OLG Köln, Beschluss vom 18.08.2000 - 2 W 97/00
Fundstelle
openJur 2011, 81250
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 25 T 228/00
Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 21. April 2000 gegen den Beschluß der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 23. März 2000 - 25 T 228/00 - wird zugelassen. Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 21. April 2000 gegen den Beschluß der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 23. März 2000 - 25 T 228/00 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Beteiligte zu 2) zu tragen.

Gründe

 

Der Beteiligte zu 2) ist durch Beschluß des Amtsgerichts Düsseldorf vom

Februar 1999 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden. Mit

Beschluß vom 30. April 1999 hat das Amtsgericht Düsseldorf das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beteiligten zu 1) eröffnet und den Beteiligten zu 2) zum Insolvenzverwalter bestellt.

Mit Schriftsatz vom 17. August 1999 hat der Beteiligte zu 2) die Festsetzung einer Vergütung in Höhe von DM 4.875,-- nebst 16 % Mehrwertsteuer, zusammen DM 5.640,60, für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter beantragt. Durch Beschluß vom 2. März 2000 hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters auf DM 2.271,13 nebst Mehrwertsteuer, insgesamt DM 2.637,99 festgesetzt und den weitergehenden Festsetzungsantrag des Beteiligten zu 2) abgelehnt. Dabei hat sie einen zu berücksichtigenden Wert der Masse bei der Beendigung der vorläufigen Verwaltung von DM 37.902,19 zugrunde gelegt. Forderungen der Schuldnerin, auf die bis zur Beendigung des Amtes des vorläufiger Verwalter keine Zahlungen geleistet wurden, seien nach einer Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 23. November 1999 - 25 T 937/99 - nicht zu berücksichtigen.

Gegen diesen ihm nicht vor dem 8. März 2000 zugestellten Beschluß vom 2. März 2000 hat der Beteiligte zu 2) mit einem am 14. März 2000 bei dem Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 13. März 2000 Beschwerde eingelegt. Dieser Beschwerde hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts durch Beschluß vom 15. März 2000 teilweise abgeholfen und eine weitere Vergütung in Höhe von DM 1.957,87 einschließlich Mehrwertsteuer festgesetzt. Der zu berücksichtigende Wert der Masse sei in dem Beschluß vom 2. März 2000 irrtümlich zu gering veranschlagt worden. Er betrage vielmehr DM 75.654,19. Im übrigen hat sie der Beschwerde nicht abgeholfen und das Rechtsmittel dem Landgericht vorgelegt.

Durch Beschluß vom 23. März 2000 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die Rechtspflegerin habe zu Recht offen gebliebene Forderungen der Schuldnerin bei der Ermittlung der zu berücksichtigenden Vermögensmasse außer Ansatz gelassen. Wie die Kammer bereits in ihrem Beschluß vom 23. November 1999 ausgeführt habe, gehörten solche offenen Forderungen zwar zum Aktivvermögen des Schuldners, flössen indes erst dann in die zu verwaltende Masse ein, wenn sie realisiert worden seien. Verwaltende Tätigkeit in Bezug auf die Forderungen habe der Beteiligte zu 2) nicht entfaltet. Sie blieben deshalb unberücksichtigt.

Gegen diesen ihm am 19. April 2000 zugestellten Beschluß des Landgerichts wendet sich der Beteiligte zu 2) mit der am 26. April 2000 bei dem Landgericht eingegangenen weiteren Beschwerde vom 21. April 2000, verbunden mit dem Antrag auf Zulassung dieses Rechtsmittels. Er beantragt, eine weitere Vergütung in Höhe von DM 913,63 nebst 16 % Mehrwertsteuer festzusetzen.

