OLG Köln, Urteil vom 14.01.2000 - 3 U 86/99
Fundstelle
openJur 2011, 81686
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 8 O 344/98

1. Eine Ersetzungsbefugnis durch Sicherheitsleistung in Form der Hinterlegung kann aufgrund der Vertragsfreiheit wirksam durch Rechtsgeschäft vereinbart werden, ohne daß die Voraussetzungen der §§ 372 ff. BGB vorliegen müßten. Eine entsprechende Klausel im AGB verstößt nicht gegen §§ 3, 9 AGBG. 2. Die Ersetzungsbefugnis braucht nur auf Antrag der beklagten Partei in den Urteilstenor mit aufgenommen zu werden. 3. Der Vertretene braucht zur Zeit der Vornahme des Vertretergeschäfts noch nicht bestimmt zu sein. Es reicht, daß sich die Willenserklärungen erkennbar auf den Vertretenen als Geschäftsherrn beziehen. Dies gilt insbesondere für Vertragsabschlüsse des Treuhänders für die noch zu werbende Bauherrengemeinschaft. 4. Der einzelne Wohnungseigentümer ist auch ohne Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft befugt, im Hinblick auf Vorschußansprüche gem. §§ 633 Abs. 3 BGB, 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B Zahlung aufgrund einer Gewährleistungsbürgschaft zu verlangen. Bei Zweiterwerbern ist im Regelfall zu vermuten, daß sie von den Ersterwerbern dazu stillschweigend ermächtigt sind, Zahlung an die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft zu verlangen. Die Wohnungseigentümer sind insoweit Gesamtgläubiger.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 19. Mai 1999 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 8 O 344/98 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte berechtigt ist, sich von der Verpflichtung aus der unter dem 26.10.1993 gegenüber der C. St. mbH übernommenen Bürgschaft zu befreien, indem sie unter Verzicht auf Rücknahme die Hauptsumme von 250.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14.5.1998 zugunsten der Kläger für die Gewährleistungsverbindlichkeiten der H. B. GmbH hinterlegt. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung - auch in Form der selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse - in Höhe von 303.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Kläger sind Wohnungseigentümer der "Wohnanlage St." in L..

Sie gehen gegen die Beklagte aus einer Gewährleistungsbürgschaft

vor, die diese unter dem 26.10.1993 gegenüber der C. St. mbH (C.)

übernommen hat.

Am 24.3.1992 wurde mit notariellem Gesellschaftsvertrag die

Gesellschaft bürgerlichen Rechts Wohnanlage St. D./L. gegründet.

Zweck der Gesellschaft war die gemeinsame Durchführung eines

Bauprojektes in D. zur Errichtung von 3 Wohngebäuden mit 87

Wohneinheiten. Gründungsgesellschafter waren zum einen die in einer

Anlage zum notariellen Vertrag aufgeführten und von der C.

vertretenen Personen, sowie zum anderen die H. B. GmbH (H.). Die

Geschäftsführung der GbR wurde der H. unter Befreiung von der

Beschränkung des § 181 BGB und befristet bis zur Beendigung der

Gesellschaft durch Erreichung des Gesellschaftszwecks

übertragen.

Unter dem 2.4.1992 schloss die H. im eigenen Namen als

Auftragnehmerin und im Namen der vorgenannten GbR als

Auftraggeberin unter Einbeziehung der VOB/B einen

Generalübernehmer-Werkvertrag zur schlüsselfertigen Errichtung der

vorgenannten Wohnanlage. Vertraglicher Fertigstellungszeitpunkt war

der 31.12.1993. Die H. verpflichtete sich, zur Absicherung etwaiger

Gewährleistungsansprüche eine selbstschuldnerische einredefreie

Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 250.000,00 DM zu

erbringen.

