OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.05.2011 - 15 A 2384/10
Fundstelle
openJur 2011, 92393
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.095,98 Euro festgesetzt.

Gründe

Nach der Antragsbegründung bestehen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -; I.) noch weist sie besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; II.) noch lässt sich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erkennen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; III.).

Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor oder sind schon nicht entsprechend den sich aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ergebenden Anforderungen dargelegt. Nach zuletzt zitierter Vorschrift sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Das Erfordernis des "Darlegens" verlangt dabei mehr als die bloße Benennung eines Zulassungsgrundes. Es ist vielmehr im Sinne von "erläutern", "erklären" oder "näher auf etwas eingehen" zu verstehen. Deshalb bedarf es unter (ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter) Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund einer substantiierten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen und aufbereitet wird. Das Zulassungsvorbringen muss das Vorliegen des geltend gemachten Zulassungsgrundes aus sich heraus, d.h. ohne weitere Ermittlungen seitens des Gerichts, erkennen lassen, wobei allerdings keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen.

OVG NRW, Beschlüsse vom 25. September 2008 15 A 3231/07 - und vom 28. August 2008 - 15 A 1702/07 -.

I.) Nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist die Berufung zuzulassen, wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen. Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird, wobei es zur Darlegung (§ 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO dieses Berufungszulassungsgrundes ausreicht, wenn die Begründung einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. April 2010 15 A 2914/09 -, vom 25. September 2008 - 15 A 231/07 -, vom 9. September 2008 - 15 A 1791/07 - und vom 28. August 2008 - 15 A 1702/07 -.

Für die Darlegung dieses Berufungszulassungsgrundes ist somit erforderlich, dass konkrete tatsächliche oder rechtliche Feststellungen im angefochtenen Urteil aus ebenso konkret dargelegten Gründen als (inhaltlich) ernstlich zweifelhaft dargestellt werden.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. April 2010 15 A 2914/09 - und vom 2. November 1999 - 15 A 4406/99 -.

Davon ausgehend sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht ersichtlich.

1.) Das gilt zunächst hinsichtlich der Auffassung der Klägerin, in dem Ausbau des südlich gelegenen Gehweges sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts keine beitragsfähige Verbesserung zu sehen, weil größtenteils lediglich eine marginale Verbreiterung des Gehwegs vorgenommen worden sei, die allenfalls eine untergeordnete positive verkehrliche Auswirkung habe, zumal bereits bei einer Breite von 0,75 m von einer hinreichenden Funktionstauglichkeit eines Gehweges auszugehen sei und schon vor der hier streitigen Baumaßnahme lediglich ein kleiner Teilabschnitt des Gehweges diese Minimalbreite aufgewiesen habe.

Vorliegend ist in der vorgenommenen Verbreiterung des fraglichen Teilstücks des Gehwegs eine beitragsrelevante Verbesserung zu sehen. Eine solche liegt nach ständiger Rechtsprechung des Senats vor, wenn durch die Ausbaumaßnahme die Ausstattung der Anlage entsprechend ihrer bisherigen verkehrstechnischen Konzeption hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung (Erweiterung), hinsichtlich der funktionalen Aufteilung der Gesamtfläche oder hinsichtlich der Art der Befestigung vorteilhaft verändert wird.

Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 1. September 2009 15 A 1102/09 -.

Davon ausgehend stellt die hier vorliegende Verbreiterung des Gehwegs grundsätzlich eine Verbesserung dar.

Dies verkennt die Klägerin im Ansatz nicht. Sie meint aber, dass die durch den Ausbau bewirkte Verbesserung so geringfügig sei, dass sie im Hinblick auf die durch den Ausbau ausgelöste Kostenfolge vom Grundsatz der Erforderlichkeit nicht mehr gedeckt sei.

Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die hier vorgenommene Verbreiterung hat eine deutlich positive verkehrliche Auswirkung. Sie steigert damit durch den zusätzlichen Gebrauchsvorteil an der Straße den Gebrauchswert der erschlossenen Grundstücke und gewährt den Eigentümern somit auch den erforderlichen wirtschaftlichen Vorteil. Denn die Verbreiterung des Gehwegs ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur marginal und von untergeordneter Bedeutung:

So ergibt sich aus dem Erläuterungsbericht des Dipl.-Ing. T. zur Umgestaltung der Ortsdurchfahrt F. -M. im Bereich C. Straße/An der Q. vom 9. August 2007, dass der vormalige Gehweg teilweise nur eine Breite von 60-70 cm gehabt habe, was für eine geordnete Führung des Fußgängerverkehrs eindeutig zu wenig sei, so dass es bei begegnendem Fußgängerverkehr immer wieder zum Betreten der Fahrbahn komme, womit eine erhebliche Gefährdung der Fußgänger einhergehe (Seite 3 des Berichts). Ferner lässt sich aus den im Zusammenhang mit der Straßenbauförderung erstellten Beurteilungsbögen aus den Jahren 2005 und 2007 ableiten, dass der hier fragliche Gehwegbereich vor dem Ausbau im Übrigen eine Breite von 0,9 bis 1 m aufwies. Ausweislich des Ausbauplans sowie der Angaben der Beklagten im Klageverfahren ist der Gehweg sodann im Zuge des Ausbaus auf 1,50 m bis 1,55 m Gehwegbreite im Durchschnitt verbreitert worden.

