Sächsisches OVG, Urteil vom 14.10.2010 - 2 A 632/09
Fundstelle
openJur 2011, 91025
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 K 208/07
Öffentliches Recht Beamtenrecht Verwaltungsrecht
Art. 125a GG; § 48 VwVfG; § 14a BeamtVG; § 17 SächsBesG

1. Mit Wirkung vom 1. November 2007 hat der sächsische Landesgesetzgeber das Beamtenversorgungsgesetz in der seinerzeit geltenden Fassung im Wege der statischen Verweisung durch gleichlautendes Landesrecht ersetzt. Dadurch hat er zugleich § 14a BeamtVG a. F. in der vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 23. Juni 2005 (BVerwGE 124, 19) vorgenommenen Auslegung in seinen gesetzgeberischen Willen aufgenommen. Danach kann auch der sog. amtsbezogene Mindestruhegehaltssatz von 35 v. H. nach § 14a BeamtVG a. F. vorübergehend erhöht werden.

2. Ein vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 ergangener, den vorgenannten Auslegungsgrundsätzen widersprechender Festsetzungsbescheid über die Höhe des Ruhegehaltssatzes ist rechtswidrig. Der Beamte hat daher auf Grundlage von § 48 VwVfG einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Rücknahme dieses Bescheides.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 23. Juni 2009 - 3 K 208/07 - geändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 6. Dezember 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2007 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 9. Mai 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Kläger trägt ¼, der Beklagte ¾ der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt gem. § 14a Abs. 1 BeamtVG das Wiederaufgreifen des Verfahrens über die vorübergehende Erhöhung seines Ruhegehaltssatzes auf 67 v. H.

Der am 19. September 1941 geborene Kläger stand seit dem 3. Oktober 1990 zunächst im Angestelltenverhältnis, dann als Beamter auf Probe und ab dem 6. Juli 1995 als Beamter auf Lebenszeit (Polizeihauptkommissar, zuletzt Besoldungsgruppe A 12), im Dienst des beklagten Freistaats Sachsen. Nach Vollendung des 60. Lebensjahres wurde er mit Ablauf des 30. September 2001 in den Ruhestand versetzt. Bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge legte der Beklagte eine ruhegehaltfähige Dienstzeit von 11 Jahren zugrunde und errechnete einen erdienten Ruhegehaltssatz von 20,63 v. H. Diesen erhöhte er gem. § 14a BeamtVG vorübergehend um 32 v. H. auf insgesamt 52,63 v. H. und setzte mit Bescheid vom 28. August 2001, dem Kläger zugestellt am 26. September 2001, mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2001 das Ruhegehalt des Klägers auf 3.156,21 DM fest.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2006, beim Beklagten eingegangen am 11. Mai 2006, bat der Kläger um Überprüfung des Festsetzungsbescheids. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 (BVerwGE 124, 19) sei die Erhöhung des Ruhegehalts nach dem Mindestsatz des § 14a Abs. 4 BeamtVG zu berechnen, was jedoch nicht geschehen sei. Der Bescheid sei daher nach § 47 bzw. §§ 48 ff. VwVfG abzuändern und der Differenzbetrag nachzuzahlen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 6. Dezember 2006 ab. Der Festsetzungsbescheid sei unanfechtbar. Mit der Festsetzung der Versorgungsbezüge sei über den Antrag des Klägers vom 30. Juli 2001 auf vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach § 14a BeamtVG inhaltlich zutreffend entschieden worden. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts betreffe einen Einzelfall und könne daher nicht allgemein angewendet werden. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 27. Dezember 2006 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2007, dem Kläger zugestellt am 6. Februar 2007, zurück. Der Festsetzungsbescheid sei rechtmäßig.

