OLG Köln, Beschluss vom 04.07.2000 - 9 Wx 33/00
Fundstelle
openJur 2011, 83544
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 T 12/00
Tenor

1.) Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen vom 29. März 2000 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 10. März 2000 - 3 T 12/00 - wird als unzulässig verworfen. 2.) Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Betroffene zu tragen.

Gründe

I. Am 10.01.2000 wurde der Betroffene bei der Einreise von Deutschland in die Niederlande von den niederländischen Behörden festgehalten und der Grenzschutzinspektion Aachen - Nord überstellt. Bei der Festnahme legte der Betroffene einen Pass auf den Namen Okundia vor.

Bereits im Jahre 1990 war der Betroffene nach Deutschland eingereist und hatte einen Asylantrag gestellt. Diesen Antrag hatte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Nachdem er 1992 eine deutsche Staatsangehörige geheiratet hatte - die Ehe wurde zwischenzeitlich geschieden - , erhielt er eine Aufenthaltsgenehmigung in Form einer Aufenthaltserlaubnis. Am 04.04.1996 wurde die Aufenthaltserlaubnis bis zum 03.04.1998 verlängert. Unter dem 04.04.1996 wurde ein Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ausgefüllt. Mit Schreiben vom 08.09.1997 teilte das Ausländeramt Bonn dem Betroffenen mit, dass seine Aufenthaltserlaubnis nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG erloschen sei. Von Mitte / Ende Mai 1996 bis 08.03.1999 befand sich der Betroffene in Strafhaft in Belgien.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 11.01.2000 - 41 XIV 4053 B - ist die Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen bis 10.04.2000 angeordnet worden. Die hiergegen von dem Betroffenen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht Aachen durch Beschluss vom 10.03.2000 - 3 T 12/00 - auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Das Landgericht hat ausgeführt, es bestehe der Haftgrund nach

§ 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AuslG. Das Asylverfahren sei abgeschlossen und die Aufenthaltserlaubnis abgelaufen. Eine anderweitige Aufenthaltsgenehmigung bestehe nicht, insbesondere liege keine Erlaubnis nach § 69 Abs. 3 AuslG vor, weil jedenfalls § 44 Abs. 1 Nr. 3 AuslG eingreife. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen.

Dieser Beschluss ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen am 16.03.2000 zugestellt worden. Am 23.03.2000 ist der Betroffene aus der Abschiebungshaft entlassen worden.

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigen vom 29.03.2000, eingegangen an demselben Tage, hat der Betroffene sofortige weitere Beschwerde eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 29.05.2000 begründet hat.

Er beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 11.01.2000 - 41 XIV 4053.B - sowie den Beschluss des Landgerichts Aachen vom 10.03.2000 - 3 T 12/00 - aufzuheben; hilfsweise festzustellen, dass die Verhängung von Abschiebungshaft im vorliegenden Fall rechtswidrig war; äußerst hilfsweise das Verfahren an das Landgericht Aachen zurückzuverweisen.

Auch nach Entlassung aus der Abschiebungshaft hält der Betroffene an dem Rechtsmittel fest und macht geltend, dass die weitere Beschwerde gleichwohl zulässig sei, weil ein schwerer Eingriff in die Freiheit der Person vorliege. Darüber hinaus sei der Aufenthalt des Betroffenen in Deutschland gemäß § 69 Abs. 3 AuslG erlaubt. Ein Antrag auf unbefristete Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung sei von der Ausländerbehörde noch unbeschieden. Außerdem habe der geplanten Abschiebung die erforderliche Vollstreckungsgrundlage in Form einer Abschiebungsandrohung gefehlt.

Insoweit nimmt er Bezug auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen vom 23.03.2000 - 8 L 355/00, in dem vorläufig untersagt worden ist, den Betroffenen nach Nigeria abzuschieben und angeordnet worden ist, den Betroffenen aus der Abschiebungshaft zu entlassen. Im übrigen sei die Abschiebung unmöglich, weil es an einem Passersatzpapier fehle. Schließlich habe das Landgericht verfahrensfehlerhaft eine Anhörung des Betroffenen durch die Kammer unterlassen. Die Anhörung durch den ersuchten Richter sei nicht ausreichend gewesen. Der Beteiligte zu 2. hat seine bisherige Auffassung wiederholt und ergänzend vorgetragen, dass sich das Passersatzpapier bei der Zentralen Ausländerbehörde in Köln befunden habe.

II. Die nach den §§ 3, 7 FEVG, 103 Abs. 2 AuslG, 27, 29 FGG statthafte sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen ist unzulässig.

Es fehlt nämlich vorliegend an einem rechtlichen Interesse an der Durchführung des Beschwerdeverfahrens. Der Gegenstand des Rechtsmittels in der Hauptsache ist durch Entlassung des Betroffenen am 23.03.2000 (und Ablauf der Haftanordnung am 10.04.2000) erledigt.

Eine Sachentscheidung kann nicht mehr ergehen mit der Folge, dass die weitere Beschwerde als unzulässig zu verwerfen ist, wenn nicht der Beschwerdeführer seinen Antrag auf die Kosten beschränkt (vgl. Keidel - Kahl, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Aufl., § 19 FGG, Rn 94 mit weiteren Nachweisen), worauf der Senat mit Schreiben vom 09.05.2000 an den Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen hingewiesen hat.

Mit dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, ist es grundsätzlich vereinbar, ein Rechtschutzinteresse nur solange zu bejahen, als ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet die Annahme eines Rechtschutzinteresses allerdings in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensverlauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz nur schwer erlangen kann (vgl. BVerfG, NJW 1998, 2432; NJW 1997, 2163; BGH, NJW 1998, 2829 mit weiteren Nachweisen). Das ist zum Beispiel bei vorläufigen Unterbringungsmaßnahmen (BVerfG, NJW 1998, 2432) oder bei Durchsuchungsanordnungen (BVerfG , NJW 1997, 2163) der Fall.

Eine solche Ausnahme ist bei Anordnung von Abschiebungshaft indes nicht gegeben. Die mit der Abschiebungshaft verbundenen Freiheitsentziehung stellt zwar für den Betroffenen einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar, die Sicherungshaft ist aber nach ihrem typischen Ablauf nicht auf eine so kurze Beeinträchtigung angelegt, dass die Gefahr des "Leerlaufens" der gegen ihre Anordnung eröffneten Rechtsmittel bestünde (so BGH, NJW 1998, 2829). Weder die Gründe der Sicherungshaft nach § 57 Abs. 2 Satz 1 AuslG noch die Ausgestaltung des Verfahrens nach dem Freiheitsentziehungsgesetz (FEVG) lassen ein Bedürfnis für die Zulassung eines "Fortsetzungsfeststellungsantrages" erkennen.

Demnach ist die weitere Beschwerde nicht zulässig und dem Senat ist ein Eingehen auf die Sache selbst verwehrt. Der Senat brauchte nicht darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen der Abschiebungshaft vom Landgericht rechtsfehlerfrei bejaht worden sind.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf

§ 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG, wobei für die Gerichtskosten die §§ 14, 15 FEVG gelten.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren : 5.000,-- DM