Dem entsprechen auch die Angaben der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren. Dort trug sie vor, dass "der südliche Gehweg auf knapp 200 Metern von einer Breite von zuvor maximal 1 Meter auf nunmehr 1,50 Meter im Durchschnitt verbreitert (wurde)" (vgl. jeweils Seite 4 der Schriftsätze vom 5. November und vom 29. Dezember 2009).

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Gehweg im Durchschnitt um 50% bzw. um einen halben Meter auf durchschnittlich 1,50 m verbreitert wurde. Unter Berücksichtigung des vom Verwaltungsgericht zitierten technischen Regelwerks liegt somit eine erhebliche Verbreiterung des Gehwegs vor, die bei unbefangener und lebensnaher Würdigung den Verkehrsfluss der Fußgänger deutlich erleichtert und sicherer macht und damit die räumliche Ausdehnung der (Teil-) Anlage Gehweg vorteilhaft verändert hat.

Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit der Gehwegverbreiterung ausführt, diese sei durch eine Angleichung des Straßenbildes und nicht durch die Absicht der Verbesserung der Anlage motiviert gewesen, rechtfertigt auch dieses Vorbringen die Zulassung der Berufung nicht. Liegt eine Verbesserung vor, so ist es für ihre Beitragsfähigkeit unerheblich, aus welchen Gründen die Gemeinde die Baumaßnahme durchgeführt hat. Das Motiv des Ausbaus ist rechtlich unerheblich. Es kommt allein darauf an, ob - wie hier - die Merkmale eines beitragsfähigen Ausbaus nach § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG vorliegen.

Ständige Rechtsprechung: Vgl. insoweit nur OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2007 15 B 870/07 -, juris m. w. N.

2.) Wenn die Klägerin darüber hinaus die Auffassung vertritt, das angegriffene Urteil begegne auch deshalb ernstlichen Richtigkeitszweifeln, weil es hinsichtlich der Beleuchtungsanlage rechtsfehlerhaft von einer beitragsfähigen Erneuerung ausgegangen sei, erlaubt auch das diesbezügliche Vorbringen die Zulassung der Berufung nicht.

Es kann offen bleiben, ob tatsächlich eine beitragsfähige Erneuerung erfolgt ist. Jedenfalls ist in Bezug auf die Beleuchtungsanlagen eine Verbesserung eingetreten. Ob insoweit die Gemeinde bzw. die erstinstanzliche Entscheidung von einer Erneuerung ausgegangen ist, ist dabei unerheblich, weil der Senat unabhängig davon festzustellen hat, ob und welcher Beitragstatbestand vorliegt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2006 15 A 2682/06 -.

Das kann der Senat auch im Berufungszulassungsverfahren tun. Denn die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung sind auch dann zu verneinen, wenn sich die Entscheidung - wie hier - jedenfalls aus anderen als den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen als richtig erweist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Februar 2000 7 B 459/00 -, juris.

Eine verkehrstechnische Verbesserung der Straßenbeleuchtung liegt nach ständiger Rechtsprechung des Senats vor, wenn eine bessere Ausleuchtung der Straße und damit eine positive Auswirkung auf den Verkehrsverlauf erreicht wird. Dies ist bei einer Erhöhung der Zahl der Leuchtkörper und/oder der Leuchtkraft der einzelnen Leuchtkörper zu vermuten. Darüber hinaus kann eine bessere Ausleuchtung allein oder zusätzlich auch durch eine verbesserte Abstrahlung erzielt werden. In diesem Zusammenhang ist es - was die Klägerin zu verkennen scheint - im Übrigen unerheblich, ob die frühere Ausleuchtung ordnungsgemäß war.

Vgl. Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes NRW, 7. Auflage, Bonn 2010, Rn. 114 m. w. N.

Davon ausgehend ist hier von einer besseren Ausleuchtung durch eine erhebliche Erhöhung der Leuchtkraft auszugehen. Dies ergibt sich spätestens aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 5. Mai 2011 sowie der diesen beigefügten technischen Stellungnahmen. Die dortigen Ausführungen, an deren Richtigkeit zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat, zeigen eine deutliche Leistungserhöhung jeder einzelnen Leuchte von über 50% bei durch den Einsatz moderner Spiegeloptik noch zusätzlich erreichter besserer Ausleuchtung auf.

