OLG Köln, Beschluss vom 30.12.1998 - 2 Wx 23/98
Fundstelle
openJur 2011, 81156
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 11 T 25/98

Verurteilung zur Genehmigung in notarieller Form

ZPO § 894 Bei einer Verurteilung mit dem Tenor "die notarielle Vereinbarung, Notar E., UR.-Nr. ...., vom .... durch notarielle Erklärung zu genehmigen" handelt es sich um ein Urteil im Sinne von § 894 Abs. 1 ZPO. Der im Urteilstenor enthaltene Zusatz über die notarielle Form der Genehmigung ist als gegenstandslos anzusehen.

Gründe

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind im Grundbuch des Amtsgerichts

Leverkusen von B., Blatt 1316, in Erbengemeinschaft als Eigentümer

des Grundstücks Gemarkung B., Flur 14, Flurstück 188, eingetragen.

Es handelt sich um das von der Beteiligten zu 1) bewohnte

Hausgrundstück F. - L. - Straße 10 in L.. In einem gerichtlichen

Vergleich vor dem Landgericht Köln vom 15. Dezember 1994 - 7 O

139/94 - regelten die Beteiligten Einzelheiten der

Erbauseinandersetzung. In dem Prozeßvergleich ist unter anderem

bestimmt, daß die Beteiligte zu 1) das Alleineigentum an dem

genannten Hausgrundstück übernehme. Der Verfahrensbevollmächtigte

der Beteiligten zu 2) schloß in deren Namen als Vertreter ohne

Vertretungsmacht mit der Beteiligten zu 1) am 19. August 1996 vor

Notar H. E. in L. - UR-Nr. 1453/1996 - einen Vertrag betreffend die

Óbertragung des Hausgrundstücks auf die Beteiligte zu 1) zu

Alleineigentum.

Gemäß Ziffer II § 2 des Vertrages sollte die Beteiligte zu 1)

für die Óbertragung an die Beteiligte zu 2) 87.000,-- DM zahlen.

Abschnitt III. des Vertrages regelt die Erklärungen gegenüber dem

Grundbuchamt. Unter Ziffer IV heißt es unter anderem:

" Vollzugsanweisungen Die Beteiligten weisen den Notar jedoch

an, den Antrag auf Umschreibung des Eigentums erst dann dem

Grundbuch einzureichen, wenn die Zahlung des Zahlungsbetrages

erfolgt ist oder der Zahlungsbetrag, soweit er hinterlegt ist,

ausgezahlt werden kann. Die Beteiligten vereinbaren daher, daß nur

der amtierende Notar, sein Vertreter oder Rechtsnachfolger im Amt,

Anträge aus dieser Urkunde stellen kann... "

An demselben Tag schlossen die Beteiligten auch - die Beteiligte

zu 2) wiederum durch Rechtsanwalt T. vollmachtlos vertreten - einen

Erbvertrag vor dem amtierenden Notar - Urkundenrolle Nummer 1454

für 1996 -, in dem die Beteiligte zu 1) die Beteiligte zu 2) zur

alleinigen Erbin einsetzte.

Der von der Beteiligten zu 1) als Gegenleistung für die

Eigentumsübertragung an die Beteiligte zu 2) zu zahlende Betrag ist

bei dem Notar hinterlegt. Nachdem die Beteiligte zu 2) den

notariellen Óbertragungsvertrag nicht genehmigte, kam es wegen

dieser Verpflichtung zu einem Rechtsstreit zwischen den Beteiligten

vor dem Landgericht Köln. Durch Versäumnisurteil des Landgerichts

Köln vom 6. August 1997 - 7 O 49/97 - wurde die Beteiligte zu 2)

gemäß dem von der Beteiligten zu 1) gestellten Klageantrag

verurteilt, " die notarielle Vereinbarung, Notar H. E.,

Urkunden-Rolle-Nr. 1453/1996 vom 19.8.96 durch notarielle Erklärung

zu genehmigen." Der hiergegen eingelegte Einspruch der Beteiligten

zu 2) vom 25. August 1997 wurde durch zweites Versäumnisurteil vom

15. Oktober 1997 verworfen. Die Beteiligte zu 1) forderte den Notar

unter Bezugnahme auf das Versäumnisurteil auf, gemäß Ziffer IV des

Óbertragungsvertrages die Eigentumsumschreibung bei dem

Grundbuchamt zu beantragen. Dies hat der Notar mit Schreiben vom

29. September 1997 und 14. Januar 1998 an die

Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) abgelehnt, da nach

seiner Ansicht das vollstreckbare Urteil nach dessen Tenor nicht

die Erklärung der Beteiligten zu 2) ersetze. Daraufhin hat die

Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 28. Januar 1998 bei dem

Landgericht Köln Beschwerde wegen Amtsverweigerung des Notars

eingelegt. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das

Landgericht Köln durch Beschluß vom 5. März 1998 den Notar

angewiesen, gemäß Ziffer IV seiner Urkunde UR-Nr. 1435/1996 den

Antrag auf Eigentumsumschreibung unter Bezugnahme auf das gegen die

Beteiligte zu 2) ergangene Versäumnisurteil des Landgerichts Köln -

7 O 49/97 - vom 6. August 1997 beim Amtsgericht ( Grundbuchamt )

Leverkusen einzureichen. Hiergegen richtet sich die weitere

Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 23. März 1998.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, sie ist insbesondere nach

den §§ 15 Abs. 1 BNotO, 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO als Rechtsbeschwerde

statthaft. Zutreffend hat das Landgericht näher ausgeführt, daß §

15 Abs. 1 Satz 1 BNotO alle Fälle verweigerter Amtstätigkeit, also

auch die Verweigerung der Vollzugstätigkeit nach § 53 BeurkG erfaßt

( vgl. Senat, OLGZ 1990, 397; OLG Hamm, DNotZ 1985, 56; OLGZ 1994,

495; allgemein dazu Schippel / Reithmann, BNotO, 6. Aufl., § 15 Rn

91 ).