Die am 1. März 2007 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Chemnitz mit Urteil vom 23. Juni 2009 ab. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Festsetzungsbescheid vom 28. August 2001 sei bestandskräftig geworden, der Kläger habe innerhalb der Rechtsmittelfrist gegen ihn kein Rechtsmittel eingelegt. Er könne auch nicht verlangen, dass der Beklagte das Verfahren wieder aufnehme, da dieser dies jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt habe. Wiederaufnahmegründe nach § 1 SächsVwVfG, § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG seien nicht gegeben. Im Ergebnis vertretbar habe der Beklagte auch davon abgesehen, das Verfahren nach § 48 Abs. 1 VwVfG wiederaufzunehmen. Ausnahmsweise käme dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Bescheides in Betracht, wenn dessen Aufrechterhaltung schlechterdings unerträglich wäre. Dies hänge von den Umständen des Einzelfalls und der Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab. Maßgeblich sei hierbei u. a. die persönliche Belastung des Betroffenen, das Maß seiner grundrechtlichen Betroffenheit sowie das Ausmaß des „Fehlers“. Sämtliche Gesichtspunkte habe der Beklagte konkludent zu Recht im Ergebnis zu Lasten des Klägers abgewogen. Die Rechtswidrigkeit der von dem Kläger als falsch angesehenen Grundentscheidung beruhe allenfalls auf einer der gut vertretbaren Auffassung des Beklagten widersprechenden obergerichtlichen Rechtsprechung. Die Auffassung des Beklagten sei, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Hinblick auf die obergerichtliche Rechtsprechung angenommen werde, weder evident noch zwingend fehlerhaft. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebotes die vorhergehende Rechtsauffassung weiter angewandt und jedenfalls bestandskräftige Bescheide nicht abgeändert habe. Die persönliche Betroffenheit des Klägers sei schon deshalb nicht von einem besonderen Ausmaß, weil die ihm in der Übergangszeit gewährte Pension den Mindestpensionsanspruch gem. § 15 Abs. 4 BeamtVG weit übersteige.

Hiergegen richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 3.11.2009 - 2 A 402/09 - zugelassene Berufung, zu deren Begründung der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft. Das Verwaltungsgericht habe bereits verkannt, dass der ursprüngliche Versorgungsbescheid unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rechtswidrig sei. Weiterhin habe der Beklagte den Antrag des Klägers auf Neuberechnung nach § 48 VwVfG zu prüfen. Sein Ermessen sei dadurch eingeschränkt, dass er nicht frei entscheiden dürfe, sondern er sich am Zweck der Ermächtigung zu orientieren habe. Bei der Ermessensbetätigung müsse berücksichtigt werden, dass von der Verwaltung grundsätzlich rechtmäßige Zustände herzustellen sind. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem ursprünglichen Bescheid um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handele, welcher für die Ruhestandszeit des Klägers bis zur Erreichung des 65. Lebensjahres Bedeutung gehabt habe. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass der Beamte die ihm gesetzlich zustehende Versorgung auf jeden Fall erhalten solle und nicht einmal aus eigener Willensentscheidung ganz oder teilweise solle verzichten können (§ 3 Abs. 3 BeamtVG). Der Beklagte habe indes keine Ermessensentscheidung getroffen, sondern sei davon ausgegangen, dass kein rechtswidriger Verwaltungsakt vorläge.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 23. Juni 2009 - 3 K 208/07 - den Bescheid des Beklagten vom 28. August 2001 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, ab dem 1. Oktober 2001 den Ruhegehaltssatz des Klägers vorübergehend auf 67 v. H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge zu erhöhen,
hilfsweise das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 23. Juni 2009 - 3 K 208/07 - zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Wideraufgreifen des Verfahrens vom 6. April 2006 unter Beachtung der Rechtsfassung des Gerichts zu entscheiden und den Bescheid des Beklagten vom 6. Dezember 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2007 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Der Bescheid vom 28. August 2001 sei rechtmäßig ergangen, weshalb für eine Entscheidung nach § 48 VwVfG kein Raum sei. Dementsprechend habe sich der Beklagte konsequenterweise mit der Frage einer Rücknahme dieses Verwaltungsaktes nicht befasst. Sofern sich der ursprüngliche Verwaltungsakt tatsächlich als rechtswidrig herausstellen sollte, müsste der Bescheid aufgehoben und eine Entscheidung unter Ausübung des Ermessens getroffen werden. Allerdings könnte eine Ermessensreduzierung auf Null allenfalls für die Zeit ab der Antragstellung auf Neuberechnung vorliegen. Für den bereits abgelaufenen Zeitraum verbleibe den Behörden ein Ermessensspielraum innerhalb dessen dem Gesichtspunkt der materiellen Gerechtigkeit jedenfalls nicht generell ein höheres Gewicht als der Bestandskraft zuzumessen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Behördenakten des Beklagten, die Akten des Verwaltungsgerichts Leipzig sowie die Akten des Zulassungs- und Berufungsverfahrens verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat im Rahmen des Hilfsantrags Erfolg. Hingegen ist der Hauptantrag zurückzuweisen, da bezüglich einer konkreten Sachentscheidung keine Spruchreife vorliegt, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.