Von der beitragsfähigen Verbesserung umfasst war auch der Austausch der Leuchtmasten. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass sich bei vergleichender Betrachtung der technischen Erfordernisse an die alten und neuen Lampen nicht aufdränge, dass die kompletten Leuchtmasten hätten ausgetauscht werden müssen, und nicht ersichtlich sei, dass sich die neuen Leuchtköpfe nicht auf die veralteten Betonmasten montieren ließen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung: Ungeachtet der Frage, ob der Komplettaustausch der Beleuchtungsanlagen (also einschließlich der Leuchtmasten) technisch zwingend erforderlich war, erweist sich dieser angesichts des Alters der ausgetauschten Betonpeitschenmasten, ihres Materials, derentwegen sie im gesamten Stadtgebiet aus Sicherheitsgründen ausgetauscht werden sollen, sowie des Umstandes, dass auch bei Weiterverwendung der alten Masten für die neuen Leuchtköpfe bei verständiger Würdigung jedenfalls Anpassungs- und Umbauarbeiten erforderlich gewesen wären, als vom weiten Ausbauermessen der Beklagten gedeckt.

Wenn die Klägerin im Hinblick auf den Austausch der Beleuchtungsanlagen schließlich geltend macht, mit ihr sei keine Verbesserung der Ausleuchtung der Straße, sondern die Herbeiführung einer verbesserten Energieeffizienz beabsichtigt gewesen, führt auch dieses Vorbringen nicht zur Zulassung der Berufung. Zum einen ist wie bereits oben ausgeführt - die Motivlage der Beklagten für die Beitragsfähigkeit einer Verbesserung unerheblich, wenn sie tatsächlich vorliegt. Zum anderen lässt sich die von der Klägerin behauptete beherrschende - Motivlage der Beklagten den Verwaltungsvorgängen auch nicht belastbar entnehmen.

II.) Gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist die Berufung dann zuzulassen, wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist. Solche liegen vor, wenn der Ausgang des Rechtsstreits auf Grund des Zulassungsvorbringens bei summarischer Prüfung als offen erscheint.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2008 15 A 1702/07 - und vom 9. September 2008 - 15 A 1791/07 -.

Das ist nicht der Fall, wenn sich die in der Begründung des Zulassungsantrags aufgeworfenen Fragen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auch im Rahmen des Zulassungsverfahrens und seiner im Vergleich zum Berufungsverfahren geringeren Überprüfungsdichte mit der erforderlichen Sicherheit beantworten lassen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. September 2006 15 A 2884/06 -.

So liegt es ausweislich der Darlegungen zu Ziffer I. hier, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Zulassung der Berufung ausscheidet. In diesem Zusammenhang ist mit Blick auf das Vorbringen der Klägerin lediglich ergänzend auszuführen:

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten ergeben sich nicht daraus, dass erstinstanzlich die Kammer und nicht der Einzelrichter entschieden hat. Ob das Verwaltungsgericht durch einen Einzelrichter entschieden hat oder nicht, hat keine, nicht einmal eine indizielle Bedeutung, denn die §§ 6 und 124 VwGO haben unterschiedliche Zielsetzungen.

Vgl. Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO II, 20. Egl. (Mai 2010), § 124 Rn. 28 und 28 d.

Soweit die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ferner geltend macht, die Klärung der Frage, welchen Anforderungen an den Umfang der Dokumentation zu stellen seien, die im Vorfeld von anschließend beitragspflichtigen Maßnahmen durchzuführen seien, sei besonders schwierig, verkennt sie, dass die Klärung dieser Frage nach den obigen Darlegungen in einem Berufungsverfahren nicht erforderlich wäre.

III.) Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Denn die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dies hätte sie nur, wenn sie eine bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwerfen würde, die sich in dem erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der einheitlichen Auslegung und Anwendung oder der Fortentwicklung des Rechts der Klärung bedürfte, oder wenn sie eine tatsächliche Frage aufwerfen würde, deren in der Berufungsentscheidung zu erwartende Klärung verallgemeinerungsfähige Auswirkungen hat.

OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2007 - 15 A 1279/07 -.

Solche Rechtsfragen wirft das Zulassungsvorbringen nicht auf. Dies gilt zunächst soweit es für nicht abschließend geklärt hält, wie weitreichend die Dokumentationspflichten zu fassen seien und welche Auswirkungen eine Verletzung dieser Pflichten nach sich ziehe. Diese "Frage" würde sich mit Blick auf die Ausführungen zu Ziffer I. dieses Beschlusses in einem Berufungsverfahren schon nicht stellen.

Soweit die Klägerin ferner für klärungsbedürftig hält, wann Gehwegverbreiterungen eine spürbare positive verkehrliche Auswirkung haben, um von einer beitragsfähigen Erneuerung ausgehen zu können, lässt sich diese "Frage" mit Blick auf die Umstände des vorliegenden Einzelfalles im Ergebnis ohne Weiteres in einem für den Zulassungsantrag negativen Sinne beantworten (vgl. oben I. 1.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre rechtlichen Grundlagen in §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.