Diese Gewährleistungsbürgschaft (Bl. 21 d.A.) gab die Beklagte 2

Monate vor Erreichung des vertraglichen Fertigstellungszeitpunkts

für die H. unter dem 26.10.1993 gegenüber der C. ab. Die

Bürgschaftserklärung erfolgte dabei unter zeitlicher Befristung bis

zum 30.9.1998 und unter dem Vorbehalt der Möglichkeit, die

Zahlungspflicht durch Hinterlegung zu erfüllen.

Zwischenzeitlich hatte die C. die Wohneinheiten der Anlage

bundesweit vertrieben und die jetzigen Kläger als Käufer und

Eigentümer gewonnen. Außerdem war mit der grundbuchlichen

Durchführung der Teilungsvereinbarung und Baufertigstellung der

Zweck und damit die Beendigung der GbR eingetreten.

Da die abgenommenen Bauleistungen der H. - wie ein von den

Klägern eingeholtes Privatgutachten ergeben hat - Mängel aufweisen,

deren Beseitigungskosten einen Betrag von 250.000,00 DM

übersteigen, bevollmächtigte die Eigentümerversammlung der WEG mit

Beschluss vom 12.4.1997 ihren Verwalter, die C. unter Einschaltung

des Zeugen Rechtsanwalt K. zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde

aufzufordern. Unter dem 20.3.1998 übersandte die C. die verlangte

Urkunde.

Im Anschluss daran forderte der Zeuge Rechtsanwalt K. die

Beklagte erstmals mit Schreiben vom 31.3.1998 zur Zahlung des

Bürgschaftsbetrages Zug um Zug gegen Herausgabe der

Bürgschaftsurkunde auf. Die Beklagte wies in ihrem Antwortschreiben

darauf hin, dass sie den angeforderten Betrag erst durch

Hinterlegung zahlen werde, wenn ihr ein Nachweis für den Óbergang

der gegenüber der C. abgegebenen Bürgschaft auf die WEG vorgelegt

werde. Der Zeuge Rechtsanwalt K. wies seinerseits mit Schreiben vom

6.5.1998 darauf hin, dass ihm schließlich die

Original-Bürgschaftsurkunde von der C. anstandslos überlassen

worden sei und setzte der Beklagten eine Zahlungsfrist zum

13.5.1998, die jedoch erfolglos verstrich.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie als

Gesamtgläubiger 250.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14.5.1998

zu zahlen Zug um Zug gegen Herausgabe der

Original-Gewährleistungsbürgschaft vom 26.10.1993 zum Zeichen 950

og kö/98 913 551.

Die Beklagte hat

Klageabweisung beantragt.

Sie hat die Aktivlegitimation der Kläger bestritten. Jedenfalls

hätten diese bislang einen ordnungsgemäßen Abtretungsnachweis der

Forderung aus der Bürgschaftserklärung nicht erbracht, weshalb sie

- die Beklagte - auch nicht in Verzug geraten sei. Außerdem habe

sie aufgrund von Ereignissen, die zeitlich nach dem Schreiben des

Zeugen K. vom 6.5.1998 eingetreten seien, davon ausgehen dürfen,

dass sich die Geltendmachung des Anspruchs aus der

Bürgschaftserklärung vorläufig erledigt habe. Hierzu hat sie unter

Bezugnahme auf zwei Schreiben des für die H. tätigen Zeugen

Rechtsanwalt G. vom 8.5.1998 (Bl. 58 f. d.A.) und vom 11.5.1998

(Bl. 60 f. d.A.) behauptet, die Kläger und die H. hätten

vereinbart, dass die Kläger im Gegenzug dafür, dass die H. in Bezug

auf die festgestellten Baumängel auf den Einwand der Verjährung

verzichte, ihrerseits vorläufig nicht weiter auf die Auszahlung des

Bürgschaftsbetrages bestehen würden.