1. Der Kläger hat unmittelbar keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 28. August 2001 und (Neu-)Festsetzung seines vorläufigen Ruhegehaltssatzes auf 67 v. H. Zwar ist der Bescheid - wie unten unter Nummer 2 ausgeführt wird - rechtswidrig. Es liegt aber keine Ermessensreduzierung auf Null vor, weshalb der Senat dem Hauptantrag des Klägers nicht stattgeben kann. Die nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i. V. m. § 1 SächsVwVfG (a. F.)/§ 1 SächsVwVfZG erforderliche Ermessensentscheidung hat der Beklagte danach auszurichten, ob nach den Umständen des Einzelfalls dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Einzelfallgerechtigkeit oder aber dem Interesse der Allgemeinheit am Eintritt von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit der Vorzug zu geben ist. Allein der Umstand, dass sich ein unanfechtbar gewordener Verwaltungsakt als von Anfang an rechtswidrig erweist, vermag für sich gesehen einen Anspruch auf Rücknahme nicht zu begründen. Der Gesetzgeber räumt bei der Aufhebung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise weder dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung noch der Rechtssicherheit einen generellen Vorrang ein. Vielmehr stehen beide Grundsätze gleichberechtigt nebeneinander, sofern dem anzuwendenden Fachrecht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. März 2008, NVwZ 2008, 1024; Urt. v. 17. Januar 2007, NVwZ 2007, 709; Urt. v. 7. Juli 2004, BVerwGE 121, 226; Senatsbeschl. v. 5. Oktober 2010 - 2 A 409/08 -, juris). Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit besteht aber ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts dann, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ erscheint, was von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt. Das Festhalten an einem solchen Verwaltungsakt ist immer dann „schlechthin unerträglich“, wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder das Gebot von Treu und Glauben erscheinen lassen. Darüber hinaus vermag die offensichtliche Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes, die sich zum Zeitpunkt von dessen Erlass beurteilt, die Annahme zu rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. März 2008 a. a. O.; Senatsbeschl. v. 5. Oktober 2010 a. a. O.).

Die vorstehenden Kriterien sind in Hinblick auf den Festsetzungsbescheid vom 28. August 2001 nicht erfüllt. Insbesondere ist dieser Bescheid nicht bereits bei Erlass erkennbar rechtswidrig gewesen. Vor dem Ergehen der Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 (BVerwGE 124, 19) entsprach die Berechnungsweise des Beklagten der obergerichtlichen Rechtsprechung (etwa NdsOVG, Urteil vom 11. Mai 2004 - 5 LC 4/03 -, juris).

2. Das Verwaltungsgericht hat die Klage aber zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen, da der Kläger einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen gestellten Antrag auf Rücknahme des Festsetzungsbescheides vom 28. August 2001 hat, § 113 Abs. 5 Satz 2, § 114 VwGO. Denn der Festsetzungsbescheid vom 28. August 2001 ist rechtswidrig. Der Beklagte hat daher auf Grundlage von § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, § 1 SächsVwVfZG erneut über den Antrag in Ausübung seines Ermessens zu entscheiden.

Mangels Vorliegens von Wiederaufnahmegründen i. S. v. § 1 SächsVwVfG (a. F.)/§ 1 SächsVwVfZG i. V. m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG richtet sich die Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Rücknahme des bestandskräftigen Festsetzungsbescheids vom 4. April 2006 und Neufestsetzung seines Ruhegehalts nach der gemäß § 51 Abs. 5 VwVfG anwendbaren Vorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ausgehend davon erweist sich die Festsetzung des Ruhegehaltssatzes durch den Beklagten im Bescheid vom 28. August 2001 als rechtswidrig. Der Kläger hat vor diesem Hintergrund einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Rücknahme des Verwaltungsaktes, da der Beklagte eine solche nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG gebotene Entscheidung bislang nicht getroffen hat, weil er von einer Rechtsmäßigkeit des Festsetzungsbescheides ausging.

Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 14a BeamtVG in der zum Zeitpunkt des Eintritts des Klägers in den Ruhestand am 1. Oktober 2001 maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1999 (BGBl. I S. 322). Danach erhöht sich unter weiteren, zwischen den Beteiligten nicht streitigen Voraussetzungen der nach den sonstigen Vorschriften berechnete Ruhegehaltssatz um 1 v. H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge für je zwölf Kalendermonate der anrechnungsfähigen Pflichtversicherungszeiten. Die Vorschrift galt in der durch Art. 6 Steueränderungsgesetz 2007 vom 19. Juli 2006 (BGBl. I S. 1652) geänderten Fassung ab dem 1. September 2006 zunächst als Bundesrecht fort. Mit Wirkung vom 1. November 2007 hat sie der sächsische Landesgesetzgeber durch gleichlautendes Landesrecht ersetzt.

Nach Art. 125a Abs. 1 GG gilt Recht, das als Bundesrecht erlassen worden ist, aber wegen der Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, als Bundesrecht fort; es kann durch Landesrecht ersetzt werden. Das Beamtenversorgungsgesetz wurde vor Inkrafttreten der geänderten Fassung von Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG am 1. September 2006 erlassen, könnte nunmehr aber nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden. Denn nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG erstreckt sich die konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes (Art. 72 Abs. 1 GG) nicht mehr auf Regelungen zur Besoldung und Versorgung u. a. der Beamten der Länder; diese fällt nunmehr in den Bereich der Gesetzgebung der Länder. Auf Grundlage des Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG sind die Länder aber ermächtigt, eine landesrechtliche Neuregelung des Rechts der Beamtenversorgung durch Ersetzung des Beamtenversorgungsgesetzes des Bundes vorzunehmen. Anders als eine nur teilweise Änderung bei Fortbestand der bundesrechtlichen Regelung erfordert die Ersetzung des Bundesrechts, dass der Landesgesetzgeber die Materie, gegebenenfalls auch einen abgrenzbaren Teilbereich hiervon, in eigener Verantwortung regelt. Dabei ist er nicht gehindert, ein weitgehend mit dem bisherigen Bundesrecht gleichlautendes Landesrecht zu erlassen (vgl. BVerfG, Urt. v. 9. Juni 2004, BVerfGE 111, 10, 29, 30).

Dies zugrunde gelegt, hat der sächsische Landesgesetzgeber das Beamtenversorgungsgesetz des Bundes ab dem 1. November 2007 mit Einführung von § 17 Abs. 2 SächsBesG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008 (SächsGVBl. S. 3) durch Landesrecht im Sinn von Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG ersetzt. Die Vorschrift bestimmt, dass das Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1999 (BGBl. I S. 322, 847, 2033), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 19. Juli 2006 (BGBl. I S. 1652, 1657), mit Ausnahme der §§ 71 bis 73, sowie die aufgrund des Beamtenversorgungsgesetzes erlassenen Verordnungen als Landesrecht fort gelten.

