem Recht kein mindestens gleichwertiger Schutz zur Verfügung steht.

Vgl. Schlussanträge vom 30. September 2010 C-34/09 (Zambrano), www.curia.europa.eu, Rdnr. 144 ff., wobei Frau Sharpston anstelle von Inländerdiskriminierung den gleichbedeutenden Begriff umgekehrte Diskriminierung verwendet.

Denn diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es fehlt an einer Verletzung eines unionsrechtlich geschützten Grundrechts, gegen die das nationale Recht keinen angemessenen Grundrechtsschutz bietet. Eine Grundrechtsverletzung in diesem Sinne ist nur gegeben, wenn die durch das Ineinandergreifen von Unionsrecht und nationalem Recht verursachte Diskriminierung Folgen nach sich zieht, die mit dem durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gewährleisteten Mindestniveau des Schutzes nicht zu vereinbaren sind.

Vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 30. September 2010 C-34/09 (Zambrano), www.curia.europa.eu, Rdnr. 147.

Derartige Folgen scheiden hier aus, weil die Versagung eines Aufenthaltsrechts aus primärem Gemeinschaftsrecht keine Verletzung eines unionsrechtlich geschützten Grundrechts zur Folge hat. Wenn die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug zu einem Deutschen im Einzelfall nach § 8 Abs. 3 AufenthG wegen der Nichtteilnahme an einem Integrationskurs versagt werden kann, stellt dies zwar einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens dar. Dieser Eingriff ist jedoch sowohl nach nationalem Verfassungsrecht als auch nach Art. 8 EMRK und Art. 7 EU-GR-Charta gerechtfertigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt Art. 6 GG keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Das Grundgesetz überantwortet die Entscheidung, in welcher Zahl und unter welchen Voraussetzungen Fremden der Zugang zum Bundesgebiet ermöglicht werden soll, weitgehend der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 2008 2 BvR 588/08 , juris m. w. N.

Dem Ziel der Begrenzung des Zuzugs von Ausländern darf von Verfassungs wegen erhebliches Gewicht beigemessen werden.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1987 2 BvR 1226/83, 101/84, 313/84 , BVerfGE 76, 1; OVG NRW, Urteil vom 16. November 2010 17 A 2434/07 .

Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und fördern hat, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigter Weise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen zur Geltung zu bringen, wobei der Schutzbereich dieser Bestimmungen nicht auf deutsche Staatsangehörige beschränkt ist. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz von Ehe und Familie korrespondiert ein Anspruch des einzelnen Grundrechtsträgers aus Art. 6 GG gegenüber den zuständigen staatlichen Behörden und Gerichten, bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen zu berücksichtigten.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12. Mai 1987 2 BvR 1226/83, 101/84, 313/84 , BVerfGE 76, 1, und vom 18. April 1989 2 BvR 1169/84 , BVerfGE 80, 81; OVG NRW, Urteil vom 16. November 2010 17 A 2434/07 .

Nach diesen Kriterien ermöglicht das deutsche Ausländerrecht - auch soweit ein Nachzug zu einem deutschen Staatsangehörigen in Rede steht - einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen und dem mit dem Verlangen nach der Teilnahme an einem Integrationskurs geschützten öffentlichen Interesse. Die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs dient der Förderung der Integration der einreisenden Ehegatten in Deutschland. Zum Schutz dieses gewichtigen Interesses kann es gerechtfertigt sein, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Einzelfall zu versagen, wenn der Betroffene sich hartnäckig weigert, einen Integrationskurs zu besuchen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass es Deutschen grundsätzlich nicht zugemutet werden kann, eine familiäre Lebensgemeinschaft mit Ehegatten oder sonstigen engen Angehörigen dauerhaft im Ausland zu führen.

Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 16. November 2010 17 A 2434/07 .

