VG Düsseldorf, Urteil vom 17.07.2000 - 24 K 4971/99
Fundstelle
openJur 2011, 80560
  • Rkr:
Tenor

Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 1. Juli 1999 und deren Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 1999 werden insoweit aufgehoben, als ein halber Óber-Mittag-Beitrag gefordert wird.

Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Beklagte.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand

Die Kläger sind die Eltern ihres im Februar 1994 geborenen Sohnes xxxxxxx, der seit dem 1. Juli 1997 den städtischen Kindergarten xxxxxxxxxxx besucht. Während xxxxxxx zunächst die Einrichtungsart „Kindergarten" wahrnahm, erfolgte mit Wirkung zum Kindergartenjahr 1999/2000 eine „Ummeldung" für die Einrichtungsart „Kindergarten (7.30 - 14.00 Uhr)". Dem liegt zu Grunde, dass mit Beginn des laufenden Kindergartenjahres diese Einrichtung der Beklagten - wie alle anderen Kindergärten in deren Trägerschaft auch - in allen Gruppen nur noch eine Betreuung bis längstens 14.00 Uhr anbot.

Auf der Grundlage des Einkommenssteuerbescheides der Kläger für 1996 sowie der Angabe, dass die klagende Ehefrau seit Februar 1997 auch einer Erwerbstätigkeit nachgeht, errechnete die Beklagte ein maßgebliches Einkommen von gut 78.000 DM.

Durch Bescheid vom 1. Juli 1999 setzte die Beklagte den Elternbeitrag auf monatlich 180,- DM fest, bestehend aus einem Elternbeitrag von 140,- DM sowie einem hälftigen Über-Mittag- Zuschlag von 40,- DM.

Den dagegen mit der Begründung, eine Betreuung von 7.30 bis 14.00 Uhr sei kürzer als eine solche von 7.30 - 12.30 und von 14.00 - 16.00 Uhr und könne daher nicht zu höheren Beiträgen Anlass geben, eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 21. Juli 1999 unter Verweis auf die §§ 17 Abs. 1 Satz 6 und 21 Abs. 1 Satz 2 GTK als unbegründet zurück.

Die Kläger haben am 28. Juli 1999 Klage erhoben und machen geltend, die Erhebung eines Über-Mittag-Zuschlages sei gleichheitswidrig und damit verfassungswidrig: Nach § 17 GTK betrage die Regelöffnungszeit 7 Stunden, für deren Inanspruchnahme der einfache Beitrag erhoben werde; hier solle für die Inanspruchnahme nur während 6 1/2 Stunden eine zusätzliche Gebühr gezahlt werden. Dieser erhöhten Gebühr stehe keinerlei zusätzliche Leistung gegenüber, da das Mittagessen gesondert entgolten werden müsse. Auch die Personalkosten seien zwischen 12.30 und 14.00 Uhr nicht höher als zwischen 14.00 und 16.00 Uhr. Eine solche Ungleichbehandlung sei unmotiviert und willkürlich; mit der gleichen Willkür hätte der Gesetzgeber bestimmen können, dass Kinder, die zwischen 10.00 und 12.00 Uhr im Kindergarten sind, mehr zahlen sollen als andere. Erklärlich sie die Regelung nur bei der Annahme, der Gesetzgeber habe dadurch Eltern von der Inanspruchnahme dieser Leistungen abschrecken wollen. Denn bekanntlich seien die Arbeitszeiten in Deutschland traditionell so ausgestaltet, dass es keine Arbeitsplätze gebe, die eine Mittagspause von 12.00 bis 14.00 Uhr ermöglichten. Während also eine Betreuung zwischen 14.00 und 16.00 Uhr nach einer mittäglichen Unterbrechung von eineinhalb bis zwei Stunden aus der Perspektive berufstätiger Eltern wenig sinnvoll sei, ermögliche eine ununterbrochene Betreuung der Kinder von 7.30 bis 14.00 Uhr durchaus die Wahrnehmung wenigstens einer marktüblichen Halbtagsstelle. Eine politische Steuerung dahin, regelmäßige Öffnungszeiten anzubieten, die wegen ihres ungünstigen Zuschnitts nicht angenommen würden, und günstigere Zeiten teurer anzubieten, könne die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Die Norm habe dadurch nahezu Strafcharakter. Unabhängig davon, dass eine solche Zielsetzung gesellschafts-, sozial- und frauenpolitisch geradezu als abwegig zu betrachten sei, sei eine solche Differenzierung verfassungswidrig.