Durch die Bezugnahme auf das zuletzt durch Art. 6 des Gesetzes vom 19. Juli 2006 geänderte Beamtenversorgungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1999 ist das Beamtenversorgungsgesetz Bestandteil der Regelung des § 17 Abs. 2 SächsBesG geworden. Die Verweisung bezieht sich ihrem Wortlaut nach allein auf die genannte Fassung des Gesetzes. Es handelt sich somit um eine statische Verweisung. Die Formulierung entspricht den in der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über den Erlass von Rechtsnormen und Verwaltungsvorschriften (VwV Normerlass) vom 9. September 2004 (SächsABl. S. 1019), geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. März 2006 (SächsABl. S. 314), für gesetzliche Verweisungen vorgesehenen Vorgaben. Nach Ziffer I Nr. 11 Buchst. c und d der Anlage 2 zur VwV Normerlass ist dann, wenn auf eine bestimmte Fassung einer Rechtsnorm (statische Verweisung) verwiesen werden soll, dies im Wortlaut deutlich zum Ausdruck zu bringen. Als Fassung des Beamtenversorgungsgesetzes, die als Landesrecht fort gilt, wird in § 17 Abs. 2 SächsBesG die durch Art. 6 des Gesetzes vom 19. Juli 2006 geänderte Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1999, jeweils unter Angabe der Fundstelle im Bundesgesetzblatt, genannt. Dagegen läge eine dynamische Verweisung dann vor, wenn die in Bezug genommene Rechtsnorm ohne Datum der Ausfertigung oder Bekanntmachung, Fundstelle und letzten Änderung angegeben wird. Sind diese Angaben jedoch aus Gründen etwa der Verständlichkeit erforderlich, sind an das Erstzitat die Wörter „in der jeweils geltenden Fassung“ anzufügen. Bei einer dynamischen Verweisung wäre das Bundesversorgungsgesetz, das allgemein bekannt ist, daher nur als solches mit der amtlichen Kurzbezeichnung - ohne Fundstelle - angeführt worden; bei Angabe der Fundstelle hätte der Zusatz, das Beamtenversorgungsgesetz sei in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden, aufgenommen werden müssen.

Dass der Gesetzgeber bewusst eine statische Verweisung gewählt hat, belegt auch die Gesetzesbegründung zum Entwurf des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes (LT-Drs. 4/9812 S. 1). Darin wird ausdrücklich festgehalten, dass das „Bundesrecht zunächst mit einem statischen Verweis … als Landesrecht fortgeführt“ wird. Dies schließt die Annahme aus, die Verweisung sei als dynamische Verweisung, d. h. als Verweisung auf die jeweils gültige Fassung des Beamtenversorgungsgesetzes, gemeint gewesen oder zu verstehen. Dafür bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte. Sinn und Zweck des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes war in erster Linie die Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge im Freistaat Sachsen. Hinsichtlich der sonstigen besoldungs- und versorgungsrechtlichen Regelungen wollte der Landesgesetzgeber dagegen erst einmal von der ihm in Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG eingeräumten Möglichkeit der Ersetzung bisherigen Bundesrechts durch Erlass gleich lautenden Landesrechts Gebrauch machen. Dafür hat er bewusst den Weg der statischen Verweisung gewählt: Landesrecht sollte die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verweisungsvorschrift des § 17 Abs. 2 SächsBesG geltende Fassung des Beamtenversorgungsgesetzes werden; etwaige spätere Änderungen wollte sich der Landesgesetzgeber selbst vorbehalten.

Hinzu kommt, dass es einer dynamischen Verweisung auch nicht bedurft hätte, denn nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG gilt das Beamtenversorgungsgesetz ohnehin als Bundesrecht fort. Es kann daher offen bleiben, ob die Ersetzung bisherigen Bundesrechts im Wege einer dynamischen Verweisung überhaupt zulässig wäre. Ersetzung im Sinn von Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG bedeutet, dass der Landesgesetzgeber die Rechtsmaterie in eigener Verantwortung regelt. Damit könnte - mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 1 und 28 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 1 Satz 2 SächsVerf) - unvereinbar sein, wenn aufgrund der dynamischen Verweisung Teile der durch die Ersetzung auf den Landesgesetzgeber übergegangen Gesetzgebungskompetenz gleichwohl beim Bund verblieben.

Mit der Übernahme des Bundesversorgungsgesetzes im Wege der Fortgeltung als Landesrecht hat der sächsische Landesgesetzgeber sein Beamtenversorgungsrecht erkennbar in eigener Verantwortung geregelt, mithin im Sinn vom Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG durch Landesrecht ersetzt.