Der Beteiligte zu 2) ist der Auffassung, die Feststellung des Landgerichts, daß er verwaltende Tätigkeit in Bezug auf Forderungen der Schuldnerin nicht entfaltet habe, halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Vielmehr habe er, der Beteiligte zu 2), entsprechend den Vorgaben des Beschlusses vom 18. Februar 1999 und der Begleitverfügung des Amtsgerichts vom selben Tage die Drittschuldner mit Schreiben vom 23. Februar 1999 aufgefordert, die offenen Beträge auf das zu diesem Zweck eingerichtete Verfahrenskonto zu überweisen und Einwendungen der Drittschuldner mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin besprochen. Darauf, wann die Zahlungen der Drittschuldner geleistet wurden, könne es nicht ankommen, weil dann die Höhe der Vergütung von Zufälligkeiten abhinge. Falls weitere Darlegungen zum Umfang seiner Tätigkeit für erforderlich erachtet würden, bitte er um einen Hinweis des Gerichts.

Die weitere Beschwerde ist nicht begründet.

Das Oberlandesgericht Köln ist gem. § 7 Abs. 3 InsO i.V.m. § 1 der Ver- ordnung des Landes NRW über die Zusammenfassung der Entscheidungen über die weiteren Beschwerden in Insolvenzsachen vom 6. November 1998 (GVBl. NW 1998, 550; NZI 1999, 66) zur Entscheidung über das Rechtsmittel

des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß des Landgerichts Düsseldorf vom 23. März 2000 berufen.

Der Senat läßt die weitere Beschwerde gemäß § 7 Abs. 1 InsO zu. Das

Rechtsmittel und der Antrag auf seine Zulassung sind in rechter Frist angebracht worden. Der Zulassungsantrag des Beteiligten zu 2) bezieht sich auf eine dem Rechtsmittelzug der Insolvenzordnung und damit der Regelung des § 7 Abs. 1 InsO unterliegenden Entscheidung des Landgerichts (vgl. Senat, NJW-RR 1999, 198 = NZI 1999, 198; Senat, NZI 2000, 80; Senat, NZI 2000, 317 [318]; Senat, Rpfleger 2000, 293). Der Beschluß des Amtsgerichts über die Festsetzung der Vergütung eines Insolvenzverwalters einschließlich der zu erstattenden Auslagen unterliegt gemäß den §§ 6 Abs. 1, 64 Abs. 3 InsO. 11 Abs. 1 RPflG der sofortigen Beschwerde, wenn der Mindestbeschwerdewert der §§ 64 Abs. 2 Satz 2 InsO, 567 Abs. 2 ZPO erreicht ist (vgl. Senat, Rpfleger 2000, 293). Nichts anderes gilt für die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Verwalters. Nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO gelten für ihn die Vorschriften der §§ 63 bis 65 InsO entsprechend, so daß auch die Entscheidung des Insolvenzgerichts über seine Vergütung mit der Erstbeschwerde anfechtbar ist (vgl. Senat, Rpfleger 2000, 293; LG Frankfurt, ZIP 1999, 1686 = InVo 1999, 276; LG Göttingen, ZInsO 2000, 46) , wenn - wie hier - der genannte Mindestbeschwerdewert erreicht ist Der Beschwerdeführer macht geltend, daß die angefochtene Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Die Frage der Zuständigkeit des Rechtspflegers für die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Verwalters und die von der weiteren Beschwerde zur Entscheidung gestellte Frage nach den Grundsätzen der Bemessung dieser Vergütung haben grundsätzliche Bedeutung, so daß die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist.

Die weitere Beschwerde ist in rechter Frist eingelegt worden. § 568 Abs. 3 ZPO steht der Statthaftigkeit der weiteren Beschwerde nicht entgegen (vgl. Senat, Rpfleger 2000, 293; OLG Braunschweig, NZI 2000, 321 = ZInsO 2000, 336; OLG Naumburg, ZInsO 2000, 349 [L.]; OLG Stuttgart, NZI 2000, 166 [167] = ZInsO 2000, 158 [159]; OLG Zweibrücken, NZI 2000, 314 = ZInsO 2000m 398 [399]). Die Voraussetzungen der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde im Insolvenzverfahren sind in § 7 Abs. 1 InsO eigenständig und abweichend von den Voraussetzungen des § 568 Abs. 2 und 3 ZPO geregelt worden (vgl. Senat, a.a.O.).