Die Beteiligte zu 2) ist beschwerdeberechtigt und durch die

angefochtene Entscheidung in ihren Rechten beeinträchtigt ( vgl.

zur Beschwerdeberechtigung Arndt / Lerch / Sandkühler, BNotO, 3.

Aufl. , § 15 Rn 94, 108 mit weiteren Nachweisen ), weil danach das

Erfordernis einer von ihr zu erteilenden Genehmigung in notarieller

Form entfällt. Nach ihrer Auffassung hat eine Genehmigung durch

notarielle Erklärung zu erfolgen und kann nicht durch das Urteil in

dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln ersetzt werden. Letztlich

könnte die Frage der Beschwer der Beteiligten zu 2) durch den

Beschluß des Landgerichts vom 5. März 1998, der ohne ihre formelle

Beteiligung ergangen ist, im übrigen dahinstehen. Das Rechtsmittel

ist jedenfalls unbegründet, weil die angefochtene

Beschwerdeentscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes

beruht.

Das Landgericht hat zu Recht den amtierenden Notar angewiesen,

gemäß Ziffer IV seiner Urkunde 1435/1996 den Antrag auf

Eigentumsumschreibung unter Bezugnahme auf das gegen die Beteiligte

zu 2) ergangene rechtskräftige Versäumnisurteil vom 6. August 1997

bei dem Amtsgericht (Grundbuchamt) Leverkusen einzureichen. Der

Notar durfte seine Urkundstätigkeit nicht verweigern. Ein

ausreichender Grund zur Amtsverweigerung im Sinne von § 15 Abs. 1

Satz 1 BNotO bestand nicht, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei

ausführt. Der notarielle Vertrag ist zum Vollzug reif, nachdem das

Versäumnisurteil vom 6. August 1997 in Rechtskraft erwachsen ist

und die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Demnach hätte der Notar

entsprechend der Vollzugsanweisung in der Urkunde 1453/1996 tätig

werden müssen.

Mit der Rechtskraft des genannten Urteils gilt die im Tenor

bezeichnete Willenserklärung nach § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO als

abgegeben. Die Verurteilung ersetzt die Willenserklärung. Demnach

gilt die zur Wirksamkeit des Vertrages erforderliche Genehmigung

der Beteiligten zu 2) als erteilt. Die Voraussetzungen des § 894

Abs. 1 Satz 1 ZPO sind erfüllt. Die nach dem Schuldtitel zu

erbringende Leistung muß in der Abgabe einer Willenserklärung

bestehen. Außerdem ist erforderlich, daß die abzugebende Erklärung

einen bestimmten Inhalt hat, der dem Titel - notfalls durch

Auslegung - zu entnehmen ist. Diese Voraussetzungen sind hier

gegeben:

Aus dem Tenor des Urteils, die darin bezeichnete notarielle

Vereinbarung sei " durch notarielle Erklärung zu genehmigen " geht

unzweifelhaft hervor, daß eine Genehmigungserklärung, also eine

Willenserklärung, geschuldet ist. Unter den Begriff der

Willenserklärung im Sinne der Vorschrift fallen alle

rechtsgeschäftlichen Erklärungen, also auch eine Genehmigung nach §

177 Abs. 1 BGB ( vgl. Thomas / Putzo, ZPO 21. Aufl. § 894, Rn. 5;

Zöller / Stöber, ZPO, 21. Aufl., § 894 Rn 2; Baumbach / Lauterbach

- Hartmann, ZPO, 57. Aufl., § 894 Rn 4 jeweils mit weiteren

Nachweisen ). Es handelt sich nicht um einen Fall der Vollstreckung

gemäß § 888 Abs. 1 ZPO.

Der im Urteilstenor enthaltene Zusatz über notarielle Form der

Willenserklärung steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Er ist der

Sache nach gegenstandslos. Bei der Verurteilung zur Abgabe einer

Willenserklärung wird jede Form gewahrt ( vgl. BayOblG Rpfleger

1983, 391; Thomas / Putzo, a.a.O., § 894 Rn 8 ; Zöller / Stöber,

a.a.O. , § 894 Rn 5 ). Das rechtskräftige Urteil ersetzt die

Erklärung in der für sie erforderlichen Form. Dieser Eintritt der

Wirkung des § 894 Abs.1 Satz 1 ZPO ist Akt der Zwangsvollstreckung.

Weitere Vollstreckungsmaßnahmen sind weder nötig noch zulässig. Der

Hinweis der Beteiligten zu 1) auf eine Entscheidung des

Landgerichts Ansbach ( MittBayNot 1996, 40 unter Berufung auf

BayOblG JW 1934, 2247 ) geht fehl. In jenem Verfahren ging es um

eine Verurteilung, eine Abtretungserklärung öffentlich beglaubigen

zu lassen, also um die Vornahme einer Handlung. Im vorliegend zu

entscheidenden Fall ist aber eine Willenserklärung geschuldet.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 15 Abs. 1 Satz 3 BNotO,

13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 3.000,-- DM