Dem steht, anders als der Beklagte meint, nicht entgegen, dass § 17 Abs. 2 SächsBesG die §§ 71 bis 73 BeamtVG, die die Anpassung der Versorgungsbezüge betreffen, vom Anwendungsbefehl des Beamtenversorgungsgesetzes als Landesrecht ausnimmt. Darin liegt insbesondere keine nur teilweise Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes durch Änderung oder Übernahme lediglich einzelner Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes. Wie aus der Gesetzesbegründung zum Entwurf des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes hervorgeht (LT-Drs. 4/9812 S. 1), war Ziel des Gesetzentwurfs die Anpassung der Besoldung und der Versorgungsbezüge der Beamten, Richter und Versorgungsempfänger der Dienstherren im Freistaat Sachsen, die zuletzt mit Wirkung vom 1. August 2004 angepasst worden waren, an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse unter Berücksichtigung des Tarifergebnisses für die Beschäftigten der Länder vom 19. Mai 2006. Da das bisherige Bundesrecht gemäß Art. 125a Abs. 1 GG als Bundesrecht zunächst fortgelte, seien Besoldungs- und Versorgungsanpassungen (bisher § 14 Abs. 2 bis 4, § 85 des BBesG und §§ 71 bis 73 des BeamtVG) nunmehr durch Landesrecht gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG zu regeln. Dies ist sodann in Abschnitt 4 des Sächsischen Besoldungsgesetzes „Besoldungs- und Versorgungsanpassung 2007/2008“ geschehen. An die Stelle der bislang als Bundesrecht fortgeltenden, die Versorgungsanpassung regelnden §§ 71 bis 73 BeamtVG sind für den Freistaat Sachsen die entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen der § 18 Abs. 3, §§ 19, 20 Abs. 5 und 6 SächsBesG getreten, haben diese mithin im Sinn von Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG ersetzt. Im Übrigen werde, wie es in der Gesetzesbegründung weiter heißt, das Bundesrecht zunächst mit einem statischen Verweis ausdrücklich als Landesrecht fortgeführt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte sonach nicht nur die Anpassung der Besoldung und Versorgung landesrechtlich geregelt werden, sondern die (Besoldung und) Versorgung der im Dienst des Freistaats Sachsen stehenden Beamten und Richter sowie der kommunalen Beamten insgesamt durch Übernahme und damit Ersetzung des Bundesversorgungsgesetzes des Bundes als Landesrecht.

Für die vom Kläger ab seinem Eintritt in den Ruhestand am 1. Oktober 2001 gemäß § 14a Abs. 4 BeamtVG beantragte vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes gilt sonach das Beamtenversorgungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1999. Die rückwirkend zum 24. Juni 2005 in Kraft gesetzte Neufassung des § 14a Abs. 1 BeamtVG in der Fassung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes (DNeuG) vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160; Art. 4 Nr. 11 Buchst. a Doppelbuchst. aa, Art. 17 Abs. 1 DNeuG) ist nicht zu berücksichtigen. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob diese Änderung, die zu einer Herabsetzung des Ruhegehaltsanspruchs des Klägers führen würde, verfassungswidrig ist, weil sie möglicherweise die verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsätze des Rückwirkungsverbots und des Vertrauensschutzes verletzt, die Versorgungsempfänger vor nachträglichen und sachlich nicht begründeten Kürzungen ihrer Versorgungsansprüche bewahren sollen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19. August 2010 - 2 C 34.09 -, juris). Vielmehr hat der sächsische Landesgesetzgeber § 14a BeamtVG in der am 19. Juli 2006 geänderten Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1999 in Landesrecht überführt. Damit hat er zugleich die Auslegung des § 14a BeamtVG a. F., wie sie vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 23. Juni 2005 (BVerwGE 124, 19) zur vorliegend im Streit stehenden Frage der vorübergehenden Erhöhung des amtsbezogenen Mindestruhegehaltssatzes rechtsgrundsätzlich und verbindlich vorgenommen wurde, in seinen gesetzgeberischen Willen aufgenommen. Hätte er eine hiervon abweichende Gesetzeslage schaffen wollen, hätte er § 14a BeamtVG a. F. - in gleicher Weise wie der Bundesgesetzgeber später im Dienstrechtsneuordnungsgesetz - ändern können und müssen. Stattdessen hat es der Landesgesetzgeber bei der im Zeitpunkt der Ersetzung des Bundesversorgungsgesetzes des Bundes durch Landesrecht am 1. November 2007 in Kraft befindlichen Formulierung der Vorschrift belassen und auch in der Folgezeit im Zuge mehrfacher Änderungen und Ergänzungen des Sächsischen Besoldungsgesetzes, insbesondere durch Art. 1 Nr. 3 und 4 des am 1. August 2009 in Kraft getretenen Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 19. Juni 2009 (SächsGVBl. S. 327), mit dem u. a. § 5 BeamtVG durch § 17b SächsBesG ersetzt und § 17a SächsBesG, der die Hauptberuflichkeit einer Tätigkeit definiert, eingefügt wurde, keine Änderungen vorgenommen. Insofern entspricht die vom Beklagten im vorliegenden Verfahren vertretene, von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweichende Rechtsauffassung nicht der im Freistaat Sachsen geltenden Gesetzes- und Rechtslage.