Durch Urteil vom 19.5.1999 (Bl. 158 ff. d.A.), auf das

vollinhaltlich Bezug genommen wird, hat das Landgericht nach

Beweisaufnahme der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es

ausgeführt, die H. sei als Hauptschuldnerin den Klägern gegenüber

wegen der unstreitig vorhandenen Baumängel gem. § 13 Nr. 5 Abs. 2

VOB/B zur Zahlung eines die voraussichtlichen

Mängelbeseitigungskosten von über 250.000,00 DM deckenden

Vorschusses verpflichtet. Die Beklagte hafte hierfür aus der von

ihr am 26.10.1993 abgegebenen selbstschuldnerischen

Gewährleistungsbürgschaft. Die Kläger seien aktivlegitimiert, da

die C. in Vertretung der hinter ihr stehenden Wohnungseigentümer

gehandelt habe, und damit gem. § 164 Abs. 1 BGB mit Wirkung für und

gegen die Kläger. Dass dieses Vertretungsverhältnis in der

Bürgschaftsurkunde nicht ausdrücklich zum Ausdruck komme, schade

gem. § 164 Abs. 1 S. 2 BGB nicht. Die Tatsache, dass die C. als

Vertriebsgesellschaft bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages in

Stellvertretung für die Eigentümer der Wohnanlage handelte, sei

nach den vorliegenden Umständen offensichtlich und insbesondere

auch für die Beklagte als ortsansässige Bank erkennbar gewesen. Auf

den zwischen den Parteien umstrittenen Abtretungsnachweis komme es

daher nicht an.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe auch nicht fest, dass

die Kläger gegenüber der H. eine vorläufige Verzichtserklärung in

Bezug auf die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft abgegeben hätten.

Zwischen den Zeugen Rechtsanwalt G. und Rechtsanwalt K. habe

anscheinend ein Dissens hinsichtlich der Frage eines vorläufigen

Bürgschaftsverzichts vorgelegen. Das Schreiben des Zeugen G. an den

Zeugen K. vom 11.5.1998 spreche sicherlich dafür, dass der Zeuge G.

von einer entsprechenden Einigung ausgegangen sei. Es wäre auch

wünschenswert gewesen, wenn der Zeuge K. auf dieses Schreiben

klarstellend erwidert hätte. Das Schreiben vom 11.5.1998 stelle in

diesem Zusammenhang auch nicht etwa ein kaufmännisches

Bestätigungsschreiben im Sinne von § 346 HGB dar. Zudem sei aus

Sicht der Kläger angesichts des im September 1998 drohenden

Zeitablaufs der befristeten Bürgschaft ein vorläufiger Verzicht auf

dieselbe nicht recht verständlich und nachvollziehbar.

Gegen dieses ihr am 26.5.1999 zugestellte Urteil hat die

Beklagte am 25.6.1999 Berufung eingelegt und diese nach

entsprechender Fristverlängerung am 9.8.1999 begründet.

Sie macht geltend, die Hinterlegungsmöglichkeit hätte im Tenor

des Urteils Ausdruck finden müssen. Ferner bestreitet sie die

Aktivlegitimation der Kläger. In der überwiegenden Mehrheit seien

sie nicht Gründungsgesellschafter gewesen. Zudem erfasse die

Klägerliste nicht alle fortlaufenden Nummern der Wohnungen. Es

könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, nicht die

ausdrücklich genannte Firma C., sondern die jetzigen Kläger seien

Partner des Bürgschaftsvertrages. Die Kläger hätten auch nicht

nachgewiesen, dass ihnen die einzelnen Ansprüche aus § 12 des

Generalübernehmer-Werkvertrages abgetreten worden seien. Es sei

zweifelhaft, ob es um Mängel am Gemeinschaftseigentum oder am

Sondereigentum der einzelnen Eigentümer gehe. Insoweit bestreitet

sie die Berechtigung der Höhe des geforderten Vorschusses. Im

übrigen wendet sich die Beklagte gegen die Beweiswürdigung des

Landgerichts hinsichtlich des behaupteten Verzichts.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen

Urteils die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Fall ihrer

Verurteilung auszusprechen, dass sie berechtigt sei, sich von der

Verpflichtung aus der Bürgschaft zu befreien, indem sie unter

Verzicht auf Rücknahme die Hauptsumme nebst Zinsen zugunsten der

Berechtigten für die Gewährleistungsverbindlichkeiten der H. B.