Die Kläger beantragen,

den Beitragsbescheid der Beklagten vom 1. Juli 1999 und deren Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 1999 insoweit aufzuheben, als ein halber Über-Mittag-Beitrag von monatlich 40 DM gefordert wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und bezieht sich auf die Begründung der angegriffenen Verwaltungsentscheidungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet, weil der angegriffene Beitragsbescheid insoweit rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt, als darin ein halber Über-Mittag- Zuschlag verlangt wird; § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Beklagte war als örtlicher Träger der Jugendhilfe für die Beitragserhebung zuständig; formelle Fehler sind nicht ersichtlich.

Dass die Beklagte in materiellrechtlicher Hinsicht sich mit den Klägern an die richtigen Schuldner gewandt und das GTK

Zweites Gesetz zur Ausführung des Gesetzes zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechtes (Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder - GTK) vom 29. Oktober 1991 - GV.NRW. S. 380; zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 1998 - GV.NRW. S. 704

in der einschlägigen Fassung im Grundsatz korrekt angewandt hat, ist unter den Beteiligten unstreitig und auch aus der Perspektive des Gerichts unproblematisch.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sollen aus der Sicht der Beklagten § 17 Abs. 1 Satz 1 und 6 und § 21 Abs. 1 Satz 2 GTK mit der Anlage zu § 17 Abs. 3 GTK sein. Diese Bestimmungen sind als solche nach Ansicht der Kammer verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (dazu 1.), tragen aber den angefochtenen Teil des Bescheides nicht (dazu 2.).

1. Die Befugnis, die Erhebung des Elternbeitrages in der Form des vollstreckbaren Leistungsbescheides vorzunehmen, ergibt sich aus der Formulierung "erhoben" in § 17 Abs. 4 Satz 1 GTK, die zurückgeht auf die bundesgesetzliche Ermächtigung in dem "festgesetzt" in § 90 Abs. 1 Satz 1 SBG VIII.

a) Dass diese Rechtsgrundlage mit ihrer bundesgesetzlichen Ermächtigung in § 90 Abs. 1 SGB VIII und mit dem Grundgesetz in Einklang steht, ist für eine Vielzahl vormals vorgebrachter Bedenken höchstrichterlich geklärt:

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juni 1994 - 16 A 2645/93 -, amtl. Umdr. S. 6 ff, und Urteil vom 13. Juni 1994 - 16 A 571/94 -, amtl. Umdr. S. 8 ff, wo insbesondere die verfassungsrechtlichen Bedenken wegen - der Pauschalierung der Beiträge sowie - der Staffelung nach (nur 6) Einkommensgruppen und (nicht) der Kinderzahl - der (auch im Verhältnis zum Ausbildungsförderungs- recht) beschränkten Abzugs- und Berücksichtigungsfähigkeit von Aufwendungen - des Verbotes des Verlustausgleichs und - des "Geschwisterrabattes" nur bei gleichzeitigem Besuch der Tageseinrichtung durch die Kinder im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG und die Gebote des Art. 6 Abs. 1 GG wegen - der Höhe der Beitragssätze - der Nichtberücksichtigung des konkreten Umfanges der Inanspruchnahme im Hinblick auf das Äquivalenz- und das Rechtsstaatsprinzip und wegen - des Einkommensbegriffs im Hinblick auf die Grenzen des legislativen Ermessens ausdrücklich geprüft und vor allem aus dem Gesichtspunkt, es handele sich um ein soziales Leistungsgesetz, das zudem den Pflichtigen in einer moderaten und weit hinter den tatsächlichen Kosten der Betreuung liegenden Intensität beanspruche, zurückgewiesen worden sind. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat diese Rechtsprechung bestätigt und fortgeführt u.a. in seinem Urteil vom 21. November 1994 - 16 A 2799/93 -, Beschluss vom 1. Oktober 1997 - 16 A 2982/95 -, Urteil vom 6. März 1998 - 16 A 525/97 -, Urteil vom 7. August 1998 - 16 A 221/94 -.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des OVG NW vom 13. Juni 1994 - 16 A 2645/93 - mit Beschluss vom 28. Oktober 1994 - 8 B 159.94 - zurückgewiesen und seine Rechtsprechung insoweit bestätigt und fortgeführt mit Beschluss vom 14. Februar 1995 - 8 B 19.95 -, Beschluss vom 15. März 1995 - 8 N 1.95 -, Beschluss vom 4. Juli 1997 - 8 B 97.97 -, Beschluss vom 22. Januar 1998 - 8 B 4.98 -.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Verfahren 1 BvR 2369/94 zu dem Ausgangsverfahren 16 A 2645/93 des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 22. Juli 1998 festgestellt, dass die Staffelung der Gebühren für die Kindergartenbenutzung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern mit der Verfassung vereinbar ist, und diese wie auch alle anderen Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz für Tageseinrichtungen für Kinder nicht zur Entscheidung angenommen.