Die weitere Beschwerde ist indes nicht begründet. Die angefochtene Ent-

scheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 7 Abs. 1 InsO, 550 ZPO).

Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, daß der Rechtspfleger und nicht

der Richter des Insolvenzgerichts die Vergütung des vorläufigen Verwalters festgesetzt und daß das Landgericht diese Verfahrensweise nicht beanstandet hat. Die Frage, ob für die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Verwalters der Rechtspfleger oder der Richter zuständig ist, wird allerdings nicht einheitlich beantwortet (vgl. die Nachw. bei OLG Zweibrücken, NZI 2000, 314 [315] = ZInsO 2000, 398 [399]). Der Senat schließt sich der eingehend und überzeugend begründeten Auffassung des OLG Zweibrücken (a.a.O.) an, daß mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Rechtspfleger zuständig wird, sofern nicht der Richter das Verfahren gemäß § 18 Abs. 2 RPflG weiterführt. Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 RPflG bleiben Verfahren nach der Insolvenzordnung nur bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag dem Richter vorbehalten. Damit ist nach dem Wortlaut des Gesetzes eine Grenze für die funktionelle Zuständigkeit des Insolvenzrichters gegeben. Die Entscheidung über die Eröffnung bildet mithin eine zeitliche Zäsur. Wird dem Eröffnungsantrag entsprochen und das Verfahren fortgesetzt, so fällt es nach § 3 Nr. 2 lit. e RPflG fortan in die Zuständigkeit des Rechtspflegers. Soweit sich der Richter nicht gemäß § 18 Abs. 2 RPflG die weitere Verfahrensführung vorbehält, besteht daher keine Veranlassung, ihn neben dem Rechtspfleger mit einzelnen Teilen des Verfahrens zu befassen (vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O.; Eickmann in Kübler/Prütting, InsO, Sonderband 5, Vergütung, 1999, § 11, Rdn. 39). Der Wirksamkeit einer gleichwohl vom Richter vorgenommenen Festsetzung steht das allerdings gemäß § 8 Abs. 1 RPflG nicht entgegen (vgl. Senat, Rpfleger 2000, 293; OLG Braunschweig, NZI 2000, 321 = ZInsO 2000, 336).

Im Streitfall hat sich der Richter des Amtsgerichts bei der Eröffnung des Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beteiligten zu 1) die weitere Verfahrensführung nicht vorbehalten. Damit ist mit der Eröffnung auch die Zuständigkeit zur Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters auf den Rechtspfleger übergegangen.

Auch die Ausführungen des Landgerichts zur Höhe der Vergütung des Be-

teiligten zu 2) halten der rechtlichen Überprüfung durch den Senat stand.

Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO i.V.m. den §§ 63 ff InsO hat der vorläufige Insolvenzverwalter Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftsführung und auf Erstattung angemessener Auslagen. Für den endgültig eingesetzten Insolvenzverwalter bestimmt § 1 Abs. 1 InsVV, daß sich die Berechnungsgrundlage für seinen Anspruch auf Vergütung am Wert der Insolvenzmasse ausrichtet, auf die sich die Schlußrechnung bezieht. Bei der in § 10 InsVV angeordneten entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift auf den Vergütungsanspruch des vorläufigen Verwalters muß indes berücksichtigt werden, daß eine Teilungsmasse bei der Beendigung der vorläufigen Verwaltung noch nicht feststeht. Andererseits ist der Vergütungsanspruch des vorläufigen Verwalters bereits bei der Beendigung der vorläufigen Verwaltung fällig, und der vorläufige Verwalter, der mit dem endgültigen Verwalter nicht identisch sein muß, kann seinen Anspruch vor dem Abschluß des Verfahrens und unabhängig von dem Vergütungsanspruch des endgültigen Verwalters geltend machen. Die in § 10 InsVV angeordnete entsprechende Anwendung des § 1 Abs. 1 InsVV ist daher so zu verstehen, daß die Berechnungsgrundlage hier nach dem Wert des Vermögens bestimmt wird, das der Insolvenzverwalter im Zeitpunkt der Beendigung der vorläufigen Verwaltung verwaltet hat (vgl. OLG Zweibrücken, NZI 2000, 314 [316] = ZInsO 2000, 398 [400] mit weit. Nachw.; LG Düsseldorf, NZI 2000, 182; AG Regensburg, ZInsO 2000, 344; Haarmeyer, ZInsO 2000, 317 f).