GmbH hinterlegt;

hilfsweise ihr nachzulassen, die

Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, die auch

in Form der selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen

Großbank und/oder öffentlichrechtlichen Sparkasse erbracht werden

kann.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meinen, der Vorbehalt der Hinterlegung habe im Tenor keine

Berücksichtigung finden müssen; es wäre erstinstanzlich Aufgabe der

Beklagten gewesen, einen entsprechenden Antrag zu stellen bzw.

tatsächlich zu hinterlegen.

In Bezug auf ihre bestrittene Aktivlegitimation halten sie es

für unerheblich, dass eine Mehrheit von ihnen sich nicht im

Gesellschaftsvertrag wiederfinde. Sie seien über den Vertrieb der

C. bundesweit und zeitlich danach als Kaufinteressenten geworben

worden, und zwar im Rahmen eines hinlänglich bekannten Steuerspar-

und Bauherrenmodells. Bis zur Erreichung des Gesellschaftszwecks

habe die C. entsprechend der Prospektkonzeption eine Vielzahl von

Verträgen als Vertreterin für die späteren Käufer und jetzigen

Kläger geschlossen.

Die Kosten für die Beseitigung der festgestellten Baumängel

lägen über der Bürgschaftssumme. Auf die Unterscheidung von Sonder-

und Gemeinschaftseigentum komme es dabei nicht an. Hinsichtlich des

angeblichen Verzichts auf Inanspruchnahme der Beklagten aus der

Bürgschaft sei diese beweispflichtig geblieben. Der Zeuge K. sei

auch nicht verpflichtet gewesen, dem Inhalt des Schreibens vom

11.5.1998 zu widersprechen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf

den Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst

den überreichten Urkunden Bezug genommen.

Gründe

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der

Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Aufgrund ihres nunmehr

gestellten Hilfsantrages war lediglich ihre Berechtigung zur

Hinterlegung der Bürgschaftssumme auszusprechen.

Entgegen ihrer Auffassung brauchte das Landgericht ohne einen

entsprechenden Antrag im Tenor nicht zum Ausdruck zu bringen, dass

die Beklagte berechtigt war, sich von der Verpflichtung aus der

Bürgschaft durch Hinterlegung eines Betrages von 250.000,00 DM zu

befreien.

Die betreffende Klausel in der Bürgschaftsurkunde stellt eine

Ersetzungsbefugnis durch Sicherheitsleistung in Form der

Hinterlegung dar. Sie kann aufgrund der Vertragsfreiheit wirksam

durch Rechtsgeschäft vereinbart werden, ohne dass die

Voraussetzungen der §§ 372 ff. BGB vorliegen müssten (vgl.

Palandt-Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 262 Rdn. 7, 8 und vor § 372

Rdn. 4 a; Münch-Kommvon Feldmann, BGB, 3. Aufl., § 232 Rdn. 1;

Staudinger-Dilcher, BGB, 12. Aufl., vor § 232 Rdn. 4; BGB NJW 86,

1038 und 93,55). Die Klausel verstößt auch nicht gegen §§ 3, 9

AGB-Gesetz, weil sie die Klage des Gläubigers gegen die Sparkasse

auf Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Betrages nicht

ausschließt (vgl. BGH NJW 86, 1038 (1039)).

Wie eine Ersetzungsbefugnis in prozessualer Hinsicht zu

behandeln ist, ist umstritten. Nach

Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 57. Aufl., § 260 Rdn. 7

ist der Beklagte zu der bestimmten Leistung mit dem Zusatz zu

verurteilen, dass er diese Leistung durch die anderweitige Leistung

abwenden kann.