b) Auch was die speziell gerügte Heranziehung zu einem (halben) Über-Mittag-Zuschlag anbelangt, vermag das Gericht den verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger nicht zu folgen:

Ausgangspunkt ist Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gleichheitssatz enthält die allgemeine Weisung, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Er ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Die daraus dem Gesetzgeber erwachsenden Grenzen reichen je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen vom bloßen Willkürverbot bis zur strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil vom 21. November 1994 - 16 A 2799/93 -, mit weiteren Nachweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Für den Bereich der Heranziehung zu Elternbeiträgen hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (a.a.O.) den Maßstab auf das Willkürverbot beschränkt.

Gemessen daran hält die gesetzliche Regelung in den hier einschlägigen Vorschriften der verfassungsrechtlichen Prüfung stand:

Irreführend ist der gedankliche Ansatz bei der strikten Proportionalität von Betreuungs"leistung" und Elternbeitrag; insofern ist es begrifflich auch unzutreffend, von einer "Gebühr" zu sprechen. Der Eltern b e i t r a g ist vielmehr eine sozialrechtliche Abgabe eigener Art, die als solche losgelöst ist von dem gebührentypischen "Kostendeckungsprinzip" und/oder dem Grundsatz der "speziellen Entgeltlichkeit". Dieser Ausgangspunkt rechtfertigt sich inhaltlich vor allem aus pädagogischen Gründen. Bei dem Besuch eines Kindergartens ist es nicht untypisch und auch durchaus sinnvoll, dass das Kind nicht die gesamte Öffnungszeit ausschöpft,

vgl. auch § 19 Abs. 3 Satz 1 GTK,

sondern innerhalb dieser nach Maßgabe der eigenen individuellen Bedürfnisse betreut wird.

Vor dem Hintergrund dieser - auch in dessen § 2 ausführlich niedergelegten - Zielsetzung des GTK verlieren die seitens der Kläger geäußerten (und durchaus als solche nachvollziehbaren) gesellschafts-, sozial- und frauenpolitischen Zweifel an argumentativer Relevanz; denn das GTK hat das Wohl des Kindes im Auge.

Mit der verbindlichen Anmeldung des Kindes zum Kindergarten erhalten die Eltern als "Gegenleistung" einen festen Platz in der jeweiligen Einrichtung für die Dauer des Kindergartenjahres; dies bringt das Gesetz mit der Formulierung "monatlicher Beitrag zu den Jahresbetriebskosten" zum Ausdruck. "Gegenleistung" ist also nicht etwa (nur) die Betreuung des Kindes in den Stunden und an den Tagen, zu denen es wirklich in der Einrichtung anwesend ist, sondern die Reservierung eines Kindergartenplatzes für die Dauer eines Kindergartenjahres.

Dieser Gedanke schlägt sich auch nieder im Satz 5 des § 17 Abs. 1 GTK.

Von daher beruht der seitens der Kläger angestellte Vergleich: 7 Stunden kosten den Regelbeitrag, 6 1/2 Stunden kosten Regelbeitrag + halben Zuschlag, auf einem GTK-rechtlich irrelevanten Kriterium: Die Anzahl der Stunden, die ein Kind die Einrichtung tatsächlich besucht, ist beitragsrechtlich ohne Bedeutung.