Vor diesem Hintergrund ist in Anwendung dieser Rechtsprechung des Bundesver-waltungsgerichts (Urt. v. 23. Juni 2005, BVerwGE 124, 19; bestätigt durch Urt. v. 12. November 2009, ZBR 2010, 258) davon auszugehen, dass auch der sogenannte amtsbezogene Mindestruhegehaltssatz von 35 v. H. gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG ein „nach sonstigen Vorschriften berechneter Ruhegehaltssatz“ im Sinn von § 14a Abs. 1 BeamtVG a. F. ist.

Nach geltendem Recht besteht keine Rechtfertigung, diejenigen Beamten, die Versorgungsbezüge auf Grundlage des Mindestruhegehaltssatzes erhalten haben, von der begünstigenden Wirkung des § 14a BeamtVG a. F. teilweise oder ganz auszuschließen. Dieses Ergebnis folgt aus einer Auslegung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a. F. nach Wortlaut, Systematik und Normzweck unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte. Der individuell ermittelte und festgesetzte Ruhegehaltssatz ist auch dann im Sinn von § 14a Abs. 1 BeamtVG a. F. „berechnet“, wenn er auf der Basis der Vom-Hundert-Sätze des § 14 Abs. 4 BeamtVG gewonnen worden ist. § 14a Abs. 1 BeamtVG a. F. fordert nicht, dass das Ruhegehalt „erdient“ und ausschließlich nach § 14 BeamtVG bestimmt ist, weil die Vorschrift weder den Begriff „erdient“ enthält noch auf § 14 Abs. 1 BeamtVG verweist. Dieses Ergebnis wird durch die Neufassung des § 14a Abs. 1 BeamtVG bestätigt, wonach nicht mehr der nach „den sonstigen Vorschriften berechnete Ruhegehaltssatz“, sondern nur noch der nach „§ 14 Abs. 1, § 36 Abs. 3 Satz 1, § 66 Abs. 2 und § 85 Abs. 4“ berechnete Ruhegehaltssatz vorübergehend erhöht wird. Angesichts des Wortlauts der Fassungen der Vorschrift vor und nach der Änderung durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz und der Entstehungsgeschichte der ursprünglichen Fassung der Vorschriften als Reaktion auf Änderungen im Sozialversicherungsrecht gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass bereits früher eine solche Einschränkung gewollt oder von vornherein mitgedacht war. Die rechtliche Wertung des späteren (Änderungs-)Gesetzgebers, es handle sich bei der Neufassung um eine bloße Klarstellung (vgl. BT-Drs. 16/7076 S. 158, 186) und keine darüber hinausgehende inhaltliche Änderung, trifft daher nicht zu.

Auch ist das Versorgungsrecht wie das Besoldungsrecht ein Rechtsgebiet, in welchem dem Wortlaut des Gesetzes wegen der strikten Gesetzesbindung (§ 2 BBesG, § 3 BeamtVG) besondere Bedeutung zukommt. Vorschriften, die die gesetzlich vorgesehene Versorgung des Beamten begrenzen oder erhöhen, sind grundsätzlich einer ausdehnenden Anwendung nicht zugänglich. Soweit daher der Beklagte geltend macht, Beamte mit Mindestversorgung, die vor ihrer Altersgrenze in den Ruhestand treten, seien bis zu diesem Zeitpunkt bei zusätzlicher Anwendung des § 14a BeamtVG a. F. gegenüber denjenigen Beamten systemwidrig begünstigt, die die Altersgrenze bereits erreicht hätten und ebenfalls mindestversorgungsberechtigt seien, bestehen schon keine greifbaren Anhaltspunkte im Gesetzeswortlaut für eine solche einschränkende Auslegung. Zudem dürfen weder die Verwaltung noch die Gerichte den Gesetzgeber über den der Auslegung zugänglichen Wortlaut hinaus korrigieren.