Hierunter fallen Forderungen des Schuldners gegen Dritte dann, wenn sie der vorläufige Verwalter eingezogen hat (vgl. LG Düsseldorf, NZI 2000, 182). Daß dies geschehen wäre, hat das Landgericht nicht festgestellt; dagegen wendet sich die weitere Beschwerde auch nicht.

Mit seiner erstmals im Verfahren der weiteren Beschwerde vorgetragenen Darstellung, er habe als vorläufiger Verwalter verwaltende Tätigkeit auch in Bezug auf derartige Forderungen ausgeübt, indem er diese Forderungen gegenüber den Drittschuldnern geltend gemacht und ihre Einwendungen mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin erörtert habe, kann der Beteiligte zu 2) nicht gehört werden, weil er sich damit in Widerspruch zu der gegenteiligen tatsächlichen Feststellung im angefochtenen Beschluß des Landgerichts setzt. Die weitere Beschwerde gemäß § 7 Abs. 1 InsO ist eine Rechtsbeschwerde. Das Oberlandesgericht ist bei seiner Entscheidung gemäß den §§ 7 Abs. 1 InsO, 561 ZPO an den vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Sachverhalt gebunden (vgl. Senat, NZI 2000, 133; Senat, ZInsO 2000, 393; Kirchhof in Heidelberger Kommentar zur InsO 1999, § 7, Rdn. 19; Nerlich/Römermann/ Becker, InsO, 1999, § 7, Rdn. 18). Auf den Vortrag neuer Tatsachen und auf neue Beweismittel kann die weitere Beschwerde deshalb nicht gestützt werden.

In den Tatsacheninstanzen hatte der Beteiligte zu 2) nicht geltend gemacht, daß er sich während seiner Amtszeit als vorläufiger Verwalter mit dem Einzug von Forderungen der Beteiligten zu 1) befaßt habe. Die Darlegung des - aus den Akten nicht ersichtlichen und dem Insolvenzgericht nicht bekannten - Umfangs der Tätigkeit des (vorläufigen) Verwalters obliegt, soweit darauf die Höhe der festzusetzenden Vergütung gestützt werden soll, dem Verwalter als dem Anspruchsteller. Von dem Erfordernis, dies in den Tatsacheninstanzen vorzubringen, ist der Beteiligte zu 2) nicht überrascht worden. Vielmehr hat ihn die Rechtspflegerin des Amtsgerichts im Beschluß vom 2. März 2000 auf eine Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 23. November 1999 - 25 T 937/99 - hingewiesen, in der darauf abgestellt wird, ob der vorläufige Verwalter in Bezug auf die Forderungen des Schuldners gegen Dritte verwaltende Tätigkeit entfaltet hat. Auch wenn diese Entscheidung des Landgerichts damals noch nicht veröffentlicht war (jetzt: NZI 2000, 182), war sie dem Beteiligten zu 1) doch bekannt, wie sich daraus ergibt, daß er sich in der Erstbeschwerde vom 13. März 2000 mit ihr befaßt hat. Ihm hätte es daher oblegen, im Verfahren vor dem Tatrichter zu dem Umfang seiner Tätigkeit vorzutragen. Im Verfahren der weiteren Beschwerde kann dies nicht nachgeholt werden.

Die weitere Beschwerde muß deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.

Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde : DM 1.059,81