Die Erhebung eines Zuschlages für die Betreuung des Kindes über Mittag ist auch nicht etwa in dem Sinne willkürlich, dass ihr keine im Vergleich zur Regelzeit unterschiedliche Situation zugrundeläge: Der Unterschied besteht in der Lückenlosigkeit der Betreuung des Kindes über einen Zeitraum von mehr als 5 Stunden. Diese Mindestzeit ununterbrochener Betreuung gibt § 19 Abs. 1 Satz 1 GTK vor. Soll mehr als diese Zeit ununterbrochen betreut werden, spricht das Gesetz von "über Mittag"; vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2 GTK. Dass das Ununterbrochene der Betreuung einen Kostenfaktor darstellt, ergibt sich schon aus § 19 Abs. 3 Satz 2 GTK: Weil nach den ununterbrochenen 5 Stunden am Vormittag nicht mehr alle Kinder in der Einrichtung sind, kann der Träger sie ab 12.30 Uhr mit weniger Personal betreiben.

Von daher schöpft der Gesetzgeber mit der Ermächtigung in § 17 Abs. 1 Satz 6 GTK nicht etwa nur die Möglichkeit zusätzlicher Gewinne wegen besonderer Nachfrage nach dieser Form der Betreuung ab. Vielmehr stehen hinter der zusätzlichen Forderung für diese Leistung auch durchaus Äquivalenzerwägungen, weil diese Leistung für den Träger mit erhöhtem (zumindest im Sinne von gegenüber vormittags nicht reduziertem) Personalaufwand verbunden ist. Behält man im Auge, dass der Elternbeitrag nach dem GTK als Abgabe eigener Art zu qualifizieren ist, so erscheint dieser Umstand dem Gericht auch angesichts des relativ weiten legislativen Ermessens als Anlass einer Ungleichbehandlung der 5 + 2 Stunden während der durch eine Mittagspause unterbrochenen Regelöffnungszeit im Vergleich mit 6 1/2 Stunden ununterbrochener Betreuung durchaus hinreichend.

Ferner bietet auch gerade das Ununterbrochene einer mehr als fünfstündigen Betreuung - wie die Kläger selbst vortragen - den Eltern,

auf deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit es nach § 17 Abs. 1 Satz 1 GTK für die Beitragserhebung ankommen soll,

einen wirklichen Vorteil von wirtschaftlicher Dimension, weil häufig so erst die Aufnahme einer Halbtagstätigkeit für den allein erziehenden Elternteil oder den zweiten Ehegatten ermöglicht wird. In dieser Logik haben die letzten eineinhalb Stunden im Anschluss an die morgendliche Betreuung von 5 Stunden aus der Perspektive des Elternteils, dessen Erwerbstätigkeit dadurch gerade erst ermöglicht wird, durchaus einen erheblich höheren Wert als beispielsweise die Zeit zwischen 9.30 und 11.00 Uhr.

Schließlich sei darauf hingewiesen, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen bereits in seinem Urteil vom 21. November 1994 - 16 A 2799/93 - zu der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Zusatzbeitrages für die Betreuung über Mittag Stellung genommen hat: Gegenüber der Argumentation der dortigen Kläger, der Zusatzbeitrag verstoße gegen Art. 3 GG, weil sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung, die sich aus dem Verhältnis zwischen Grundbeitrag und Betreuungsbeitrag ergebe, nicht finden lasse, und dass der Zusatzbeitrag nach dem zeitlichen Verhältnis der eineinhalbstündigen Mittagsbetreuung zu der siebenstündigen übrigen Betreuungszeit rund dreieinhalb mal so hoch sei, und dass die Willkürlichkeit der Beitragshöhe darin zum Ausdruck komme, dass in den einzelnen Einkommensgruppen der Zuschlag auf den Grundbeitrag prozentual völlig unterschiedlich sei und schwanke zwischen 86% und 66%, hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt:

„Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Kläger, dass die Ausgestaltung des Zusatzbeitrages für die Betreuung über Mittag in der Anlage zu § 17 Abs. 3 GTK willkürlich ist und deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Dies lässt sich insbesondere nicht aus dem schlichten Vergleich zwischen der Dauer der Betreuung über Mittag und der übrigen Betreuungszeit herleiten, wie ihn die Kläger anstellen. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 GTK ist für die regelmäßige Betreuung eines Kindes im Kindergarten über Mittag (zwischen 12.30 Uhr und 14.00 Uhr) ein zusätzlicher Beitrag zu zahlen. Jene Beiträge sind ihrer Höhe nach ... ebenso wenig zu beanstanden wie die Grundbeiträge. So weit sich Einschränkungen aus dem Äquivalenzprinzip, also dem Gebot eines angemessenen Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung, sowie aus dem auf dem Rechtsstaatsprinzip fußenden allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben, ist dem ersichtlich Rechnung getragen. Ebenso wie die Grundbeiträge decken auch die Zusatzbeiträge für die Betreuung über Mittag ... selbst in der höchsten Einkommensstufe die tatsächlichen Betriebskosten nur zu einem Bruchteil. (Wird ausgeführt: Durchschnitt in den alten Bundesländern 1992: Regelplatz ca. 5.300 DM, ganztags mit über Mittag ca. 9.000 DM) ... Schon diese Durchschnittswerte machen deutlich, dass sich die Betriebskosten in letzterem Falle überproportional erhöhen, weil entsprechend höhere Sach- und Personalkosten entstehen, etwa durch zusätzlichen Raum- und Ausstattungsbedarf (z.B. Ruheräume) oder insbesondere infolge geringerer Gruppenstärken; ... auf die Ausstattung des besuchten Kindergartens und die dort konkret anfallenden Betriebskosten kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Auch die Angriffe, die Beitragsbelastung durch den Zusatzbeitrag falle in den sechs Stufen in Relation zum Grundbeitrag unterschiedlich hoch aus, gehen fehl. Die Belastungsschwankungen liegen insgesamt in der systembedingten Bandbreite jeder pauschalierten Regelung, und die Beitragshöhe steigt - in den einzelnen (Einkommens-)Stufen und hieran gemessen - kontinuierlich an."

2. Die als solche mithin verfassungsrechtlich beanstandungsfreien Bestimmungen des GTK tragen aber den angefochtenen Teil des Bescheides nicht.

a) § 21 Abs. 1 Satz 2 GTK ist tatbestandlich nicht erfüllt. Auf diese Bestimmung kann eine Beitragserhebung nur gestützt werden, wenn die danach zu veranlagende Blockbetreuung „das Angebot der Tageseinrichtung ergänzt". Wie auch aus dem Zusammenhang - § 21 GTK regelt Sonderformen der Ausgestaltung des Betriebes eines Kindergartens in Abweichung vor allem auch von dem Muster des § 19 GTK - ersichtlich, setzt diese Bestimmung voraus, dass andere Gruppen der Einrichtung, die das Kind der Beitragsschuldner besucht, dem Modell des § 19 Abs. 1 GTK entsprechen und dadurch das gesicherte Angebot an Betreuung erweitert wird. Das ist bei einer Einrichtung, die in allen Kindergartengruppen eine Betreuung bis längstens 14.00 Uhr anbietet, nicht der Fall.

b) Die Beklagte kann sich jedoch auch nicht auf eine (zunächst teilweise) Wahrnehmung ihrer Befugnisse aus § 17 Abs. 1 Satz 6 GTK berufen.

Das Gericht versteht die nach dieser - als solcher verfassungsmäßigen - Bestimmung zuschlagspflichtige Betreuung „über Mittag" vor dem Hintergrund des gesetzlichen Regelmodells des § 19 Abs. 1 Satz 1 GTK dahin, dass „über Mittag" nicht die Mittagszeit im Sinne schlichter Abdeckung der im Gesetz zeitlich fixierten 90 Minuten meint, sondern die Lücke zwischen den beiden regulären Betreuungsblöcken am Vor- und am Nachmittag. Gibt es nachmittags eine Betreuung in der Einrichtung generell und planmäßig nicht mehr, kann die Zeit zwischen 12.30 und 14.00 Uhr auch nicht als Überbrückung der Mittagspause verstanden werden. Wenn es sich bei der Zeit zwischen 12.30 und 14.00 Uhr um die letzten 90 Minuten handelt, in denen in der Einrichtung eine Kindergartenbetreuung angeboten wird, handelt es sich begrifflich nicht um die in § 17 Abs. 1 Satz 6 GTK genannte „Über-Mittag"-Betreuung.