Auch die Entstehungsgeschichte der hier anzuwendenden Fassung des § 14a Abs. 1 BeamtVG bestätigt dieses anhand des Wortlauts gefundene Auslegungsergebnis. Die Vorschrift ist vor dem Hintergrund vorangegangener Einschränkungen im Recht der Rentenversicherung eingefügt worden. Diese Änderungen hätten dazu geführt, dass Beamte vor Vollendung des 65. Lebensjahres bis zum Bezug der Altersrente in aller Regel ausschließlich auf Versorgungsbezüge angewiesen gewesen wären. Dem sollte durch die neue Vorschrift durch Schaffung einer Ausgleichsregelung für eine Anspruchsminderung in der Sozialversicherung im Beamtenversorgungsgesetz entgegen- gewirkt werden. Da der Ausgleich durch Erhöhung des Ruhegehaltssatzes um 1 v. H. für ein Jahr der anrechnungsfähigen Pflichtversicherungszeiten erfolgt, schließt dies in der Regel einen vollständigen Ausgleich aus. § 14a BeamtVG a. F. begünstigt auch und gerade diejenigen Beamten, die Versorgungsbezüge nach dem Mindestruhegehaltsatz erhalten. Würden diese Beamten auf den nach § 14 Abs. 1 BeamtVG ermittelten Ruhegehaltssatz verwiesen, liefe die Erhöhung ganz oder teilweise leer. Auch sind die vom Beklagten entwickelten Vergleichsgruppen für den vorliegenden Sachverhalt nicht relevant und haben für den Gesetzgeber bei der Schaffung des § 14a BeamtVG a. F. keine Rolle gespielt. Die Vorschrift wollte einzig für die von den sozialversicherungsrechtlichen Änderungen betroffenen Beamten einen Ausgleich im Versorgungsrecht schaffen. Zu vergleichen ist daher die Situation dieser Beamtengruppe vor und nach der Gesetzesänderung. Vor der Gesetzesänderung ist die Rente aus der Sozialversicherung, die diese Beamtengruppe nach der Mindestversorgung nach § 14 Abs. 4 BeamtVG erhalten hätte, in der Regel nicht nach § 55 BeamtVG angerechnet worden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 14 Abs. 5 BeamtVG. Abgesehen davon, dass die ergänzende Ruhensregelung des § 14 Abs. 5 BeamtVG erst mit Wirkung vom 1. Oktober 1994 in das Gesetz eingefügt wurde, bedürfte deren Anwendung auch auf die Fälle des § 14a Abs. 1 BeamtVG a. F. einer entsprechenden Regelung in § 14a oder in § 14 Abs. 1 BeamtVG, die jedoch fehlt. Auch kann von einer gemessen an Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 18 Abs. 1 SächsVerf gleichheitswidrigen Bevorzugung der Beamten mit Mindestruhegehaltssatz keine Rede sein. Der Gesetzgeber hat bei beamtenversorgungsrechtlichen Regelungen einen weiteren Spielraum des politischen Ermessens, innerhalb dessen er die Versorgung der Beamten den besonderen Gegebenheiten, den tatsächlichen Notwendigkeiten sowie der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen kann. Sich daraus ergebende Unebenheiten, Friktionen und Mängel müssen in Kauf genommen werden, solange sich für die Gesamtregelung ein plausibler und sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (vgl. BVerwG, Urt. v. 12. November 2009 a. a. O.).

Nach alledem ist der vom Beklagten erlassene Festsetzungsbescheid vom 28. August 2001 rechtswidrig. Über seine Rücknahme hat der Beklagte gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i. V. m. § 1 SächsVwVfG (a. F.)/§ 1 SächsVwVfZG nach seinem Ermessen zu entscheiden. Eine solche Ermessensentscheidung ist indes nicht erfolgt, da der Beklagte von der Rechtmäßigkeit des Festsetzungsbescheides ausging; es liegt somit ein Ermessensausfall vor.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG vorliegt.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.607,84 € festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 1 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat folgt der zutreffenden Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die sich die Beteiligten nicht gewandt haben.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).