Denn die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs stellt eine vergleichsweise geringe Belastung dar, die in aller Regel ohne erhebliche Nachteile zu erfüllen ist. Diese Belastung hinzunehmen ist für die Betroffenen mit Blick auf die mit den Integrationskursen verfolgten gewichtigen öffentlichen Interessen grundsätzlich - so auch hier - zumutbar. Besonderheiten des Einzelfalls trägt § 8 Abs. 3 AufenthG bereits dadurch Rechnung, dass nur die wiederholte und gröbliche Verletzung der Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs aufenthaltsrechtliche Folgen nach sich ziehen kann. Zudem führt auch eine wiederholte und gröbliche Verletzung der Teilnahmepflicht nicht zwangsläufig zur Versagung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug. Vielmehr hat die Ausländerbehörde eine Ermessensentscheidung zu treffen, in deren Rahmen zu prüfen ist, ob die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls mit dem Grundrecht des Betroffenen aus Art. 6 GG vereinbar ist.

Aus den dargelegten Gründen ist der Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens auch insoweit gerechtfertigt, als dieses Recht durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützt ist. Ob ein Eingriff in Art. 8 Abs. 1 EMRK i. S. d. Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft zur Verfolgung eines legitimen Ziels notwendig ist, ist nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu ermitteln,

vgl. Urteile vom 24. November 2009 - 182/08 , InfAuslR 2010, 178, und vom 6. Dezember 2007 - 69735/01 , juris, jeweils m. w. N.,

die für den hier in Rede stehenden Sachverhalt keine strengeren Kriterien aufstellt, als sie sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergeben. Auch Art. 7 EU-GR-Charta gewährt keinen weiterreichenden Schutz.

Zweifel daran, dass es mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar ist, die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers wegen dessen hartnäckiger Weigerung, an einem Integrationskurs teilzunehmen, nicht zu verlängern, ergeben sich schließlich nicht aus dem Vorlagebeschluss der Ausländerkammer Zwolle-Lelystad des Bezirksgerichts in Haag vom 31. März 2011.

Vgl. www.migrationsrecht.net.

Anders als mit der Beschwerdebegründung geltend gemacht, hat die Ausländerkammer Zwolle-Lelystad dem Europäischen Gerichtshof nicht die allgemeine Frage vorgelegt, ob es mit der sogenannten Familienzusammenführungsrichtlinie 2003/86/EG vereinbar ist, eine Aufenthaltserlaubnis zu versagen, wenn Integrationsanforderungen nicht erbracht werden. Die Vorlagefragen sind vielmehr konkret auf den offenbar nach niederländischem Recht vorgeschriebenen Integrationstest im Ausland bezogen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das vorlegende Gericht grundsätzliche Zweifel daran hat, dass es europarechtlich zulässig ist, eine Aufenthaltserlaubnis wegen der Nichterfüllung von Integrationsanforderungen zu versagen. Dies ist auch deshalb fernliegend, weil Art. 7 Abs. 2 der Familienzusammenführungsrichtlinie es den Mitgliedstaaten ausdrücklich gestattet, gemäß dem nationalen Recht von Drittstaatsangehörigen zu verlangen, dass sie Integrationsmaßnahmen nachkommen müssen.

Anders als mit der Beschwerdebegründung geltend gemacht, ist auch nicht erkennbar, dass der Antragsteller an seiner bisherigen Weigerung, an einem Integrationskurs teilzunehmen, nicht mehr festhält. Dies kann nicht bereits deshalb festgestellt werden, weil er eine Bescheinigung der Volkshochschule Duisburg vorgelegt hat, wonach er sich für einen in der Zeit vom 25. Januar 2011 bis zum 14. Juli 2011 stattfindenden Integrationskurs angemeldet hat. Diese Bescheinigung lässt für sich genommen nicht darauf schließen, dass der Antragsteller seiner Verpflichtung aus § 44a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nunmehr nachkommt. Denn er hatte sich schon in der Vergangenheit mehrfach zu Integrationskursen angemeldet, diese dann aber entweder nicht oder nicht regelmäßig besucht oder durch sein Verhalten den Kursablauf erheblich gestört. Umstände, die die Prognose rechtfertigen, der Antragsteller werde den Integrationskurs nunmehr erfolgreich abschließen können, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2, § 53 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.