Nach anderer Auffassung ist die Klärung der Ersetzungsbefugnis

im Erkenntnisverfahren zwar zulässig, aber nicht erforderlich, wenn

die Parteien keine entsprechenden Anträge stellen. Die dem

Schuldner zustehende Möglichkeit der anderen Leistung ist nicht

Gegenstand der Verurteilung und nicht vollstreckbar. Erbringt er

die andere Leistung, so hat er erfüllt und kann

Vollstreckungsgegenklage erheben (so MünchKomm-Lüke, ZPO, § 260

Rdn. 23; Stein-Jonas-Schumann, ZPO, 20. Aufl., § 253 Rdn. 122;

Klauß, NJW 50, 766 (Herausgabeklage mit der Einschränkung, dass es

dem Schuldner gestattet sein soll, die Herausgabe durch Zahlung

abzuwenden); K. Schmidt, ZZP 98, 32 ff. (45); Palandt-Heinrichs,

BGB, § 245 Rdn. 22 und BGH NJW 80, 2017 (zur Verurteilung zur

Zahlung in Fremdwährung und der Ersetzungsbefugnis nach § 244

BGB)).

Der Senat schließt sich der letztgenannten Meinung an. Es wäre

erstinstanzlich Sache der Beklagten gewesen, mit ihrem

Klageabweisungsantrag den Hilfsantrag bezüglich ihrer Befugnis zur

Hinterlegung der Bürgschaftssumme zu verbinden. Ohne einen solchen

Antrag brauchte das Landgericht die Hinterlegungsbefugnis der

Beklagten nicht in den Tenor mit aufzunehmen.

Die Beklagte bestreitet auch ohne Erfolg die Aktivlegitimation

der Kläger. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass

der Bürgschaftsvertrag mit den Klägern, vertreten durch die C.,

zustande gekommen ist. Nach herrschender Meinung braucht der

Vertretene zur Zeit der Vornahme des Vertretergeschäfts noch nicht

bestimmt zu sein. Es reicht, dass sich die Willenserklärungen

erkennbar auf den Vertretenen als Geschäftsherrn beziehen. Dies

gilt insbesondere für Vertragsabschlüsse des Treuhänders für die

noch zu werbende Bauherrengemeinschaft (vgl. Soergel-Leptien, BGB,

12. Aufl., vor § 164 Rdn. 30 f., 33; Staudinger-Dilcher, BGB, 12.

Aufl., vor § 164 Rdn. 51; MünchKomm-Schramm, BGB, 3. Aufl., § 164

Rdn. 18 ff.; Palandt-Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 164 Rdn. 1, 8 f.;

BGH NJW 89, 164 ff. (166)).

Es kann keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass die C. bei

Abschluss des Bürgschaftsvertrages nicht für sich selbst, sondern

für die bereits vorhandenen sowie die noch zu werbenden Bauherren

bzw. künftigen Wohnungseigentümer gehandelt hat und dies auch für

die Beklagte erkennbar war. Nach § 4 des zwischen der H. und der C.

als Vertreterin der Gründungsgesellschafter abgeschlossenen

Gesellschaftsvertrages vom 24.3.1992 verpflichteten sich die

Gesellschafter zur gemeinsamen Errichtung der St. in L.. Dabei

hatte die C. nach § 2 der notariellen Urkunde die Aufgabe, das

rechtswirksame Eintreten neuer bzw. das Ausscheiden der bisherigen

Gesellschafter zu bewirken. Gem. § 4 des Gesellschaftsvertrages und

dem ihm als Anlage III beigefügten Muster wurde von der H.,

handelnd für sich im eigenen Namen und als Geschäftsführer der GbR

unter dem 2.4.1992 der Generalübernehmer-Werkvertrag (Bl. 12 ff.

d.A.) geschlossen, der unter §§ 3 Ziff. 3 und 12 Ziff. 2 die

Regelung enthält, dass der Auftraggeber - die GbR - zur Besicherung

von etwaigen Gewährleistungsansprüchen 250.000,00 DM bis zum Ablauf

der Mängelgewährleistungsfrist einbehalten kann, soweit die H.

nicht eine Gewährleistungsbürgschaft in gleicher Höhe vorlegt.