Damit will die Kammer nicht ausdrücken, dass die Erhebung eines zusätzlichen Beitrages für das Angebot einer mehr als fünf Stunden lang ununterbrochenen Betreuung in einem Kindergarten generell nicht angängig wäre,

wenngleich die in § 21 Abs. 1 Satz 2 GTK anzutreffende Regelung für die dort gemeinten Erprobungsgruppen immerhin zeigt, dass auch dem Gesetzgeber die Erhebung eines vollen Über-Mittag-Zuschlages nicht sinnvoll erschienen ist

sondern nur, dass dies beitragsrechtlich bei einer Schließung der Einrichtung generell um 14.00 Uhr nicht von § 17 Abs. 1 Satz 6 GTK erfasst ist.

Die Kammer sieht sich mit dieser Ansicht auch nicht etwa in Widerspruch zu der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen. Der Senat hat

in seinem Beschluss vom 14. August 1998 - 16 A 7377/95 -

zwar ausgeführt, wenn die konkrete Einrichtung die Regelöffnungszeiten unterschreite, sei dies kein Anlass für eine verminderte Beitragspflicht. Vielmehr werde der Beitrag für den Besuch der Einrichtung solange geschuldet, wie diese die begrifflichen Anforderungen an einen Kindergarten erfülle. Dem liegt jedoch ersichtlich die Erwägung zu Grunde, dass die maximale Regelöffnungszeit ohnehin nicht die im Einzelfall für das Kind sinnvolle Besuchszeit ist, und dass es für Beitragsschuldner, denen das Angebot der konkreten Einrichtung zu weit vom Muster des § 19 GTK abweicht, eine zumutbare Alternative in anderen Gruppen der gleichen Einrichtung oder den Einrichtungen anderer Träger eröffnet ist, wo sie eine regelzeitgemäße Betreuung zum Grundbeitrag erhalten können.

Auf Seite 7 des amtl. Umdrucks nimmt der Senat Bezug auf sein Urteil vom 6. März 1998 (16 A 525/97) und zitiert: „Die Vorschrift des § 19 Abs. 1 GTK, ..., besagt nicht, dass a l l e (Hervorhebung der Kammer) Tageseinrichtungen für Kinder auch tatsächlich mindestens die in dieser Norm ausgewiesenen Öffnungszeiten vorhalten müssen."

Ferner ist zu bedenken, dass bei einer Unterschreitung der Regelöffnungszeiten gesetzestechnisch allenfalls eine (proportionale) Reduzierung des Grundbeitrages als Entscheidungsalternative zur Verfügung gestanden hätte, die den Erwägungen zur Verwaltungsvereinfachung deutlich zuwiderliefe.

Auf Seite 8 des amtl. Umdrucks nimmt der Senat erneut Bezug auf sein Urteil vom 6. März 1998 (16 A 525/97) und zitiert: „Die Vorschrift des § 17 GTK, ..., sieht keine Beitragsermäßigung für die Fälle vor, in denen die Betreuungszeit verringert ist."

Im vorliegenden Fall geht es hingegen darum, dass mit der Beklagten immerhin der nach § 11 Abs. 3 GTK zur subsidiären Vorhaltung entsprechender Einrichtungen verpflichtete Träger der öffentlichen Jugendhilfe in all seinen Einrichtungen keine anderen als die in § 21 Abs. 1 Satz 2 GTK als Erprobungsmodell vorgesehenen Öffnungszeiten angeboten hat, sodass Eltern als Alternative nur eine Einrichtung aus freier Trägerschaft offen steht. Zudem geht es hier nicht um eine verwaltungstechnisch komplizierte proportionale Reduzierung eines Beitrages, sondern um die (Nicht)Erhebung eines Zuschlages, der die Berechtigung des Grundbeitrages in der gesetzlichen Höhe nicht in Zweifel zieht

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtsgebührenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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