OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.06.2011 - 13 B 619/11
Fundstelle
openJur 2011, 92347
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 3. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 100.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur im Rahmen der von der Antragstellerin dargelegten Gründe befindet, hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2009 (27 L 113/09) und des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. November 2009 (13 B 959/09) zu Recht abgelehnt. Die im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auch bei dem hier gestellten Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragstellerin aus.

Die Antragstellerin hat sich zur Begründung ihrer Beschwerde ausschließlich auf die aus ihrer Sicht nach Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs veränderte Rechtslage berufen.

Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010, Rs. C-316/07 u.a. , Rs. C-46/08 und Rs. C-409/06-, juris.

Auch unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung erweist sich die Untersagungsanordnung vom 26. November 2008 nach der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes möglichen Prüfung als rechtmäßig.

Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass das Veranstaltungs-, Vermittlungs- und Werbeverbot für Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 4 GlüStV) auch unter Berücksichtigung der jüngsten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 und 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - (vormals Art. 43 und 49 EG) vereinbar und nicht verfassungswidrig ist.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. März 2011 - 4 B 48/11 - und vom 19. Januar 2011 - 13 B 1290/10 - und vom 23. November 2010 - 13 B 1016/10 - unter Bezugnahme auf OVG NRW, Beschluss vom 15. November 2010 - 4 B 733/10 - (mit eingehenden Ausführungen zur Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz sowie europarechtlichen Vorgaben).

Die Auffassung des Senats wird durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - bestätigt. Die Gründe des Urteils liegen noch nicht vor. Aus der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts (www.bverwg.de) lassen sich die tragenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts aber bereits entnehmen. Dort heißt es:

"...Das Internet-Verbot dient dem verfassungs- und unionsrechtlich legitimen Zweck, den mit der zeitlich und örtlich grundsätzlich unbeschränkten Verfügbarkeit der Glücksspiel-Angebote im Internet verbundenen besonderen Gefahren entgegenzuwirken. Geschützt werden sollen damit vor allem Jugendliche und Personen, die eine ausgeprägte Neigung zum Glücksspiel besitzen oder eine solche entwickeln könnten. Das Internet-Verbot trägt dazu bei, diese Personenkreise vor der mit problematischem Spielverhalten verbundenen Suchtgefahr und deren möglichen finanziellen Folgen zu schützen. Dem steht nicht entgegen, dass es wegen des grenzüberschreitenden Charakters des Internets schwierig ist, die Beachtung des Verbots sicherzustellen und Verstöße zu ahnden. Dies hebt die Eignung des Verbots nicht auf, da z.B. gegenüber den Server-Betreibern und den Dienstleistungsunternehmen, die die finanziellen Transaktionen abwickeln, wirksame Maßnahmen in Betracht kommen.

Das Internet-Verbot ist mit dem unionsrechtlichen Kohärenz-Gebot vereinbar, das bei Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit zu beachten ist. Es gilt für alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele. Auch Pferderennwetten dürfen nicht über das Internet vertrieben werden. Die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz des Bundes erforderlichen Erlaubnisse dürfen Buchmachern nur für die Örtlichkeit erteilt werden, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Eine solche örtlichkeitsbezogene Erlaubnis erstreckt sich nicht auf die Entgegennahme und Vermittlung von Pferderennwetten im oder über das Internet.

Das Internet-Verbot gilt nicht nur für staatliche oder staatlich dominierte (Monopol)-Anbieter von Sportwetten, sondern für alle Veranstalter und Vermittler der vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele..."

Bereits die das Internetverbot begründenden Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages rechtfertigen den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung, die sich danach weiter als rechtmäßig erweist, wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 12. November 2009 (13 B 959/09) festgestellt hat.

Die Antragstellerin hat keine Umstände vorgetragen, die trotz der anzunehmenden Rechtsmäßigkeit der Untersagungsanordnung ausnahmsweise für ein Überwiegen ihres Aufschubinteresses sprächen.

Im Übrigen nimmt der Senat, was die Wirksamkeit des Internetverbots anbetrifft, Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und berücksichtigt die im Beschwerdeverfahren allein gegenständliche Festsetzung des Zwangsgeldes mit der Hälfte ihres Wertes.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.