Unstreitig hat die C. sodann das Anlageobjekt bundesweit vertrieben

und die Kläger als Kaufinteressenten geworben, wobei diese die C.

gemäß der Prospektkonzeption durch entsprechende Verträge umfassend

bevollmächtigten. Diese Gestaltung der von der H. und der C.

durchgeführten Bauherrenmodelle ist gerichtsbekannt. Der Senat geht

davon aus, dass diese Kenntnis auch bei der Beklagten bei Eingehung

der Bürgschaftsverpflichtung vorhanden gewesen ist und sie mit

Sicherheit gewusst hat, in welcher Funktion die C. tätig wurde. Die

Beklagte behauptet selbst nicht, dass ihr bei Vertragsschluss der

Prospekt nebst Musterverträgen, der Gesellschaftsvertrag sowie der

Generalübernehmer-Werkvertrag unbekannt gewesen wären. Die Abgabe

der Bürgschaftserklärung ohne die Óberprüfung der genannten

Urkunden wäre auch mit der von ihr zu erwartenden banküblichen

Sorgfalt nicht zu vereinbaren gewesen.

Aus den Umständen ergab sich daher, dass die

Bürgschaftserklärung der Beklagten der Bauherren- bzw. künftigen

Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber abgegeben wurde; denn

allein dieser konnten Gewährleistungsansprüche gegenüber der H.

zustehen. Dass die Bürgschaftsurkunde an die C. adressiert war,

schadet nicht (vgl. MünchKomm-Schramm, BGB, 3. Aufl., § 164 Rdn.

21, 111; Soergel-Leptien, BGB, 12. Aufl., § 164 Rdn. 37).

Unerheblich ist, dass von den insgesamt 87 Wohnungen der "St."

nur 74 Eigentümer klagen. Es kann auch offen bleiben, inwieweit die

jetzigen Kläger mit denjenigen Wohnungseigentümern identisch sind,

die bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages am 26.10.1993 vorhanden

waren. Nach herrschender Meinung ist der einzelne

Wohnungseigentümer auch ohne Mehrheitsbeschluss der

Eigentümergemeinschaft befugt, Ansprüche auf Mängelbeseitigung,

Vorschuss gem. § 633 Abs. 3 BGB, auf Ersatz der

Nachbesserungskosten sowie auf Zahlung aufgrund einer

Gewährleistungsbürgschaft geltend zu machen. Soweit es sich dabei

um Zweiterwerber handelt, ist im Regelfall zu vermuten, dass sie

von den Ersterwerbern dazu stillschweigend ermächtigt sind, Zahlung

an die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft zu verlangen

(vgl. BGH NJW 85, 1551 f.; 88, 1718; 92, 1881 f.; 97, 2173 f.; OLG

Frankfurt NJW-RR 93, 339; Palandt-Strauch, BGB, 58. Aufl., vor §

633 Rdn. 30; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl., Rdn. 471

ff.).

Der BGH hat es offen gelassen, ob die Wohnungseigentümer

Gesamtgläubiger gem. § 428 BGB oder Mitgläubiger gem. § 432 BGB

sind. Ausgehend von seiner vorgenannten Rechtsprechung, wonach

jeder einzelne Wohnungseigentümer die mangelfreie Herstellung des

gesamten Gemeinschaftseigentums verlangen kann, erscheint es jedoch

konsequent, Gesamtgläubigerschaft anzunehmen; denn diese liegt gem.

§ 428 S. 1 BGB vor, wenn mehrere eine Leistung in der Weise zu

fordern berechtigt sind, dass jeder die ganze Leistung fordern

kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken

verpflichtet ist. Für die Inanspruchnahme einer

Gewährleistungsbürgschaft, die - wie hier - den Vorschussanspruch

gem. § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B betrifft, kann nichts anderes gelten.

Soweit Werner/Pastor a.a.O. Rdn. 492 Mitgläubigerschaft annehmen,

betrifft dies die Gewährleistungsrechte Minderung und

Schadensersatz, bei denen nach der Rechtsprechung des BGH gerade

keine Einzelberechtigung des einzelnen Wohnungseigentümers besteht.

Gegen die vom Landgericht vorgenommene Tenorierung, wonach die

Beklagte zur Zahlung an die Kläger als Gesamtgläubiger verurteilt

wird, bestehen somit keine Bedenken.

Das Landgericht hat auch zu Recht einen Verzicht der Kläger auf

die Inanspruchnahme der Beklagten aus der Bürgschaft verneint.

Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die

zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen

Urteil Bezug genommen. Angesichts der einander widersprechenden

Zeugenaussagen ist die Beklagte beweisfällig geblieben. Zudem

erscheint es kaum nachvollziehbar, dass Rechtsanwalt K. für die

Kläger auf die Geltendmachung der Bürgschaft vorläufig verzichtet

haben könnte, da diese nur bis zum 30.9.1998 befristet war und es

zweifelhaft erscheinen konnte, in welcher Form - durch einfaches

Forderungsschreiben oder Klageerhebung - die Geltendmachung vor

Fristablauf zu erfolgen hatte. Die Einleitung des selbstständigen

Beweisverfahrens gegen die H. hatte jedenfalls keine

Unterbrechungswirkung für die Bürgschaftsforderung.

Im übrigen soll nach den eigenen Bekundungen des Zeugen G. und

seinem Schreiben vom 11.5.1998 nur ein befristeter Verzicht der

Kläger auf die Rechte aus der Gewährleistungsbürgschaft im

Zusammenhang mit einem befristeten Verzicht der H. auf die Einrede

der Verjährung bis zur Einleitung eines selbstständigen

Beweisverfahrens vereinbart worden sein. Der Beweisbeschluss des

Landgerichts in dem selbstständigen Beweisverfahren 8 OH 20/98

datiert vom 15.5.1998. Die Klage in der vorliegenden Sache ist erst

am 22.9.1998, also rund eine Woche vor Ablauf der in der

Bürgschaftsurkunde genannten Frist erhoben worden. Dafür, dass eine

längere Frist für den vorläufigen Verzicht der Kläger auf die

Inanspruchnahme der Beklagten aus der Bürgschaft vereinbart worden

wäre, ist nichts dargetan und kann insbesondere auch nicht der

Aussage des Zeugen G. entnommen werden.

Die Beklagte vermag auch die Höhe des Vorschussanspruchs nicht

wirksam zu bestreiten; denn das Landgericht hat mit

Tatbestandswirkung gem. § 314 ZPO festgestellt, dass die

voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten 250.000,00 DM

übersteigen. Die Klage bezieht sich ausdrücklich auch nur auf

Baumängel am Gemeinschaftseigentum. Soweit in dem Beweisbeschluss

des Landgerichts in dem selbstständigen Beweisverfahren 8 OH 20/98

(Bl. 22 ff. d.A.) Mängel an einzelnen Wohnungseinheiten aufgeführt

sind, handelt es sich ebenfalls um solche am Gemeinschaftseigentum;

denn es geht um eindringende Feuchtigkeit infolge mangelhafter

Isolierung der Außenwände, Balkone und Fensteranlagen (vgl.

Werner/Pastor a.a.O., Rdn. 468).

Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurück zu weisen,

allerdings auf ihren nunmehr im Berufungsverfahren gestellten

Hilfsantrag hin zusätzlich auszusprechen, dass sie berechtigt ist,

sich von der Bürgschaftsverpflichtung durch Hinterlegung der

Bürgschaftssumme nebst Zinsen zugunsten der Kläger, die nach den

obigen Ausführungen die Berechtigten sind, zu befreien.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Aufnahme

der Hinterlegungsbefugnis in den Tenor, gegen die sich die Kläger

im übrigen nicht gewandt haben, bedeutet kein Teil-Unterliegen. Ihr

kommt nur deklaratorische Bedeutung zu, insbesondere für ein

mögliches Zwangsvollstreckungsverfahren.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht

auf §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 108 Abs. 1 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer der

Beklagten: 250.000,00 DM